BGH 05. Oktober 2021
II ZB 7/21
GenG § 43 Abs. 7; UmwG § 13 Abs. 1 S. 2; COVMG § 3 Abs. 1

Genossenschaft; Verschmelzungsbeschluss in virtueller Versammlung

letzte Aktualisierung: 28.10.2021
BGH, Beschl. v. 5.10.2021 – II ZB 7/21

GenG § 43 Abs. 7; UmwG § 13 Abs. 1 S. 2; COVMG § 3 Abs. 1
Genossenschaft; Verschmelzungsbeschluss in virtueller Versammlung

Nach § 3 Abs. 1 GesRuaCOVBekG kann auch der Verschmelzungsbeschluss einer Genossenschaft
in einer virtuellen Versammlung gefasst werden. Das Versammlungserfordernis des § 13 Abs. 1
Satz 2 UmwG steht dem nicht entgegen.

Gründe:

I.
Die Beteiligte zu 1 hat am 2. Dezember 2020 beim Amtsgericht
Registergericht
- beantragt, die Verschmelzung der Beteiligten zu 2, einer eingetragenen
Genossenschaft, auf sie im Genossenschaftsregister einzutragen.
Das Registergericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil der Verschmelzungs-
beschluss der Beteiligten zu 2 am 30. November 2020 in einer virtuellen Vertreterversammlung
gefasst worden war. Die hiergegen erhobene Beschwerde der
Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2020 ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen
worden. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene
Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung
der Beschlüsse des Beschwerde- und des Registergerichts und zur Zurückverweisung
der Sache an das Registergericht.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 70 ff. FamFG statthaft und auch
im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beteiligte zu 2 auch beschwerdeberechtigt.
Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, kann im Antragsverfahren
die Zurückweisung des Antrags zwar grundsätzlich nur vom (ursprünglichen)
Antragsteller angefochten werden (§ 59 Abs. 2 FamFG). Bei einer
Mehrheit von Antragsberechtigten wird diese Berechtigung aber aus verfahrensökonomischen
Gründen auch auf diejenigen erstreckt, die den verfahrenseinleitenden
Antrag zwar nicht gestellt haben, aber zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung
noch wirksam stellen könnten (vgl. BGH, Beschluss vom
10. Oktober 1992 V ZB 3/92, BGHZ 120, 396, 398; Keidel/Meyer-Holz,
FamFG, 20. Aufl., § 59 Rn. 41; Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 59 FamFG
Rn. 10). Hier waren gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwG sowohl die Beteiligte
zu 2 (als übertragender Rechtsträger) als auch die Beteiligte zu 1 (als
übernehmender Rechtsträger) berechtigt, die Verschmelzung der Beteiligten
zu 2 auf die Beteiligte zu 1 zur Eintragung in das Register des Sitzes der Beteiligten
zu 2 anzumelden und die Beteiligte zu 2 hätte einen solchen Antrag im
Zeitpunkt ihrer Beschwerdeeinlegung noch stellen können. Die auch im Fall des
§ 59 Abs. 2 FamFG erforderliche (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 2003
XII ZB 33/00, NJW 2003, 3772, 3773; Beschluss vom 1. März 2011
II ZB 6/10, ZIP 2011, 765 Rn. 9) materielle Beschwer der Beteiligten zu 2 im
Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG ist ebenfalls zu bejahen, da sie durch die Ablehnung
der Eintragung unmittelbar nachteilig in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt
ist.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

a) Das Beschwerdegericht (OLG Karlsruhe, ZIP 2021, 1323) hat zur Begründung
seiner Entscheidung ausgeführt, die Vertreterversammlung der Beteiligten
zu 2 habe mangels physischer Anwesenheit der Versammlungsteilnehmer
nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG entsprochen. Die
danach vorgeschriebene Versammlung könne zwar auch rein virtuell durchgeführt
werden, wenn das Gesetz oder die Satzung das zuließen. Beides sei hier
aber nicht der Fall. Auch § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Maßnahmen im
Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht
zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der
Fassung vom 27. März 2020 ermögliche keine Generalversammlung ohne physische
Präsenz.

b) Diese Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren anzuwendenden Recht konnte der
Verschmelzungsbeschluss der Beteiligten zu 2 in einer virtuellen Vertreterversammlung
gefasst werden.

aa) Bei der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist das zum Zeitpunkt
der Rechtsbeschwerdeentscheidung geltende Recht anzuwenden. Das
gilt auch, wenn das Gericht der Vorinstanz dieses Recht noch nicht berücksichtigen
konnte (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 15. Juni 2021 II
ZB 35/20, ZIP 2021, 1514 Rn. 41).

