OLG Saarbrücken 17. September 2015
4 U 131/14
BGB §§ 652, 654

Zulässigkeit einer Doppeltätigkeit des Maklers bei Immobiliengeschäften

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 17.3.2016
OLG Saarbrücken, 17.9.2015 - 4 U 131/14

BGB §§ 652, 654
Zulässigkeit einer Doppeltätigkeit des Maklers bei Immobiliengeschäften

1. Beauftragt ein Grundpfandgläubiger nach Anordnung der Zwangsversteigerung einen Makler
mit der Suche nach Interessenten an einem freihändigen Erwerb des Objekts und lässt sich
derselbe Makler in einem "Kaufanwärter/Maklervertrag" auch von dem Kaufinteressenten
beauftragen, so liegt im Zweifel für beide Seiten nur eine Tätigkeit als Nachweismakler vor und
ist diese Doppeltätigkeit in der Regel auch ohne ausdrückliche Gestattung zulässig, und zwar
selbst dann, wenn dem Maklerkunden die Doppeltätigkeit des Maklers unbekannt gewesen war.
2. Erklären Vertragsparteien in einer notariellen Urkunde, ihnen sei eine "Vermittlungstätigkeit"
des Maklers bekannt, steht dies der Annahme einer Nachweistätigkeit unter den Umständen des
einzelnen Falles nicht entgegen.

Gründe:

