OLG Rostock 14. September 2010
3 W 100/10
GBO § 29

Grundstückserwerb durch GbR: Vorlage des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 3w100_10
letzte Aktualisierung: 03.03.2011
OLG Rostock, 14.09.2010- 3 W 100/10
GBO § 29
Grundstückserwerb durch GbR: Vorlage des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags
Erwirbt eine GbR Grundeigentum, muss dem Grundbuchamt die Existenz und die Identität der
Gesellschaft sowie die Vertretungsberechtigung der für die Gesellschaft handelnden Personen in
der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Zum Nachweis der Identität der Gesellschaft und
ihrer Vertretungsverhältnisse ist gegenüber dem Grundbuchamt daher ein notariell beurkundeter
Gesellschaftsvertrag erforderlich.


Gründe
I.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.05.2009 - UR-Nr. …/2009 - des amtlich bestellten Vertreters des Verfahrensbevollmächtigten der weiteren Beteiligten, Rechtsanwalt O., erwarb die
weitere Beteiligte den im Rubrum bezeichneten Grundbesitz. In der Urkunde sind die Gesellschafter der weiteren Beteiligten namentlich aufgeführt. Im Urkundsrubrum heißt es:
"Die Erschienenen zu 1. bis 3. werden nachfolgend "Verkäufer", die Erschienenen zu 5. bis 7.
sowie die von dem Erschienen zu 7. Vertretene handelnd als Gesellschafter einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts werden "Käufer" genannt…"
Unter § 1 des Grundstückskaufvertrages ist noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass der Verkäufer an "Käufer - handelnd als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts" den
bezeichneten Grundbesitz verkauft.
Mit Schreiben vom 09.11.2009 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte unter Vorlage einer
von ihm beglaubigten Kopie der Auflassungserklärung aus der Anlage zur Urkunde vom
22.05.2009, die Eigentumsänderung im Grundbuch einzutragen.
Mit Zwischenverfügung vom 06.04.2010 hat das Amtsgericht Wolgast - Grundbuchamt - unter
Hinweis auf die Neufassung der §§ 47 GBO, 15 GVB, 899a BGB um Vorlage des Gesellschaftsvertrags der ErwerberGbR in Form des § 29 GBO gebeten. Zur Behebung des Hindernisses
wurde eine Frist von zwei Monaten eingeräumt.
Die Zwischenverfügung ist dem Bevollmächtigten am 08.04.2010 zugestellt worden. Mit am
09.04.2010 eingegangenem Schreiben hat der Bevollmächtigte das Grundbuchamt gebeten, dies
zu überdenken, da nach wie vor die Gesellschafter in das Grundbuch eingetragen werden
müssten und die Gesellschaft nach § 15 GVB c letzter Teilsatz lediglich eingetragen werden
könne.
Mit weiterem Schreiben vom 13.04.2010 hat das Grundbuchamt hierzu ausgeführt, dass gleichwohl nach § 47 Abs. 2 GBO die Gesellschaft einzutragen sei, auch wenn der zusätzliche Eintrag
von Name und Sitz der Gesellschaft nicht zwingend sei. Von der für im Grundbuch bereits eingetragene Gesellschaften geltenden gesetzlichen Vermutung über den Bestand und die Vollständigkeit hinsichtlich der Gesellschafter aufgrund des § 899 a BGB seien nicht die Fälle erfasst,
bei denen die GbR auf der Erwerberseite stehe, die Eintragung im Grundbuch also erst erfolge.
In diesen Fällen sei die Vertretungsberechtigung entsprechend der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Bisher sei das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass dies durch die Vorlage eines
notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags und einer eidesstattlichen Versicherung aller
Gesellschafter hinsichtlich der Vertetungsverhältnisse nachzuweisen sei, nunmehr gehe es davon
aus, dass die eidesstattliche Versicherung unzulässig sei. Sollte die Existenz der GbR nicht in
Form des § 29 GBO nachgewiesen werden können, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt kein
formgerechter Gesellschaftsvertrag existiert habe, handele es sich um ein nicht behebbares Eintragungshindernis, so dass der Antrag auf Eigentumsumschreibung zurückgewiesen werden
müsste.
Mit Schreiben vom 16.04.2010 hat der Bevollmächtigte eine beglaubigte Abschrift seines
Berichtigungsvermerks zum Kaufvertrag eingereicht, in dem es nunmehr statt des oben zitierten
Inhaltes heißt:
Die Erschienenen zu 1. bis 3. werden nachfolgend "Verkäufer",
die Erschienenen zu 5. bis 7. sowie die von dem Erschienenen zu
7. Vertretene handelnd als Gesellschafter einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern, den
Erschienenen zu 5) bis 7) sowie die von dem Erschienenen zu 7)
Vertretene werden "Käufer" genannt…"
