Beruft sich der für Nachlassverbindlichkeiten in Anspruch genommene Erbe auf die beschränkte Erbenhaftung, so muss nicht er die Einhaltung der Inventarfrist vortragen und ggf. beweisen, sondern ist umgekehrt der Gläubiger für behauptete unbeschränkte Haftung beweispflichtig
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Dokumentnummer: 1u53_08
letzte Aktualisierung: 22.10.2009
OLG Rostock, 25.6.2008 - 1 U 53/08
Beruft sich der für Nachlassverbindlichkeiten in Anspruch genommene Erbe auf die
beschränkte Erbenhaftung, so muss nicht er die Einhaltung der Inventarfrist vortragen
und ggf. beweisen, sondern ist umgekehrt der Gläubiger für behauptete unbeschränkte
Haftung beweispflichtig
Oberlandesgericht Rostock
1 U 53/08
3 O 470/05 LG Schwerin
verkündet am:
25.06.2008
L.
Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
URTEIL
im schriftlichen Verfahren gem.
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
M. B.,
als Erbe nach F.-G. B.
gegen
H. Kliniken S. GmbH,
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock
übereinstimmend das Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt
worden ist,
für R e c h t erkannt:
1.
Auf die Berufung des Beklagten wird die Ziffer II. des Tenors des am 24.05.2007
verkündeten Urteils der Einzelrichterin der Zivilkammer 3 des Landgerichts Schwerin
wie folgt geändert:
Die Haftung des Beklagten wird auf den Nachlass seines am 06.12.2004 verstorbenen
Vaters F.-G. B. beschränkt. Diese Beschränkung betrifft nicht die Kostenentscheidung.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und der
Beklagte zu 75 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 90 %
und der Beklagte zu 10 %.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
5.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.408,00 €.
6.
Der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz wird von Amts wegen dahingehend
geändert, dass er auf den Betrag von 31.228,00 € festgesetzt wird.
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Erben nach seinem am 06.12.2004 verstorbenen
Vaters auf Bezahlung von Behandlungskosten in Anspruch.
Der Vater des Beklagten (künftig: Erblasser) befand sich vom 30.01 bis 24.02.2003 in
stationärer Behandlung in einer Klinik des Medizinischen Zentrums S. (MZS) Die
Trägerschaft für das MZS wurde durch die Klägerin aufgrund des Ausgliederungs- und
Umwandlungsvertrages vom 23.12.2003/16.01.2004 von der Landeshauptstadt S.
übernommen.
Dem Erblasser wurde u.a. ein Herzschrittmacher eingesetzt. Nach Abschluss der Behandlung
stellte sich heraus, dass er - entgegen ursprünglicher und wohl übereinstimmender Annahme nicht krankenversichert war. Die Klägerin stellte dem Erblasser daher am 09.07.2003
Behandlungskosten in Höhe von 23.274,73 Euro in Rechnung. Der Erblasser zahlte nicht. Für
eine angebliche weitere Behandlung (Nachuntersuchung) vom 21.07.2003 verlangte die
Klägerin von dem Erblasser mit Rechnung vom 25.08.2003 den Betrag von 147,25 Euro, der
ebenfalls nicht bezahlt wurde.
Die Klägerin hat am 19.08.2005 einen Mahnbescheid sowie am 28.09.2005 einen
Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten erwirkt, und zwar über die Hauptforderung von
23.421,98 Euro (23.274,73 + 147,25) zuzüglich Zinsen, pauschaler Mahnkosten von 5,00
Euro und Kosten in Höhe von 701,00 Euro für die Beauftragung eines Inkassobüros. Vor dem
Landgericht hat sie diesen Anspruch (mit geringfügigen Änderungen beim Zinsbeginn)
weiterverfolgt.
