OLG Zweibrücken 27. Oktober 2021
3 W 52/21
GBO § 19; WEG § 5 Abs. 4 S. 2

Eintragung eines begründeten, aber nicht gebuchten Sondernutzungsrechts nur bei Bewilligung aller Rechtsinhaber

letzte Aktualisierung: 11.3.2022
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.10.2021 – 3 W 52/21

GBO § 19; WEG § 5 Abs. 4 S. 2
Eintragung eines begründeten, aber nicht gebuchten Sondernutzungsrechts nur bei
Bewilligung aller Rechtsinhaber

Das Grundbuchamt darf die Eintragung eines durch Teilungserklärung begründeten, bisher aber
nicht gebuchten schuldrechtlichen Sondernutzungsrechtes (hier: Kfz-Außenstellplatz) nur bei
Bewilligung aller in Betracht kommender Rechtsinhaber vornehmen, wenn eine zwischenzeitlich
außerhalb des Grundbuchs erfolgte Übertragung an einen anderen Wohnungseigentümer nicht als
gänzlich unwahrscheinlich zu erachten ist.

Gründe

I.
Der Beschwerdeführer begehrt unter Bezugnahme auf die Urkunde Nr. … des Notars …,
Bauträgervertrag vom xx. September 2011, die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes an
dem im Aufteilungsplan „Übersichtsplan“ mit „Stellplatz SNR …“ bezeichneten Kfz-
Außenstellplatz. Mit vorgenannter Urkunde wurde dieser Stellplatz der Wohneinheit Nr. …
zugewiesen, deren Sondereigentümer gemäß Eintragung vom xx. März 2021 der
Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger der Beteiligten zu 2. und 3. ist, die ihrerseits
Rechtsnachfolger der ursprünglichen Erwerber waren.

Mit am 15. Dezember 2020 eingegangenem Antrag des beurkundenden Notars vom 11.
Dezember 2020 wurde die Eintragung des zugewiesenen Sondernutzungsrechtes beantragt.
Zugleich wies der Notar darauf hin, die Eintragung der Zuordnung sei bei Vollzug der o.g.
Urkunde versäumt bzw. nicht beantragt worden. Nach Erteilung eines Hinweises, zu dem
der Notar mit Schriftsatz vom 10. März 2021 Stellung genommen hat, hat das
Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen. In der Kaufvertragsurkunde vom xx.
September 2011 seien eine Bewilligung und ein Antrag der Beteiligten auf Eintragung der
Zuordnung enthalten. Der Notar habe jedoch diesen Antrag nicht gestellt, sondern lediglich
mit Schreiben vom xx. November 2011 die Eintragung der
Eigentumsübertragungsvormerkung und mit Schreiben vom xx. Mai 2013 die Löschung der
Vormerkung und Eigentumsumschreibung. Zwischenzeitlich seien die Erben der damaligen
Käufer im Grundbuch eingetragen worden. Zur Eintragung des Sondernutzungsrechtes
seien nunmehr (zehn Jahre nach der erfolgten Zuordnung) die Bewilligungen sämtlicher
Wohnungseigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger vorzulegen (§ 19 GBO). Es könne
nicht ausgeschlossen werden, dass das nicht verdinglichte Sondernutzungsrecht
zwischenzeitlich an einen anderen Miteigentümer im Wege der Abtretung (§§ 398, 413
BGB) isoliert außerhalb des Grundbuchs übertragen worden sei. Eine dies ausschließende
Bestimmung sei in der Teilungsanordnung nicht getroffen worden. Fehle im
Eintragungsverfahren die notwendige Bewilligung von Beteiligten, liege ein unbehebbares
Verfahrenshindernis vor. Der Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers. Anders als im Sachverhalt
der vom Grundbuchamt für die Zurückweisung in Bezug genommenen Entscheidung
(OLG München, Beschluss vom 22. Dezember 2017, Az.: 34 Wx 139/17, hier zit. n. Juris)
bestehe im streitgegenständlichen Fall gerade kein Anhaltspunkt für eine anderweitige
Abtretung an ein anderes Mitglied der Eigentümergemeinschaft. Unabhängig davon sei auch
die Umsetzung der geforderten Vorgaben des Grundbuchamtes praktisch nicht machbar.
Bei der Wohnanlage handele es sich um einhundertzehn selbständige Einheiten, bei denen
in aller Regel dinglich Berechtigte im Grundbuch eingetragen seien. Im Übrigen habe das
Grundbuchamt bei der ersten Umschreibung des Wohnungseigentums aus dem
Bauträgervertrag selbst die Zuordnung des Stellplatzes übersehen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss,
über die der Senat gemäß §§ 72 GBO, 13a, 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG, 4 Abs. 3 Nr. 2 a)
GerOrgG Rheinland-Pfalz zu entscheiden hat, ist zulässig. In der Sache ist dem
Rechtsmittel der Erfolg zu versagen.

