Zulässigkeit eines Grundbuchvermerks bei aufschiebend bedingter Abtretung des vorgemerkten Anspruchs
letzte Aktualisierung: 14.1.2021
OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.10.2019 – 8 W 272/19
BGB §§ 883, 398, 158
Zulässigkeit eines Grundbuchvermerks bei aufschiebend bedingter Abtretung des
vorgemerkten Anspruchs
1. Zur Sicherung eines Rückauflassungsanspruchs, der im Voraus an einen Dritten bedingt durch
den Tod des zunächst Berechtigten und unabhängig von einer Geltendmachung des Anspruchs
durch diesen abgetreten wurde, ist nur eine Vormerkung im Grundbuch einzutragen.
2. Zur Verlautbarung der sukzessiven Berechtigung des Dritten im Grundbuch ist die Eintragung
eines Vermerks über die aufschiebend bedingte Abtretung des durch die Vormerkung gesicherten
Anspruchs zumindest zulässig.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1, Ehefrau des Beteiligten zu 2 und Mutter des Beteiligten zu 3, ist Eigentümerin des im
Grundbuch von … Nr. …, BV Nr. 5 eingetragenen Grundstücks. Die Beteiligten zu 1 und 2 leben im
gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Mit Urkunde des Notars … in Ditzingen (UR …) vom
11.02.2019 ließ die Beteiligte zu 1 einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem genannten Grundbesitz im Wege
der vorweggenommenen Erbfolge an den Beteiligte zu 3 auf. Die Eintragung der Eigentumsänderung im
Grundbuch wurde vom Veräußerer bewilligt und vom Erwerber beantragt.
Gemäß § 7 der Urkunde verpflichtete sich der Beteiligte zu 3 zur Rückübereignung des Vertragsgegenstands
unter bestimmt bezeichneten Bedingungen, wenn die Beteiligte zu 1 das Rückübereignungsverlangen stellt. Zur
Sicherung des bedingten Anspruchs auf Rückübertragung bewilligte der Beteiligte zu 3 die Eintragung einer
Eigentumsvormerkung gem. § 883 BGB zugunsten der Beteiligten zu 1 und beantragte die Eintragung der
Vormerkung im Grundbuch.
Gleichzeitig trat die Beteiligte zu 1 den bedingten Rückübertragungsanspruch an den Beteiligten zu 2 ab unter
der Bedingung, dass die Beteiligte zu 1 vor dem Beteiligten zu 2 stirbt und die Voraussetzungen für den Entfall
des Ehegattenerbrechts nach
die Abtretung bei der für die Beteiligte zu 1 bewilligten Vormerkung im Grundbuch wurde gleichfalls bewilligt
und beantragt.
Mit Schriftsatz vom 18.02.2019 stellte der Urkundsnotar bei dem Grundbuchamt Waiblingen die in der Urkunde
enthaltenen Eintragungsanträge.
Mit Zwischenverfügung vom 08.08.2009 vertrat das Grundbuchamt die Auffassung, der Abtretungsvermerk sei
nicht eintragungsfähig, die aufschiebend bedingte Abtretung habe zur Folge, dass die Forderung und damit
auch die Vormerkung (
Unrichtigkeit zu berichtigen sei. Eine künftige Grundbuchunrichtigkeit könne nicht vermerkt werden, würde der
Zessionar vor Bedingungseintritt als Berechtigter der Vormerkung eingetragen werden, würde gerade dadurch
das Grundbuch unrichtig werden. Zur Prüfung, ob der Antrag auf Eintragung eines Abtretungsvermerks
zurückgenommen werde, um den Vollzug der weiteren in der Urkunde gestellten Anträge zu ermöglichen,
setzte das Grundbuchamt Frist bis zum 13.09.2019 unter Androhung der Antragszurückweisung.
Gegen diese Entscheidung hat der Urkundsnotar namens der Beteiligten mit Schriftsatz vom 06.08.2019
Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 29.08.2019 nicht abgeholfen hat.
II.
Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde statthaft (
im Übrigen zulässig,
Es hat auch in der Sache Erfolg.
