OLG München 27. November 2023
34 Wx 203/23 e
BGB §§ 185, 2202

Unwirksamkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers vor Amtsannahme

letzte Aktualisierung: 26.2.2024
OLG München, Beschl. v. 27.11.2023 – 34 Wx 203/23 e

BGB §§ 185, 2202
Unwirksamkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers vor Amtsannahme

a) Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, den geschenkten Gegenstand spätestens mit
seinem Ableben unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen, fällt nicht ohne weiteres unter den
Tatbestand des § 2302 BGB.
b) Eine Auflage, die den Beschenkten verpflichtet, zugunsten eines Dritten ein Schenkungsversprechen
abzugeben, das unter der Bedingung steht, dass der Dritte den Beschenkten überlebt, ist
nach § 2302 BGB nichtig.
c) Wirksam ist eine Auflage, wenn die Parteien des Schenkungsvertrags bereits einen – wenn auch
bedingten – Anspruch des Dritten auf Übereignung des geschenkten Gegenstands begründen.

Gründe

I.
Der Onkel der Beteiligten zu 1) war u. a. als Alleineigentümer eines in … gelegenen Grundbesitzes
eingetragen. Er verstarb am … 2021. Der Verstorbene hatte unter dem 29.03.2021 ein notarielles Testament
errichtet, in welchem er der Beteiligten zu 2) als Vermächtnis das Alleineigentum an diesem Grundbesitz
zugewandt hatte. Gleichzeitig hatte er Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligte zu 2) – unter
Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB – als Testamentsvollstreckerin eingesetzt, mit der
einzigen Aufgabe, das Vermächtnis zu ihren Gunsten zu erfüllen.

Am 07.02.2022 wurde die Auflassung des Grundstücks beurkundet. Dabei handelte die Beteiligte zu 2)
sowohl in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin wie auch als Vermächtnisnehmerin.
In der Auflassungsurkunde heißt es u.a.:

1.2. Testament, Vermächtnis, Testamentsvollstreckung

„Nach Angabe der Frau S. [= der Beteiligten zu 2) ] hat diese ihr Testamentsvollstreckeramt angenommen.
Vorsorglich wird die Annahme des Amtes hiermit nochmals erklärt. […]
3. Auflassung Es besteht Einigkeit darüber, dass das Vertragsobjekt in das Alleineigentum der Frau B. S.
übergeht. Die Eintragung dieser Rechtsänderung im vorgenannten Grundbuch wird bewilligt und beantragt.“

Der Notar übersandte dem Nachlassgericht die Urkunde „zur Kenntnisnahme wegen § 2202 Abs. 2 S. 1
BGB“, sie ging dort am 10.02.2022 ein.

Unter dem 10.03.2022, beim Grundbuchamt eingegangen am 11.03.2022, legte der Urkundsnotar dem
Grundbuchamt die Auflassungsurkunde vor und beantragte deren Vollzug gemäß Ziffer 3. der Urkunde.
Das Grundbuchamt zog die beim gleichen Amtsgericht geführten Nachlassakten bei. Nach dem
gemeinschaftlichen Erbschein vom 11.05.2022 wurde der Verstorbene beerbt von 7 Personen, darunter der
Beteiligten zu 1) zu 1/6.

Die Beteiligte zu 2) wurde am 19.08.2022 als Alleineigentümerin eingetragen.
Mit Schreiben vom 27.03.2023 beantragte die anwaltlich vertretene Beteiligte zu 1) die Berichtigung des
Grundbuchs wegen offensichtlicher Unrichtigkeit und Eintragung der sich aus dem Erbschein ergebenden
Erben als Eigentümer. Die Beteiligte zu 2) habe im Zeitpunkt der Auflassungserklärung ihr Amt als
Testamentsvollstreckerin noch nicht angenommen gehabt, vielmehr sei die notarielle Annahmeerklärung erst
am 10.02.2022 beim Nachlassgericht eingegangen und mit Zugang dort wirksam geworden. Mangels
wirksamer Auflassung sei das Grundbuch unrichtig.

Mit Beschluss vom 13.07.2023 wies das Grundbuchamt den Antrag zurück, da eine Grundbuchunrichtigkeit i.
S. d. § 894 BGB nicht vorliege. Beruhe die Testamentsvollstreckung auf einem öffentlichen Testament, könne
sich das Grundbuchamt anstelle des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit einer beglaubigten Abschrift
dieser Verfügung und des Eröffnungsprotokolls des Nachlassgerichts begnügen. Da die
Amtsannahmeerklärung der Beteiligten zu 2) am 10.02.2022 beim Nachlassgericht in Form einer
beurkundeten Erklärung eingegangen sei, sei dem Grundbuchamt, welches zur Eintragung die
Nachlassakten beigezogen habe, die Annahme des Testamentsvollstreckeramts formgerecht nachgewiesen
worden.

