Kammergericht 03. Juni 2024
22 W 22/24
GmbHG § 39; BGB § 181; HRV §§ 12, 17

Befreiung der Geschäftsführer von § 181 BGB; allgemeine Vertretungsregelung; Art und Weise der Eintragung im Handelsregister; Ermessen des Registergerichts

letzte Aktualisierung: 30.9.2024
KG, Beschl. v. 3.6.2024 – 22 W 22/24

GmbHG § 39; BGB § 181; HRV §§ 12, 17
Befreiung der Geschäftsführer von § 181 BGB; allgemeine Vertretungsregelung; Art und
Weise der Eintragung im Handelsregister; Ermessen des Registergerichts

1. Über den genauen Eintragungswortlaut entscheidet das Registergericht nach pflichtgemäßen [sic!]
Ermessen. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn die allgemeine Befreiung der
Geschäftsführer einer GmbH von den Beschränkungen des §§ 181 BGB [sic!] als konkrete
Vertretungsbefugnis bei den einzelnen Geschäftsführern eingetragen wird.
2. Allein dass ein Schreiben mit einer Rechtsmittelbelehrung für eine Zwischenverfügung versehen ist,
macht es nicht zu einer Zwischenverfügung und führt auch nicht dazu, dass der Inhalt des
Schreibens mit der Beschwerde angegriffen werden kann.

Gründe

I.
Mit Anmeldung vom 05. April 2024 zur UVZ-Nr. K 129/2024 des Notars C K meldete die
Beteiligte – eine GmbH – ihre Ersteintragung in das Handelsregister an. Zur Vertretung der
Gesellschaft wurde Folgendes angemeldet:

„Abstrakte Regelung: Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein
Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer
bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen
Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Die Geschäftsführer sind von den
Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wurde bestellt:
Herr Marek Janetzke, geboren am 28. Mai 1986, wohnhaft in Berlin.

Konkrete Regelung: Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft stets einzeln.“

Der Gesellschaftsvertrag sieht unter Ziff. 4 folgende Regelung vor:

„4.1 Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein
Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer
bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen
Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten. Die Geschäftsführer sind von den
Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

4.2 Die Gesellschafterversammlung kann die Vertretungsbefugnis abweichend regeln,
insbesondere Einzelvertretungsbefugnis erteilen und Geschäftsführer den Beschränkungen des
§ 181 BGB unterwerfen.

4.3 Die Geschäfte der Gesellschaft werden von den Geschäftsführern nach Maßgabe des
Gesetzes, dieses Gesellschaftsvertrages, der Dienstverträge, der Geschäftsordnung und von der
Gesellschafterversammlung im Allgemeinen oder im Einzelfall gegebenen Weisungen geführt.“
Das Amtsgericht bat den einreichenden Notar mit Schreiben vom 12. April 2024 darum,
ergänzend die dem Geschäftsführer erteilte Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
anzumelden. Daraufhin teilte der Notar mit, dass die Geschäftsführer nach dem
Gesellschaftsvertrag allgemein von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien, so dass
daneben eine Befreiung nicht habe erfolgen und angemeldet werden müssen.

Unter dem 16. April 2024 nahm das Amtsgericht die Eintragung vor. Es trug dabei in der Spalte
4.a) als allgemeine Vertretungsregelung ein:

„Ist ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere
Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer
oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.“

Unter 4.b) trug es als besondere Vertretungsbefugnis ein:

„Geschäftsführer:

1. Jxxxxxxxxxx, Mxxxxxxxx, *xx.xx.xxxx, Berlin mit der Befugnis die Gesellschaft allein zu
vertreten
mit der Befugnis Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen.“
Mit Schreiben vom 19. April 2024 bat der Notar um Korrektur der abstrakten und konkreten
Vertretungsbefugnis von Amts wegen, da die Befreiung von den Vertretungsbeschränkungen
des § 181 BGB kraft Satzung allgemein für die organschaftlichen Vertreter erteilt und somit als
Teil der allgemeinen Vertretungsregelung unter Spalte 4 Unterspalte a aufzunehmen sei.
Das Amtsgericht teilte in einem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und in der
Belehrung als Zwischenverfügung bezeichnetem Hinweis vom 22. April 2024 mit, dass eine
Berichtigung der Eintragung nicht in Betracht komme. Aufgrund der Satzungsregelungen sei es
nicht richtig, in der abstrakten Vertretungsregelung lediglich auf die grundsätzlich erteilte
Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zu verweisen. Vielmehr müsse ergänzt
werden, dass die Befreiung im Einzelfall auch entzogen werden könne, was für den
Rechtsverkehr aber keine besondere Bedeutung habe.

Gegen die als Zwischenverfügung bezeichnete Mitteilung des Amtsgerichts hat der Notar am
22. April 2024 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen
und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 24. April 2024 zur Entscheidung vorgelegt.

II.
1. Die Beschwerde der Beteiligten bleibt ohne Erfolg, da sie unzulässig ist.
a) Bei dem vom Amtsgericht als „Zwischenverfügung“ angesehenen Beschluss vom 22. April
2024 handelt es sich nicht um eine Zwischenverfügung i.S.d. § 382 Abs. 4 FamFG, so dass
insoweit die Beschwerde nicht statthaft ist (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 22 W 22/18
–, juris, Rn. 9).

