BGH 25. September 2024
XII ZB 244/22
EGBGB Art. 11, 13 Abs. 4; BGB §§ 1310, 1311

Ort der Eheschließung; auf die Eheschließung anwendbares Recht; Ort der Abgabe der Eheschließungserklärungen der Verlobten; Unwirksamkeit einer per Videokonferenz abgegebenen Eheschließungserklärung

letzte Aktualisierung: 29.11.2024
BGH, Beschl. v. 25.9.2024 – XII ZB 244/22

EGBGB Art. 11, 13 Abs. 4; BGB §§ 1310, 1311
Ort der Eheschließung; auf die Eheschließung anwendbares Recht; Ort der Abgabe der
Eheschließungserklärungen der Verlobten; Unwirksamkeit einer per Videokonferenz
abgegebenen Eheschließungserklärung

Geben Verlobte die Eheschließungserklärungen in Deutschland ab, handelt es sich um eine
Eheschließung im Inland und kann die Ehe daher nur in der hier vorgeschriebenen Form
geschlossen werden. Eine Eheschließung durch von Deutschland aus per Videotelefonie vor
einem Trauungsorgan im Ausland (hier: Behörde in Utah/USA) abgegebene Erklärungen ist
unwirksam (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 29. September 2021 – XII ZB 309/21 – FamRZ
2022, 93).

Gründe:

I.
Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige und haben ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland. Sie schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie
die Ehe vor einer Behörde in Utah (Vereinigte Staaten von Amerika). Während
der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und
gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton
gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische
Eheurkunde mit Apostille. Nachdem die Eheschließung auf ihre Vorsprache
von der zuständigen Meldebehörde nicht als wirksam angesehen wurde, haben
die Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung beim zuständigen Standesamt
angemeldet.
Das Standesamt hat eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht eingereicht
mit der Frage, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe.
Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, die Anmeldung
zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller
die Ehe in Utah geschlossen haben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde
des Beteiligten zu 4 (Standesamtsaufsicht) zurückgewiesen. Dagegen
richtet sich dessen zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die statthafte und für den Rechtsbeschwerdeführer als Aufsichtsbehörde
in einer Personenstandssache auch ohne Sachantrag zulässige Rechtsbeschwerde
(vgl. Senatsbeschluss BGHZ 237, 315 = FamRZ 2023, 1618 Rn. 7
mwN) ist unbegründet.

1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung in
FamRZ 2022, 1463 veröffentlicht ist, ist die von den Antragstellern vor der Behörde
in Utah geschlossene Ehe in Deutschland nicht wirksam. Auf die Form der
Eheschließung sei deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe könne gemäß
Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB im Inland nur in der in Deutschland vorgeschriebenen
Form geschlossen werden. Um eine (auch) im Inland geschlossene Ehe handele
es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung
der Ehe in Deutschland abgäben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen
das Zustandekommen der Ehe feststelle, sich in einem anderen Staat
befinde. Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe sei für die Eheschließung
derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe
der Erklärungen stattfinde. Sinn und Zweck der einseitigen Kollisionsvorschrift
des Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB erforderten eine solche Auslegung, damit die
in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung nicht mithilfe einer Videotelefonie
unterlaufen werden könne. Diese Spezialregelung gehe der allgemeineren
Kollisionsvorschrift des Art. 11 EGBGB vor. Davon unterscheide sich
die Eheschließung durch im Ausland handelnde Stellvertreter, bei der alle unmittelbar
für die Eheschließung erforderlichen Rechtshandlungen im Ausland vorgenommen
würden. Die beiden Antragsteller hätten ihre Erklärungen auf Eingehung
der Ehe persönlich in Deutschland abgegeben, sodass es sich um eine
Heirat im Inland iSv Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB handele. Nach dem somit anzuwendenden
deutschen Sachrecht sei eine formgültige Ehe wegen Verstoßes
gegen §§ 1310 Abs. 1 Satz 1, 1311 Satz 1 BGB nicht zustande gekommen.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die vom Amtsgericht erteilte
Anweisung an das Standesamt ist aufgrund § 49 PStG zu Recht ergangen.