Der Beklagte hat erstinstanzlich die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die Behandlung
seines Vaters überhaupt bestritten. Die Rechnungen seien nicht prüffähig und damit nicht
fällig. Auch führe die fehlende Krankenversicherung des Erblassers nicht zu dem geltend
gemachten Anspruch der Klägerin gegen den Erblasser. Darüber hinaus hat der Beklagte
darauf hingewiesen, dass der Nachlass überschuldet und damit dürftig sei und dass die
Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei (Beschluss
vom 15.05.2006). Mit Schriftsatz vom 22.03.2006 hat er erstmals beantragt, ihm gemäß §
780 ZPO die Beschränkung seiner Haftung vorzubehalten.
Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass dem Beklagten auf ihren Antrag hin eine
Inventarfrist nach
Das Landgericht hat - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten und
Durchführung einer Beweisaufnahme - mit dem im schriftlichen Verfahren ergangenen
angefochtenen Urteil der Klage bezüglich der Hauptforderung teilweise - in Höhe von
23.274,73 Euro - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe ihre
Aktivlegitimation ausreichend dargelegt, das weitere Bestreiten des Beklagten sei
unbeachtlich. Dass der Erblasser entsprechend den in der Anlage K 4 ausgewiesenen
Positionen tatsächlich behandelt worden sei, ergebe sich aus den Aussagen der beiden
Zeugen. Die Klägerin sei auch berechtigt, die Kosten dieser Behandlung von dem Beklagten
zu verlangen. Zwar fehle dem zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem
Erblasser abgeschlossenen Behandlungsvertrag die Geschäftsgrundlage, weil beide Seiten
davon ausgegangen seien, es bestehe eine Krankenversicherung und die AOK übernehme die
Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2005 - III ZR 351/04,
2069). Es habe daher eine Anpassung des Vertragsinhaltes unter umfassender Abwägung der
beiderseitigen Interessen zu erfolgen. Dies führe dazu, dass die Klägerin nach den
gesetzlichen Vorgaben ihre allgemeinen Krankenhausleistungen abrechnen dürfe. Die
erfolgte Abrechnung sei schlüssig und ausreichend detailliert, im Übrigen ausweislich des
Sachverständigengutachtens nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich des mit der Anlage K 6 geltend gemachten Betrages von 147,25 Euro, einem
Teil der Zinsen sowie der Inkassokosten hat das Landgericht die Klage als unbegründet
abgewiesen. Die Klägerin sei für die - mit der zweiten Rechnung geltend gemachte Behandlung vom 21.07.2003 beweisfällig geblieben, weil die dazu benannten und
vernommenen Zeugen keine Angaben hierzu hätten machen können und sich auch aus der
vorgelegten Krankenakte nichts anderes ergebe.
Die - im Tenor unter II. ausgesprochene - Zurückweisung des Antrages auf Vorbehalt der
Beschränkung der Erbenhaftung hat das Landgericht damit begründet, dass die Inventarfrist
des
der Inventarerrichtung) liege nicht vor. Den Beklagten treffe die Darlegungs- und Beweislast
für die Einhaltung der Frist, da er sich auf die ihm günstige Beschränkung der Haftung
berufe. Dazu habe er jedoch innerhalb der Frist des
vorgetragen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der näheren Begründung
wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung begehrt der Beklagte in erster Linie den
unter I. ausgesprochene Zahlungsverpflichtung teilweise - in Höhe von 601,00 Euro angefochten, seine Berufung aber nach einem entsprechenden Hinweis des Senats auf die
Frage des Vorbehalts beschränkt.
Zur Begründung trägt er vor, hinsichtlich des Vorbehalts habe das Landgericht rechtsfehlerhaft entschieden. Für den möglichen Ausschluss der Haftungsbeschränkung wegen
fehlender Inventarerrichtung sei nicht der Beklagte, sondern die Klägerin darlegungs- und
beweisbelastet. Diese habe jedoch zu den gesetzten Fristen und Entscheidungen des
Nachlassgerichts nicht ansatzweise vorgetragen. Im Übrigen habe der Beklagte das Inventar
fristgerecht zum 09.03.2007 errichtet. Zum Beweis dafür beantragt der Beklagte die
Beiziehung der Akten des Nachlassgerichts und legt eine Kopie des Protokolls des
Nachlassgerichts vom 09.03.2007 über die Übergabe des Inventarverzeichnisses vor. Die
fristgerechte Inventarerrichtung sei unstreitig gewesen, weshalb er, der Beklagte, dazu auch
nicht weiter vorgetragen habe. Einen Hinweis auf seine gegenteilige Ansicht habe das
Landgericht nicht erteilt. Mit Schriftsatz vom 18.06.2008 trägt er - unter Vorlage
entsprechender Erbscheine - vor, nach seinem Kenntnis-stand sei er neben seiner Schwester
Miterbe nach seinem Vater.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil hinsichtlich des Urteilstenors zu II. zu ändern und seinem Antrag,
ihm die Beschränkung seiner Haftung bezüglich der Hauptsache, Nebenforderungen und
Kosten des Rechtsstreits auf den Nachlass des am 06.12.2004 verstorbenen F.-G. B. gem. §
780 ZPO vorzubehalten, zu entsprechen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil hinsichtlich der Ablehnung des Vorbehalts. Soweit der
Beklagte mit seiner Berufung erstmals geltend mache, er habe die Inventareinreichungsfrist
eingehalten, handele es sich um neuen Sachvortrag, der bestritten werde. Eine Verletzung der
Prozessleitungs- oder der Hinweispflicht des Landgerichts liege nicht vor.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die zulässige Berufung hat in dem jetzt beschränkten Umfang überwiegend Erfolg.