Anzuwenden ist hier daher nicht § 3 Abs. 1 GesRuaCOVBekG in der im
Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts vorliegenden alten Fassung
vom 27. März 2020 (BGBl. I 2020 S. 569, 570), sondern in der durch
Art. 32 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und
steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer
Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe geänderten neuen Fassung
vom 7. Juli 2021 (BGBl. I 2021 S. 2363, 3328), die nach Art. 36 Abs. 3 des
Änderungsgesetzes rückwirkend zum 28. März 2020 in Kraft getreten und damit
auch für die Beurteilung des am 30. November 2020 gefassten Verschmelzungsbeschlusses
maßgeblich ist.

bb) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GesRuaCOVBekG können Beschlüsse der
Mitglieder einer Genossenschaft auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst
werden, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist oder die
Satzung keine Regelungen zu schriftlichen oder elektronischen Beschlussfassungen
einschließlich zu virtuellen Versammlungen enthält; die elektronische
Beschlussfassung schließt Beschlussfassungen in Gestalt von virtuellen Generalversammlungen
ohne physische Präsenz der Mitglieder ein. Gemäß § 3
Abs. 1 Satz 5 GesRuaCOVBekG gilt dies entsprechend für Vertreterversamm-
lungen im Sinne des § 43a GenG; insbesondere sind auch virtuelle Vertreterversammlungen
ohne physische Präsenz der Vertreter ohne entsprechende
Regelungen in der Satzung zulässig.

Die im Schrifttum umstrittene Frage, ob die Beschlussfassung in einer
virtuellen Generalversammlung auch schon zuvor nach § 43 Abs. 7 GenG (so
Holthaus/Lehnhoff in Lang/Weidmüller, GenG, 39. Aufl., § 43 Rn. 114b; Keßler
in Berliner Kommentar zum Genossenschaftsrecht, 2. Aufl., § 43 Rn. 120;
Althanns in Althanns/Buth/Leißl, Genossenschafts-Handbuch, Erg.-Lfg. 4/2020
XII/2020, § 43 Rn. 233; Bauer, Genossenschafts-Handbuch, Lfg. 3/13 VII.
13, § 43 Rn. 209; Beck´sches Handbuch der Genossenschaften/Gätsch, § 5
Rn. 197; Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, 2007, S. 126 f.;
DNotI-Gutachten vom 15. Mai 2020, Abruf-Nr. 177537, S. 2 f.; Lieder,
Festschrift Vetter, 2019, S. 419, 426 ff.; Beck, RNotZ 2014, 160, 167;
Geschwandtner/Helios, NZG 2006, 691, 693; Klein, ZIP 2016, 1155, 1156;
Holthaus, NZG 2021, 699, 701 f.; Scheibner, DZWiR 2020, 274, 275; Vetter/
Thielmann, NJW 2020, 1175, 1179; a.A. Beuthien/Schöpflin, GenG, 16. Aufl.,
§ 43 Rn. 53; Fahndrich in Pöhlmann/Fahndrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., § 43
Rn. 60; Thume, WM 2020, 1053, 1054 ff.) oder nach § 3 Abs. 1 Satz 1
GesRuaCOVBekG aF (so Geibel in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 43 GenG
Rn. 6a; Holthaus, NZG 2021, 699, 700 f.; Thume, WM 2020, 1053, 1055 f.,
1060; Thume, EWiR 2021, 390, 392) möglich war, bedarf damit keiner Entscheidung.

cc) Nach § 3 Abs. 1 GesRuaCOVBekG kann auch der Verschmelzungsbeschluss
einer Genossenschaft in einer virtuellen Versammlung gefasst werden.
Das Versammlungserfordernis des § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG steht dem
nicht entgegen.