a) Die Zulässigkeit der im Januar 2022 nicht in der nach § 14 b FamFG
vorgeschriebenen Form eingelegten Erstbeschwerde und eine hier etwa in Betracht
kommende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand können offenbleiben,
wenn zwischen der Verwerfung als unzulässig und der Zurückweisung als unbegründet
weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch hinsichtlich der Anfechtbarkeit
der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede bestehen oder das Rechtsbeschwerdegericht
formell rechtskräftig auf die Unbegründetheit der Erstbeschwerde
erkennen kann, ohne dass schutzwürdige Interessen der Beteiligten
entgegenstehen (vgl. BGH Urteil vom 7. November 2022 VIa
ZR 737/21 MDR
2023, 51 Rn. 15 mwN). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben.

b) Ob die Antragsteller vom Standesamt bereits wegen rechtlicher Zweifelhaftigkeit
der früheren Eheschließung zur Eheschließung zugelassen werden
mussten (vgl. KG FamRZ 2022, 1017, 1018 mwN; Wall StAZ 2022, 202, 203;
MünchKommBGB/Wellenhofer 9. Aufl. § 1306 Rn. 11 mwN), kann vorliegend offenbleiben.
Denn der Grund für die bestehenden Zweifel, deren Beseitigung das
Verfahren nach § 49 PStG dienen soll, liegt gerade im Fehlen höchstrichterlicher
Rechtsprechung zur Wirksamkeit der sogenannten Online-Eheschließung. Das
vom Gesetz vorgesehene Verfahren ist damit nach seinem Sinn und Zweck jedenfalls
in der Rechtsbeschwerdeinstanz durchzuführen, wenn dadurch die zugrundeliegende
Zweifelsfrage geklärt wird. Das wird dadurch verdeutlicht, dass
den Antragstellern im vorliegenden Verfahren ungeachtet ihrer Anmeldung der
Eheschließung ersichtlich vorrangig an der gegebenenfalls
inzident zu erfolgenden
Anerkennung
der Online-Eheschließung gelegen ist. Denn eine Klärung
des eherechtlichen Status im Personenstandsverfahren wäre ihnen mangels eines
hierfür gesetzlich vorgesehenen Anerkennungsverfahrens versperrt, wenn
für sie faktisch allein die Möglichkeit der erneuten Eheschließung bestünde. Da
eine solche zudem nur ex nunc wirken würde, träten die Ehewirkungen erst mit
zeitlichem Abstand zu der vorangegangenen Eheschließung ein und verbliebe
für die Zwischenzeit eine Rechtsunsicherheit.
Dass die Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung selbst angemeldet
haben, steht dem nicht entgegen, weil dieses Vorgehen für sie die einzige Möglichkeit
darstellt, die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der vorangegangenen
Online-Eheschließung im Personenstandsverfahren herbeizuführen. Auf einen
Feststellungsantrag nach § 121 Nr. 3 FamFG können sie zu diesem Zweck
schließlich schon deshalb nicht verwiesen werden, weil ein solches Verfahren
nur zwischen den beteiligten (Schein-)Ehegatten und insbesondere ohne Beteiligung
einer (Personenstands-)Behörde geführt werden müsste und im Unterschied
zum Verfahren nach dem bis zum 30. Juni 1998 geltenden § 638 Satz 2
ZPO eine Feststellung für und gegen alle nicht vorgesehen ist (vgl. OLG Nürnberg
FamRZ 2023, 1459, 1461; Prütting/Helms/Helms FamFG 6. Aufl. § 121
Rn. 11 mwN).

