Keine familiengerichtliche Genehmigung bei Übertragung eines Erbanteils; Gerichtetsein auf Übernahme einer fremden Verbindlichkeit; Haftung als gesetzliche Nebenfolge des Erwerbs; Reichweite des Vertretungsausschlusses bei Betroffenheit nur eines Elternteils
letzte Aktualisierung: 30.5.2025
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.3.2025 – 3 W 9/25
BGB §§ 1629, 1824, 1851, 1854, 2033
Keine familiengerichtliche Genehmigung bei Übertragung eines Erbanteils; Gerichtetsein
auf Übernahme einer fremden Verbindlichkeit; Haftung als gesetzliche Nebenfolge des
Erwerbs; Reichweite des Vertretungsausschlusses bei Betroffenheit nur eines Elternteils
1. Rechtsgeschäfte, bei denen sich die Haftung für Verbindlichkeiten lediglich als gesetzliche Nebenfolge
einstellt, unterfallen nicht dem Genehmigungserfordernis nach
weder der Erwerb von Bruchteilseigentum an einem Grundstück noch der hieraus resultierende
Eintritt in eine Erbengemeinschaft das Genehmigungserfordernis des
2. Die Verpflichtung zur Verfügung über den Erbteil eines anderen, den der Minderjährige von
diesem zuvor erworben hat, ist weder nach
genehmigungsbedürftig, da jeweils eine rechtsgeschäftlich erworbene Rechtsposition betroffen ist.
3. Der Ausschluss von der Vertretung des Kindes nach § 1629 Abs. 2 S. 1, § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB
gilt auch bei verheirateten Eltern nur für den Elternteil, in dessen Person die Voraussetzungen des
§ 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorliegen. Der Vater des Kindes kann dieses daher bei Geschäften mit
dem Großvater mütterlicherseits vertreten.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Mit Antrag vom 24.05.2024 beantragten unter anderem die Beteiligten des hiesigen Verfahrens im Hinblick auf die Urkunde des Notars A. vom 13.05.2024, UVZ-Nr. 000/2024 J (Bl. 189 ff. GA I, ergänzt durch notarielle Urkunde vom 08.11.2024, Bl. 235 ff. GA I), das Grundbuch aufgrund der vereinbarten Erbteilsübertragung zu berichtigen sowie die aus der aufschiebend bedingten Abtretung des Erbanteils durch den Erwerber resultierende Verfügungsbeschränkung einzutragen.
Laut Teil C. § 2 der erstgenannten notariellen Urkunde (Bl. 194R GA I) veräußert der Beteiligte zu 1. seinen in Teil A. Abs. (1) der Urkunde näher bezeichneten ¼ Erbanteil am Nachlass seiner Mutter, B., zu gleichen Teilen an die dies annehmenden Erwerber, nämlich den minderjährigen Beteiligten zu 3. sowie dessen volljährige Geschwister, C. und D. Bezüglich des Beteiligten zu 3. findet sich auf Seite 2 der Urkunde (Bl. 189R GA I) die Angabe, er werde vertreten durch seinen Vater, E., dieser handelnd als nicht über § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossener Inhaber der elterlichen Sorge und zugleich hilfsweise als vollmachtloser Vertreter des Beteiligten zu 3., sich insoweit dessen Zustimmung nach Erreichen der Volljährigkeit oder vorher die eines Ergänzungspflegers vorbehaltend.
In der Urkunde ist weiter die Beteiligte zu 2., die Tochter des hiesigen Beteiligten zu 1. und Mutter von C., D. und des Beteiligten zu 3., als Beteiligte aufgeführt. Gemäß Teil C. § 3 der Urkunde haben die Erwerber als einzige Gegenleistung die in Teil C. § 4 näher spezifizierte, bedingte Pflicht zur Übertragung des erworbenen Erbteils an die Beteiligte zu 2. zu übernehmen. Nach Teil C. § 4 Abs. (4) tritt der Erwerber bereits jetzt aufschiebend bedingt durch den Eintritt eines der Umstände gemäß Teil C. § 4 Abs. (1) Buchstaben a) bis e) und die Ausübung des Übertragungsrechts seinen hier erworbenen Erbanteil an die Beteiligte zu 2. ab. Gemäß Teil C. § 5 Abs. (4) der Urkunde stellt der Erwerber den Veräußerer im Innenverhältnis von etwaigen Nachlassverbindlichkeiten frei.
Mit Beschluss vom 01.10.2024 hat das Amtsgericht Düsseldorf – Rechtspfleger – eine Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO erlassen. Danach stünden der Erledigung des Antrags vom 24.05.2024 Eintragungshindernisse entgegen. Erforderlich sei die Genehmigung eines Ergänzungspflegers bezüglich des Beteiligten zu 3.. Auch fehle es an einer Genehmigung des Familiengerichts zur Urkunde Nr. 000/2024 J. Ein weiteres im Beschluss vom 01.10.2024 aufgeführtes Eintragungshindernis ist zwischenzeitlich behoben. Unter dem 08.11.2024 übersandte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten eine notarielle Urkunde vom 30.10.2024 und beantragte, die gestellten Anträge zu vollziehen, mit Ausnahme der Übertragung an den Beteiligten zu 3.. Dem kam das Amtsgericht Düsseldorf – Rechtspflegerin – nach. Mit notariellem Schriftsatz vom 20.12.2024 haben „die Beteiligten“ Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 01.10.2024 eingelegt. Sie meinen, der Vater des Beteiligten zu 3., E., könne diesen wirksam vertreten; er sei nicht nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen. Der Genehmigung eines Ergänzungspflegers bedürfe es nicht, auch nicht bei – wie hier – miteinander verheirateten Eltern. Zudem sei eine Genehmigung des Familiengerichts nicht erforderlich.