Mit weiterem, am 06.05.2010 eingegangenem Schreiben hat der Bevollmächtigte, der sich auf
die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken beruft, namens der Käuferin Beschwerde gegen die
Zwischenverfügung eingelegt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11.05.2010 unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügung vom 06.04.2010 und das Schreiben vom 13.04.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen
und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig, jedoch unbegründet.
Die angefochtene Zwischenverfügung ist zu Recht ergangen.
Gemäß § 29 GBO sind die zur Eintragung ins Grundbuch erforderlichen Eintragungsbewilligungen oder sonstigen erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte
Urkunden nachzuweisen, die anderen Voraussetzungen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt
offenkundig sind, durch öffentliche Urkunden.
Im Anwendungsbereich des § 20 GBO bedeutet dies, wenn eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts Eigentum erwirbt, dass dem Grundbuchamt die Existenz und Identität der Gesellschaft
und die Vertretungsberechtigung der für die Gesellschaft handelnden Personen in dieser Form
nachzuweisen sind (OLG Nürnberg, Beschl. v. 08.04.2010, 10 W 277/10, ZIP 2010, 1344-1345;
OLG München, Beschl v. 17.08.2010, 34 W 98/10, zit. nach Juris; OLG Schleswig, Beschl. v.
09.12.2009, 2 W 168/09, DNotZ 2010, 296ff m. w. N.). Es wird dabei regelmäßig der Vorlage
eines notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags bedürfen.
Auch nach der Neuregelung der §§ 899 a BGB, 47 Abs. 2 GBO, 15 Abs. 1 lit. c GBV ist diese
Frage in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der gesetzlichen Neuregelung ging voraus,
dass der BGH in Fortführung seiner Rechtsprechung zur (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR deren
materielle Grundbuchfähigkeit ausdrücklich bejaht hat. Er hat insoweit die Auffassung vertreten,
das Verfahrensrecht müsse an das geänderte Verständnis des Wesens der GbR angepasst, das
Grundbuchrecht ausgelegt werden. Es widerspräche der dienenden Funktion des Grundbuchrechts, die Buchbarkeit von Eigentum abweichend vom materiellen bürgerlichen Recht zu
beschränken. Insoweit hat der BGH im Wege der Analogie zu den §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2
HGB, § 7 PartGG, § 15 Abs.1 lit. b GBV die sich durch die Teilrechtsfähigkeit der GbR
ergebende Regelungslücke geschlossen und die materielle Grundbuchfähigkeit der GbR bejaht
(Beschl. v. 04.12.2008, V ZB 74/08, BGHZ 179, 102ff). Die Frage, wie der erforderliche Nachweis im Grundbuchverfahren zu führen ist, hat der BGH jedoch ausdrücklich offen gelassen
(Beschl. v. 04.12.2008 a. a. O.). Die Neuregelung der §§ 899 a BGB, 47 Abs. 2 GBO, 15 Abs. 1
lit. c GBV soll der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR durch die Rechtsprechung des
Das OLG Saarbrücken hat für einen Sachverhalt mit ähnlichem Rubrum wie im vorliegenden
notariellen Grundstückskaufvertrag - allerdings mit dem Unterschied, dass sämtliche Gesellschafter anwesend waren - die Kaufvertragsurkunde als gemäß §§ 20, 29 GBO ausreichend zum
Nachweis der Existenz der GbR und ihres Gesellschafterbestandes angesehen (Beschl. v.
26.02.2010, 5 W 371/09, DNotZ 2010, 301ff). Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber
ein Register für die GbR bewusst nicht geregelt habe. Verlange man mehr als die Erklärung im
Kaufvertrag, dass und mit welchem Gesellschafterbestand die GbR existiere, würde ein Formzwang für die GbR herbeigeführt, der ohnehin wenig Beweiswert habe, weil der unveränderte
Fortbestand der GbR sich auch mit einem notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag nicht
nachweisen ließe. Diese Entscheidung hat in der Literatur Zustimmung gefunden (Ruhwinkel,
Anmerkung zu den Entscheidungen OLG Schleswig, OLG München und OLG Saarbrücken,
DNotZ 2010, 304ff).
Der Entscheidung entgegengetreten sind das OLG Nürnberg (Beschl. v. 08.04.2010, 10 W
277/10) und das OLG München (Beschl. v. 20.07.2010, 34 Wx 63/10, ZIP 2010, 1496ff und
Beschl. v. 17.08.2010, 34 W 98/10, zitiert nach Juris). Das OLG Nürnberg verlangt dabei die
Vorlage des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags und eidesstattlicher Versicherungen
der Gesellschafter, dass sich seit Gründung der Gesellschaft keine Veränderungen im Gesellschafterbestand ergeben haben, während das OLG München die Vorlage des Gesellschaftsvertrags genügen lässt, aber einen engen zeitlichen Rahmen setzt, innerhalb dessen ein Gesellschaftsvertrag noch den aktuellen Bestand belegen kann (Beschl. v. 17.08.2010, a. a. O.).