Obgleich das Grundbuchamt mit dem angegriffenen Beschluss eine Frist zur Rücknahme des Antrags auf
Eintragung eines Abtretungsvermerks binnen gesetzter Frist aufgegeben hat, war die Entscheidung durch
Zwischenverfügung (
Eintragung des Abtretungsvermerks kein behebbares Eintragungshindernis vor. Eine Zwischenverfügung kann
aber auch dann erlassen werden, wenn einer von mehreren im Sinne von
Anträgen zurückzuweisen wäre und dem Antragsteller aufgegeben wird, den beanstandeten Antrag oder den
Vorbehalt zurückzunehmen (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 16, Rn. 12). Zwar wurde vorliegend ein Vorbehalt im
Sinne des
Bestimmung möglich. Von einer solchen ist regelmäßig auszugehen, wenn - wie hier - zwischen den Anträgen
ein innerer Zusammenhang rechtlicher oder wirtschaftlicher Natur besteht, der die Einheitlichkeit der Erledigung
als gewollt vermuten lässt (Demharter a.a.O., § 16, Rn. 11; Böttcher in GBO, 16. Aufl., § 16 Rn. 15).
10 Der Auffassung des Grundbuchamtes, der Abtretungsvermerk sei nicht eintragungsfähig, vermag der Senat
indes nicht zu folgen. Der aufschiebend bedingte Rückübertragungsanspruch der Beteiligten zu 1 gegen den
Beteiligten zu 3, der unter bestimmten Voraussetzungen an den Beteiligten zu 2 abgetreten wurde, kann durch
eine Vormerkung gesichert werden. In Fällen, in denen ein im Grundbuch zu verlautbarendes Recht mehreren
Berechtigten im zeitlichen Nacheinander zustehen soll, wird zwischen Sukzessivberechtigung und
Alternativberechtigung differenziert. Eine Sukzessivberechtigung liegt vor, wenn von vornherein für den Eintritt
bestimmter Ereignisse ein Wechsel auf der Gläubigerseite vereinbart ist, jedoch die Identität des einen und
einzigen Rechtsverhältnisses nicht beeinträchtigt wird. Unter einer Alternativberechtigung wird der Fall
verstanden, dass ein Recht verschiedenen Personen jeweils allein zusteht mit der Maßgabe, dass das Recht
nur entweder für den einen oder für den anderen bestehen kann (Böhringer in Meikel, GBO, 11. Aufl., § 47, Rn.
301 f.). Im Fall der Alternativberechtigung liegen also zwei selbständige Rechte vor, sodass auch im Grundbuch
je selbständige Rechte einzutragen bzw. vorzumerken sind (OLG Köln
252; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 261a). Für den vorliegenden Fall der Vorausabtretung des
Rückauflassungsanspruchs an einen Dritten, bedingt durch den Tod des zunächst Berechtigten und
unabhängig von einer Geltendmachung des Anspruchs durch diesen liegt eine Sukzessivberechtigung vor. Hier
entsteht nur ein Recht, das bei Eintritt der Bedingung bestehen bleibt und lediglich von dem Zessionar statt von
dem Zedenten ausgeübt wird. Zur Sicherung dieses einheitlichen, wechselnden Gläubigern zustehenden
Anspruchs ist demzufolge auch nur eine Vormerkung einzutragen (OLG München, Beschluss vom 28.06.2017
– 34 Wx 42/16 –
Demharter a.a.O., § 44, Rn. 11; Anh. zu § 44, Rn. 108). Zur Verlautbarung der sukzessiven Berechtigung im
Grundbuch ist die Eintragung eines Vermerks über die aufschiebend bedingte Abtretung des durch eine
Vormerkung gesicherten Anspruchs zumindest zulässig, wenn nicht gar geboten (geboten: OLG München
a.a.O.; Demharter a.a.O., § 44, Rn. 11; Reymann,
Oberlandesgericht a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 01. Juli 2016 – 15 W 112/16; BayObLG, Rpfleger 1986,
217). Der von dem Grundbuchamt vertretenen Gegenauffassung (Schöner/Stöber a.a.O., Rn. 1516), wonach
die aufschiebend bedingte Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruch zur Folge habe, dass erst mit
Bedingungseintritt die Forderung und damit die Vormerkung übergehe (
Zeitpunkt eine zu berichtigende Grundbuchunrichtigkeit eintrete, vermag nicht zu überzeugen. Zu Recht weist
das Oberlandesgericht München im Beschluss vom 28.06.2017 (a.a.O.) darauf hin, dass nur die Tatsache der
bedingten Abtretung und nicht ein bereits erfolgter Übergang des Anspruchs infolge der Abtretung eingetragen
werden soll.
Demnach war der Beschwerde der Beteiligten stattzugeben.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist weder eine Entscheidung bezüglich der Gerichtskosten und der
Wertfestsetzung noch zur Zulassung einer Rechtsbeschwerde veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Stuttgart
Erscheinungsdatum:29.10.2019
Aktenzeichen:8 W 272/19
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Gesetzliche Erbfolge
Grundbuchrecht
Vormerkung
FGPrax 2020, 118-120
Normen in Titel:BGB §§ 883, 398, 158