Der hiergegen mit Schreiben vom 26.07.2023 eingelegten Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Beschluss
vom 02.08.2023 nicht abgeholfen. Es argumentiert, die Testamentsvollstreckung beginne schon vor
Annahme des Amtes mit dem Erbfall und durch die Annahmeerklärung des Ernannten konkretisiere sich das
Testamentsvollstreckeramt nur noch in seiner Person (LG Saarbrücken Rpfleger 2009, 375). Deshalb würden
Verfügungen des Testamentsvollstreckers, die er vor Amtsbeginn treffe, gemäß entsprechender Anwendung
des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB von selbst ex nunc wirksam (vgl. OLG München, Beschluss vom
08.09.2005 – 32 Wx 58/05, Rpfleger 2005, 661; MüKoBGB/Zimmermann, 9. Aufl. 2022, § 2202 BGB Rn. 4).
Damit sei die Auflassungserklärung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Amtsannahme ex nunc wirksam
geworden. Zudem könne in der Antragstellung, welche der Notar nur auf Weisung der Beteiligten vornehme,
eine nachträgliche Genehmigung der Auflassung gesehen werden.

II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Gemäß § 71 Abs. 1 GBO findet gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts das Rechtsmittel der
Beschwerde statt. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift ist allerdings die Beschwerde gegen eine Eintragung
unzulässig. Gemäß Abs. 2 Satz 2 kann jedoch im Wege der Beschwerde verlangt werden, dass das
Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung
vorzunehmen.

Zwar richtet sich das vorliegende Rechtsmittel formal gegen die Zurückweisung des Berichtigungsantrags
und damit gegen eine Entscheidung des Grundbuchamts im Sinne von § 71 Abs. 1 GBO. Aus dem gestellten
Antrag und der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch, dass sich die Beteiligte zu 1) in der Sache gegen
die Eintragung der Beteiligten zu 2) als neuer Eigentümerin wendet. Denn sie meint, all dies hätte mangels
wirksamer Auflassung nicht geschehen dürfen. Das Rechtsschutzziel der Beteiligten zu 1) besteht also darin,
im Wege der Berichtigung einer anfänglichen Grundbuchunrichtigkeit ihre außerhalb des Grundbuchs durch
Erbfolge erlangte Eigentümerposition wiederherzustellen durch Beseitigung der Eintragung der Beteiligten zu
2). In einer solchen Konstellation richtet sich das Rechtsmittel in Wahrheit zum einen gegen die angeblich
von Anfang an unrichtige Eintragung (BGH FGPrax 2018, 49; Senat, Beschluss vom 25.10.2013 – 34 Wx
315/13 = FGPrax 2014, 15 f.; BayObLG Rpfleger 1993, 58; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 71 Rn. 30; Hügel/
Holzer, GBO, 4. Aufl., § 22 Rn. 100; Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, 12. Aufl., § 71 Rn. 77), zum anderen will
die Beteiligte zu 1) die Eintragung der Erben erreichen. Soweit die Beteiligte zu 1) gegen die Eintragung der
Beteiligten zu 2) als Alleineigentümerin vorgehen will, ist eine solche Beschwerde jedoch gemäß § 71 Abs. 2
Satz 1 GBO unzulässig. Eine dem Antrag entsprechende Anweisung gegenüber dem Grundbuchamt zur
Grundbuchberichtigung darf hier nicht ergehen (vgl. Hügel/Kramer § 71 Rn. 151). Gemäß Satz 2 dieser
Bestimmung kann lediglich nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO die Eintragung eines Widerspruchs gegen die
unrichtige Eintragung oder – was hier indes von vornherein nicht in Betracht kommt – nach § 53 Abs. 1 Satz
2 GBO eine Löschung wegen inhaltlicher Unzulässigkeit der Eintragung veranlasst werden. Als
solchermaßen beschränkte Beschwerde ist das Rechtsmittel statthaft.

Da das Grundbuchamt über den zweiten Teil des Antrags, gerichtet auf Eintragung der Erben, noch nicht
entschieden hat, ist dieser nicht Beschwerdegegenstand.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Das Grundbuchamt hat gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO von Amts wegen einen Widerspruch einzutragen,
wenn es unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das
Grundbuch unrichtig geworden ist. Die Gesetzesverletzung muss feststehen, die Grundbuchunrichtigkeit
glaubhaft gemacht sein (Senat, Beschluss vom 04.12.2017 – 34 Wx 402/17 = FGPrax 2018, 67; BayObLGZ
1986, 513, 515; Demharter § 53 Rn. 28; Hügel/Holzer § 53 Rn. 32; Meikel/Schneider § 53 Rn. 112 f.).
a) Die Gesetzesverletzung steht fest.

