Mietervorkaufsrecht bei Begründung von Teileigentum an zu Wohnzwecken vermieteten Räumlichkeiten; Ausschlussfrist
letzte Aktualisierung: 5.6.2025
BGH, Urt. v. 21.5.2025 – VIII ZR 201/23
BGB §§ 469 Abs. 2 S. 1, 577 Abs. 1;
Mietervorkaufsrecht bei Begründung von Teileigentum an zu Wohnzwecken vermieteten
Räumlichkeiten; Ausschlussfrist
a) In analoger Anwendung des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB kann auch dann ein Vorkaufsrecht des
Mieters entstehen, wenn anstelle von Wohnungseigentum Teileigentum an zu Wohnzwecken vermieteten
Räumlichkeiten begründet wird.
b) Die Frist des § 577 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine Ausschlussfrist,
die nach ihrem Ablauf nicht mehr der Disposition der Parteien unterliegt (Fortführung von
Senatsurteil vom 2. Dezember 1970 – VIII ZR 77/69,
Vorgängervorschrift des
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Da sie durch das Berufungsgericht unbeschränkt
zugelassen worden ist, ist die vom Kläger zudem vorsorglich erhobene
Nichtzulassungsbeschwerde gegenstandslos (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember
2018 - VIII ZR 17/18, juris Rn. 7; vom 15. Mai 2024 - VIII ZR 226/22, NJW
2024, 2680 Rn. 19).
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit
für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zu. Der Beklagte
habe die Entstehung eines Vorkaufsrechts zugunsten des Klägers nicht
vereitelt, sondern dieses sei vielmehr nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB entstanden.
Die Berufungskammer teile die Auffassung der - soweit ersichtlich - einhelligen
Meinung in der Literatur, dass Teileigentum dem Wohnungseigentum im Hinblick
auf die Anwendbarkeit dieser Vorschrift gleichstehe. Ein Vorkaufsrecht entstehe
daher auch dann, wenn das spätere Teileigentum zu Wohnzwecken vermietet
werde.
Die Voraussetzungen des § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB lägen vor, insbesondere
seien die Eigentumseinheiten im Kaufvertrag hinreichend bestimmt
gewesen und habe sich die Aufteilungsabsicht des Beklagten objektiv manifestiert.
Es handele sich nicht um einen unzulässigen "en bloc"-Verkauf, sondern um
einen sogenannten Paketverkauf mehrerer Wohnungseigentumseinheiten.
Eine Pflichtverletzung des Beklagten sei auch nicht im Hinblick auf die den
Beklagten nach § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1, 2 BGB treffenden Mitteilungspflichten
feststellbar. Der Kläger sei den gesetzlichen Vorgaben entsprechend
sowohl über den Kaufvertrag als auch über das Bestehen eines gesetzlichen
Vorkaufsrechts informiert worden. Dafür sei die Übersendung der geschwärzten
Fassung des Kaufvertrags im Januar 2018 ausreichend gewesen. Zudem habe
der Kläger im März 2018 die Teilungserklärung und den vorläufigen Aufteilungsplan
erhalten.
Das Vorkaufsrecht sei nicht innerhalb der Frist des § 469 Abs. 2 BGB in
Verbindung mit
Die zweimonatige Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts habe spätestens
mit Erhalt der Teilungserklärung und des vorläufigen Aufteilungsplans im
März 2018 zu laufen begonnen, so dass diese im Zeitpunkt der Ausübung des
Vorkaufsrechts Ende August 2019 bereits abgelaufen gewesen sei. Da es sich
bei dieser Frist um eine Ausschlussfrist handele, sei sie einer Hemmung oder
nachträglichen Genehmigung nicht zugänglich. Daher ändere auch das Schreiben
des Beklagten vom 18. Dezember 2018 nichts am Verlust des Vorkaufsrechts.
Schließlich seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte
den Kläger pflichtwidrig an der fristgemäßen Ausübung seines Vorkaufsrechts
gehindert habe, indem er ausgehend vom Gesamtkaufpreis bewusst einen
zu hohen Preis für seine Wohnung im Verhältnis zu den weiteren verkauften Einheiten
festgesetzt habe. Den im Kaufvertrag vom 28. Dezember 2017 festgesetzten
Kaufpreisen lasse sich kein auffälliges Missverhältnis entnehmen.