Das Amtsgericht Düsseldorf – Rechtspflegerin – hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10.01.2025 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Grundakte Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde hat vollumfänglich Erfolg. Beteiligte des hiesigen Verfahrens sind diejenigen in der notariellen Urkunde aufgeführten Personen, die von den Regelungen, auf die sich der noch nicht vollzogene Eintragungsantrag stützt, betroffen sind. Dies sind die aus dem Rubrum ersichtlichen Beteiligten zu 1. bis zu 3..
A. Entgegen der in der Zwischenverfügung geäußerten Ansicht des Amtsgerichts steht den begehrten Eintragungen nicht entgegen, dass keine familiengerichtliche Genehmigung vorliegt. Eine gerichtliche Genehmigung ist weder unter dem Gesichtspunkt des
1. Bei der Übertragung gemäß der notariellen Urkunde UVZ-Nr. 000/2024 J handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft im Sinne von
1.1. Nach der notariellen Urkunde erwirbt der Beteiligte zu 3. Bruchteilseigentum an einem Grundstück. Ein solches Rechtsgeschäft ist nicht auf die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit gerichtet (OLG München, Beschluss vom 12.06.2023, 34 Wx /120/23 Rn. 10, juris). Etwaige an das Bruchteilseigentum anknüpfende Verbindlichkeiten stellen sich vielmehr als gesetzliche Nebenfolge des Erwerbs dar und sind eigene Verbindlichkeiten des Erwerbers. Ebenso verhält es sich mit dem aus dem Erwerb resultierenden Eintritt des Beteiligten zu 3. in eine Erbengemeinschaft.
1.2. Auch die Regelung in Teil C. § 5 Abs. (4) der Urkunde führt nicht zu einer Genehmigungsbedürftigkeit nach
2. Eine Genehmigungsbedürftigkeit ergibt sich auch nicht aus § 1851 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB. Nach
2.1. Zunächst soll der Beteiligte zu 3. nicht aus einer Erbengemeinschaft ausscheiden (§ 1851 Nr. 3 Alternative 2 BGB). Vielmehr tritt er durch den Erwerb des Miteigentumsanteils in eine Erbengemeinschaft ein.
2.2. Es handelt sich auch weder um eine Verpflichtung zu einer Verfügung im Sinne von
2.2.1. Die Regelung in Teil C. § 3 der Urkunde, mit der der Beteiligte zu 3. die aufschiebend bedingte Pflicht zur Übertragung des erworbenen Erbteils an seine Mutter, die Beteiligte zu 2., übernimmt, stellt daher keine Verpflichtung im Sinne des
2.2.2. Auch die in Teil C. § 4 Abs. (4) vorgesehene aufschiebend bedingte Abtretung ist keine Verfügung im Sinne des § 1851 Nr. 3 Alternative 1 BGB. Zwar verfügt der Beteiligte zu 3. nach dem Wortlaut über „seinen hier erworbenen Erbanteil“. Es handelt sich jedoch nicht um einen Anteil des Beteiligten zu 3. an einer Erbschaft, sondern um einen Anteil des Beteiligten zu 1. an einer Erbschaft. Diesen, seinen eigenen Erbanteil, überträgt der Beteiligte zu 1. mit der vorgelegten notariellen Urkunde an den Beteiligten zu 3.. Eine solche Konstellation betrifft § 1851 Nr. 3 Alternative 1 BGB nicht. Vielmehr stellt diese Norm im Nachgang zu dem zu einer Verfügung verpflichtenden Rechtsgeschäft, das nach
B. Auch soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, dass die Zwischenverfügung des Amtsgerichts die fehlende Genehmigung eines Ergänzungspflegers bezüglich des Beteiligten zu 3. als Eintragungshindernis einordnet, hat sie Erfolg. Denn der Vater des Beteiligten zu 3. hat diesen bei Abschluss der Vereinbarungen gemäß der notariellen Urkunde UVZ-Nr. 000/2024 J wirksam vertreten, so dass die Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger nicht erforderlich ist.
1. Der Vater des Beteiligten zu 3. hat diesen bei Abschluss der Vereinbarungen gemäß der notariellen Urkunde UVZ-Nr. 000/2024 J wirksam vertreten. Er ist insbesondere nicht nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen.
