Auskunftserteilung über Nachlassbestand ist unvertretbare Handlung
letzte Aktualisierung: 23.2.2022
OLG Koblenz, Beschl. v. 1.4.2021 – 12 W 50/21
Auskunftserteilung über Nachlassbestand ist unvertretbare Handlung
1. Die Erteilung der Auskunft über den Nachlassbestand gem.
unvertretbare, nach
Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erfolgen hat. Auch wenn der Schuldner zur
Erfüllung seiner Auskunftsverpflichtung der Mitwirkung eines Dritten – eines Notars – bedarf,
handelt es sich nicht um eine Auskunftsverpflichtung des Notars selbst, sondern um eine
solche des Schuldners.
2. Im Vollstreckungsverfahren gem.
Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt und diese
Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des (ihm gegenüber)
mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihm zustehenden
tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zur Mitwirkung zu
bewegen, und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen – ggf. einschließlich eines gerichtlichen
Vorgehens – zu ergreifen. Erst wenn feststeht, dass trotz derartigen intensiven Bemühens um die
Mitwirkungshandlung des Dritten diese nicht zu erlangen ist, ist die titulierte unvertretbare
Handlung nicht unmittelbar erzwingbar.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe
Entgegen der Auffassung der Schuldnerin ist die Erteilung der Auskunft über den Bestand
eines Nachlasses gemäß
notariellen Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 Satz 3, letzter Fall BGB) zu erfolgen
hat, eine unvertretbare, nach
Auskunftsverpflichtungen (auch etwa in notarieller Form) nicht ohne Auskünfte und sonstige
persönliche Mitwirkungshandlungen des Schuldners möglich sind, sind sie unvertretbar
i. S. d.
bejahen, da insoweit persönliche Mitwirkungshandlungen der Schuldnerin erforderlich
sind (oder waren), die der Notar nicht allein aus vorhandenen schriftlichen Unterlagen
entnehmen kann (konnte).
Die Erteilung der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses gemäß § 2314 Abs. 1
BGB ist damit, auch wenn sie durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu
erfolgen hat, eine unvertretbare, nach
OLG Frankfurt
Auch wenn die Schuldnerin zur Erfüllung ihrer Auskunftsverpflichtung der Mitwirkung eines
Dritten – eines Notars – bedarf, handelt es sich gleichwohl nicht um eine Auskunftsverpflichtung
des Notars selbst, sondern um eine solche der Schuldnerin. Lediglich die für
deren Erfüllung vorgegebene Form – ein notarielles Nachlassverzeichnis – ist von der
Mitwirkung des Dritten abhängig. Diese Mitwirkungshandlung des Notars hängt ihrerseits
davon ab, dass zuvor die Schuldnerin die zur Erbringung der Mitwirkungshandlung des
Notars erforderlichen eigenen Mitwirkungshandlungen erbringt, nämlich ihrerseits dem
Notar Auskunft erteilt und gegebenenfalls. Belege übermittelt hinsichtlich Nachlassbestand,
Schenkungen und Zuwendungen der Erblasserin sowie hinsichtlich der Vollständigkeit
dieser Erklärungen sowie dem Notar insoweit für Nachfragen etc. auch persönlich
zur Verfügung steht (so auch OLG Koblenz OLGR 2007, 468). Dieser Angaben bedarf
der Notar zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung hinsichtlich der Fertigung eines
Nachlassverzeichnisses zwingend
Die Schuldnerin ist jedoch im Vollstreckungsverfahren gemäß
denen die Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten
abhängt und diese Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des (ihr gegenüber)
mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihr
zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten
zu einer Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen – ggf. ein-
schließlich eines gerichtlichen Vorgehens – zu ergreifen (BGH, Beschluss vom
18.12.2008 – I ZB 68/08,
intensiven Bemühens um die Mitwirkungshandlung des Dritten diese nicht zu erlangen
ist, dann ist die titulierte unvertretbare Handlung nicht unmittelbar erzwingbar (BGH a. a.
O.; BayObLG
1992, 171; OLG Köln OLGR 2005, 382; OLG Stuttgart OLGR 2005, 728; OLG Düsseldorf
InstGE 9, 179). Voraussetzung für eine solche Feststellung ist, dass der Vollstreckungsschuldner
alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Mitwirkung des Dritten zu
erlangen, und dass er seine darauf gerichteten Bemühungen im Einzelnen dargelegt hat
(BayObLG
OLGR 2005, 728).