Der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsanspruch sowie der Anspruch
auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestünden mangels
Pflichtverletzung des Beklagten beziehungsweise mangels Hauptforderung
nicht.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher
zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat - teilweise allerdings nur im Ergebnis - zutreffend
Schadensersatzansprüche des Klägers wegen einer (vermeintlichen) Vereitelung
sowohl der Entstehung als auch der Ausübung eines Vorkaufsrechts abgelehnt,
so dass die Klage auch im Hilfsantrag abzuweisen war.
1. Ohne revisionsrechtlich durchgreifenden Rechtsfehler hat das Berufungsgericht
einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1,
§ 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag wegen einer pflichtwidrigen
Vereitelung der Entstehung eines Vorkaufsrechtes nach § 577 Abs. 1 Satz 1
BGB verneint. Denn ein solches Vorkaufsrecht kommt auch - wenngleich aufgrund
einer analogen Anwendung dieser Vorschrift - bei der Begründung von
Teileigentum in Betracht und ist im Streitfall auch entstanden.
a) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen,
dass ein Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB auch entstehen
kann, wenn an Räumen, die - wie hier - als Wohnraum vermietet worden
sind, nach der Überlassung an den Mieter nicht Wohnungs-, sondern Teileigentum
begründet worden ist beziehungsweise werden soll.
aa) Eine direkte Anwendung der vorgenannten Bestimmung scheidet zwar
- anders als das Berufungsgericht offenbar gemeint hat - aus, da der Beklagte an
den dem Kläger vermieteten Räumen Wohnungseigentum weder begründet
noch dies beabsichtigt hat und die Begründung von Teileigentum von der Vorschrift
des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfasst ist.
Nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt, wenn
vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum
begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten
verkauft werden.
Den Begriff des Wohnungseigentums definiert der Gesetzgeber in § 1
Abs. 1 Halbs. 1, Abs. 2 WEG als Sondereigentum an einer Wohnung und unterscheidet
ihn vom Begriff des Teileigentums, das an nicht zu Wohnzwecken dienenden
Räumen eines Gebäudes begründet werden kann (§ 1 Abs. 1 Halbs. 2,
Abs. 3 WEG). Mangels entsprechender Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien
(vgl. BT-Drucks. 8/3403, S. 3, 35, 40 f.; 12/3254, S. 40; 14/4553, S. 46, 72)
ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff des Wohnungseigentums
in § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB in einem abweichenden - auch Teileigentum
umfassenden - Sinn verstanden wissen wollte. Soweit der Gesetzgeber in § 1
Abs. 6 WEG (früher § 1 Abs. 5 WEG) angeordnet hat, dass für das Teileigentum
die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend gelten, fehlt im Zusammenhang
mit der Vorschrift des § 577 BGB eine dahingehende Regelung
(vgl. demgegenüber MünchKommBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, § 577 Rn. 8 [eine
Übertragung des Rechtsgedankens des
vgl. auch Falkner,
bb) Die Vorschrift des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf den Fall der (beabsichtigten)
Begründung von Teileigentum jedoch analog anzuwenden.
Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke
enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit
mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist,
dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung,
bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei
dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis
gekommen (st. Rspr.; siehe nur Senatsurteil vom 24. Februar
2021 - VIII ZR 36/20,
(1) Eine Analogie setzt daher voraus, dass die Übertragung der gesetzlichen
Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch eine gesetzgeberische Entscheidung
ausgeschlossen ist (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2017 - IX ZR
118/17,
224, 177 Rn. 16; vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, aaO Rn. 39). Die Lücke
muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von
seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan
ergeben (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 92/05, BGHZ
170, 187 Rn. 15; vom 21. Januar 2010 - IX ZR 65/09,
vom 14. Dezember 2016 - VIII ZR 232/15,
18. Januar 2017 - VIII ZR 278/15,
2021 - VIII ZR 36/20, aaO Rn. 40), wie er sich aus dem Gesetz selbst im Wege
der historischen und teleologischen Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 14. Dezember
2006 - IX ZR 92/05, aaO; vom 18. Januar 2017 - VIII ZR 278/15, aaO;
vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, aaO) und aufgrund konkreter Umstände
positiv festgestellt werden kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. April
2006 - IX ZR 22/05,
278/15, aaO; vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, aaO; vgl. auch BVerfGE 118,
212, 243; 128, 193, 210: "erkennbar planwidrige Gesetzeslücke"). Eine solche
planwidrige Gesetzeslücke liegt hier vor.