I.
Die Klägerin, ein Unternehmen der ...-Gruppe, das sich mit dem Nachweis
bzw. der Vermittlung von Immobilien befasst, nimmt den Beklagten auf Zahlung von
Maklerprovision in Anspruch.
Die Klägerin wurde für das Objekt in pp. von der erstrangigen
Grundpfandgläubigerin während des Zwangsversteigerungsverfahrens beauftragt,
Kaufinteressenten zum freihändigen Erwerb der Immobilie zu suchen. Eigentümer
der Immobilie waren die getrennt lebenden Eheleute St.; über das Vermögen der
Ehefrau war das Privatinsolvenzverfahren anhängig. Auf eine Werbemaßnahme der
Klägerin, in der darauf hingewiesen wurde, dass im Falle eines Vertragsabschlusses
eine Käuferprovision in Höhe von 4,76 v. H. zu zahlen ist, meldete sich der Beklagte
bei der Klägerin. Nachdem ihm von Seiten der Klägerin Unterlagen übermittelt
worden waren, teilte er dieser mit E-Mail vom 09.03.2013 mit, er wolle das Objekt
definitiv kaufen und bitte um Übermittlung weiterer Unterlagen. In der Folge wurde
dem Beklagten neben weiteren Unterlagen auch ein „Kaufanwärter/Maklervertrag“ für
das Objekt übersandt, nach dem sich der Auftraggeber verpflichtet, mit Abschluss
des nachgewiesenen oder vermittelten Vertrags eine Provision in Höhe von 4,76
v. H. an die Klägerin zu zahlen, und nach dem die rückseitig abgedruckten
„Allgemeinen Bedingungen“ ergänzender Vertragsbestandteil sein sollten. Am
03.04.2013 erhielt die Klägerin den vom Beklagten unterschriebenen
„Kaufanwärter/Maklervertrag“ zurück. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom
23.04.2013 (Urkundenrollennummer XXX/XXXX des Notars Dr. L. mit dem Amtssitz
zu Neunkirchen/Saar) erwarb der Beklagte das Objekt zum Kaufpreis von 111.000 €.
Am Ende der notariellen Urkunde vor der Unterschriftszeile befindet sich unter XIII.
eine „Maklerklausel“, wonach die erschienenen Vertreter der Grundstückseigentümer
und der Beklagte erklärten, dass der vorstehende Kaufvertrag durch Vermittlung der
hiesigen Klägerin zu Stande gekommen sei, und Veräußerer und Erwerber
versicherten, dass sie unabhängig voneinander dem Makler den Maklerauftrag erteilt
hätten. Die Klägerin erteilte dem Beklagten Courtage-Rechnung vom 03.05.2013
über 5.283,60 € brutto und mahnte ihn mit Schreiben vom 05.08.2013 erfolglos zur
Zahlung bis zum 16.08.2013.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre vorliegende Doppeltätigkeit für
Grundpfandgläubiger und Käufer habe nicht zu einer Verwirkung des
Maklerlohnanspruchs geführt. Dazu hat sie behauptet, dem Beklagten sei von
vorneherein bekannt gewesen, dass die Klägerin den Auftrag von Seiten des
Grundpfandgläubigers erhalten habe. Gleichwohl habe er durch seine Unterschrift
unter dem Kaufvertrag auch seine eigene Beauftragung und Zahlungsverpflichtung
gemäß Maklerklausel bestätigt. Letztendlich spiele es keine Rolle, ob der Beklagte
gewusst habe, dass die Klägerin auch von der Bank eine Provision erhalte, da diese
ihm gegenüber als reine Nachweismaklerin tätig geworden sei. Wie aus den
Abläufen ersichtlich, sei der Beklagte von vorneherein zum Abschluss des
Kaufvertrags zu den vorgegebenen Konditionen bereit gewesen, entsprechend sei
dann auch die Beurkundung erfolgt, nachdem er alles daran gesetzt habe, die
notwendige Finanzierungsbestätigung zu erhalten. Wenn aber im vorliegenden Fall
eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin überhaupt nicht notwendig gewesen sei, sei
schon aus diesem Grund treuwidriges Handeln als Voraussetzung für die Annahme
einer Verwirkung ausgeschlossen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.283,60 € nebst
Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 17.08.2013 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den Maklerlohn für verwirkt gehalten, weil die Klägerin ihrer
Aufklärungspflicht im Rahmen der Doppeltätigkeit nicht nachgekommen sei. Bei
