Kammergericht 24. April 2020
22 W 16/18
GmbHG §§ 16 Abs. 1, 40 Abs. 1 S. 1

Keine Aufnahme einer Gesellschafterliste ohne Veränderung ggü. der Vorliste

letzte Aktualisierung: 5.5.2021
KG, Beschl. v. 24.4.2020 – 22 W 16/18

GmbHG §§ 16 Abs. 1, 40 Abs. 1 S. 1
Keine Aufnahme einer Gesellschafterliste ohne Veränderung ggü. der Vorliste

Die Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner, die denselben Gesellschafterbestand
wie die letzte im Registerordner aufgenommene Liste ausweist, kommt nicht in Betracht. Die durch
die Nichtaufnahme einer Liste eingetretene und für eine Beschwerde notwendige Beschwer entfällt,
wenn später eine jüngere Liste gleichen Inhalts in den Registerordner aufgenommen wird.

Gründe

I.
Die Beteiligte zu 1), eine GmbH, ist seit dem 13. Dezember 1993 im Handelsregister
eingetragen. Mit dem 20. August 2015 ist die Eintragung des Beteiligten zu 2) als
Geschäftsführer gelöscht worden. Mit einem Schreiben vom 21. Dezember 2017 wies das
Amtsgericht den Beteiligten zu 2) darauf hin, dass die von ihm unterschriebene
Gesellschafterliste vom 29. November 2017 nicht in den Registerordner aufgenommen
werden könne, weil es an der notwendigen Unterschrift eines Geschäftsführers fehle. Er
selbst sei als Geschäftsführer gelöscht und könne deshalb keine wirksame Unterschrift
leisten. Die Unterschrift sei durch den zu diesem Zeitpunkt eingetragenen Geschäftsführer
Dr. J.. nachzuholen. Dieses Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung nach der gegen
die Zwischenverfügung binnen eines Monats Beschwerde eingelegt werden könne.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2018, eingegangen am gleichen Tag, hat der im Rubrum
benannte Verfahrensbevollmächtigte im Namen der Beteiligten zu 1), diese vertreten durch
den Beteiligten zu 2), dem das Schreiben vom 21. Dezember 2019 am 10. Januar 2018
zugestellt worden ist, Beschwerde eingelegt. Er hat sich dabei im Wesentlichen darauf
berufen, dass, wie etwa der Entscheidung des 23. Zivilsenat des Kammergerichts vom
9. November 2017 zugrunde gelegt, der Beteiligte zu 2) weiterhin Geschäftsführer sei. Der
Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 12. Februar 2018, eingegangen am 13. Februar 2018,
ebenfalls Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen
und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 26. Februar 2018 zur Entscheidung
vorgelegt. In der Zwischenzeit ist eine der Gesellschafterliste vom 29. November 2017
inhaltlich entsprechende Liste vom 23. August 2019 in den Registerordner aufgenommen
worden.

II.
1. Die Beschwerden sind nach § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG in Verbindung mit § 58 Abs. 2
FamFG statthaft. Das Schreiben vom 21. Dezember 2017 ist als Zwischenverfügung
anzusehen, weil dort sie mit dem Hinweis auf die fehlende Unterschrift eines eingetragenen
Geschäftsführers einen Umstand aufführt, der nach seiner Vornahme zur Aufnahme der
Gesellschafterliste in den Registerordner führt. Das Registergericht war insoweit auch zum
Erlass einer Zwischenverfügung befugt. Die Beschwerden sind aber gleichwohl als
unzulässig zu verwerfen.

a) Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist nach § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu
verwerfen. Die Beschwerde ist nicht innerhalb der Frist von einem Monat nach § 63 Abs. 1
FamFG eingelegt worden. Denn die Zwischenverfügung vom 21. Dezember 2017 ist ihm
am 10. Januar 2018 zugestellt worden, die Beschwerde ist aber erst am Dienstag, den
13. Februar 2018, beim Gericht eingegangen.

b) Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist entsprechend § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als
unzulässig zu verwerfen, weil es an einer relevanten Beschwer der Beteiligten zu 1) fehlt. In
den Registerordner ist mit der Gesellschafterliste vom 23. August 2019 nunmehr bereits
eine Liste aufgenommen worden, die der Liste vom 29. November 2017 entspricht. Dann
aber fehlt es jetzt an der notwendigen Beschwer wegen der Nichtaufnahme der Liste.