Nach § 382 Abs. 4 FamFG hat, wenn eine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister
(§ 374 Nr. 1 FamFG) unvollständig ist oder der Eintragung ein anderes durch den Antragsteller
behebbares Hindernis entgegensteht, das Registergericht dem Antragsteller eine angemessene
Frist zur Beseitigung des Hindernisses zu bestimmen. Eine solche Entscheidung ist mit der
Beschwerde nach § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG anfechtbar. Eine derartige Zwischenverfügung
liegt allerdings nicht vor. Das Amtsgericht teilt mit seinem Hinweis vom 22. April 2024 lediglich
seine Rechtsauffassung mit. Diese Mitteilung soll offenbar einerseits dem Gebot der Gewährung
von rechtlichem Gehör Rechnung tragen als auch die Beteiligte ggf. dazu veranlassen, ihren
Berichtigungsantrag zurückzunehmen. Es liegt aber weder ein durch den Antragsteller
behebbares Hindernis vor - die Eintragung ist ja grundsätzlich auch bereits erfolgt - noch wird
eine Frist zur Beseitigung gesetzt, wie dies § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG voraussetzt.
Auch das Versehen der Mitteilung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und die Bezeichnung als
„Zwischenverfügung“ in dieser macht den Hinweis nicht zu einer anfechtbaren
Zwischenverfügung (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 22 W 22/18 –, juris, Rn. 11;
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 1. Februar 2012 – 2 W 192/11 –,
juris, Rn. 11; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. November 1999 – 3Z BR
333/99 –, juris, Rn. 6).

b) Die im Namen der Beteiligten eingelegte Beschwerde richtet sich zwar ausdrücklich gegen die
„Zwischenverfügung“ vom 22. April 2024. Selbst wenn sie aber als Beschwerde gegen die
Eintragung als solches angesehen werden würde, wäre eine solche nicht statthaft. Die
Eintragung, die den urkundlichen Abschluss des Eintragungsverfahrens und die Stattgabe der
Registeranmeldung darstellt (vgl. Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, § 382 FamFG, Rn. 4), ist
nach § 383 Abs. 3 FamFG nicht anfechtbar.

c) Zwar ist eine Eintragung nach § 383 Abs. 3 FamFG nicht anfechtbar. Es ist jedoch anerkannt,
dass im Wege des Berichtigungsantrags - der sogenannten
„Fassungsbeschwerde“ - die Korrektur bzw. Klarstellung von Namens-, Firmen- oder
Datumsangaben oder die konkrete Verlautbarung rechtlicher Verhältnisse herbeigeführt werden
kann. Verfahrensmäßig ist das an das Registergericht gerichtete Begehren auf Berichtigung ein
„Antrag“ und nicht eine „Beschwerde“. Über das Berichtigungsbegehren hat nämlich zunächst
einmal das Registergericht zu entscheiden. Der Antrag ist wiederum nur zulässig, wenn er auf
eine Berichtigung oder Klarstellung in dem vorgenannten Sinn und nicht etwa auf eine
inhaltliche Änderung gerichtet ist. Hält das Registergericht das Berichtigungsbegehren für
unbegründet, so weist es den Antrag durch verfahrensbeendenden Beschluss zurück, gegen den
sodann die Beschwerde eröffnet ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Februar 2014 – I-
3 Wx 154/13 –, juris, Rn. 20; OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2010 – 31 Wx 129/10 –,
juris, Rn. 3).

Das Berichtigungsbegehren der Beteiligten ist vorliegend - wenn auch nicht ausdrücklich - durch
den Beschluss des Amtsgerichts vom 22. April 2024 zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet
sich die Beschwerde der Beteiligten vom 22. April 2024.

Diese ist jedoch mangels Beschwer unzulässig, da die Beteiligte bereits nicht schlüssig
vorgetragen hat, dass eine Irreführung vorliegen würde bzw. dass eine Verbesserung der
vorgenommenen Eintragung im Interesse des Rechtsverkehrs erfolgen müsse. Zwar hat das
Amtsgericht die Eintragung nicht wie von der Beteiligten beantragt vorgenommen, indem es die
Befreiung von § 181 BGB - neben der Einzelvertretungsbefugnis des Geschäftsführers - in
Spalte 4.b) eingetragen hat. Allerdings besteht keine Bindung des Registergerichts an den
Wortlaut der Anmeldung. Vielmehr entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen
über den genauen Eintragungswortlaut (vgl. OLG München, Beschluss vom 16. Juni 2010 – 31
Wx 094/10 –, juris, Rn. 13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Juli 1997 – 3 Wx 94/97 –, juris,
Rn. 14; Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, § 382 FamFG, Rn. 9). Es ist nicht ersichtlich, dass die
durch das Amtsgericht vorgenommene Eintragung unklar wäre oder der Beteiligten zum
Nachteil gereichen würde. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB wird auch
durch die Eintragung in Unterspalte b) verlautbart.

Ein Schreibversehen oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit, welche nach § 17 HRV zu
berichtigen wäre, ist ebenfalls nicht erkennbar. Das Amtsgericht hat die Eintragung so
vorgenommen, wie es diese vornehmen wollte.

2. Eine Zurückverweisung an das Amtsgericht ist nicht geboten, da über die Anmeldung durch
Vornahme der Eintragung entschieden worden ist und auch keine Gründe für ein amtswegiges
Tätigwerden nach § 395 Fam FG ersichtlich sind.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung zur Tragung der
Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher
Kosten scheidet bereits deshalb aus, weil am Beschwerdeverfahren nur die Beteiligte
teilgenommen hat. Eine Niederschlagung der Kosten wegen der fehlerhaften
Rechtsbehelfsbelehrung erscheint nicht erforderlich, weil gleichwohl eine Überprüfung des
Begehrens der Beteiligten im Rechtsmittelverfahren erfolgen konnte.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

03.06.2024

Aktenzeichen:

22 W 22/24

Rechtsgebiete:

In-sich-Geschäft
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG § 39; BGB § 181; HRV §§ 12, 17