gebotener Aufklärung hätte der Beklagte die Möglichkeit gehabt, für sich einen
optimalen Vertragsabschluss zu erreichen. Der Beklagte hätte entscheiden können,
ob er den Maklervertrag zu diesen Konditionen annehme, und er hätte mit der
Klägerin dahingehend verhandeln können, die eigene Maklerprovision in Anbetracht
der mit der Gläubigerbank ausgehandelten Maklerprovision entscheidend zu
verringern. Diese Entscheidungsfreiheit sei ihm genommen worden, indem ihm
vorenthalten worden sei, dass bereits eine Provisionsverpflichtung der
finanzierenden Bank bestanden habe.
Das Landgericht hat den Beklagten als Partei angehört (Bl. 87 d. A.) und
Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Reinhold Firus (Bl. 84 ff. d. A.). Mit
dem am 12.09.2014 verkündeten Urteil (Bl. 90 ff. d. A.) hat es nach dem Klageantrag
erkannt. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die
tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.
Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, entgegen der Auffassung des
Landgerichts liege nicht eine Doppeltätigkeit als Nachweis- und Vermittlungsmakler,
sondern eine Doppeltätigkeit als Vermittlungsmakler vor. Dies ergebe sich aus dem
Inhalt des „Kaufanwärter/Maklervertrags“, in dem unter „Auftrag“ aufgeführt sei, die
Klägerin sei vom Beklagten beauftragt worden, das Objekt nachzuweisen bzw. zu
vermitteln. Die Tatsache, dass beide Formen der Maklertätigkeit im Vertrag
aufgeführt seien, begründe die rechtliche Qualifikation als Vermittlungstätigkeit.
Entsprechendes ergebe sich aus der in den notariellen Kaufvertrag aufgenommenen
Maklerklausel.
Als Vermittlungsmaklerin und damit als Vertrauensmaklerin wäre die Beklagte
verpflichtet gewesen, zur Wahrung der Interessen des Beklagten als Kunden diesen
bei Abschluss des Maklervertrags darüber aufzuklären, dass noch ein weiterer
Vermittlungsauftrag bestehe und auch mit einer Provision vergütet werde. Hätte die
Klägerin den Beklagten spätestens vor Abschluss des Maklervertrages am
11.03.2013 darauf hingewiesen, dass sich die abzulösende Gläubigerin ihr
gegenüber zur Zahlung einer Vermittlungsprovision in Höhe von 4.330 € netto
verpflichtet habe, hätte der Beklagte mit der Klägerin dahingehend verhandeln
können, die eigene Maklerprovision in Anbetracht dessen entscheidend zu
reduzieren. Genau hierin liege der Verwirkungstatbestand durch die unterbliebene
Aufklärungen über den Bestand des weiteren Vermittlungsvertrages und über die
Höhe der darin vereinbarten Maklerprovision.
Der Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht den
Beweisantrag gestellt, die Zeugin C. Sp. zu dem Beweisthema zu vernehmen, dass
der Zeuge F. dem Beklagten gegenüber vor Abschluss des Maklervertrages am
11.03.2013 nicht offen gelegt habe, dass ein Maklervertrag mit der Gläubigerbank
bestehe und wie hoch die dortige Provision sei. Da entgegen der Auffassung des
Landgerichts eine Doppeltätigkeit als Vermittlungsmakler vorliege, sei von
entscheidungserheblicher Bedeutung, ob tatsächlich eine Aufklärung des Beklagten
erfolgt sei. Folglich habe das Ausgangsgericht die Qualität der auf beiden Seiten
abgeschlossenen Maklerverträge rechtlich fehlerhaft eingeordnet. Es wäre
verpflichtet gewesen, den Sachverhalt hinsichtlich des entscheidungserheblichen
Umstandes aufzuklären, ob und in welcher Weise gegenüber dem Beklagten die
Doppeltätigkeit als Vermittlungsmakler offengelegt worden sei. Das Urteil sei deshalb
materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich fehlerhaft und aufzuheben.
Der Beklagte beantragt (Bl. 124 d. A.),
unter Aufhebung des am 12.09.2014 verkündeten Urteils des
Landgerichts Saarbrücken, Aktenzeichen: 1 O 34313), die Klage
abzuweisen;
hilfsweise, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts
Saarbrücken vom 12.09.2014 den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an eine andere Kammer des Gerichts des ersten
Rechtszuges zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Allerdings habe es auch keine
Vermittlungstätigkeit der Beklagten zu Gunsten der Gläubigerin gegeben, weil der
Kaufpreis vorgegeben und entweder vom Interessenten zu akzeptieren oder
abzulehnen gewesen sei. Die in der Berufungsinstanz geäußerte Rechtsauffassung
des Beklagten, dass maßgeblich für die rechtliche Einordnung des „Maklertyps“ die
gewählte Begrifflichkeit im schriftlichen Vertrag, nicht aber die tatsächliche Tätigkeit
des Maklers sei, stelle sich als unzutreffend dar. Im allgemeinen Sprachgebrauch
werde der Begriff der „Vermittlung“ synonym für die Tätigkeit des Maklers verwendet,
gleich ob eine reine Nachweistätigkeit oder eine Vermittlungstätigkeit im Sinne des
§ 652 Abs. 1 BGB vorliege. Entscheidend sei die tatsächliche rechtliche Einordnung
der gegenständlichen Maklertätigkeit. Der Beklagte selbst habe bei seiner
informatorischen Befragung durch das Landgericht bestätigt, dass gerade keine
Vermittlung in dieser Hinsicht von ihm beauftragt oder notwendig gewesen sei. Die
Klägerin habe im Hinblick auf die Einwirkungen auf die Gegenseite damit lediglich die
Aufgabe der Kontaktverschaffung und der Mitteilung des Kaufentschlusses des
Beklagten gehabt, nicht die einer Vermittlungstätigkeit im Hinblick auf die Einwirkung
und Förderung des Vertragsabschlusses. Da weder auf der einen noch auf der
anderen Seite eine Tätigkeit als Vermittlungsmakler vorgelegen habe, scheide schon
auf Grund der tatsächlichen Umstände eine Aufklärungspflicht aus. Letztlich sei
anzumerken, dass das Landgericht der verspäteten Zeugenbenennung des
Beklagten nicht hätte nachkommen müssen oder können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des
Landgerichts vom 22.08.2014 (Bl. 83 ff. d. A.) und des Senats vom 03.09.2015
(Bl. 164 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nach Maßgabe der §§ 546, 529, 513 ZPO nicht
begründet. Das Landgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Mäklerlohn gemäß
§ 652 Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von 5.283,60 € brutto nebst Zinsen seit dem
17.08.2013 gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Grund des infolge der
Tätigkeit der Klägerin abgeschlossenen Grundstückskaufvertrags mit Recht bejaht.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht den Anspruch der Klägerin
gegen den Beklagten nicht als gemäß § 654 BGB verwirkt angesehen.
a) Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist der Anspruch auf den
Maklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen ausgeschlossen, wenn der Makler
dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist.
Solange indes keine entgegenstehende Vereinbarung getroffen wird, ist eine
Doppeltätigkeit grundsätzlich erlaubt (BGHZ 48, 344, 346; 61, 17, 21; BGH NJW-RR
1998, 992, 993; D. Fischer NJW 2012, 3410, 3414). Da die Verwirkung des
Maklerlohnanspruchs Strafcharakter hat, ist der Anwendungsbereich des § 654 BGB
einzuschränken. Mit Rücksicht hierauf reicht es jedenfalls in Fällen, in denen – wie
bei Immobiliengeschäften – eine Doppeltätigkeit weitgehend üblich ist und der Kunde
deshalb hiermit rechnen muss, aus, den Makler auf eine strenge Unparteilichkeit
gegenüber seinen beiden Auftraggebern zu verpflichten (BGH NJW-RR 2003, 991).
Bei Immobiliengeschäften ist dementsprechend eine Tätigkeit des Maklers für beide
Seiten nach dem Inhalt des Vertrags grundsätzlich zulässig, sofern er für beide Teile
als Nachweismakler oder für den einen als Vermittlungs- und für den anderen als
Nachweismakler tätig geworden ist (BGH NJW 1970, 1075, 1076; NJW-RR 1998,
992, 993; 2003, 991; OLG München NJOZ 2013, 974, 975). Das gilt in der Regel