1.
Des offensichtlich - wie vom Beklagten inzwischen selbst zugestanden - nur zum Erreichen
der Berufungssumme konstruierten ursprünglichen Berufungsantrages zu 1. bedurfte es nicht.
Der Beklagte ist vielmehr ebenfalls durch das uneingeschränkt verurteilende Erkenntnis
materiell beschwert, so dass auch die Berufungs-einlegung ausschließlich mit dem Ziel
zulässig ist, nachträglich die beschränkte Erbenhaftung geltend zu machen bzw. vorbehalten
zu bekommen (OLG Celle OLGR 1995, 204; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 780 Rn. 10;
MünchKomm/K. Schmidt, ZPO, 3. Aufl., § 780 Rn. 19).
2.
Der Vorbehalt hätte vom Landgericht auch aufgenommen werden müssen, da jedenfalls die
Voraussetzungen für die erklärte Ablehnung nicht gegeben waren. Der Ausspruch des
Vorbehalts bzw. der Haftungsbeschränkung kann auch noch in der Berufungsinstanz
erfolgen,
die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits. Abgesehen hiervon ist die Berufung des Beklagten
daher erfolgreich.
a)
Nach
Beschränkung seiner Haftung nur dann (in der gegen ihn gerichteten Zwangsvollstreckung)
geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. Die Vorschrift regelt - neben der
Präklusion des Erben - somit das Verfahren der Beschränkung der Erbenhaftung nach
materiellem Recht (
Voraussetzung für die Geltendmachung eines Vorbehaltes ist daher zunächst, dass der Erbe
als Prozesspartei wegen Nachlassverbindlichkeiten (
wird. Dazu gehören in erster Linie die sog. Erblasserschulden als die "vom Erblasser
herrührenden Schulden" (§ 1967 Abs. 2, 1. Alt. BGB), die bereits im Zeitpunkt des Erbfalls
in der Person des Erblassers begründeten Verpflichtungen (Palandt/Edenhofer, BGB, 67.
Aufl., § 1967 Rn. 2). Nicht darunter fallen dagegen Prozesskosten, die nicht in der Person des
Erblassers entstanden sind, sondern aufgrund Rechtshandlungen des Erben (OLG Koblenz,
Weitere Voraussetzung ist die noch vorhandene Möglichkeit der Haftungsbeschränkung (KG,
7 m.w.N.), also insbesondere für Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz (
sowie die Dürftigkeitseinrede nach
Erben in das Urteil aufgenommen. Eines besonderen Antrages bedarf es nicht (BGH, NJW
1983, 2378 [2379]).