c) Die per Videotelefonie von Deutschland aus erfolgte Eheschließung der
Antragsteller vor einer Stelle in Utah ist im Inland unwirksam.
Gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB kann eine wie
hier vorliegend verschiedengeschlechtliche
Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form
geschlossen werden. Nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB müssen die Erklärungen
der Eheschließenden vor dem Standesbeamten abgegeben werden. Die Eheschließenden
müssen die Erklärungen gemäß § 1311 Satz 1 BGB persönlich und
bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben. Das ist vorliegend nicht geschehen.

aa) Ob es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um eine Eheschließung
im Inland handelt, ist umstritten.
Zum Teil wird vertreten, im Fall einer nach dem jeweiligen Auslandsrecht
für die Wirksamkeit der Eheschließung erforderlichen („konstitutiven“) Registrierung
durch die ausländische Stelle liege der Ort der Eheschließung im Ausland
und finde Art. 11 EGBGB Anwendung (Staudinger/Mankowski BGB [2011]
Art. 13 EGBGB Rn. 479; MünchKommBGB/Coester 9. Aufl. Art. 13 EGBGB
Rn. 141; BeckOGK/Rentsch [Stand: 1. Juni 2024] EGBGB Art. 13 Rn. 241;
Gössl/Pflaum StAZ 2022, 97, 98 ff.; Hepting/Dutta Familie und Personenstand
4. Aufl. Rn. III-409; Erbarth StAZ 2022, 289, 291 ff.; Franck JZ 2023, 21, 29;
Beiderwieden jurisPR-IWR 2/2022 Anm. 4; ebenso bereits LG Frankenthal
FamRZ 1975, 698 für die formlose Eheschließung von Koreanern in Deutschland
mit anschließender Registrierung in Korea; vgl. auch VG Berlin StAZ 2024, 87,
88 für eine Konsensehe nach islamischem Recht, wenn nur ein Verlobter die
Eheschließungserklärung von Deutschland aus abgegeben hat).

Der überwiegende Teil der bislang veröffentlichten instanzgerichtlichen
Rechtsprechung und ein Teil der Literatur sind dagegen mit dem Beschwerdegericht
der Meinung, dass auf die Abgabe der Erklärungen durch die Eheschließenden
abzustellen ist. Sei diese im Inland erfolgt, handele es sich um eine Eheschließung
im Inland (VG Augsburg BeckRS 2022, 15351 [dazu VGH München
StAZ 2022, 306]; VG Karlsruhe Beschluss vom 28. September 2023 1
K
3074/23 juris
Rn. 10 ff.; VG Düsseldorf Urteil vom 5. Juli 2024 7
K 2728/22 juris;
im Ergebnis auch VG Düsseldorf FamRZ 2022, 681; NK-BGB/Andrae
4. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 100; BeckOK BGB/Mörsdorf [Stand: 1. November
2023] Art. 13 EGBGB Rn. 64; Wall StAZ 2022, 33, 38 und StAZ 2022, 202, 204 f.;
Mayer IPRax 2022, 593, 597; Gmehling Der Ort der Eheschließung im deutschen
Kollisionsrecht [2024] S. 66 ff.; vgl. bereits Beitzke StAZ 1964, 25).

bb) Die letztgenannte Auffassung trifft zu.