auch ohne ausdrückliche Gestattung selbst dann, wenn dem Maklerkunden die
Doppeltätigkeit des Maklers unbekannt gewesen war (BGH NJW-RR 2003, 991;
2004, 1126, 1127; OLG Rostock OLGR 2008, 933, 934; D. Fischer NJW 2012, 3410,
3414). Insoweit hat der BGH bereits im Jahre 2003 entschieden, dass der
Rechtsansicht des OLG Naumburg von der Berufung (Bl. 126 d. A.) zitierten
Entscheidung (abgedruckt in NJW-RR 1996, 1082, 1083), der Makler müsse stets
über seine Bindungen an die andere Seite aufklären, jedenfalls in den hier
maßgebenden Fallgestaltungen nicht zu folgen ist (BGH NJW-RR 2003, 991).
b) Der Maklerkunde trägt regelmäßig – und so auch hier der Beklagte – die
Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des
Anwendungsbereichs des § 654 BGB (BGH NJW 1981, 2293, 2294; NJW-RR 1992,
110, 111; jurisPK-BGB/Jäger, 7. Aufl. § 654 Rn. 12; Küpper in
Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast 3. Aufl. § 654 Rn. 1). Das
ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter dieser Bestimmung (D. Fischer NZM 2001,
873, 877). Eine sekundäre Behauptungslast des Maklers kommt insbesondere in
Betracht, wenn der Kunde außerhalb des von ihm darzulegenden
Geschehensablaufs steht und keine Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt,
wohingegen der Makler solche Kenntnis hat und ihm nähere Angaben zuzumuten
sind (jurisPK-BGB/Jäger, aaO Rn. 12; D. Fischer NZM 2001, 873, 877; Küpper in
Baumgärtel/Laumen/Prütting, aaO; vgl. auch BGH NJW 1998, 2277, 2279 zum Fall
des dem Makler obliegenden Nachweises wirtschaftlicher Gleichwertigkeit des
abgeschlossenen mit dem im Maklervertrag beabsichtigten Hauptvertrag).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht den
Provisionsanspruch der Klägerin als nicht auf Grund der Doppeltätigkeit verwirkt
angesehen (Bl. 95 d. A.). Insoweit hat es zutreffend festgestellt, dass die Klägerin für
den Beklagten als Nachweismaklerin tätig geworden ist (nachfolgend unter 3.).
Schon bei einem solchen Tätigwerden für die eine Seite als Vermittlungsmakler und
für die andere als Nachweismakler greift § 654 BGB auch ohne ausdrückliche
Gestattung selbst dann nicht Platz, wenn dem Beklagten die Doppeltätigkeit der
Klägerin unbekannt gewesen wäre. Überdies ist selbst eine Tätigkeit als
Vermittlungsmakler für die Veräußererseite nicht festzustellen (4.), so dass von einer
erst recht unbedenklichen Tätigkeit für beide Teile als Nachweismakler auszugehen
ist. Bei dieser Sachlage kommt eine von der Berufung geltend gemachte (Bl. 128
d. A.) Einstufung der Klägerin als „Vertrauensmakler“ (zum Begriff vgl. jurisPKBGB/
Jäger, aaO § 652 Rn. 42) nicht in Betracht.
3. Die gegen die Feststellung einer bloßen Nachweistätigkeit für den
Beklagten gerichteten Angriffe der Berufung haben keinen Erfolg.
a) Entgegen der Auffassung der Berufung ist nicht schon auf Grund des
Wortlauts des „Kaufanwärter/Maklervertrags“ von einer Doppeltätigkeit der Klägerin
als Vermittlungsmaklerin auszugehen. Die Begriffe Nachweismakler und
Vermittlungsmakler werden im Rechtsalltag – in der Kautelarpraxis sowie selbst
durch den modernen Gesetzgeber – mitunter nicht hinreichend auseinandergehalten.
Auch im Hinblick hierauf erscheint es nicht fernliegend, dass eine als
Vermittlungsauftrag bezeichnete Abrede unter Umständen auch bereits bei Vorliegen
einer reinen Nachweistätigkeit einen Provisionsanspruch auslösen kann (D. Fischer
NJW 2007, 183 m. w. Nachw.). Der Begriff „Vermittlung” wird in Maklerverträgen
zumeist – auch aus der Sicht der Maklerkunden – untechnisch gebraucht. Mit diesem
Begriff „Vermittlung” ist in derartigen Verträgen in der Regel ein Nachweis oder eine
Vermittlung im Sinne von § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB gemeint. Diese Interpretation
entspricht dem üblichen Sprachgebrauch in vielen Maklerverträgen (OLG Karlsruhe