Der Senat schließt sich den beiden letztgenannten Entscheidungen an, soweit sie im Rahmen des
§ 20 GBO zum Nachweis der Identität der GbR und ihrer Vertretungsverhältnisse die Vorlage
eines Gesellschaftsvertrags in der Form des § 29 GBO verlangen. Die Erklärung der am Kaufvertrag Beteiligten in der notariellen Kaufvertragsurkunde, dass eine GbR in der dort genannten
Zusammensetzung bestehe, hat nur Beweiswert dahin, dass diese Erklärungen abgegeben
wurden, nicht dass sie inhaltlich der Wahrheit entsprechen (so auch OLG München Beschl. v.
17.08.2010 m. Nachw.).
Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung der §§ 899 a BGB, 47 Abs. 2 GBO, 15 Abs. 1 lit. c
GBV unter anderem eine Anpassung der gesetzlichen Vorschriften an die Rechtsprechung des
BGH zur Teilnahme der GbR am Immobilienverkehr und ihrer Eintragung im Grundbuch und
damit das Schließen der planwidrigen Regelungslücke, die der BGH gesehen hat, bezweckt (BTDrucks. 16/13437, S. 23). Der Gesetzgeber hat aber mit den zum 01.09.2009 in Kraft getretenen
Regelungen keine besondere Regelung für die GbR geschaffen, die eine Ausnahme von den
Formerfordernissen des § 29 GBO zulässt, obwohl in der Entscheidung des BGH vom
04.12.2008 (a. a. O.) deutlich wurde, dass der Existenznachweis durch öffentliche Urkunde - im
dortigen Fall eine vollstreckbare Gerichtsentscheidung - erforderlich ist. Eine planwidrige
Regelungslücke, die geschlossen werden müsste, so dass die vollkommene grundbuchliche
Verkehrsfähigkeit der GbR erreicht würde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Richtig ist, - wie
das OLG Saarbrücken (a. a. O.) ausführt -, dass der Gesetzgeber bewusst auf die Einführung
eines GbR-Registers verzichtet hat. Allerdings hat er sich mit der grundbuchverfahrensrechtlichen Behandlung der GbR beschäftigt (BT-Drucks. 16/13437, S. 24) und damit, dass sie "im
Wesentlichen" so behandelt werden könne wie vorher.
Entgegen der Auffassung von Ruhwinkel (a. a. O. ), würde die Teilnahme der GbR am Grundstücksverkehr durch das Erfordernis, einen notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vorzulegen, nicht verhindert, sondern im Hinblick auf den Zweck des Grundbuchs, die Rechtsverhältnotariellen Vertrag gegründet wird, im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen werden (OLG
München, Beschl. v. 17.08.2010 a. a. O. , Beschl. v. 27.04.2010, 34 Wx 32/10; OLG Schleswig
a. a. O.; Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 1; Lautner, DNotZ 2009, 650ff, 658).
Inwieweit auch eine zeitlich weiter zurückliegende notariell beurkundete Gesellschaftsgründung
bei Fehlen von konkreten Anhaltspunkten für eingetretene Änderungen (vgl. BGH, Beschl. v.
04.12.2008, a. a. O.; bejahend Lautner, DNotZ 2009, 650) als Nachweis nach § 29 GBO genügen
kann, muss der Senat vorliegend nicht entscheiden, da ein Gesellschaftsvertrag in dieser Form
überhaupt nicht vorliegt. Ebenso wenig bedarf es der Entscheidung, ob zusätzlich eine eidesstattliche Versicherung der Gesellschafter über den aktuellen Gesellschafterbestand erforderlich
ist (so OLG Nürnberg a. a. O.).
Der Senat hält es nicht für möglich, gemäß §§ 133, 157 BGB die Erklärung der Antragsteller in
der Kaufvertragsurkunde, dass eine GbR aus ihnen als Gesellschaftern bestehe, dahin auszulegen, dass eine GbR von ihnen mit dem Abschluss des Kaufvertrags neu gegründet werden solle
(ebenso OLG Nürnberg a. a. O.; offen: OLG Schleswig a. a. O.). Für eine Auslegung von
Willenserklärungen ist nur Raum, wenn Auslegungsbedarf besteht. Dies ist nicht der Fall, wenn
der wirkliche Wille und das objektiv Erklärte übereinstimmen, das heißt, wenn wie vorliegend
der Erwerb durch eine nach Vorstellung der Beteiligten bereits bestehende GbR gewollt und
erklärt wird.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO, § 84 FamFG.
Den Wert des Beschwerdeverfahrens hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 i.V.m. § 19
KostO unter Zugrundelegung des Kaufpreises für das Grundstück, bezüglich dessen die Eigentumsumschreibung begehrt wird, festgesetzt.
3.
Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 GBO vorliegen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Rostock

Erscheinungsdatum:

14.09.2010

Aktenzeichen:

3 W 100/10

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Erschienen in:

NotBZ 2011, 64-66

Normen in Titel:

GBO § 29