(1) Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 4 EGBGB ist lex specialis zu Art. 11
EGBGB und ihrer Rechtsnatur nach eine einseitige Kollisionsnorm (vgl. Staudinger/
Looschelders BGB [2024] Einl zum IPR Rn. 1033 f.), die als besondere Bestimmung
zur Form der Eheschließung im Inland nach deutschem Recht auszulegen
ist (vgl. Wall StAZ 2022, 33, 37; Mayer IPRax 2022, 593, 596). Fragen der
Mitwirkung eines Trauungsorgans bei der Eheschließung sind dabei wie die Modalitäten
der Eheschließungserklärungen nach einhelliger Ansicht als Formfragen
anzusehen (MünchKommBGB/Coester 9. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 132 f.;
Franck JZ 2023, 21, 26; vgl. BGHZ 29, 137 = FamRZ 1959, 143, 144 f.; Senatsbeschluss
vom 29. September 2021 XII
ZB 309/21 FamRZ
2022, 93 Rn. 12).
Im Ausgangspunkt findet die Eheschließung dort statt, wo die für ihre Wirksamkeit
erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen werden. Für die Ehe-
schließung ist nach dem maßgeblichen deutschen Rechtsverständnis materiellrechtlich
der Konsens der Eheschließenden tragend (vgl. Hepting/Dutta Familie
und Personenstand 4. Aufl. Rn. III-153 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht
7. Aufl. § 12 Rn. 1), sodass auf die Abgabe der Eheschließungserklärungen
abzustellen ist. Es genügt, dass eine Erklärung in Deutschland abgegeben
wurde, weil damit ein wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht
wurde. Dem steht ein abweichender Ort des Zugangs der Eheschließungserklärungen
oder der ausländische Sitz des Trauungsorgans, an das die Erklärungen
übermittelt werden, nicht entgegen. Die Mitwirkung des Standesbeamten (vgl.
§ 1310 BGB) und die Notwendigkeit höchstpersönlicher Erklärungen (vgl. § 1311
BGB) stellen Elemente der Form dar, die für den Ort der Eheschließung nicht
ausschlaggebend sind. Die Anwendbarkeit von Formvorschriften ergibt sich nach
der gesetzlichen Konzeption erst aus dem vorrangig zu bestimmenden Ort der
Eheschließung.

(2) Dass die Registrierung nach dem in Betracht kommenden Auslandsrecht
„konstitutive“ Wirkungen hat, ändert daran nichts. Dem Abstellen auf das
Auslandsrecht liegt vielmehr ein Zirkelschluss zugrunde, der das zu Begründende,
nämlich die Anwendbarkeit des ausländischen Formstatuts, in unzulässiger
Weise voraussetzt (zutreffend Wall StAZ 2022, 202, 204 f.; NK-BGB/Andrae
4. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 100; Mayer IPRax 2022, 593, 596; Gmehling Der Ort
der Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024] S. 57 f.; aA Gössl/Pflaum
StAZ 2022, 97, 101; Coester-Waltjen/Coester Liber Amicorum Bea Verschraegen
[2023] S. 1, 7).
Im Übrigen kennt auch das deutsche Recht (vorbehaltlich der Heilungsmöglichkeiten
nach § 1310 Abs. 3 BGB) mit §§ 1310 Abs. 1, 1311 Abs. 1 BGB
Formerfordernisse, die für die Wirksamkeit der Eheschließung erfüllt sein müs-
sen. Es dürfte daher ohnedies schon keine entscheidende Besonderheit darstellen,
wenn das jeweilige Auslandsrecht die Registrierung im Unterschied zum
deutschen Recht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Eheschließung vorsieht.
Dass auch eine „konstitutive“ Registrierung die Eheschließungserklärungen nicht
zu ersetzen vermag, wird dadurch bestätigt, dass eine im Ausland etwa ohne
entsprechenden Konsens der Verlobten vorgenommene Eheschließung bei
vorliegend
aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Antragsteller
in Deutschland bestehendem Inlandsbezug
mit dem ordre public nach
Art. 6 Satz 2 iVm Art. 6 Satz 1 EGBGB unvereinbar wäre (vgl. Kaiser FamRZ
2013, 77, 81 mwN). Soweit der Senat einen ordre-public-Verstoß bei sogenannten
Handschuhehen grundsätzlich verneint hat (Senatsbeschluss vom 29. September
2021 XII
ZB 309/21 FamRZ
2022, 93 Rn. 30 f. mwN), bezieht sich dies
auf den Fall der Stellvertretung in der Erklärung. Diese setzt indessen die Übereinstimmung
der Vertretererklärung mit dem Willen der Verlobten, also auch deren
materiellen Ehekonsens voraus und betrifft mithin allein die Formfrage.

