Stiftungsgeschäft unter Einbringung von Grundbesitz
letzte Aktualisierung: 06.02.2020
OLG Köln, Beschl. v. 5.8.2019 – 2 Wx 220/19, 2 Wx 227-229/19
BGB §§ 81 Abs. 1, 311b;
Stiftungsgeschäft unter Einbringung von Grundbesitz
1. Die Aufforderung der Nachholung eines Rechtsgeschäfts kann nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein, sofern der Mangel nicht rückwirkend behoben werden kann.
2. Ein Stiftungsgeschäft zur Errichtung einer Stiftung des Privatrechts bedarf der notariellen Beurkundung, wenn es die Verpflichtung zur Einbringung von Grundeigentum enthält.
3. Die notarielle Prüfungspflicht gem. § 15 Abs. 3 S. 1 GBO erfasst auch die Verwalterzustimmung nach § 12 Abs. 1 WEG. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
1.
Die Beschwerdeführerin ist im Grundbuch als Eigentümerin der oben bezeichneten beiden
Teileigentumseinheiten eingetragen. Am 18.12.2018 hat sie in notarieller Urkunde (UR Nr.
1xx2/2018 des Notars Dr. A in B) die Auflassung dieser Eigentumseinheiten an die
Beteiligte zu 2. erklärt sowie gemeinsam mit letzterer die Eintragung des
Eigentumswechsels bewilligt und beantragt. In der Vorbemerkung der Urkunde hat sie
angegeben, sie habe am 13.04.2018 durch privatschriftliche Erklärung die Beteiligte zu 2.
gegründet, die am 18.04.2018 durch die Senatsverwaltung des Landes Berlin anerkannt
worden sei. Gemäß Stiftungsgeschäft sei die Stiftung u.a. mit Immobilienvermögen in
Gestalt der beiden Teileigentumseinheiten ausgestattet worden. Die Umschreibung ist mit
notariellem Schriftsatz vom 03.04.2019 beantragt worden.
Mit Verfügung vom 25.04.2019 hat die Grundbuchrechtspflegerin den Antrag mit der
Begründung beanstandet, das Stiftungsgeschäft bedürfe bei der Übertragung von
Grundbesitz notarieller Beurkundung nach § 311 b BGB, und eine Frist zur Behebung bis
zum 30.06.2019 gesetzt (Bl. 80). Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit bei dem
Amtsgericht eingereichtem anwaltlichem Schriftsatz vom 24.06.2019 Beschwerde
eingelegt (Bl. 83 ff. = Bl. 103 ff.). Durch den am 27.06.2019 erlassenen Beschluss vom
26.06.2019 hat die Rechtspflegerin im Wege einer Zwischenverfügung den Antrag erneut
mit derselben Begründung beanstandet und eine Frist zur Behebung bis zum 05.07.2019
gesetzt (Bl. 99 ff.). Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit an das Oberlandesgericht
gerichtetem Schriftsatz vom 11.07.2019 Beschwerde eingelegt (Bl. 136 ff.), der das
Amtsgericht nicht abgeholfen hat (Bl. 134 f.).
2.
Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden
gegen die beiden Zwischenverfügungen sind begründet.
Die angefochtenen Zwischenverfügungen sind aus grundbuchverfahrensrechtlichen
Gründen aufzuheben, weil der Erlass einer Zwischenverfügung des vorliegenden Inhalts
unzulässig ist. Denn durch eine Zwischenverfügung im Sinne des § 18 Abs. 1 GBO sollen
dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem
Eingang des Antrages auf Vornahme einer Grundbucheintragung richten und die bei
sofortiger Zurückweisung verlorengingen, erhalten bleiben. Dies ist nur gerechtfertigt,
wenn der Mangel des Antrages mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann; nur unter
diesen Voraussetzungen kommt der Erlass einer Zwischenverfügung in Betracht (OLG
Frankfurt/M.,
2013, 153, 154;
m.w.Nachw.). Dementsprechend kann es nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein, auf
den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das erst die Grundlage einer
einzutragenden Rechtsänderung werden soll. Fehlt es an einem rechtswirksamen
Rechtsgeschäft als Grundlage einer Eintragung, kann der wirksamen Nachholung dieses
Rechtsgeschäfts keine rangwahrende Wirkung zukommen. Auf eine Nachholung in
diesem Sinne indes sind die beiden Zwischenverfügungen gerichtet, da das
Grundbuchamt der Auffassung ist, das in der Auflassungsurkunde in Bezug genommene
Stiftungsgeschäft sei in Ansehung der Einbringung von Immobilienbesitz unwirksam, und
der Antragstellerin aufgegeben hat, ein Stiftungsgeschäft in notarieller Beurkundung erst
noch vorzunehmen. Mit einem solchen Inhalt ist eine Zwischenverfügung unzulässig,
vielmehr ist ein entsprechender Antrag – ggf. nach vorheriger Erteilung eines rechtlichen
Hinweises entsprechend § 139 ZPO – zurückzuweisen, ohne dass eine
Zwischenverfügung vorausgehen darf.
Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass nicht nachvollziehbar ist, warum das
Grundbuchamt dieselbe Beanstandung zweimal, nämlich durch Verfügung vom
25.04.2019 und durch den am 27.06.2019 erlassenen Beschluss erhoben hat. Zudem
entsprach die erste Zwischenverfügung nicht der gebotenen Beschlussform (Senat
Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, weil der Beschwerdeführerin kein Gegner
gegenübersteht.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt, da die
Beschwerdeführerin durch die Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügungen nicht
beschwert ist.
3.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
a.
In der Sache teilt er die Rechtsauffassung des Grundbuchamts. Eine im Stiftungsgeschäft
übernommene Verpflichtung zur Einbringung von Grundeigentum bedarf der notariellen
Beurkundung nach § 311 b Abs. 1 BGB, weshalb das privatschriftliche Stiftungsgeschäft
und die notariell beurkundete Auflassung nicht genügen.
Der Anwendung des § 311 b BGB steht nicht entgegen, dass es sich bei dem
Stiftungsgeschäft um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt. Es ist allgemein anerkannt,
dass § 311 b BGB nach seinem Schutzzweck über den Wortlaut ("Vertrag") hinaus
entsprechend auf einseitige Rechtsgeschäfte mit dem in der Vorschrift beschriebenen
Inhalt anzuwenden ist (vgl. nur Staudinger/Schumacher, BGB, Neubearbeitung 2018, §
311b Rz. 59; Münch/Komm/Ruhwinkel, BGB, 8. Aufl. 2019, § 311b Rz. 33;
Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, § 311b Rz. 16, jeweils m.w.N). Denn im Hinblick
auf die Bedeutung von Rechtsgeschäften betreffend die Übertragung von Grundstücken
schlechthin tritt die rechtliche Konstruktion der zugrundeliegenden Verpflichtung als
einseitiges Rechtsgeschäft oder Vertrag in den Hintergrund.
Die Beachtung der Schriftform des § 81 BGB genügt nicht, soweit das Stiftungsgeschäft
eine Einbringung von Grundeigentum vorsieht.
Diese Rechtsfrage ist umstritten.
Nach einer Ansicht genügt die Schriftform des § 81 BGB auch dann, wenn das
Stiftungsgeschäft eine Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum enthält
(OLG Schleswig, Beschluss vom 1. August 1995 9 W 50/95,
Holsteinisches FG, Urteil vom 8. März 2012 3 K 118/11,
MünchKomm/Weitemeyer, BGB, 8. Aufl. 2018, § 81 Rz. 8; Richter/Stumpf, Stiftungsrecht,
2019, § 4 Rz. 14).
Die Gegenauffassung hält eine Anwendung des § 311b BGB für geboten (Palandt/
Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 81 Rz 3; Palandt/Grüneberg, BGB, § 311b Rz 16;
Staudinger/Schumacher, BGB, Neubearbeitung 2018, § 311b Rz. 59;
MünchKomm/Ruhwinkel, a.a.O., § 311b Rz. 32; Schwake, Münchener Handbuch des
Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2016, § 79 Rz. 146; Schwarz,
DNotz 1996, 770 ff.).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
Dies beruht zunächst auf einer gesetzessystematischen Überlegung: Bei dem
Stiftungsrecht handelt es sich ebenso wie bei dem Vereinsrecht um einen Teil der im
Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthaltenen Regelungen betreffend
juristische Personen. Das Stiftungsgeschäft besteht in der Widmung eines Vermögens
durch den Stifter (§ 81 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies und damit auch die Formvorschrift des §
81 Abs. 1 Satz 1 BGB betrifft allein die Begründung der Einrichtung der juristischen Person
Stiftung. Soweit zu dem zu widmenden Vermögen Gegenstände gehören, deren
Übertragung besonderen Formvorschriften unterliegt, treten diese Normen der für die
Begründung der Einrichtung als solcher geltenden Vorschrift des
hinzu. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Norm die für bestimmte
Vermögensgegenstände geltende und damit speziellere Regelung des § 311 b BGB
verdrängen soll. Soweit geltend gemacht wird, es sei in Gesetzgebungsverfahren erörtert
worden, ob für die Gründung einer Stiftung ein Beurkundungserfordernis eingeführt
werden soll, und es sei dieser Ansatz wieder verworfen worden, so betrifft dies nur die
Frage der Verschärfung der Formanforderungen an die Gründung einer Stiftung im
Allgemeinen wegen der Bedeutung des Stiftungsgeschäfts als solchem, gerade auch in
Anbetracht der Dauerhaftigkeit einer Stiftung. Daraus lässt sich hingegen nicht ableiten,
dass
Formvorschriften für bestimmte Arten von Vermögensgegenständen, wie etwa der
grundstücksrechtlichen Bestimmung des § 311 b BGB, ausschließen sollte.