NJOZ 2005, 2927, 2930). Ob eine Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit geschuldet
ist, muss im Zweifel durch Auslegung ermittelt werden, wobei eine nachträgliche
Änderung möglich ist (Kotzian/Marggraf in Bamberger/Roth, BeckOK BGB Stand
01.05.2015 § 652 Rn. 23; Jauernig/Mansel, BGB 15. Aufl. § 652 Rn. 10). Erfolgt der
Verkauf einer Wohnimmobilie zum festen Preis und ist der Verkäufer zum
Vertragsabschluss mit jedem bereit, der in der Lage ist, den Kaufpreis zu bezahlen,
ist die Vermittlung im Sinne des § 652 Abs. 1 BGB, also das finale Herbeiführen der
Abschlussbereitschaft des Vertragspartners, nicht die Regel, sondern die ganz
seltene Ausnahme (vgl. OLG München NJW-RR 1996, 239).
b) Eine Vermittlungstätigkeit (nachstehend unter aa)) der Klägerin für den
Beklagten ist erstinstanzlich nicht dargelegt (bb)) und wird auch von der Berufung
nicht aufgezeigt (cc)).
aa) Vermittlung bedeutet das unmittelbare oder mittelbare Einwirken auf den
Willensentschluss des vorgesehenen Vertragspartners. Im Einzelnen ist unter
Vermittlung zu verstehen das bewusste und zweckgerichtete Herbeiführen oder
Fördern der Abschlussbereitschaft des künftigen Vertragspartners (BGH NJW-RR
1997, 884). Die Zusendung eines Exposés genügt für die Vermittlungstätigkeit
regelmäßig noch nicht, weil sie als bloße Werbemaßnahme noch keinen
unmittelbaren Einfluss auf die Entschließung eines möglichen Käufers hat. Das
Gleiche gilt auch für die bloße Verschaffung der Möglichkeit zur Besichtigung einer
Immobilie (MünchKomm-BGB/Roth, 6. Aufl. § 652 Rn. 106 m. w. Nachw.). Die
Nachweismaklertätigkeit besteht hingegen in dem „Nachweis der Gelegenheit zum
Abschluss eines Vertrags“ (Hauptvertrag) durch Benennung eines Interessenten,
wodurch der Kunde in die Lage versetzt wird, in „konkrete Verhandlungen über den
von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten“ (BGHZ 161, 349, 355; MünchKomm-
BGB/Roth, aaO Rn. 96). Gegenstand des Maklernachweises ist nicht ein bestimmtes
Objekt, sondern die Möglichkeit, über dieses Objekt einen Vertrag abzuschließen
(BGH NJW-RR 1997, 884).
bb) Der für den Verwirkungstatbestand darlegungs- und beweisbelastete
Beklagte hat in der Klageerwiderung keinen Sachvortrag zu einer
Vermittlungstätigkeit der Klägerin für ihn gehalten (vgl. Bl. 44 ff. d. A.). Im Schriftsatz
vom 28.03.2014 hat der Beklagte zwar eine „Vermittlungstätigkeit des Maklers“
erwähnt (Bl. 56 d. A.), aber keine Tatsachen dargelegt, die auf ein unmittelbares oder
mittelbares Einwirken auf den Willensentschluss des vorgesehenen Vertragspartners
schließen lassen könnten.
cc) Auch die Berufung hat solche Tatsachen nicht aufzuzeigen vermocht. Die
Berufungsbegründung verweist lediglich auf die Begrifflichkeit in dem
„Kaufanwärter/Maklervertrag“ und in der notariellen Urkunde (Bl. 125 f. d. A.),
welche, wie bereits ausgeführt, nicht eindeutig bzw. nicht maßgebend ist. Eine
Vermittlungstätigkeit der Klägerin für den Beklagten ergibt sich daraus nicht.
Entgegen der von der Berufung im Schriftsatz vom 29.01.2015 vertretenen
Auffassung (Bl. 154 f. d. A.) kann auch unter Berücksichtigung der Aussage des
Zeugen F. nicht von einer Vermittlungstätigkeit für den Beklagten ausgegangen
werden. Die Ausführungen der Berufung dazu beruhen offenbar auf einer
Verwechselung der Rechtsverhältnisse. Eine Vermittlungstätigkeit erfordert, wie
bereits ausgeführt, das unmittelbare oder mittelbare Einwirken auf den
Willensentschluss des vorgesehenen Vertragspartners (MünchKomm-BGB/Roth,
aaO § 652 Rn. 106), also die irgendwie geartete Förderung der
Abschlussbereitschaft des Dritten (MünchKomm-BGB/Roth, aaO § 652 Rn. 107).
Entscheidend ist die Kontaktaufnahme mit dem Dritten. Auf diesen muss der Makler
einwirken. Der Makler muss also mit der Gegenseite in Verbindung treten, um die