Dabei verkennt der Senat nicht, dass das im Streitfall geschuldete, durch einen Notar
aufgenommene Nachlassverzeichnis gemäß
wenn der Notar lediglich Erklärungen des Auskunftspflichtigen über den Bestand
bekundet, vielmehr voraussetzt, dass der Notar den Nachlassbestand selbst ermittelt hat
und durch Untersuchung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum
Ausdruck bringt, dass er für dessen Inhalt verantwortlich ist (OLG Celle
OLG Celle OLGR 2003, 370; OLG Koblenz OLGR 2007, 468; OLG Karlsruhe ZEV 2008,
189; OLG Düsseldorf
Grund die insoweit erforderliche Mitwirkungshandlung des Notars einen größeren Zeitaufwand
rechtfertigt. Diesen Umstand berücksichtigend hat die Schuldnerin gleichwohl nicht
hinreichend dargetan, dass sie alles in ihrer Macht stehende unternommen hat, um möglichst
kurzfristig das von ihr verlangte Nachlassverzeichnis und das Wertgutachten vorlegen
zu können. Nachdem ihrer Darstellung zufolge am 12.03.2020 ein Notar gefunden
war, der sich bereiterklärte, das Nachlassverzeichnis zu erstellen, wurde ein - von der
Schuldnerin vorgeschlagene - Termin für die persönliche Rücksprache mit dem Notar erst
auf einen Zeitpunkt vereinbart, der nahezu zwei Monate später lag. Die pauschale Behauptung,
sie habe mehrfach bei dem Notar nachgefragt, lässt vor diesem Hintergrund
bereits nicht erkennen, dass die Schuldnerin um eine möglichst kurzfristige Erledigung
bemüht war. Nachdem dann coronabedingt der Termin vom 08.05.2020 abgesagt worden
war und ein neuer Termin am 20.05.2020 erfolgreich zustandekam, verstrich ein weiterer
Zeitraum bis zum 09.06.2020, bis die Schuldnerin die fehlenden Unterlagen (welche?) zur
Verfügung stellte, um die Fortsetzung/Fertigstellung der Arbeiten durch den Notar zu ermöglichen.
Die Schuldnerin legt weder dar, welche konkreten Unterlagen sie noch beschaffen
musste noch ist ersichtlich, aus welchen Gründen dies mit einem so erheblichen
Zeitaufwand verbunden war. Der pauschale Hinweis auf ihre hohe Arbeitsbelastung trägt
vor diesem Hintergrund nicht. Immerhin konnte auch der Gläubiger davon ausgehen, dass
die Schuldnerin angesichts des bis dahin äußerst schleppenden Verlaufs der Erledigung
dieser Angelegenheit die erforderlichen Auskünfte bereits frühzeitig eingeholt und die notwendigen
Dokumente und Nachweise beschafft hatte, sodass sie kurzfristig in der Lage
waren, diese dem Notar vorzulegen. Auch für den Senat ist hiernach nicht ersichtlich,
dass die Schuldnerin das ihr Mögliche veranlasst hat, um ihrer Auskunftsverpflichtung im
Hinblick auf die Beschaffung des notariellen Nachlassverzeichnisses kurzfristig nachkommen
zu können.
Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die Vorlage der Verkehrswertgutachten. Auch
insoweit durfte es die Schuldnerin nicht bei der Aussage des Sachverständigen belassen.
Näheres werde erst nach dem Lockdown besprochen werden, um dann am 10.06.2020
die Information zu erhalten, mit der Bearbeitung sei erst in drei bis fünf Monaten zu rechnen.
Auch insoweit hätte die Schuldnerin von Beginn an klären müssen, ob die Erstellung
des Gutachtens - unter Berücksichtigung der Pandemiesituation - in angemessener Frist
möglich war. Es war jedenfalls nicht geboten, die Angelegenheit zunächst insgesamt ruhen
zu lassen und dann, im Anschluss an den Lockdown, festzustellen, dass die Bearbeitung
doch einen zu langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde und daher einen anderen
Gutachter mit der Sache zu betrauen. Die Schuldnerin ist nach allem hinsichtlich
ihrer Auskunftspflicht insgesamt nicht mit der gebotenen Achtsamkeit nachgekommen
und hat sich weder hinsichtlich der Erstellung des Nachlassverzeichnisses noch im Hinblick
auf die Erstellung der Verkehrsgutachten mit der erforderlichen Intensität um deren
Erledigung durch den Notar und den Sachverständigen bemüht. Die Festsetzung von
Zwangsmitteln war somit geboten. Die Höhe des von dem Landgericht festgesetzten
Zwangsgelds ist insoweit nicht zu beanstanden.
Soweit die Schuldnerin ihrer Beschwerde darauf stützt, dass sie den titulierten Auskunftsanspruch
des Gläubigers zwischenzeitlich erfüllt habe, vermag auch dieser Einwand ihrer
Beschwerde vorliegend nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar ist der Erfüllungseinwand des
Schuldners auch im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß
Im Falle der (unstreitigen) Vornahme der Handlung muss die Vollstreckung des
Zwangsgeldes sofort eingestellt bzw. der Schuldner sogleich aus der Zwangshaft entlassen
werden. Im Streitfalle bleibt der Schuldner nach Rechtskraft der Zwangsmittelanordnung
allerdings auf die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 verwiesen. Ein Antrag auf
Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses wegen nachträglicher Erfüllung ist sodann unzulässig
(MüKoZPO/Gruber, 6. Aufl. 2020,
nerin ihrer Auskunftsverpflichtung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Vollstreckungsantrag
des Gläubigers unstreitig noch nicht nachgekommen.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren orientiert sich am Wert
der Hauptsache und nicht an der Höhe des Zwangsgeldes (OLG Rostock OLGR 2009,
75; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020,
…
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Koblenz
Erscheinungsdatum:01.04.2021
Aktenzeichen:12 W 50/21
Rechtsgebiete:
Pflichtteil
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 2314; ZPO § 888