Ein Vorkaufsrecht des Mieters hat der Gesetzgeber erstmals durch das
Gesetz zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des zweiten Wohnungsbaugesetzes
vom 20. Februar 1980 (Wohnungsbauänderungsgesetz 1980
- WoBauÄndG 1980, BGBl. I S. 159) für Mieter von Sozialwohnungen bei deren
Umwandlung in Eigentumswohnungen (vgl. BT-Drucks. 8/3403, S. 3, 35, 40 f.) in
§ 2b des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) aF für den preisgebundenen
öffentlich geförderten Wohnraum geregelt und dieses sodann in der Folge durch
Art. 4 Nr. 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom
21. Juli 1993 (Viertes Mietrechtsänderungsgesetz; BGBl. I S. 1257) mit der Bestimmung
des § 570b BGB aF (heute § 577 BGB) auf den frei finanzierten oder
bindungsfrei gewordenen Wohnungsbestand erweitert. Er hat diese Ausdehnung
damit begründet, dass der Schutz des Mieters vor einer Verdrängung im Zusammenhang
mit einer Umwandlung bei frei finanzierten Wohnungen nicht weniger
dringlich sei als bei Sozialwohnungen (BT-Drucks. 12/3254, S. 40; siehe auch
Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07,
der Mietrechtsreform im Jahre 2001 wurde die bis dahin geltende Regelung mit
der Vorschrift des § 577 BGB im Wesentlichen übernommen (BGBl. I S. 1149).
Die Gesetzesmaterialien enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Gesetzgeber bei dem von ihm bezweckten Schutz des Mieters den Umstand bedacht
hätte, dass die zu Wohnzwecken vermieteten Räume nicht - wie dies angesichts
der bisherigen Nutzung zu erwarten gewesen wäre - in Wohnungseigentum,
sondern in Teileigentum umgewandelt werden könnten. Es kann daher
nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe den Mieter durch die Einführung
eines gesetzlichen Vorkaufsrechts zwar bei der Begründung von Wohnungseigentum
schützen, von einem solchen Schutz bei der Begründung von
Teileigentum an den zu Wohnzwecken vermieteten und genutzten Räumen hingegen
bewusst absehen wollen (siehe auch Senatsurteil vom 28. Mai 2008
- VIII ZR 126/07,
Der somit gegebenen Planwidrigkeit der Regelungslücke steht auch nicht
etwa entgegen, dass in einem früheren Gesetzentwurf (Entwurf eines Gesetzes
zur Wiederherstellung eines sozialen Mietrechts) die Möglichkeit von Umgehungen
des Mietervorkaufsrechts durch "andere rechtliche Gestaltungen, die zu einem
wirtschaftlich vergleichbaren Ergebnis führen", in den Blick genommen worden
war (BT-Drucks. 12/3013, S. 8, 18; 12/5110, S. 3, 10, 19 [Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses]). Denn eine entsprechende Regelung wurde vom
Gesetzgeber nicht weiterverfolgt, ohne dass erkennbar wäre, dass er im Sinne
einer bewussten Regelungslücke hiervon hätte absehen wollen.
(2) Weiter ist für eine Analogie erforderlich, dass die Interessenlage des
gesetzlich geregelten Falls mit der des zu entscheidenden Falls übereinstimmt,
wobei zusätzlich auch die Wertungsgrundlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung
der Gesetzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen müssen
(BGH, Urteile vom 14. Dezember 2017 - IX ZR 118/17,
vom 28. November 2019 - IX ZR 239/18,
2021 - VIII ZR 36/20,
liegen vor.