1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Grundbuchamt unter Bezugnahme
auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts München, Beschluss vom 22. Dezember
2017, Az.: 34 Wx 139/17, und Beschluss vom 11. Juni 2014, NotBZ 2015, 317, sowie des
Senats vom 1. Juli 2013, ZWE 2013, 413, hier jeweils zit. n. Juris, eine Bewilligung der
übrigen Miteigentümer und sonstigen dinglichen Berechtigten (vgl. Demharter,
Grundbuchordnung, 32. Aufl. 2021, Anh. zu § 3 GBO, Rdnr. 79, und § 19 GBO, Rdnr. 53)
zur Eintragung des Sondernutzungsrechtes an dem Stellplatz „…“ für erforderlich gehalten,
§§ 19 GBO, 5 Abs. 4 S. 2 WEG. Es hat zutreffend erkannt, dass eine zwischenzeitliche
Übertragung des Sondernutzungsrechtes – isoliert außerhalb des Grundbuchs – auf einen
anderen Miteigentümer nicht ausgeschlossen werden kann.

Nach § 19 GBO erfolgt eine Eintragung im Grundbuch, wenn derjenige sie bewilligt, der
von ihr betroffen ist. Ein solches Bewilligungserfordernis besteht vorliegend nicht ohne
Weiteres für die übrigen Miteigentümer. Im Wohnungsgrundbuch Blatt … ist im
Zusammenhang mit den Sondereigentums- und Sondernutzungsrechten nämlich auf die
Teilungserklärung vom xx. April 2011 (UR-Nr. …) Bezug genommen. Darin wurde an dem
gegenständlichen Kfz-Außenstellplatz ein Sondernutzungsrecht begründet. Die Regelung ist
dahingehend auszulegen, dass die übrigen Miteigentümer durch § 1 Ziff. 1. und 2. von
vorneherein von der Nutzung der Stellplatzfläche ausgeschlossen waren und sind (sog.
negative Komponente).

Es ist anerkannt, dass eine solche Gestaltung rechtlich unbedenklich ist, sofern und solange
der dadurch Begünstigte Eigentümer einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit ist (vgl.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2011, Az.: V ZR 74/11, zit. n. Juris, dort Rdnr. 11). Ob
auch in den Wohnungsgrundbüchern (Bl. … bis …; Bl. … bis …) eine solche zum
Ausschluss führende Bezugnahme eingetragen ist, muss nicht weiter aufgeklärt werden.
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, was zu vermuten steht, führt dies nicht zu dem vom
Beschwerdeführer angestrebten Ziel, dass die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes
(§§ 15, 10 Abs. 3 WEG) an dem Stellplatz „…“ nunmehr vorzunehmen wäre. Dazu müsste
nämlich nach den Grundsätzen der oben zitierten Rechtsprechung auch in der Form des
§ 29 GBO nachgewiesen sein, dass zu dem im Wohnungsgrundbuch Blatt … eingetragenen
Miteigentumsanteil und Sondereigentum das Sondernutzungsrecht an dem konkreten
Stellplatz [weiterhin] gehört. Hieran mangelt es im vorliegenden Fall, weil eine
zwischenzeitlich erfolgte Übertragung des Rechts auf einen anderen Wohnungseigentümer
nicht ausgeschlossen ist. Zwar ist durch Zuweisung des Sondernutzungsrechtes an dem
Stellplatz „…“ mit Urkunde Nr. … vom xx. September 2011 auch die sog. positive
Komponente zur Entstehung gelangt, allerdings ohne dass eine Eintragung im Grundbuch
erfolgt wäre.