1.1. Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB können der Vater und die Mutter das Kind insoweit nicht vertreten, als nach
1.2. Der Vertretungsausschluss gilt in der vorliegenden Konstellation des Rechtsgeschäfts mit einem in gerader Linie Verwandten eines Elternteils, der mit dem anderen Elternteil verheiratet ist, indes nur für den Elternteil, in dessen Person die Voraussetzungen des § 1824 Abs. 1 Nr.1 BGB vorliegen.
1.2.1. Dafür sprechen die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGH) in dem Beschluss vom 24.03.2021, XII ZB 364/19 (veröffentlicht etwa in juris und in
Der Senat schließt sich der diesbezüglichen Argumentation des BGH nach eigener Prüfung vollumfänglich an. Danach stellt ein Ausschluss von der Vertretung des Kindes einen Eingriff in das aus Art. 6 Abs. 2 GG folgende Elternrecht des von dem Ausschluss betroffenen Elternteils dar, der einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage bedarf.
In der Konstellation, die der BGH zu behandeln hatte, bestand – anders als in dem vorliegend zur Beurteilung stehenden Sachverhalt – eine solche Eingriffsgrundlage im Verhältnis zu der mit dem (rechtlichen) Vater verheirateten Mutter. In dem vom BGH behandelten Fall fällt der Eingriff in Form des Vertretungsausschlusses bezüglich der mit dem (rechtlichen) Vater verheirateten Mutter unter
In der von ihm zu behandelnden Konstellation hatte der BGH daher lediglich Anlass, sich damit zu befassen, ob der Vertretungsausschluss sich über
1.2.2. Auch aus anderen Gesichtspunkten ergibt sich kein Vertretungsausschluss des Elternteils, in dessen Person die Voraussetzungen des Ausschlusses nicht selbst vorliegen.
1.2.2.1. Aus der zwischen Ehegatten gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehenden Loyalitäts- und Rücksichtnahmepflicht ergibt sich ein Ausschluss des anderen Ehegatten nicht. Diese Vorschrift normiert eine allgemeine Pflicht von Ehegatten untereinander; einen Eingriff in das aus Art. 6 Absatz 2 GG gewährte Elternrecht rechtfertigt sie nicht.
1.2.2.2. Zudem sind die Voraussetzungen einer Analogie, über die sich der Vertretungsausschluss auf den (verheirateten) Elternteil erstrecken könnte, in dessen Person die Voraussetzungen nicht vorliegen, nicht gegeben. Es fehlt schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Dafür, dass der Gesetzgeber den Fall des Rechtsgeschäftes oder Rechtsstreits zwischen „dem Betreuten“ (bei Anwendung über § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB zu lesen als „dem Kind“) und in gerader Linie mit dem Ehegatten des „Betreuers“ (bei Anwendung über § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB zu lesen als „des Elternteils“) verwandten Personen, übersehen hat, ist nichts ersichtlich. Angesichts der in
1.2.2.3. Schließlich lässt der Grundsatz, dass die Eltern das Kind gemeinsam vertreten, § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB, auch in Zusammenschau mit § 1678 Abs. 1 BGB, nach dem der andere Elternteil die elterliche Sorge allein ausübt, wenn ein Elternteil tatsächlich verhindert ist, die elterliche Sorge auszuüben, keinen Umkehrschluss dergestalt zu, dass, wenn einer der gemeinsam vertretungsberechtigten Elternteile von der Vertretung ausgeschlossen ist, der andere Elternteil das Kind ebenfalls nicht vertreten kann. Ein entsprechender Umkehrschluss verbietet sich angesichts der über Art. 6 Abs. 2 GG grundrechtlich gewährleisteten elterlichen Vertretungsbefugnis als Teil des Elternrechts (BGH, Beschluss vom 10.04.2024, XII ZB 459/23 Rn. 13, juris – für die Konstellation der gemeinsamen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern). Für die Konstellation der miteinander verheirateten Eltern kann nichts Anderes gelten. Art. 6 Abs. 2 GG gewährleistet Elternrechte naturgemäß auch für miteinander verheiratete Eltern. Die unter Eheleuten geltende allgemeine Rücksichtnahmepflicht nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt, wie ausgeführt, keine Eingriffsnorm dar und vermag eine derartige Beschneidung des Elternrechts verheirateter Eltern gegenüber demjenigen unverheirateter Eltern nicht zu rechtfertigen. Vielmehr bleibt die Vertretungsbefugnis des nicht von dem Ausschlussgrund betroffenen Elternteils bestehen und ermächtigt ihn zur Alleinvertretung des Kindes (vgl. BGH, Beschluss vom 10.04.2024, XII ZB 459/23 Rn. 11, juris). Für den Fall der – hier nicht in Rede stehenden – Interessenkollision im Einzelfall besteht die Möglichkeit des gerichtlichen Entzugs der Vertretung für einzelne Angelegenheiten, §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1789 Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB.
III.
1. Nebenentscheidungen waren im Hinblick darauf, dass die Beschwerde erfolgreich war (
2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Beteiligten durch die Entscheidung beschwert ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:14.03.2025
Aktenzeichen:3 W 9/25
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Erbteilsveräußerung
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)
BGB §§ 1629, 1824, 1851, 1854, 2033