(1) Die Regelung des § 3 Abs. 1 GesRuaCOVBekG gilt ihrem Wortlaut
nach uneingeschränkt für sämtliche Beschlüsse der Genossenschaftsmitglieder,
ohne nach dem Beschlussgegenstand oder dessen Bedeutung bzw. Gewicht
zu unterscheiden. Die Einbeziehung von umwandlungsrechtlichen Beschlüssen
in die durch § 3 Abs. 1 GesRuaCOVBekG geschaffenen Erleichterungen
der Beschlussfassung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers,
während der Versammlungsbeschränkungen aufgrund der COVID-19-
Pandemie die Handlungsfähigkeit der Gesellschaften zu erhalten (FraktionsE
zum GesRuaCOVBekG, BT-Drucks. 19/18110, S. 5). So hat er nicht nur bereits
in der Begründung zu § 4 GesRuaCOVBekG, mit dem die Stichtagsfrist des
§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG für die bei Eintragung der Verschmelzung vorzulegenden
Schlussbilanz verlängert wurde, zum Ausdruck gebracht, dass er auch
Umwandlungsmaßnahmen mittels virtueller Versammlungen erleichtern wollte
(FraktionsE des GesRuaCOVBekG, BT-Drucks. 19/18110, S. 29). In der Begründung
zur rückwirkenden Änderung von § 3 GesRuaCOVBekG vom 7. Juli
2021 hat er darüber hinaus ausdrücklich klargestellt, dass mit dieser Regelung
insbesondere auch die Durchführung virtueller Versammlungen unter Mitwirkung
eines Notars zur Beurkundung umwandlungsrechtlicher Beschlüsse gemäß
den §§ 13 und 193 UmwG ermöglicht werde und in dieser Form durchgeführte
virtuelle Versammlungen dem Versammlungserfordernis der § 13 Abs. 1
Satz 2, § 193 Abs. 1 Satz 2 UmwG genügen können (Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 19/30516, S. 73).

(2) Das Versammlungserfordernis des § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG steht
einer Beschlussfassung in einer virtuellen Versammlung nicht entgegen.
Nach der rechtsformübergreifenden Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 2
UmwG kann ein Verschmelzungsbeschluss nur in einer Versammlung der An-
teilsinhaber gefasst werden. Damit ist nach bislang allgemeiner Meinung eine
Beschlussfassung im schriftlichen Beschlussverfahren ausgeschlossen (vgl.
BeckOGK UmwG/Rieckers/Cloppenburg, Stand 1.7.2021, § 13 Rn. 41; Böttcher
in Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., § 13 Rn. 15;
Heidinger in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 13 UmwG Rn. 11;
Lutter/Drygala, UmwG, 6. Aufl., § 13 Rn. 9; Maulbetsch in Maulbetsch/
Klumpp/Rose, UmwG, 2. Aufl., § 13 Rn. 39; Winter in Schmitt/Hörtnagel,
UmwG, 9. Aufl., § 13 Rn. 14; Gehling in Semler/Stengel/Leonhard, UmwG,
5. Aufl., § 13 Rn. 14). Ob dies auch noch nach Inkrafttreten von § 3 Abs. 1
Satz 1 GesRuaCOVBekG gelten soll, wird dabei nicht erörtert, bedarf im vorliegenden
Fall aber auch keiner Entscheidung, da hier keine schriftliche Beschlussfassung
sondern ein Beschluss in einer wenn
auch virtuellen Versammlung
zu beurteilen ist.