(3) Es besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen der Behandlung
von Online-Eheschließung und Handschuhehe. In Anbetracht der vom Gesetzgeber
in Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bewusst getroffenen Regelung, von der
Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB nur eine hier nicht gegebene Ausnahme vorsieht,
ist ein Absehen von der zwingend vorgeschriebenen Inlandsform nicht möglich.
Im Unterschied zur Handschuhehe werden bei der Online-Eheschließung die Erklärungen
von den Eheschließenden persönlich an deren jeweiligem Aufenthaltsort
abgegeben und nicht durch Vertreter am Ort der Trauungsperson oder registrierenden
Behörde. Das entspricht nicht zuletzt auch der Art. 11 EGBGB zugrundeliegenden
Systematik, wie insbesondere aus Art. 11 Abs. 3 BGB deutlich wird
(vgl. Staudinger/Schäuble BGB Art. 11 EGBGB Rn. 217). Das Ergebnis wird
schließlich durch die Regelung in Art. 17 b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 EGBGB
bestätigt, die die Begründung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Unterschied zu
Art. 13 Abs. 4 EGBGB dem Recht des Register führenden Staates unterstellt und
damit dessen Formvorschriften auch bei der Eheschließung zur Anwendung beruft
(vgl. BT-Drucks. 14/3751 S. 60; BR-Drucks. 432/18 S. 26; Gmehling Der Ort
der Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024] S. 34 f.). Zumal Ort der
Registrierung und der Registerführung in der Regel übereinstimmen werden,
wäre eine solche Regelung nicht erforderlich gewesen, wenn der Ort der Registrierung
zugleich Ort der Eheschließung wäre.

(4) Selbst wenn hinsichtlich der Formzwecke möglicherweise kein wesentlicher
Unterschied zwischen Online-Eheschließung und (doppelter) Handschuhehe
bestehen sollte, berechtigte dies nicht dazu, von der durch Art. 13 Abs. 4
Satz 1 EGBGB zwingend angeordneten Inlandsform abzusehen. Diese ist vom
Gesetzgeber allein an die Eheschließung im Inland geknüpft und von weiteren
Voraussetzungen nicht abhängig gemacht worden. Wegen der ausdrücklichen
gesetzlichen Anordnung kann die Inlandsform (entgegen Erbarth StAZ 2022,
289, 292; Franck JZ 2022, 21, 29) selbst durch eine ihr funktional etwa gleichwertige
Auslandsform somit nicht ersetzt werden. Im Übrigen wird ein ausländisches
Trauungsorgan regelmäßig keine Veranlassung haben, bei Beteiligung eines
deutschen Verlobten (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 237, 157 = FamRZ 2023,
1615 Rn. 29) etwaige nach deutschem Recht in Betracht kommende Ehehindernisse
(zB Eingehung einer Scheinehe nach §§ 1310 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 1314
Abs. 2 Nr. 5 BGB) zu prüfen, die im Inland gegebenenfalls zur Ablehnung der
Mitwirkung durch den Standesbeamten führen.
Eine zum Teil befürwortete (Mayer IPRax 2022, 593, 597 mwN) Änderung
der bewusst normierten gesetzlichen Formerfordernisse liegt in der alleinigen Zuständigkeit
des Gesetzgebers.

cc) Die Missachtung der von Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vorgeschriebenen
Inlandsform hat zur Folge, dass die Ehe nicht geschlossen ist (Staudinger/
Mankowski BGB [2011] Art. 13 EGBGB Rn. 497), sodass die Online-Eheschließung
im vorliegenden Fall unwirksam ist und daher der angemeldeten Eheschließung
nicht entgegensteht.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

25.09.2024

Aktenzeichen:

XII ZB 244/22

Rechtsgebiete:

Ehevertrag und Eherecht allgemein
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

EGBGB Art. 11, 13 Abs. 4; BGB §§ 1310, 1311