Das Grundbuchamt hat fehlerhaft das Vorliegen der Voraussetzungen für die Eintragung der Beteiligten zu 2)
als Alleineigentümerin bejaht, §§ 13, 20, 39, 40 GBO.

Es fehlt an einer wirksamen Auflassung, § 20 GBO, §§ 873, 2197, 2202, 2205, 181 BGB.
aa) Die Beteiligte zu 2) war im Zeitpunkt der Auflassung am 07.02.2022 nicht verfügungsbefugt.
Die Beteiligte zu 2) wurde im notariellen Testament vom 29.03.2021 zur Testamentsvollstreckerin ernannt,
dieses Amt hat sie jedenfalls in der notariellen Urkunde vom 07.02.2022 angenommen; anschließend wurde
die Urkunde dem Nachlassgericht gemäß § 2202 Abs. 2 Satz 1 BGB übermittelt. Dort ist sie am 10.02.2022
eingegangen.

Da gemäß § 2202 Abs. 1 BGB das Amt des Testamentsvollstreckers erst in dem Zeitpunkt beginnt, in
welchem dieser das Amt annimmt, und die Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht zu erfolgen hat (§
2202 Abs. 2 S. 1 BGB), hatte die Beteiligte zu 2) die mit dem Amt verbundene Verfügungsbefugnis erst am
10.02.2022 erlangt, also zu dem Zeitpunkt, in dem ihre Annahmeerklärung dem Nachlassgericht zugegangen
ist.

Bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommene Rechtsgeschäfte als Testamentsvollstreckerin sind unwirksam (ganz
h. M., etwa OLG Nürnberg ZEV 2017, 98; Grüneberg/Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2202 Rn. 1; MüKoBGB/
Zimmermann, 9. Aufl., § 2202 Rn. 4; BeckOGK/Leitzen, Stand 01.09.2023, § 2202 Rn. 16 ff.). Die vom
Grundbuchamt zitierte Entscheidung des LG Saarbrücken (Rpfleger 2009, 375) hat in Rechtsprechung und
Literatur keine Zustimmung gefunden.

Damit lag eine wirksame Auflassung gemäß Urkunde vom 07.02.2022 nicht vor.

An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, dass es sich bei dem Eigentumserwerb gemäß §§ 873,
925 BGB um einen mehraktigen Verfügungstatbestand handelt, der neben der Auflassung die Eintragung
des Erwerbers voraussetzt, und die Beteiligte zu 2) im Zeitpunkt der Eintragung verfügungsbefugt war.
Besteht die Verfügung aus mehreren Teilakten, so kommt es regelmäßig auf den letzten Teilakt an
(BayObLG, Beschluss vom 24.05.1973 – BReg. 2 Z 13/73, BayObLGZ 1973, 139; BGH BeckRS 1957,
31378952 unter 4 b); BeckOGK BGB/Regenfus, Stand 01.11.2023, § 185 Rn. 32; Staudinger/Klumpp, BGB,
2019, § 185 Rn. 48; jurisPK-BGB/Trautwein, 10. Aufl., Stand: 15.05.2023, § 185 Rn. 21; Grüneberg/
Ellenberger § 185 Rn. 5; BeckOK BGB/Bub, Ed. 01.05.2023, § 185 Rn. 6). Die Verfügungsmacht muss daher
grundsätzlich im Zeitpunkt des letzten Verfügungsaktes vorliegen, hier also der Eintragung im Grundbuch.
Der Übertragende muss allerdings im Zeitpunkt des letzten Teilakts noch verfügungsbefugt sein.
Diese Auffassung entspricht auch der Argumentation des Bundesgerichtshofs, wonach die
Verfügungsbefugnis beim Abschluss des Verfügungstatbestands vorliegen muss, nicht notwendig jedoch bis
zum Eintritt des Verfügungserfolgs (BGH BeckRS 2009, 86948 Rn. 9). An dieser Argumentation hält der
Bundesgerichtshof auch für die Vorauszession unter Geltung der Insolvenzordnung fest. So führt er in der
genannten Entscheidung aus, dass die Rechtsänderung bei Einigkeit über den Rechtsübergang bei
unbeweglichen Gegenständen mit der Eintragung im Grundbuch eintritt (§ 873 Abs. 1 BGB). Der Rechtssatz,
wonach die Verfügungsmacht des Verfügenden noch zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs vorliegen muss,
treffe in diesen Fällen zu und werde von der Ausnahmeregelung des § 878 BGB bestätigt. Aus der
genannten Entscheidung wird zugleich deutlich, dass die Verfügungsbefugnis bereits im Zeitpunkt der
Einigung vorliegen muss (ganz h. M., z. B. BGH BeckRS 1998, 30036256 m. w. N.; Grüneberg/Weidlich §
2202 Rn. 1; Beck OK BGB/Lange § 2202 Rn. 13).

