BGH 19. November 2018
NotZ(BrfG) 5/18
BNotO § 52

Versagung der Erlaubnis, die der Amtsbezeichnung „Notar außer Dienst“ zu führen

letzte Aktualisierung: 8.2.2019
BGH, Beschl. v. 19.11.2018 – NotZ(BrfG) 5/18

BNotO § 52
Versagung der Erlaubnis, die der Amtsbezeichnung „Notar außer Dienst“ zu führen

Zu den Voraussetzungen für die Versagung der Erlaubnis, die Amtsbezeichnung "Notar" mit dem
Zusatz "außer Dienst (a. D.)" weiter zu führen.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund
ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen
weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch liegt
ein Verfahrensfehler vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 5 VwGO, § 111b Abs. 1 Satz 1
BNotO).

1. Das Kammergericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Seine Beurteilung,
dass der Beklagte durch die Ablehnung des Begehrens des Klägers,
nach seinem Ausscheiden aus dem Notaramt die Bezeichnung "Notar außer
Dienst (a.D.)" zu führen, weder die gesetzlichen Grenzen des ihm durch § 52
Abs. 2 Satz 2 BNotO eingeräumten Ermessens überschritten noch von diesem
in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch
gemacht hat, ist zutreffend.

a) Gemäß § 52 Abs. 1 BNotO darf ein Notar nach dem Erlöschen seines
Amts die Bezeichnung "Notar" grundsätzlich nicht mehr führen, auch nicht mit
einem Zusatz, der auf das Erlöschen des Amts hinweist. Jedoch kann die Landesjustizverwaltung
dem früheren Anwaltsnotar nach § 52 Abs. 2 Satz 2 i.V.m.
§ 52 Abs. 2 Satz 1 BNotO unter anderem dann die Erlaubnis erteilen, seine
frühere Amtsbezeichnung "Notar" mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" weiter
zu führen, wenn sein Amt wegen Erreichens der Altersgrenze (§ 48a BNotO)
erloschen ist. Durch diese Regelung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass
der Eindruck eines unehrenhaften Ausscheidens aus dem Amt vermieden wird,
wenn ein Anwaltsnotar seine Notartätigkeit etwa aus wirtschaftlichen Überlegungen
aufgibt. Daher darf die Justizverwaltung die Weiterführung der Amtsbezeichnung
nur verweigern, wenn besondere Gründe die Ausübung des Ermessens
in diese Richtung rechtfertigen (Senatsurteil vom 13. März 2017 - NotZ
(Brfg) 4/16, BGHZ 214, 193 Rn. 22 f.). Worin derartige Gründe gesehen werden
können, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich. Die Ermessensausübung hat sich
daher an dessen Zweck zu orientieren. Wie sich der Regelung der Voraussetzungen,
unter denen nach § 52 Abs. 2 BNotO die Erlaubnis erteilt und gemäß
§ 52 Abs. 3 Satz 1 BNotO wieder zurückgenommen werden kann, entnehmen
lässt, will das Gesetz unter anderem verhindern, dass ein früherer Notar durch
den weiteren Gebrauch der Amtsbezeichnung das Ansehen und das Vertrauen
schädigt, die dem Notarberuf entgegengebracht werden. Dienstverfehlungen
des Notars können es daher rechtfertigen, die Erlaubnis zur Weiterführung der
Amtsbezeichnung zu versagen, wobei es nicht erforderlich ist, dass diese Ver-
fehlungen ohne das freiwillige Ausscheiden des Notars zu dessen Entfernung
aus dem Amt geführt hätten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. November 2014
- NotZ(Brfg) 8/14, DNotZ 2015, 230 Rn. 7; vom 23. Juli 2007 - NotZ 56/06,
DNotZ 2008, 307 Rn. 6; vom 9. Mai 1988 - NotZ 9/87, DNotZ 1989, 316, 317 f.).
Andererseits genügen leichte und mittelschwere Disziplinarverstöße noch nicht.
Den Schutz vor dem ungerechtfertigten Eindruck, er habe sein Amt aus unehrenhaften
Gründen aufgeben müssen, verdient der freiwillig aus dem Amt
scheidende Anwaltsnotar erst dann nicht mehr, wenn seine Verfehlungen von
erheblichem Gewicht waren. Er muss seine Dienstpflichten in grob unredlicher
Weise verletzt und dadurch das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit
notarieller Amtsausübung schwer erschüttert haben (Senatsbeschlüsse vom
23. April 2018 - NotZ(Brfg) 4/17, NJW-RR 2018, 1017 Rn. 17; vom 23. Juli 2007
- NotZ 56/06, DNotZ 2008, 307 Rn. 7; vom 10. August 1987 - NotZ 6/87, DNotZ
1988, 259 f.; vom 9. Mai 1988 - NotZ 9/87, DNotZ 1989, 316, 318). Entgegen
der Ansicht des Klägers sind aber ein strafbares Verhalten des Notars oder die
Verursachung eines Schadens, der in die Öffentlichkeit gedrungen ist, nicht erforderlich.