(a) Die Einführung eines allgemeinen Vorkaufsrechts in § 570b BGB aF
erfolgte vor allem, wie oben bereits erwähnt, um einheitlich sowohl Mieter von
Sozialwohnungen als auch Mieter von freifinanzierten Wohnungen vor spekulativen
Umwandlungen und damit einhergehender Verdrängung im Zusammenhang
mit der Umwandlung der von ihnen bewohnten Wohnungen in Eigentumswohnungen
zu schützen (BT-Drucks. 12/3254, S. 40 iVm BT-Drucks. 8/3403, S. 35;
siehe auch Senatsurteile vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07,
Rn. 8; vom 23. Februar 2022 - VIII ZR 305/20,
Verdrängung droht, da immer dann, wenn ein Eigentümer mehrere Einheiten
von Wohnraum aufspaltet und einzeln veräußert, regelmäßig jedem Mieter ein
Eigentümer gegenübersteht, der sich auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs
berufen kann (vgl. BVerfG,
des Gesetzgebers dient die Einräumung des Vorkaufsrechts zugunsten des Mieters
durch die Vorschrift des § 577 BGB einem sachgerechten Ausgleich der beiderseitigen
Grundrechtspositionen. Zwar schränkt ein solches Vorkaufsrecht die
Dispositionsbefugnis des Eigentümers über sein Eigentum ein, dies erfolgt jedoch
zum Schutz des seinerseits ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG (vgl.
Wohnung (BVerfG,
Vermieter hierbei die Möglichkeit der Veräußerung seines Eigentums; der Mieter
kann sich durch die Ausübung des Vorkaufsrechts vor einer Verschlechterung
seiner kündigungsrechtlichen Position durch die Veräußerung schützen (vgl.
BT-Drucks. 12/3254, S. 40; BVerfG,
Gesetzgeber daran gelegen, dem Mieter die Möglichkeit zu eröffnen, die Wohnung
zu einem Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter für die Wohnung zu
zahlen bereit ist (BT-Drucks. 12/3254, aaO; Senatsurteile vom 21. Januar 2015
- VIII ZR 51/14,
aaO Rn. 9; vom 23. Februar 2022 - VIII ZR 305/20, aaO).
(b) Diese die Gewährung des Vorkaufsrechts tragende gesetzgeberische
Erwägung eines besonderen Schutzbedarfs des Mieters trifft in gleicher Weise
zu, wenn die zu Wohnzwecken gemieteten und genutzten Räume nach deren
Überlassung an den Mieter in Teil- statt in Wohnungseigentum umgewandelt werden
oder werden sollen.
Denn in beiden Fällen steht dem Mieter nach einem Verkauf ein neuer
Vermieter gegenüber, der sich - soweit die sonstigen Voraussetzungen gegeben
sind - auf Eigenbedarf oder ein sonstiges zur Kündigung berechtigendes Interesse
berufen kann (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, aaO).
Dieses verschärfte Risiko einer Eigenbedarfskündigung entfällt auch nicht etwa
deshalb, weil an zu Wohnzwecken überlassenen Räumen Teileigentum (§ 1
Abs. 1 Halbs. 2, Abs. 3 WEG) begründet wird. Denn die damit getroffene Zweckbestimmung
führt nicht etwa dazu, dass die von
Eigenbedarfskündigung vorausgesetzte Nutzung dieser Räume als Wohnung
(nunmehr) ohne weiteres unzulässig wäre. Jedenfalls kann die Zweckbestimmung
nachträglich geändert werden und die Änderung sogar durch den Erwerber
allein ohne Zustimmung der übrigen Gemeinschaftsmitglieder erfolgen, wenn
- wie hier - die Teilungserklärung im weiteren Sinn (genauer: die Gemeinschaftsordnung;
vgl. BGH, Urteile vom 23. März 2018 - V ZR 307/16,
Rn. 6; vom 16. Juli 2021 - V ZR 284/19,
Änderungsvorbehalt enthält (BGH, Urteil vom 16. Juli 2021 - V ZR
284/19, aaO Rn. 19, 23). Auch das vom Gesetzgeber anerkannte Interesse des
Mieters, durch Ausübung eines Vorkaufsrechts selbst Eigentümer der von ihm
bewohnten Räumlichkeiten zu werden, ist vor diesem Hintergrund im Fall einer
Umwandlung in Teileigentum nicht geringer als im Fall einer Umwandlung in
Wohnungseigentum (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, aaO;
BVerfG,
Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint
hat, die analoge Anwendung von § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Teileigentum
widerspreche dem Schutzzweck der Vorschrift, weil der Mieter wegen
der damit einhergehenden Unklarheit über die weitere Nutzbarkeit der von ihm
bewohnten Räume zu Wohnzwecken sowie wegen der auf eine Gewerbeeinheit
zugeschnittenen Kaufvertragsbedingungen von der Ausübung des Vorkaufsrechts
abgehalten werde, steht dies der gebotenen Gleichbehandlung von Wohnungs-
und Teileigentum nicht entgegen. Denn die damit verbundene Ausdehnung
des Anwendungsbereichs des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB führt nicht zu einer
Verschlechterung der Rechtsstellung des Mieters, sondern eröffnet ihm - weitergehend
- die Möglichkeit, auch im Fall der (beabsichtigten) Begründung von
Teileigentum durch den Vermieter die von ihm bewohnten Räume zu erwerben.