Ist der Vorbehalt danach begehrt, kann das Prozessgericht im allgemeinen entweder die Frage
des Haftungsumfangs sachlich aufklären und darüber entscheiden oder aber sich mit dem
Ausspruch des Vorbehalts der Haftungsbeschränkung begnügen und die sachliche Klärung
insoweit dem besonderen Verfahren gemäß
[Tz. 16]; Zöller/Stöber, a.a.O., Rn. 15; MünchKomm/K. Schmidt, a.a.O., Rn. 17, jeweils
m.w.N.). Letzteres wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn sich der Erbe - wegen §§
780 Abs. 1, 781 ZPO - vorsorglich seine beschränkte Haftung im Erkenntnisverfahren
vorbehalten lassen muss, obwohl er deren Voraussetzungen noch nicht darzulegen vermag
oder nicht einmal weiß, ob sie überhaupt eintreten werden; das Gericht hat also den
Vorbehalt auch aufzunehmen, wenn es an einer ausreichenden Darlegung der Einrede etwa
nach
Eines Vorbehalts bedarf es dagegen - abgesehen von den Fällen des
nicht, wenn die Sache nach eigener Prüfung des Prozessgerichts entscheidungsreif ist (§ 300
ZPO). Wird dabei eine Haftungsbeschränkung festgestellt, erfolgt entweder eine Verurteilung
zur Leistung aus dem Nachlass oder - wenn außerdem feststeht, dass keine Haftungsmasse
mehr vorhanden ist - Abweisung der Klage. Ergibt die Prüfung dagegen, dass die geltend
gemachte Haftungsbeschränkung nicht vorliegt, etwa weil der Erbe das Recht zur
Beschränkung seiner Haftung verloren hat, wird er ohne Vorbehalt verurteilt (KG, a.a.O.;
MünchKomm/K. Schmidt, a.a.O., Rn. 10 ff.; Zöller/Stöber, a.a.O.; Thomas/Putzo/ Hüßtege,
ZPO, 28. Aufl., § 780 Rn. 8; Musielak/ Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 780 Rn. 5;
Staudinger/Marotzke, BGB [2002], § 1990 Rn. 12, 13; K. Schmidt
m.w.N).
Daraus
ergibt
sich,
dass
der
Erbe
das
Vorliegen
der
Voraussetzungen
einer
Haftungsbeschränkung nicht in jedem Fall beweisen muss, um den Ausspruch eines
Vorbehalts zu erreichen. Eine Ablehnung des Vorbehalts wird dagegen insbesondere dann in
Betracht kommen, wenn der Nachlassgläubiger die Voraussetzungen der unbeschränkten oder unbeschränkbar gewordenen - Erbenhaftung darlegen und beweisen kann (vgl. OLG
Koblenz, a.a.O.; Staudinger/Marotzke, a.a.O. und § 2013 Rn. 14).
b)
Soweit sich die Ablehnung des Vorbehalts auf die von der Klägerin verlangten und ihr vom
Mahnbescheids, vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 20,00 Euro) bezieht, ist das Urteil
nicht zu beanstanden. Bei diesen Positionen handelt es sich um keine Nachlassverbindlichkeiten, da sie nicht auf der Rechtsverfolgung gegen den Erblasser beruhen - der
Mahnbescheid war bereits gegen den Beklagten als Erben gerichtet. Ein Vorbehalt ist daher
schon deshalb nicht möglich.
c)
Hinsichtlich der Hauptforderung nebst Zinsen hat das Landgericht den Vorbehalt dagegen zu
Unrecht verweigert.
aa)
Allerdings macht die Klägerin diesbezüglich - soweit im Berufungsrechtszug noch von
Interesse - eine Nachlassverbindlichkeit geltend, nämlich eine Forderung aus dem mit dem
Erblasser abgeschlossenen Behandlungsvertrag. Auch ist der Beklagte - unstreitig - jedenfalls
Erbe nach seinem am 06.12.2004 verstorbenen Vater und zudem Partei des vorliegenden
Prozesses. Dabei spielt es keine Rolle, ob er Allein- oder Miterbe ist (vgl. Zöller/Stöber,
a.a.O., § 780 Rn. 8).
bb)
Das Landgericht hat jedoch unter Verkennung der Beweislast die Frage des Haftungsumfangs
nicht geklärt und insbesondere nicht festgestellt, dass keine Beschränkung der Erbenhaftung
besteht. Der Beklagte war für die Einhaltung der Inventarfrist als Voraussetzung der
Beschränkung (
den Eintritt der unbeschränkten Haftung nicht bewiesen.