§ 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG verlangt nicht zwingend, dass die Anteilsinhaber
bei der Versammlung physisch anwesend sind. Die Versammlung kann
vielmehr auch in anderer Form, d.h. auch virtuell durchgeführt werden, wenn
dies nach dem Gesetz oder der Satzung für den jeweiligen Rechtsträger zulässig
ist und die Möglichkeiten der Anteilsinhaber zum Meinungsaustausch mit
den Gesellschaftsorganen und untereinander einer physischen Versammlung
vergleichbar sind (vgl. BeckOGK UmwG/Rieckers/Cloppenburg,
Stand 1.7.2021, § 13 Rn. 42; Böttcher in Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht,
2. Aufl., § 13 Rn. 15; KK-UmwG/Simon, § 13 Rn. 11; Lutter/Drygala,
UmwG, 6. Aufl., § 13 Rn. 10, 13; Gehling in Semler/Stengel/Leonhard, UmwG,
5. Aufl., § 13 Rn. 14; BeckOK BGB/Notz, Stand 15.9.2018, § 32 Rn. 199;
Althanns in Althanns/Buth/Leißl, Genossenschafts-Handbuch, Lfg. 4/2020
XII/2020, § 43 Rn. 237; MünchHdbGesR VIII/Ghassemi-Tabar, 5. Aufl., § 11
Rn. 13; Schöne/Arens, WM 2012, 381, 385; Piper, NZG 2012, 735, 737;
Vetter/Tielmann, NJW 2020, 1175, 1179 f.; a.A. Lieder, Festschrift Vetter, 2019,
S. 419, 443 f.; Lieder, ZIP 2020, 837, 842 f.; Weiler in Widmann/Mayer,
Umwandlungsrecht, Stand 1.8.2018, § 193 Rn. 18; BeckOK BGB/Schöpflin,
Stand 1.5.2021, § 32 Rn. 45; Schuller in Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch
des Vereinsrechts, 2. Aufl., § 7 Rn. 23; Reichert, Handbuch des Vereins
und Verbandsrechts, 14. Aufl., Kapitel 2 Rn. 1905; Waldner/Neudert, Der eingetragene
Verein, 21. Aufl., Teil 1 Rn. 210a; Erdmann, MMR 2000, 526, 529, 531;
wohl auch Quass in Maulbetsch/Klumpp/ Rose, UmwG, 2. Aufl., § 193 Rn. 4;
offen Heidinger in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 13 UmwG Rn. 11a).
§ 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG setzt die Beschlussfassung in einer Versammlung,
d.h. in einer Zusammenkunft der Anteilsinhaber voraus, ohne jedoch die
Form dieser Zusammenkunft näher zu bestimmen. Nach herkömmlichem Verständnis
dürfte mit dem Begriff der Versammlung zwar in erster Linie die körperliche
Zusammenkunft der Teilnehmer gemeint sein. Aufgrund der Entwicklung
der modernen Kommunikationstechniken können darunter nach allgemeinem
Sprachgebrauch aber auch Zusammenkünfte beispielsweise in Telefonund
Videokonferenzen gefasst werden, wenn eine Erörterung des Beschlussgegenstands
gewährleistet ist.