b) Mit Recht hat das Kammergericht die Entscheidung des Beklagten
nicht beanstandet. Der Kläger hat durch die Verletzung seiner Dienstpflichten
das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung
schwer erschüttert. Die dem Antragsteller in dem Bescheid vom 28. September
2017 angelasteten Amtsverstöße im Zeitraum von Dezember 2011 bis einschließlich
2015 sind zahlreich und wiegen teilweise schon für sich genommen,
jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit schwer. Es handelt sich um mehrere Verstöße
im Zusammenhang mit der Erfüllung von Treuhandauflagen sowie gegen
§ 54a Abs. 2 Nr. 1 BeurkG (Durchführung von Verwahrungsgeschäften ohne
berechtigtes Sicherungsinteresse), das Anlegen von Sammelanderkonten, die
Annahme von Geldern ohne schriftliche Hinterlegungsanweisung, die Verwahrung
von Massen mit gegenläufigen Interessen auf einem Notaranderkonto und
um diverse Verstöße gegen Belehrungspflichten. Zu Recht hat das Kammergericht
auch das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Veräußerung
der aus dem Nachlass der D. R. stammenden Eigentumswohnung an seine
Ehefrau als in besonderem Maße geeignet angesehen, das Vertrauen in eine
integre Amtsführung zu erschüttern. Zutreffend hat das Kammergericht in den
im angegriffenen Bescheid aufgezählten Pflichtverstößen eine kontinuierliche
Missachtung notarieller Amtspflichten durch den Kläger gesehen, die die Versagung
der Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BNotO rechtfertigt.

c) Die vom Kläger geltend gemachten Einwendungen greifen nicht durch.
Der Kläger hat die ihm vorgeworfenen Verstöße sachlich nicht bzw. nicht mit
Substanz in Abrede gestellt. In dem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet
er sich nicht inhaltlich gegen die erhobenen Vorwürfe. Er beruft sich lediglich
darauf, dass die nach Erreichen der Altersgrenze nicht bestandskräftig gewordene
(vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2011 - NotSt(Brfg) 1/11, BGHZ 190,
278 Rn. 5) Disziplinarverfügung vom 7. September 2016, deren Vorwürfe in der
Erlaubnisversagung vom 28. September 2017 aufgegriffen und überwiegend
wiederholt wurden, wegen angeblicher Befangenheit des Notarprüfers und fehlerhafter
Behandlung seines Befangenheitsantrags rechtswidrig oder nichtig sei.
Dies stellt die Richtigkeit der Feststellungen des Notarprüfers nicht in Frage.
Eine abweichende Darstellung der tatsächlichen Umstände trägt der Kläger in
diesem Verfahren nicht vor. Er hat schon im Disziplinarverfahren nicht alle Vorwürfe
bekämpft. Einer weitergehenden Aufklärung der Vorwürfe bedurfte es
vorliegend nicht.
Ebenfalls unerheblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids
vom 28. September 2017 ist der im Zulassungsantrag erhobene Vorwurf,
das Kammergericht habe in dem Verfahren Not 20/16, welches die Anfechtung
der Disziplinarverfügung vom 7. September 2016 zum Gegenstand
hatte, die Kostenentscheidung zu ausführlich begründet und dabei zu Unrecht
die Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung geprüft, obwohl der Kläger nur zu
einzelnen Vorwürfen vorläufig Stellung genommen habe. Die Kostenentscheidung
ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die hier angefochtene Entscheidung
auch nicht im Widerspruch zu den in der Kostenentscheidung im Verfahren
Not 20/16 angestellten Erwägungen des Kammergerichts zur Rechtmäßigkeit
der Disziplinarverfügung vom 7. September 2016. Die damals vom Kammergericht
beanstandeten Ausführungen in der Disziplinarverfügung zur Tätigkeit
des Klägers als Testamentsvollstecker sind, wie im angefochtenen Urteil
zutreffend festgestellt, in der Erlaubnisversagung vom 28. September 2017
nicht wiederholt worden. Den damaligen Erwägungen des Kammergerichts,
dass es sich bei den in der Disziplinarverfügung vom 7. September 2016 vorgeworfenen
Pflichtwidrigkeiten "im Einzelfall auch um Bagatellvergehen gehandelt
habe", die in der gegebenen Häufigkeit eine disziplinarische Ahndung erforderten,
steht nicht die Wertung im angefochtenen Urteil entgegen, dass die
im Bescheid vom 28. September 2017 angelasteten Amtsverstöße so zahlreich
sind und teilweise für sich so schwer wiegen, dass sie die Versagung der Erlaubnis
nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BNotO rechtfertigen.