Der im DNotI-Report 2020, 153 ff. vertretenen Auffassung, es genüge, wenn der im Zeitpunkt der Erklärung
der Auflassung nicht Verfügungsbefugte die Verfügungsmacht bis zum Zeitpunkt der Eintragung im
Grundbuch erlangt, dann liege eine Verfügung des Berechtigten vor mit der Folge, dass keine Genehmigung
erforderlich sei, kann nicht beigepflichtet werden.

Das DNotI stützt seine Argumentation auf eine vermeintlich gefestigte Rechtsprechung des BGH und zitiert
das Urteil vom 22.5.1957 – IV ZR 4/57 wie folgt:

„In vielen Fällen reicht aber für die Verfügung und ebenso für das Verpflichtungsgeschäft die Abgabe einer
bloßen Willenserklärung nicht aus. Um die gewollte Rechtswirkung herbeizuführen, verlangt das Gesetz
zusätzlich vielmehr entweder die Vornahme eines Realaktes (z. B. die Übergabe der Sache bei der
Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache) oder die Mitwirkung einer Behörde (wie die
Eintragung bei der Verfügung über ein Recht an einem Grundstück nach den §§ 873 und 925 BGB). In
derartigen Fällen gehört dieser Sachverhalt aber ebenfalls zum Tatbestand der Verfügung […]. Wenn § 185
BGB von Verfügungen eines Nichtberechtigten spricht, so hat er die Verfügung ihrem vollen Tatbestand nach
im Auge und nicht nur die zum Verfügungstatbestand gehörende Willenserklärung des Verfügenden. Für die
Frage der Berechtigung zur Verfügung kann es grundsätzlich nur auf den Zeitpunkt ankommen, in dem sich
der Verfügungstatbestand vollendet, wie sich aus § 878 BGB entnehmen lässt.“

In der genannten Entscheidung hat der BGH – vom DNotI nicht mehr zitiert – allerdings weiter ausgeführt:

„Ein Nichtberechtigter hat verfügt, wenn der Verfügende zwar zur Zeit der Auflassung noch Berechtigter war,
das Recht aber aus irgendeinem Rechtsgrunde vor der Eintragung der Auflassung verloren hat. In diesem
Falle kann die Verfügung nur dann die beabsichtigte Rechtsfolge herbeiführen, wenn der nunmehr
Berechtigte dem Geschäft nach § 185 zustimmt oder der Nichtberechtigte das Recht, das er eingebüßt hat,
wieder erwirbt (§ 185 Abs. 2 BGB). § 185 BGB findet nicht nur Anwendung, wenn dem Verfügenden die
Verfügungsberechtigung von vornherein fehlt, sondern auch dann, wenn er sie verliert, bevor sich der
Verfügungstatbestand vollendet hat.“

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.5.1957 stützt also gerade nicht die Auffassung des DNotI. Es
behandelt nicht die vorliegende, sondern die umgekehrte Konstellation, in der der Verfügende die
Verfügungsbefugnis gewinnt, nicht verliert.

Da dem Testamentsvollstrecker vor Annahme seines Amtes die Verfügungsbefugnis über einen
Nachlassgegenstand fehlt, ist die erklärte Auflassung unwirksam und kann nur bei Vorliegen der
Voraussetzungen des § 185 BGB zur Wirksamkeit gelangen. Alleine dadurch, dass der
Testamentsvollstrecker sein Amt vor der Vollendung des mehraktigen Erwerbstatbestands annimmt und
dadurch Verfügungsbefugnis erlangt, wird die vorher erklärte Auflassung nicht wirksam (so auch OLG
Nürnberg ZEV 2017, 98).

bb) Ein Fall des § 185 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach die Verfügung durch nachträgliche Genehmigung oder
Konvaleszenz wirksam wird, liegt nicht vor.

aaa) Zwar hat der Urkundsnotar erst mit Schreiben vom 10.03.2022 – also nach Annahme des
Testamentsvollstreckeramtes – gemäß § 15 GBO den Vollzug der Auflassung gemäß Ziffer 3 der Urkunde
vom 07.02.2022 beantragt.

