Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer luxemburgischen S. à r. l. nach Deutschland
Int. Gesellschaftsrecht;
Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer luxemburgischen S. à r. l. nach Deutschland
Aus der Niederlassungsfreiheit nach Artt. 49, 54 AEUV (vgl. Entscheidung des EuGH in der Rechtssache VALE) folgt die Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer luxemburgischen S. à r. l. nach Deutschland unter identitätswahrender Umwandlung in die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.6.2013 – 12 W 520/13 Abruf-Nr.: 11106R
Problem
Gegenstand des Verfahrens war die Eintragung einer (deutschen) GmbH in das Handelsregister. Die Gesellschaft war ursprünglich als Société à responsabilité limitée (S. à r. l.
– Gesellschaft mit beschränkter Haftung) nach luxemburgischem Recht gegründet und mit statutarischem Sitz in Luxemburg im Handelsregister des Großherzogtums Luxemburg eingetragen worden. Im Jahre 2011 hielten beide Gesellschafter der S. à r. l. eine Gesellschafterversammlung ab und beschlossen, den Gesellschafts- und Verwaltungssitz der S. à r. l. von Luxemburg nach Erlangen zu verlegen.
Die Sitzverlegung sollte identitätswahrend mit Unterstellung der Gesellschaft unter das deutsche GmbH-Recht erfolgen. Hierzu wurde zur Urkunde eines Luxemburger Notars Beschluss über den Formwechsel in eine deutsche GmbH, die korrespondierende Firmenänderung und eine neue Satzung gefasst. Im Februar 2012 wurde die Gesellschaft im luxemburgischen Handelsregister mit der Begründung gelöscht, der Gesellschaftssitz sei nach Deutschland verlegt worden.
Im Oktober 2012 wiederholten die Gesellschafter die vorgenannten Beschlüsse zur Urkunde eines deutschen Notars, insbesondere beschlossen sie nochmals die Satzung der deutschen GmbH. Anschließend meldete der Notar die Gesellschaft unter Beifügung der Protokolle der Gesellschafterversammlungen, eines Sachgründungsberichts und einer Gesellschafterliste zur Eintragung in das deutsche Handelsregister an.
Das Handelsregister wies den Eintragungsantrag zurück. Der Notar legte hiergegen Beschwerde ein und berief sich auf die Entscheidung des EuGH vom 12.7.2012 in Sachen VALE (
Entscheidung
Noch am 13.2.2012 hatte das OLG Nürnberg in einer anderen Angelegenheit die Möglichkeit des identitätswahrenden Zuzugs aus Luxemburg verneint (
Nach dem Äquivalenzprinzip dürfe das Registergericht die formwechselnde Umwandlung einer luxemburgischen Gesellschaft in eine GmbH deutschen Rechts nicht schlechter behandeln als die Umwandlung eines nach deutschem Recht errichteten Rechtsträgers. Auf das Verfahren seien daher die
Die Löschung des Ausgangsrechtsträgers im luxemburgischen Handelsregister stehe dem Umwandlungsvorgang nicht entgegen, da diese ausschließlich wegen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung erfolgt sei. Anderenfalls sei eine formwechselnde grenzüberschreitende Umwandlung in der vorliegenden und in vergleichbaren Konstellationen nicht möglich. Der Formwechsel sei entsprechend
Die in
An einer abschließenden Entscheidung über die Eintragung sah sich das OLG gehindert, denn das Handelsregister habe noch zu prüfen, ob das Vorhandensein eines ausreichenden Stammkapitals schlüssig dargelegt sei.
Anmerkung
Neben der – soweit ersichtlich erstmaligen – Anerkennung der grenzüberschreitenden Sitzverlegung hat das OLG Nürnberg auch über die Frage der anzuwendenden Verfahrensregeln entschieden. Es hat die entsprechende Anwendung der
Im Übrigen bleibt offen, ob nicht zumindest beim Wegzug einer deutschen Gesellschaft in das Ausland die Regeln zum Schutz der Minderheitsgesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung entsprechend heranzuziehen sind.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Nürnberg
Erscheinungsdatum:19.06.2013
Aktenzeichen:12 W 520/13
Rechtsgebiete:Umwandlungsrecht
Normen in Titel:Int. Gesellschaftsrecht; UmwG § 191; AEUV Artt. 49, 54