aa) Durch die Gesellschafterliste soll im Hinblick auf die Gesellschafter eine höhere
Transparenz und Rechtssicherheit geschaffen werden (vgl. Regierungsbegründung, BTDrucksache
16/6140, S. 37). Nur wenn sich im Hinblick auf die Gesellschafter und ihre
Beteiligungen Veränderung ergeben, besteht nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG Anlass für
die Einreichung einer weiteren Gesellschafterliste und die Aufnahme dieser Liste in den
Registerordner. Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nur
derjenige als Gesellschafter, der in der letzten in den Registerordner aufgenommenen Liste
auch entsprechend ausgewiesen ist. Diese Wirkungen treten damit erst mit der Aufnahme
der Liste in den Registerordner ein. Ein Bedürfnis für die Aufnahme einer älteren Liste, die
denselben Inhalt wie die letzte im Registerordner aufgenommene Liste hat, besteht danach
nicht. Die Aufnahme einer solchen Liste kommt ebenso wenig in Betracht, wie die
Aufnahme einer späteren Liste, die keine Veränderungen ausweist (vgl. dazu Senat,
Beschluss vom 18. Dezember 2019, 22 W 91/18, zur Veröffentlichung vorgesehen).

bb) Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) kann auch nicht mit dem Ziel der Feststellung der
Erledigung aufrechterhalten werden. Es fehlt hierfür an dem notwendigen
Feststellungsinteresse nach § 62 Abs. 1 FamFG.

Soweit sich die Beteiligten auf schwerwiegende Grundrechtseingriffe im Sinne des § 62 Abs.
2 Nr. 1 FamFG berufen, liegen solche in Bezug auf die Beteiligte zu 1), die eingetragene
Gesellschaft, nicht vor. Diese beruft sich zwar darauf, dass aufgrund des fehlenden Vollzugs
der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner ihr in der Liste wieder
aufgenommener Mehrheitsgesellschafter seine Gesellschafterrechte nicht wahrnehmen
konnte. Diese betrifft die Gesellschaft aber allenfalls mittelbar.

Entsprechendes gilt in Bezug auf den Beteiligten zu 2). Unabhängig von der Frage, ob das
Amtsgericht, das in Bezug auf die Gesellschafterliste ein nur eingeschränktes auf die
Formalien beschränktes Prüfungsrecht besaß (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20.
September 2011 - II ZB 17/10 -, BGHZ 191, 84-95 Rdn. 10; Senat, Beschluss vom 12. Juni
2018, 22 W 15/18, juris Rdn. 5; OLG München, Beschluss vom 08. September 2009 - 31
Wx 82/09 -, juris Rdn. 5; OLG Bamberg, Beschluss vom 02. Februar 2010 - 6 W 40/09 -,
juris Rdn. 12; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. März 2010 - 6 W 110/10 -,
juris Rdn. 12), die Aufnahme der Liste nicht allein schon deshalb zu Recht ablehnen durfte,
weil der Beteiligte zu 2) nicht als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) eingetragen war (so
Senat, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 22 W 15/18 –, juris Rdn. 6), fehlt es an einem
relevanten Grundrechtseingriff beim Beteiligten zu 2). Dieser kann sich allenfalls darauf
berufen, dass seine Stellung als Geschäftsführer nicht anerkannt worden ist, so dass Art. 2
Abs. 1 GG oder vielleicht auch Art. 12 GG berührt sein könnten. Als schwerwiegende
Grundrechtseingriffe im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind aber in der Regel nur
Eingriffe in Grundrechte zu verstehen, die unter Richtervorbehalt stehen. Weitergehend
kommen nur Eingriffe in Betracht, die mit einer stigmatisierenden Wirkung verbunden sind,
wie etwa eine Betreuerbestellung. All dies liegt mit der Ablehnung der Aufnahme einer
Gesellschafterliste in den Registerordner in Bezug auf den Einreicher nicht vor.

Insoweit ist auch keine relevante Wiederholungsgefahr anzunehmen. Dass überhaupt die
Aufnahme einer durch den Beteiligten zu 2) erstellten und geänderten Liste im Raum steht,
ist nicht ersichtlich. Im Übrigen entspricht die Auffassung des Amtsgerichts in Bezug auf
die Einreichungsbefugnis im Grundsatz der Auffassung des Senats (vgl. Senat, Beschluss
vom 12. Juni 2018 – 22 W 15/18 –, juris Rdn. 6), so dass sich eine Entscheidung des Senats
in dieser Sache lediglich als Einzelfallentscheidung darstellen würde. Damit kommt es aber
auch nicht darauf an, ob die Beteiligte zu 1) überhaupt Grundrechtsbeeinträchtigungen des
Beteiligten zu 2) im Rahmen ihrer Beschwerde geltend machen kann.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung zur Tragung der
Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Kostenerstattung kommt nicht in
Betracht, weil die Beteiligten nicht mit widerstreitenden Positionen aufgetreten sind. Die
Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, weil es an den Voraussetzungen
des § 70 Abs. 2 FamFG fehlt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

24.04.2020

Aktenzeichen:

22 W 16/18

Rechtsgebiete:

GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

BWNotZ 2020, 190-191
FGPrax 2020, 122

Normen in Titel:

GmbHG §§ 16 Abs. 1, 40 Abs. 1 S. 1