Gegen etwaige rechtsmissbräuchliche Gestaltungen ist der Mieter im Rahmen
der allgemeinen Bestimmungen (§§ 138, 242 BGB) geschützt (vgl. BGH, Urteile
vom 11. Dezember 1963 - V ZR 41/62,
2005 - VIII ZR 271/04,
232/16,
233, 54 Rn. 23 ff.).
(3) Die somit aus den vorstehend genannten Gründen gebotene analoge
Anwendung der Vorschrift des § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB auf die vorliegend
gegebene Fallgestaltung der Begründung von Teileigentum entspricht - jedenfalls
im Ergebnis - der auch im Schrifttum, soweit ersichtlich, einhellig vertretenen
Auffassung (vgl. BeckOGK-BGB/Klühs, Stand: 1. Oktober 2024, § 577 Rn. 7;
Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 577 BGB Rn. 10;
Schmidt-Futterer/Blank/Fervers, Mietrecht, 16. Aufl., § 577 BGB Rn. 11; Münch-
KommBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, § 577 Rn. 8; Bachmayer
Falkner,
Rn. 71; Wirth,
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen
der - gemäß den vorstehenden Ausführungen analog anzuwendenden
- Regelung des § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB bejaht. Dies wird auch von
den Parteien im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen.
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass
dem Kläger ein von ihm wegen vermeintlicher Vereitelung der Ausübung seines
Vorkaufsrechts geltend gemachter Anspruch auf Schadensersatz nach § 311a
Abs. 1, 2 Satz 1,
a) Den Vorkaufsverpflichteten trifft bei rechtzeitiger Ausübung des Vorkaufsrechts
durch den Vorkaufsberechtigten aus dem hierdurch zustande kommenden
Kaufvertrag nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB die Pflicht, diesem das Eigentum
am Vorkaufsgegenstand zu verschaffen. Kann er diese Verpflichtung
aufgrund einer - wie hier - bereits erfolgten Eigentumsübertragung auf einen Dritten
nicht mehr erfüllen, steht dem Vorkaufsberechtigten ein Schadensersatzanspruch
nach den oben genannten Bestimmungen zu (vgl. wegen der Einzelheiten
Senatsurteil vom 21. Januar 2015 - VIII ZR 51/14,
b) Eine solche Verpflichtung des Beklagten zur Auflassung der Wohnung
an den Kläger bestand vorliegend indes nicht, da der Kläger sein Vorkaufsrecht
nicht rechtzeitig innerhalb der zweimonatigen Frist des § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469
Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BGB ausgeübt hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend
ausgeführt hat, war das Vorkaufsrecht des Klägers zum Zeitpunkt der Ausübung
am 30. August 2019 bereits erloschen.
aa) Die für den Fristenlauf maßgeblichen Mitteilungen über den Inhalt des
Kaufvertrags sowie das Bestehen eines Vorkaufsrechts (§ 577 Abs. 1 Satz 3,
§ 469 Abs. 1 Satz 1, 2, § 577 Abs. 2 BGB; vgl. hierzu Senatsurteil vom 21. Januar
2015 - VIII ZR 51/14,
im März 2018 vor. Die zweimonatige Frist des § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 2
Satz 1 Halbs. 1 BGB war daher zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts
durch den Kläger am 30. August 2019 längst verstrichen. Gegen diese zutreffende
Beurteilung des Berufungsgerichts wendet sich auch die Revision nicht.