Zum Zeitpunkt der Abgabe der in Bezug genommenen Erklärungen Antrag und Bewilligung war die
Erklärende allerdings mangels Annahme des Testamentsvollstreckeramtes noch nicht verfügungsbefugt,
damit fehlt es auch an der Antrags- und Bewilligungsbefugnis.

Ebensowenig konnte die Nichtberechtigte den Notar am 07.02.2022 zum Vollzug ermächtigen.

Die gesetzliche Vermutung des § 15 Abs. 2 GBO ist im Übrigen durch die Urkunde selbst – nämlich der sich
aus ihr ergebenden Nichtberechtigung – widerlegt (vgl. Demharter § 15 Rn. 3). bbb) Eine grundsätzlich
mögliche nachträgliche Genehmigung nach § 185 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB liegt ebenso nicht vor.
Zwar enthält die Urkunde vom 07.02.2022 neben der nachlassrechtlichen Annahmeerklärung einen
grundbuchrechtlichen Erklärungswillen, im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung war die Erklärende allerdings
nicht verfügungsbefugt.

Eine nachträglich nach Annahme des Testamentsvollstreckeramtes erklärte Genehmigung, die im Übrigen
der Form des § 29 GBO (OLG München, Beschluss vom 08.09.2005 – 32 Wx 58/05, ZEV 2006, 173, 174;
BeckOK GBO/Otto, Stand 01.08.2023, § 29 Rn. 71) bedürfte, ist ebenso wenig gegeben.

ccc) Es liegt auch kein Fall der Konvaleszenz nach § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB vor, und zwar weder
unmittelbar, weil der Testamentsvollstrecker den Gegenstand, über den er verfügt hat, nicht durch die
Erlangung des Amtes „erwirbt“, noch analog, weil es mangels Regelungslücke an den Voraussetzungen für
eine Analogie fehlt. Schließlich kann der Verfügende nach Erlangung der Verfügungsbefugnis genehmigen.
Eine analoge Anwendung des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB kommt auch deshalb nicht in Betracht, da gemäß
ausdrücklicher Regelung in § 2202 Abs. 1 BGB das Amt des Testamentsvollstreckers erst mit der Annahme
beginnt und der der Konvaleszenz zugrundeliegende Gedanke der Treuwidrigkeit hier nicht greift, weil
Konvaleszenz nicht zu Lasten eines fremden Vermögens gehen soll (BGH ZIP 1999, 447 m. w. N.).
Es mag sein, dass der 32. Senat des Oberlandesgerichts München in seinem Beschluss vom 08.09.2005,
Az. 32 Wx 58/05, eine Konvaleszenz bejaht hat. Der 34. Senat, der nach der Geschäftsverteilung des
Oberlandesgerichts nunmehr allein zuständig ist für Grundbuchsachen, hält diese Auffassung allerdings nicht
für zutreffend.

b) Die Grundbuchunrichtigkeit ist glaubhaft gemacht.

Die Eintragung der Beteiligten zu 2) als Alleineigentümerin führte zur Unrichtigkeit des Grundbuchs, weil es
damit die materielle Rechtslage nicht mehr zutreffend wiedergibt.

Materiellrechtlich sind Eigentümer aufgrund Erbfalls die Erben nach dem am 05.11.2021 verstorbenen
eingetragenen Alleineigentümer, § 1922 BGB.

III.
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die grundsätzliche Haftung der Beteiligten zu 1) für die
gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus § 22 Abs. 1 GNotKG aufgrund des Erfolgs des
Rechtsmittels gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG erloschen ist. Daher bedarf es auch keiner
Geschäftswertfestsetzung.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO liegen nicht
vor. Soweit der erkennende Senat mit dieser Entscheidung von der oben genannten Entscheidung des 32.
Senats abweicht, bedarf es der Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht, weil infolge einer Änderung der
Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts der erkennende Senat jetzt für Grundbuchsachen allein
zuständig ist und der 32. Senat mit derartigen Streitigkeiten nicht mehr befasst ist (vgl. BGH NJW 1961, 662,
664; BGH NJW 1958, 1133).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

27.11.2023

Aktenzeichen:

34 Wx 203/23 e

Rechtsgebiete:

Erbvertrag
Testamentsvollstreckung
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Gesetzliche Erbfolge
In-sich-Geschäft
Kostenrecht

Normen in Titel:

BGB §§ 185, 2202