Vertragsbereitschaft und ein konkretes Angebot an seinen Auftraggeber
herbeizuführen (Erman/O. Werner, BGB 14. Aufl. § 652 Rn. 17; D. Fischer NJW
2007, 183, 185). Die von der Berufung im Schriftsatz vom 29.01.2015 unter
Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen F. angeführten Beispiele – etwa die (für
die Annahme einer Vermittlung ohnehin nicht ausreichende) Durchführung eines
Sammeltermins mit Kaufinteressenten – betreffen indes nicht einen Dritten als
vorgesehenen Vertragspartner, sondern den Beklagten selbst als den Maklerkunden.
Dass die Klägerin im Auftrag des Beklagten auf den Willensentschluss der
Grundpfandgläubigerin oder der Veräußerer eingewirkt hätte, legt die Berufung
überhaupt nicht dar. Selbst aus der – von den Parteien nicht thematisierten –
geringfügigen Verringerung des Kaufpreises von 112.000 € im Exposé (Bl. 10, 11
d. A.) auf 111.000 € in dem notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag (Bl. 20
d. A.) kann auf eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin für den Beklagten nicht
geschlossen werden. Die Klägerin hat in Bezug auf den Kaufpreis in der Klageschrift
ausgeführt, es sei vorgegeben gewesen, dass dieser zum Ausgleich des
Massebeitrages aus dem Insolvenzverfahren (über das Vermögen der
mitveräußernden Ehefrau) verwendet werden sollte sowie in Höhe von 4.330 € für
die vom Veräußerer zu übernehmende Maklerprovision (Bl. 5 d. A. oben).
4. Darüber hinaus rügt die Berufungserwiderung in Bezug auf das
angefochtene Urteil mit Recht, dass auch für die Gläubigerin keine
Vermittlungstätigkeit, sondern eine Nachweistätigkeit der Klägerin vorlag, weil der
Kaufpreis vorgegeben und von dem Interessenten zu akzeptieren oder abzulehnen
war (Bl. 150 d. A. Abs. 1) und ein unmittelbares oder mittelbares Einwirken auf den
Willensentschluss des Beklagten nicht gegeben ist.
a) Die Klägerin hat im zweiten Absatz der Klagebegründung – unwiderlegt –
dargetan, dass sie für das notleidende Objekt in ... von der erstrangigen
Grundpfandgläubigerin beauftragt wurde, während des bereits angeordneten
Zwangsversteigerungsverfahrens Kaufinteressenten zu suchen, die gegebenenfalls
bereit waren, die Immobilie freihändig zu erwerben (Bl. 2 d. A.). Die Beauftragung mit
der Suche nach einem Käufer ist im Zweifel Nachweismaklervertrag (BGH NJW
1967, 1365; Erman/O. Werner, aaO § 652 Rn. 9; Palandt/Sprau, BGB 74. Aufl. § 652
Rn. 11).
b) Eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin für die Grundpfandgläubigerin hat
der für die Voraussetzungen des § 654 BGB darlegungs- und beweispflichtige
Beklagte selbst in der Berufungsinstanz nicht dargelegt. Im Tatbestand des
angefochtenen Urteils ist festgestellt (§ 314 ZPO), dass sich der Beklagte auf eine
Werbemaßnahme der Klägerin meldete und nach Übermittlung von Unterlagen mit EMail
vom 09.03.2013 mitteilte, dass er das Objekt definitiv kaufen wolle und um
Übermittlung weiterer Unterlagen bitte. Die nachfolgende Übermittlung von
Unterlagen erfüllt ebenso wenig wie die Durchführung eines
Sammelbesichtigungstermins die an eine Vermittlungstätigkeit für die
Grundpfandgläubiger zu stellenden Anforderungen. Auch im Rahmen der
Parteianhörung des Beklagten durch das Landgericht haben sich insoweit für eine
Vermittlungstätigkeit keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Im Gegenteil hat der Beklagte
erklärt, der Kaufanwärtervertrag sei ihm zugesandt worden und mit ihm nicht mehr
mündlich besprochen worden (Bl. 86 d. A. unten).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
6. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht
zuzulassen; denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Saarbrücken

Erscheinungsdatum:

17.09.2015

Aktenzeichen:

4 U 131/14

Rechtsgebiete:

Maklervertrag

Normen in Titel:

BGB §§ 652, 654