bb) Soweit die Revision meint, der Kläger könne das Vorkaufsrecht auch
nach Ablauf der Ausübungsfrist gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 2 Satz 1
BGB im Hinblick auf den Inhalt des Schreibens des Beklagten vom 18. Dezember
2018 noch ausüben, weil die vorgenannte Frist disponibel sei, trifft dies nicht zu.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es
sich bei dieser Frist - wie die Revision auch selbst einräumt - um eine Ausschlussfrist
(vgl. BGH, Urteile vom 15. Juni 1960 - V ZR 191/58,
382 f.; vom 3. Juni 1966 - V ZR 116/65,
1970 - VIII ZR 77/69,
unter III 1; jeweils zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des
aF; vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06,
Satz 1 BGB]). Ihr Ablauf hat - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt
hat - den Untergang des Vorkaufsrechts zur Folge (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar
2006 - VIII ZR 94/05,
hinsichtlich seiner zeitlichen Geltendmachung nicht mehr Gegenstand einer Vereinbarung
zwischen den Parteien sein und auch nicht durch eine Genehmigung
seitens des Vorkaufsverpflichteten geheilt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom
15. Juni 1960 - V ZR 191/58, aaO; BeckOGK-BGB/Daum, Stand: 1. Januar
2024, § 469 Rn. 24; jurisPK-BGB/Seichter, Stand: 17. Mai 2023, § 469 Rn. 22;
Staudinger/Schermeier, BGB, Neubearb. 2024, § 469 Rn. 14; BeckOK-BGB/
Faust, Stand: 1. Februar 2025, § 469 Rn. 7).
(2) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch
nicht aus den Vorschriften der § 469 Abs. 2 Satz 2 und
Parteien können nach § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 2 Satz 2 BGB zwar statt
der vom Gesetz für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgesehenen Frist vertraglich
eine andere (längere) Frist bestimmen. Auch verbietet
abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters. Aus diesen Bestimmungen
folgt - entgegen der Auffassung der Revision - jedoch nicht, dass die Parteien
den Fristenlauf - zugunsten des Mieters - erneut in Gang setzen könnten,
nachdem die Frist bereits abgelaufen ist. Denn die Fristgebundenheit der Ausübung
des Vorkaufsrechts bezweckt im Interesse klarer Rechtsverhältnisse (vgl.
BGH, Urteil vom 15. Juni 1960 - V ZR 191/58, aaO, S. 383; BeckOGK-BGB/
Daum, aaO), eine zügige Entscheidung über die Ausübung dieses Rechts zu gewährleisten.
Um dies zu erreichen, wird einerseits dem Verpflichteten eine Mitteilungspflicht
auferlegt, andererseits dem Berechtigten eine Ausschlussfrist gesetzt,
deren Lauf mit dem Zugang der Mitteilung vom Vorkaufsfall einsetzt (vgl.
Staudinger/Schermeier, BGB, Neubearb. 2024, § 469 Rn. 1, 14 mwN). Ungewissheiten,
die für die Beteiligten im Hinblick auf die Ausübung des Vorkaufsrechts
- und die damit verbundene Einschränkung der Möglichkeiten des Vorkaufsverpflichteten
- eintreten können, sollen möglichst kurzgehalten werden
(Mugdan, Die gesamten Materialien zum BGB, Band 2, S. 195 und 794;
BeckOGK-BGB/Daum, aaO Rn. 1; MünchKommBGB/Maultzsch, aaO Rn. 1
mwN).
(3) Die Erklärung des Beklagten im Schreiben vom 18. Dezember 2018
hatte damit auf die bereits zuvor abgelaufene Ausübungsfrist keinen Einfluss
mehr, da das Vorkaufsrecht zu diesem Zeitpunkt bereits untergegangen war.
3. Gleichfalls rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, der
Beklagte habe den Kläger - entgegen dessen Annahme - nicht pflichtwidrig durch
die Vereinbarung eines überhöhten Einzelkaufpreises für die von ihm gemietete
Wohnung an der fristgemäßen Ausübung seines Vorkaufsrechtes gehindert. Die
von der Revision hiergegen erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und
nicht für durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gemäß
§ 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:21.05.2025
Aktenzeichen:VIII ZR 201/23
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Beurkundungserfordernis
Miete
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 469 Abs. 2 S. 1, 577 Abs. 1; WEG § 1