Zudem spricht auch der Schutzzweck des § 311 b BGB für eine Anwendung auf eine
Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum im Stiftungsgeschäft. Soweit von der
Gegenansicht vorgebracht wird, das verwaltungsrechtliche Verfahren der
Anerkennungsbehörde entspreche der notariellen Beurkundung, so kann dem nicht gefolgt
werden. Denn insoweit handelt es sich um Verfahren verschiedenen Inhalts: Die
Anerkennungsbehörde hat im öffentlichen Interesse allein die Merkmale des § 80 Abs. 2
Satz 1 BGB zu prüfen, wozu Belange des Stifters selbst nicht gehören. Diese Belange des
Aufgebenden aber sind gerade auch Grund und Inhalt der notariellen Beratungs- und
Belehrungspflicht. Darüber hinaus sind als weitere Zwecke des notariellen Formzwangs im
Grundstücksrecht abgesehen von einer Warnfunktion Abschluss- und Inhaltsklarheit sowie
Beweissicherung anerkannt. Diesen bei Rechtsgeschäften betreffend die Übertragung von
Grundstückstücken zu stellenden Dokumentationsanforderungen wird eine
privatschriftliche Erklärung auch in Verbindung mit einer Anerkennung durch eine
Verwaltungsbehörde nicht gerecht (vgl. A a.a.O.; Schwake a.a.O.). Der Überlegung von
Stumpf (in Richter, Stiftungsrecht, 2019, § 4 Rz. 14), gerade die behördliche Anerkennung
gewährleiste die Rechtssicherheit und Klarheit, vermag sich der Senat wegen der
dargestellten unterschiedlich gelagerten Zweckrichtungen und Prüfungsmaßstäbe des
behördlichen Anerkennungsverfahrens auf der einen und des notariellen
Beurkundungsverfahrens auf der anderen Seite nicht anzuschließen.
b.
Ein den Anforderungen des
hinsichtlich der vorgelegten Verwaltergenehmigung liegt bislang ebenfalls nicht vor.
Die Frage, ob die Prüfungspflicht gem. § 15 Abs. 3 S. 1 GBO auch Zustimmungen des
Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 12 Abs. 1 WEG erfasst, ist
umstritten. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die notarielle Prüfungspflicht
sämtliche zur Grundbucheintragung erforderlichen Erklärungen und
Erklärungsbestandteile im Sinne von § 29 Abs. 1 GBO umfasst, also auch die
Verwalterzustimmung gem. § 12 Abs. 1 WEG (BeckOK-GBO/Reetz, Stand 01.06.2019, §
15 Rn. 82; Attenberger,
entgegengehalten, dass
eintragungsnotwendigen Erklärungen wie z.B.
Anwendung finde (Weber,
Rn. 22, 23).
Hinsichtlich der Form ist der Senat einer in der Literatur im Hinblick auf § 29 Abs. 1 S. 2
GBO teilweise vertretenen Auffassung, dass Prüfvermerk der Form einer Vermerkurkunde
gem. § 39 BeurkG entsprechen müsse (Weber,
Reetz, Stand 01.06.2019, § 15 Rn. 89), nicht gefolgt (Beschluss vom 03.07.2019 – 2
Wx 169/19). Denn nähere Vorgaben zur konkreten Ausgestaltung des Prüfvermerks
enthalten die gesetzliche Regelung des
nicht. Insbesondere enthält die Gesetzesbegründung keine Aussagen über mögliche
Formanforderungen an den Prüfvermerk. Es kann daher nicht davon ausgegangen
werden, dass der Prüfvermerk zwingend in der Form des § 39 BeurkG erfolgen muss,
zumal es ausweislich der Gesetzesbegründung maßgeblich nur darauf ankommt, ob die
Vornahme der Prüfung für das Grundbuchamt „ohne weitere Nachforschungen“ ersichtlich
ist (zum Vorstehenden: Attenberger,
formlose Bestätigung des Notars im Antragsschreiben für ausreichend erachtet (OLG
Celle,
8. Aufl. 2019, § 15 Rn. 82), zum Teil eine unterschriebene und gestempelte Erklärung des
Notars (Bauer/Schaub/Wilke, GBO, 4. Aufl. 2018, § 15 Rn. 44; Demharter, GBO, 31. Aufl.
2018, § 15 Rn. 24).
c.
Unabhängig von der unter a. erörterten Rechtsfrage kann es sich anbieten, die
Stiftungsurkunde bei dem Grundbuchamt einzureichen.
d.
Im Hinblick auf die Fassung des Rubrums der amtsgerichtlichen Beschlüsse weist der
Senat das Grundbuchamt darauf hin, dass der Notar in aller Regel, so auch hier, nicht
selbst als Beteiligter, sondern als Bevollmächtigter des/der Antragsteller auf der Grundlage
des
Beteiligte, sondern Verfahrensbevollmächtigte und als solche im Rubrum zu bezeichnen.
e.
Bei einer Vorlage an das Beschwerdegericht ist den Akten je betroffenem Grundbuchblatt
ein aktueller Grundbuchauszug beizufügen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:05.08.2019
Aktenzeichen:2 Wx 220/19, 2 Wx 227-229/19
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Stiftung
Beurkundungsverfahren
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Beurkundungserfordernis
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 81 Abs. 1, 311b; GBO § 15 Abs. 3; WEG § 12