Nach der oben zitierten Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt bzw. die er jedenfalls
für die Konstellation des vorliegenden Falles aufrechterhält, kann der jeweilige Eigentümer
das seinem Sondereigentum zugewiesene Sondernutzungsrecht nämlich regelmäßig ohne
Mitwirkung der übrigen Eigentümer isoliert, auch ohne dass dies im Grundbuch verlautbart
werden müsste, durch Abtretung nach § 398 BGB an ein anderes Mitglied der
Gemeinschaft übertragen. Eine wirksame (weitere) Übertragung scheidet nach erfolgter
schuldrechtlicher Übertragung aus (vgl. auch Saarl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom
6. März 2018, Az.: 5 W 17/18, zit. n. Juris, dort Rdnr. 22). Als mögliche Berechtigte
kommen deshalb die übrigen Miteigentümer in Betracht. Der Nachweis, dass das
Sondernutzungsrecht zu der im Wohnungsgrundbuch Blatt … bezeichneten Wohnung
gehört, ist nicht geführt. Im vorliegenden Fall war im Wohnungsgrundbuch Bl. … zunächst
unter lfd. Nr. … die … GmbH (vormals … GmbH) als Eigentümerin eingetragen. Nach
Auflassung vom xx. September 2011 wurden am xx. Mai 2013 unter lfd. Nrn. .. und .. die
ursprünglichen Käufer Frau … und Herr ... als Eigentümer eingetragen, am xx. Dezember
2019 unter lfd. Nr. … Frau … als Alleineigentümerin aufgrund eines Erbscheins vom xx.
November 2019. Aufgrund eines Erbscheins vom xx. September 2020 wurden nachfolgend
am xx. November 2020 unter lfd. … und lfd. … die hiesigen Verkäufer in
Erbengemeinschaft eingetragen. Zwar wurde in dem notariellen Kaufvertrag Urkunde
Nr. … vom xx. Dezember 2020 zwischen den Verkäufern und dem Beschwerdeführer
(Käufer) das Sondernutzungsrecht „Stellplatz SNR …“ in Bezug genommen. Insoweit
weicht der Sachverhalt, worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist, von dem
Sachverhalt der Entscheidung OLG München, Beschluss vom 22. Dezember 2017, Az.: 34
Wx 139/17, zit. n. Juris, dort Rdnr. 38, teilweise ab. Gleichwohl rechtfertigt diese
Abweichung kein anderweitiges Ergebnis. Das OLG München hat die Nichterwähnung des
Sondernutzungsrechts ersichtlich lediglich als zusätzliches und nicht allein
ausschlaggebendes Argument („insbesondere“) herangezogen.

In der Konstellation des hiesigen Falles ist eine außerhalb des Grundbuchs erfolgte
Übertragung des Sondernutzungsrechts an einen anderen Wohnungseigentümer während
der mehr als sieben Jahre andauernden Eigentümerstellung der Ersterwerber bzw. der Frau
… jedenfalls als nicht gänzlich unwahrscheinlich zu erachten, zumal mehr als fünfzig
Wohneinheiten gebildet wurden. Das Grundbuchamt darf die Eintragung deshalb (nur)
vornehmen, wenn alle in Betracht kommenden Rechtsinhaber nach § 19 GBO der
Eintragung beim gegenständlichen Wohnungseigentum zustimmen (vgl. Senat aaO.,
Rdnr. 15). Hierbei entstehende praktische Umsetzungsschwierigkeiten haben auf diese
rechtliche Bewertung ebenso wenig Einfluss wie die Frage, ob und ggf. wer im Zuge der
ursprünglichen Grundbucheintragungen das hier in Rede stehende Sondernutzungsrecht an
dem Stellplatz gemäß Urkunde Nr. … vom xx. September 2021 möglicherweise übersehen
haben mag.

2. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Kostenfolge nicht
veranlasst (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts
beruht auf §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 u. 3 GNotKG.

3. Der Senat lässt gemäß § 78 Abs. 2 GBO mit Blick auf die Entscheidung des
Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juni 2017, Az.: 15 W 474/16, zit. n. Juris, die
Rechtsbeschwerde zu. Anders als der Senat im vorliegenden Fall und mehrere
Oberlandesgerichte in ähnlichen Konstellationen (vgl. Zusammenstellung bei Rieger, in:
DNotZ 2020, 431, Fußnoten 1 u. 2) geht das Oberlandesgericht Hamm in der genannten
Entscheidung auf einen zeitlichen Interimszeitraum von dort elf Jahren nicht ein und sieht
eine Eintragungsbewilligung der übrigen Eigentümer sowie der dinglich Berechtigten bei
zuvor unterbliebener Eintragung des Sondernutzungsrecht nicht als nötig an. Dies wird in
der Literatur vereinzelt ausdrücklich begrüßt (vgl. Entscheidungsanmerkung Falkner, in:
MittBayNot 2018, 342), nachdem bereits zuvor die vorliegend vertretene Auffassung in der
Literatur vereinzelt nicht als unkritisch angesehen wurde (vgl. Schmidt, in: ZWE 2012, 367,
in Anm. zu OLG München, Beschluss vom 11. Mai 2012, Az.: 34 Wx 137/12).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Zweibrücken

Erscheinungsdatum:

27.10.2021

Aktenzeichen:

3 W 52/21

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG

Normen in Titel:

GBO § 19; WEG § 5 Abs. 4 S. 2