(1)
Zutreffend ist allerdings der Ansatz des Landgerichts, dass vorliegend eine Beschränkung der
Erbenhaftung und damit der Ausspruch eines Vorbehalts nur dann in Betracht kommt, wenn
der Beklagte rechtzeitig ein Inventar errichtet hat,
So haftet der Erbe, der die Inventarfrist versäumt, für die Nachlassverbindlichkeiten auch
dann unbeschränkt, wenn zuvor - wie hier - die Eröffnung der Nachlassinsolvenz mangels
Masse abgelehnt worden ist (OLG Stuttgart,
Beschluss des Amtsgerichts S. vom 15.05.2006, während die auf Antrag der Klägerin
bestimmte Inventarfrist unstreitig am 09.03.2007 ablief. Auch ist das Landgericht mit Recht
davon ausgegangen, dass hier kein Fall des
Abwendung der unbeschränkten Erbenhaftung der fristgerechten Errichtung eines Inventars
bedurfte.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der fruchtlose Ablauf der Inventarfrist
jedoch nicht festgestellt werden, da die Klägerin hierzu weder vorgetragen noch Beweis
angetreten hat. Sie hat noch nicht einmal mitgeteilt, wann die Frist - die nach § 1995 Abs. 1
Satz 1 BGB mindestens einen und höchstens drei Monate betragen soll und gemäß § 1995
Abs. 3 BGB nach Ermessen des Nachlassgerichts verlängert werden kann - zu laufen
begonnen hat (
lediglich, dass die Klägerin als Nachlassgläubigerin beim Nachlassgericht beantragt hatte,
dem Beklagten eine Inventarfrist zu setzen.
Zwar hat der Beklagte die Fristsetzung unstreitig gestellt und darüber hinaus vorgetragen,
dass die Inventarfrist am 09.03.2007 ablief, was wiederum die Klägerin nicht bestreitet.
Gleichzeitig hat der Beklagte aber auch die Einhaltung der Frist - bzw. die Absicht hierzu behauptet. Die Klägerin beschränkt sich darauf, diesen Umstand pauschal zu bestreiten, ohne
die Behauptung zu widerlegen oder wenigstens Beweis hierfür anzutreten.
Das wäre jedoch notwendig gewesen, um eine Ablehnung des Vorbehalts bereits in
vorliegendem Verfahren zu rechtfertigen (vgl. oben 2.a) a.E.). Die Voraussetzungen der
unbeschränkten Erbenhaftung - nach fruchtlosem Ablauf der Inventarfrist - hat die Klägerin
weder dargetan noch bewiesen.
Dem steht nicht entgegen, dass nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., vor
§ 284 Rn. 17a) der Beklagte als Anspruchsgegner die Beweislast für die - ihm günstige Haftungsbeschränkung aufgrund rechtzeitiger Inventarerrichtung trägt (vgl. Baumgärtel/
Schmitz, Beweislast, 2. Aufl.,
Rn. 14). Dies wird nämlich nur dann relevant, wenn die Frage der Haftungsbeschränkung
abschließend geklärt werden muss, also spätestens im Verfahren nach
Das ist jedoch im - vorliegenden - Erkenntnisverfahren gerade nicht erforderlich (s.o.).
Aus dem Umstand, dass der Beklagte selbst erstinstanzlich den Ablauf der Frist, nicht aber zu
deren tatsächlichen Einhaltung vorgetragen hat, ergibt sich anderes nicht. Der Beklagte hat
damit weder behauptet noch unstreitig gestellt, dass er die Frist versäumt habe. Im Übrigen
hat die Klägerin in erster Instanz zu keinem Zeitpunkt behauptet, der Beklagte habe die
Inventarfrist nicht eingehalten.
(3)
Damit war und ist dem Beklagten die Beschränkung seiner Erbenhaftung grundsätzlich noch
nicht jedoch der genaue Umfang der Haftungsmasse. Entscheidungsreife ist daher nur
insoweit gegeben.
Da das Nachlassinsolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet und ein Antrag des
Beklagten auf Anordnung der Nachlassverwaltung nicht behauptet worden ist, kommt als
Begründung für die Beschränkung lediglich die Dürftigkeitseinrede des Erben nach § 1990
BGB in Betracht. Deren Voraussetzungen wiederum sind gegeben, weil die Entscheidung des
Nachlassgerichts über die Nichteröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens für das
Prozessgericht, das über die Einrede nach
a.a.O., § 1990 Rn. 6 m.w.N.).