d) Es bestehen auch nicht deshalb ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des Urteils des Oberlandesgerichts, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass
der Kläger 24 Jahre als Notar mit mehreren Tausend Beurkundungen tätig ge-
wesen, seine Klientel äußerst zufrieden gewesen und es nur in einem Fall zu
einem Regress gekommen sei. Umfang und Dauer der beanstandungsfrei gebliebenen
Tätigkeit stehen der Versagung der Erlaubnis nach § 52 Abs. 2
BNotO nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. November 2014 - NotZ
(Brfg) 8/14, DNotZ 2015, 230 Rn. 20). Wie das Kammergericht zutreffend festgestellt
hat, kommt es für die hier maßgebliche Frage, ob der Notar das Vertrauen
in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer
erschüttert hat, auf die absolute Zahl und Schwere der Amtsverstöße an. Abzustellen
ist dabei nicht in erster Linie auf das Vertrauen, das die Mandanten dem
Notar im Hinblick auf die Betreuung ihrer Angelegenheiten entgegen gebracht
haben, sondern auf das Ansehen des Amtes als solches und das Vertrauen,
das die Allgemeinheit dem Notarberuf entgegenbringt (vgl. Senatsbeschluss
vom 20. November 2011 - NotZ 22/00, DNotZ 2001, 573, 574). Zutreffend sieht
das Kammergericht die Entscheidung in Anbetracht der Vielzahl und teilweisen
Schwere von Verstößen gegen notarielle Pflichten, die über einen längeren
Zeitraum und trotz der in den Jahren 1996, 2000 und 2008 ausgesprochenen
Missbilligungen und des im Jahr 2006 erteilten Verweises erfolgt sind und unterschiedliche
Kernbereiche der notariellen Tätigkeit betreffen, für gerechtfertigt
an. Nach Abwägung aller Umstände ist die Grenze zu nur leichten und mittleren
Disziplinarverstößen überschritten.

2. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht deshalb geboten, weil entscheidungserhebliche
Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. § 111d
BNotO) gegeben wären. Das Recht des Klägers auf Gewährung rechtlichen
Gehörs wurde nicht dadurch verletzt, dass der in der mündlichen Verhandlung
vor dem Kammergericht angebotene Zeugenbeweis zu seiner Behauptung, in
dem zum Erlass der Disziplinarverfügung vom 7. September 2016 führenden
Verfahren sei sein Befangenheitsantrag fehlerhaft behandelt worden, nicht er-
hoben wurde. Denn diese Behauptung ist nach der insoweit maßgeblichen Ansicht
des Kammergerichts für die Rechtmäßigkeit der Versagung der Erlaubnis
nach § 52 Abs. 2 BNotO nicht entscheidungserheblich (s.o. 1.c). Deshalb ist es
kein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2
Nr. 5 VwGO beruhen kann, dass über den Beweisantrag nicht durch Beschluss
gemäß § 86 Abs. 2 VwGO entschieden wurde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m.
§ 154 Abs. 2 VwGO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

19.11.2018

Aktenzeichen:

NotZ(BrfG) 5/18

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht
Notaranderkonto/notarielle Verwahrung

Erschienen in:

ZNotP 2019, 84-86
notar 2019, 163-165

Normen in Titel:

BNotO § 52