Den Materialien zu § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG ist keine Festlegung auf
eine physische Präsenzveranstaltung zu entnehmen. Daraus ergibt sich lediglich,
dass die Beschlussfassung in einer Versammlung, die bereits dem geltenden
Recht entspreche und sich für die meisten Unternehmensformen schon aus
den Vorschriften über die Versammlung der Anteilsinhaber ergebe, nunmehr
aus Gründen der Klarstellung als allgemeiner Grundsatz ausdrücklich geregelt
werden sollte (FraktionsE eines Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts
[UmwBerG], BT-Drucks. 12/6699, S. 85 f.). Dass der Gesetzgeber sich
dabei in Kenntnis der damaligen Möglichkeiten der Telefon- und Videokonferenz
nicht darauf beschränkt hat, nur die schriftliche Beschlussfassung für
Verschmelzungsbeschlüsse auszuschließen und die Art der Beschlussfassung
im Übrigen den Anteilseignern zu überlassen, bedeutet nicht, dass er damit andere
Versammlungsformen als die einer physischen Zusammenkunft grundsätzlich
ausschließen wollte (so aber Erdmann, MMR 2000, 526, 531; a.A.
Lieder, Festschrift Vetter, 2019, 419, 443). Es ist vielmehr anzunehmen, dass
die Vorschrift für technische Entwicklungen im Bereich der Kommunikationstechnik
offen sein sollte, was durch die nunmehrige Begründung der rückwirkenden
Änderung von § 3 Abs. 1 GesRuaCOVBekG offenbar geworden ist (vgl.
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 19/30516, S. 73).
Die Beschlussfassung in einer virtuellen Versammlung ist auch mit Sinn
und Zweck des § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG vereinbar. Der Versammlungszwang
soll den Anteilseignern ermöglichen, die Verschmelzung vor der Beschlussfassung
untereinander und mit den Gesellschaftsorganen zu erörtern (vgl.
BeckOGK UmwG/Rieckers/Cloppenburg, Stand 1.7.2021, § 13 Rn. 40; Böttcher
in Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., § 13 Rn. 15;
Lutter/Drygala, UmwG, 6. Aufl., § 13 Rn. 10; Gehling in Semler/Stengel/
Leonhard, UmwG, 5. Aufl., § 13 Rn. 14; MünchHdbGesR VIII/Ghassemi-Tabar,
5. Aufl., § 11 Rn. 13). Auf diesem Weg soll sowohl die Information der Anteilseigner
als auch die Diskussion unter ihnen und damit eine gründliche und gemeinsame
Meinungsbildung der Anteilseigner sichergestellt werden (vgl. Weile
in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Stand 1.8.2018, § 193 Rn. 17;
Schöne/Arens, WM 2012, 381, 382; Priester, ZGR 1990, 420, 436). Dieser
Zweck kann indes mit den heute bestehenden Möglichkeiten der Kommunikation
beispielsweise über Telefon oder Video ebenso erreicht werden wie mit
einer physischen Zusammenkunft der Anteilsinhaber, wenn die konkrete Aus-
gestaltung der Kommunikation eine vergleichbare Teilnahme der Anteilsinhaber
und Durchführung der Versammlung wie bei einer physischen Präsenzveranstaltung
ermöglicht.

Schließlich erfordert auch die nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG vorgeschriebene
notarielle Beurkundung des Verschmelzungsbeschlusses keine
physische Versammlung (Schöne/Arens, WM 2012, 381, 382; a.A. Waldner/
Neudert, Der eingetragene Verein, 21. Aufl., Teil 1 Rn. 210a). Das Beurkundungserfordernis
kann bei einer rein virtuellen Versammlung dadurch gewahrt
werden, dass der Notar für die Beurkundung am Aufenthaltsort des Versammlungsleiters
zugegen ist, sich dort von dem ordnungsgemäßen Ablauf des Beschlussverfahrens
überzeugt und sodann die Feststellung des Beschlussergebnisses
durch das zuständige Gesellschaftsorgan beurkundet (vgl. Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 19/30516, S. 73).

III.
Die Beschlüsse des Beschwerdegerichts und des Registergerichts sind
danach aufzuheben und die Sache ist an das Registergericht zurückzuverweisen
(§ 74 Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 Fall 2 FamFG). Eine abschließende
Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, da es der weiteren Prüfung bedarf,
ob die Durchführung der virtuellen Versammlung der Beteiligten zu 2 am
30. November 2020 den Anforderungen hinsichtlich der Wahrung der Mitgliederrechte,
d.h. neben der Ausübung des Stimm- insbesondere auch des Teilnahmerechts
durch die Möglichkeit zum Austausch mit den zuständigen Organen
des Rechtsträgers und anderen Anteilsinhabern bzw. Vertretern, die an der
Versammlung teilnehmen, und auch die übrigen formellen und (soweit von der
Prüfungskompetenz des Registergerichts umfasst) materiellen Voraussetzungen
für die Eintragung der Verschmelzung erfüllt sind.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

05.10.2021

Aktenzeichen:

II ZB 7/21

Rechtsgebiete:

Genossenschaft
Umwandlungsrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GenG § 43 Abs. 7; UmwG § 13 Abs. 1 S. 2; COVMG § 3 Abs. 1