Gemäß
verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht, ist aber verpflichtet, den Nachlass zum Zwecke
der Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben, d.h. die
Zwangsvollstreckung insoweit zu dulden. Damit ist die Beschränkung der Haftung auf den
Nachlass gegeben. Nach dem Vortrag des Beklagten besteht der Nachlass ausschließlich aus
einem Grundstück, das wertlos und zudem mit einer Grundschuld belastet sein soll, die noch
über 8.253,70 Euro valutiere. Die Klägerin hat dies nicht bestritten (sondern lediglich die
fristgerechte Inventarerrichtung).
d)
Da der Beklagte den Ausspruch des Vorbehalts bereits vor dem Landgericht beantragt hatte
und die Voraussetzungen hierfür - unabhängig von der Begründetheit der Dürftigkeitseinrede
Abs. 2 ZPO. Der Beklagte ist deshalb mit der Einrede im Berufungsrechtszug nicht
ausgeschlossen (vgl. zum umgekehrten Fall: OLG Düsseldorf,
Zöller/Stöber, a.a.O., § 780 Rn. 10). Dementsprechend ist der Senat auch aus diesem Grund
nicht gehindert, den Vorbehalt aufzunehmen.
e)
Der Vorbehalt umfasst allerdings nicht die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits. Insoweit
handelt es sich nicht um Nachlassverbindlichkeiten i.S.d.
Prozessführung hat der Erbe vielmehr als Prozesspartei selbst zu tragen (KG, a.a.O. [Tz. 23];
OLG Celle, a.a.O.; OLG Koblenz, a.a.O.; Zöller/Stöber, a.a.O., § 780 Rn. 7).
3.
über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf
Der Beklagte hat sein Rechtsmittel teilweise - in Höhe von 601,00 Euro - zurückgenommen,
so dass er insoweit die Kosten zu tragen hat. Im Übrigen war die Berufung überwiegend
erfolgreich, weshalb insoweit die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dabei
hat der Senat den Wert des Vorbehaltsausspruchs gemäß
Interesse des Beklagten an der Beschränkung seiner Erbenhaftung auf 1/3 der geltend
gemachten Klagsumme geschätzt, also auf 7.807,00 Euro.
Für die erste Instanz gilt im Prinzip nichts anderes: hier ist der Beklagte teilweise - bzgl. des
überwiegenden Zahlungsantrages - unterlegen, während er - bei zutreffender Würdigung hinsichtlich des Vorbehalts obsiegt hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade (auch) die
Frage der Haftungsbeschränkung streitig war und die Klägerin sich gegen den Vorbehalt
wandte. In diesen Fällen kommt nicht der Rechtsgedanke des
Abs.
ZPO
zum
Tragen
(BayObLG,
NJW-RR
2000,
306;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 92 Rn. 53 a.E.; vgl. auch - ohne
Begründung - KG, a.a.O.). Soweit die Anwendung des
dies dann zutreffen, wenn der Kläger zwar zunächst die unbeschränkte Verurteilung des
Beklagten erstrebt, gegen den Vorbehalt der Haftungsbeschränkung aber keine
Einwendungen erhoben hat oder wenn der Vorbehalt erstmals mit der Berufung geltend
gemacht wird (vgl. OLG Celle, a.a.O.; diesem folgend - ohne Begründung - OLG Koblenz,
a.a.O.; Zöller/Herget, a.a.O., § 92 Rn. 3). Dies ist hier aber gerade nicht der Fall.
Dementsprechend hat der Senat von Amts wegen den Wert des Streitgegenstandes für das
Berufungsverfahren auf 8.408,00 Euro festgesetzt (ursprünglicher ZahlungsAbänderungsantrag in Höhe von 601,00 Euro, Vorbehaltsausspruch in Höhe von 7.907,00
Euro). Für die erste Instanz hat der Senat den Streitwert gemäß
auf 31.228,00 Euro (Zahlungsantrag in Höhe von 23.421,00 Euro, Vorbehaltsausspruch in
Höhe von 7.907,00 Euro) festgesetzt. Dementsprechend ergibt sich die ausgeurteilte
Kostenverteilung in erster und zweiter Instanz.
Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung
noch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Rostock
Erscheinungsdatum:25.06.2008
Aktenzeichen:1 U 53/08
Rechtsgebiete:
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
BGB § 1994; ZPO § 780