Nachweis des unmittelbaren Eigentumserwerbs an einem einzelnen Nachlassgegenstand durch dinglich wirkendes Vorausvermächtnis bzw. dinglich wirkende Teilungsanordnung aufgrund eines in Italien ausgestellten Europäischen Nachlasszeugnisses
Nachweis des unmittelbaren Eigentumserwerbs an einem einzelnen Nachlassgegenstand durch dinglich wirkendes Vorausvermächtnis bzw. dinglich wirkende Teilungsanordnung aufgrund eines in Italien ausgestellten Europäischen Nachlasszeugnisses
Die Zuweisung eines Grundstücks an einen von mehreren Erben in Anlage IV Ziffer 9 eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist bei italienischem Erbstatut hinreichende Grundlage für eine berichtigende Eintragung des Erben als Alleineigentümer im Grundbuch.
KG, Beschl. v. 22.9.2022 – 1 W 348/22
Problem
Als Eigentümerin einer in Berlin belegenen Eigentumswohnung war eine italienische Staatsangehörige eingetragen. Diese ist mit letztem Wohnsitz in Italien verstorben. Durch Testament hatte sie mehrere Personen zu Erben eingesetzt und einem der Miterben die in Berlin belegene Eigentumswohnung zugewiesen. Über die Erbfolge wurde durch eine italienische Notarin ein Europäisches Nachlasszeugnis erstellt. In dem Nachlasszertifikat wurden mehrere Personen als Miterben ausgewiesen. Des Weiteren wurde dem Nachlasszeugnis das Formblatt V – Anlage IV „Stellung und Rechte des/der Erben“ beigefügt. Unter Ziffer 9 („dem Erben zugewiesene(r) Vermögenswert(e), für den/die eine Bescheinigung beantragt wurde“) wurde die Eigentumswohnung (gelegen in: S-Straße, Berlin (Deutschland), im Grundbuch von Friedrichshain eingetragen unter der Nummer ...) mit dem Hinweis eingetragen, dass diese einem bestimmten Miterben zugewiesen wurde.
Der begünstigte Miterbe beantragte beim Grundbuchamt in Berlin, dass er im Rahmen der Grundbuchberichtigung unmittelbar nach der Erblasserin als Alleineigentümer eingetragen wird und legte als Nachweis für seinen Eigentumserwerb das Europäische Nachlasszeugnis vor. Der Antrag wurde vom Grundbuchamt zurückgewiesen. Dieses vertrat die Ansicht, sämtliche Erben seien als Miterben einzutragen.
Entscheidung
Das Kammergericht dagegen hielt den Antrag für begründet. Zunächst wies das Gericht darauf hin, dass aufgrund gewöhnlichen Aufenthalts der Erblasserin in Italien gem.
Praktische Bedeutung
Nach alledem ergibt sich für die Praxis, dass Eintragungen im Europäischen Nachlasszeugnis, wonach einem bestimmten Miterben oder einer dritten Person bestimmte Rechte bzw. Vermögensgegenstände zugewiesen sind, im Zweifel stets als unmittelbarer Vermögenserwerb durch diese Person auszulegen sind. Entsprechend können solche Eintragungen im deutschen Registerrecht als Nachweis für den Erwerb des Eigentums bzw. die Inhaberschaft an diesen Vermögensgegenstanden durch die bedachte Person verwandt werden (ebenso OLG München
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:22.09.2022
Aktenzeichen:1 W 348/22
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Deutsches IPR (EGBGB)
GBO § 35; EuErbVO Art. 63 Abs. 2, 69 Abs. 2