Haftung für öffentliche Äußerungen im Vorfeld eines Grundstückskaufvertrags; allgemeiner Haftungsausschluss
letzte Aktualisierung: 21.6.2019
BGH, Urt. v. 25.1.2019 – V ZR 38/18
BGB §§ 434 Abs. 1 S. 1 u. 3, 444
Haftung für öffentliche Äußerungen im Vorfeld eines Grundstückskaufvertrags; allgemeiner
Haftungsausschluss
a) Öffentliche Äußerungen vor Vertragsschluss bestimmen die Eigenschaft einer Sache, die der
Käufer erwarten kann, nicht, wenn und soweit die Vertragsparteien eine abweichende
Beschaffenheit des Kaufobjekts vereinbart haben.
b) Regeln die Kaufvertragsparteien, dass eine bestimmte Eigenschaft des Kaufobjekts nicht zur
vereinbarten Beschaffenheit gehört, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von
§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.
c) Ein allgemeiner Haftungsausschluss erfasst auch die nach den öffentlichen Äußerungen des
Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks
(Bestätigung u. a. von Senat, Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 23/15,
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin und der Drittwiderbeklagte
könnten von der Beklagten zu 1 die Rückzahlung des Kaufpreises nach § 434,
§ 437 Nr. 2, § 323, § 346 Abs. 1 BGB verlangen. Auf Grund der Angaben in
dem Exposé hätten sie nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erwarten können, dass
eine Baugenehmigung für die Errichtung von Pferdeboxen bestehe bzw. eine
solche Bebauung jedenfalls genehmigungsfähig sei. Beides sei nicht der Fall,
weswegen das Grundstück mangelhaft sei. Der Annahme eines Mangels stehe
nicht die Regelung in dem Kaufvertrag entgegen, wonach die Zulässigkeit einer
weiteren Bebauung nicht zu der vereinbarten Beschaffenheit des Grundstücks
gehöre. Letztere beziehe sich nämlich nur auf einen möglichen Umbau bzw.
eine mögliche Erweiterung des Wohnhauses und nicht auf die Bebaubarkeit
des Grundstücks mit Pferdeboxen. Die Angabe in dem Exposé sei weder durch
die Übergabe von Kopien aus der Bauakte noch durch eine Aufklärung im
Rahmen der Grundstücksbesichtigungen berichtigt worden. Auf den vereinbarten
Haftungsausschluss könne sich die Beklagte zu 1 nach
berufen, da sie den Mangel arglistig verschwiegen habe.
Der Beklagte zu 3 hafte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Er
habe die Klägerin und den Drittwiderbeklagten durch seine Angaben in dem
Exposé vorsätzlich getäuscht, um diese zu dem Abschluss des Kaufvertrages
zu veranlassen. Der Vermögensschaden der Klägerin und des Drittwiderbeklagten
bestehe darin, dass diese das Grundstück nicht vollumfänglich für den vertraglich
vorausgesetzten Zweck verwenden könnten.
II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Verhältnis zu der Beklagten
zu 1 stand. Die Revision des Beklagten zu 3 hat hingegen Erfolg.
Revision der Beklagten zu 1
1. Rechtsfehlerfrei bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin
und des Drittwiderbeklagten gegen die Beklagte zu 1 aus § 434 Abs. 1
Satz 3, § 437 Nr. 2, § 323, § 346 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises
Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an dem erworbenen
Grundstück.
a) Das Kaufobjekt weist einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1
Satz 3 BGB auf, weil, abweichend von den Angaben in dem Verkaufsexposé,
keine Baugenehmigung für die Errichtung von bis zu drei Pferdeboxen auf dem
hinteren Grundstücksteil erteilt war und eine solche Bebauung öffentlichrechtlich
auch nicht genehmigungsfähig ist.
aa) Nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB gehören zur Sollbeschaffenheit der
Kaufsache die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen
des Verkäufers erwarten darf; hierzu zählen auch Angaben in einem Exposé
(vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16,
Urteil vom 19. Januar 2018 - V ZR 256/16,
vom 22. April 2016 - V ZR 23/15,
16. März 2012 - V ZR 18/11,
Errichtung von zwei bis drei Pferdeboxen auf dem hinteren Grundstücksteil gehörte
danach zu der von der Beklagten zu 1 geschuldeten Beschaffenheit. Die
Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin und der Drittwiderbeklagte hätten
aus objektivierter Sicht erwarten können, dass die Pferdeboxen nach öffentlichrechtlichen
Vorschriften und damit auch baurechtlich zulässig sind, ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden.
bb) Die Annahme eines Sachmangels wegen des Fehlens einer Eigenschaft
der Kaufsache, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB
erwarten kann, setzt, anders als die Revision meint, nicht voraus, dass diese
Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag Erwähnung findet. Das hat der Senat
in jüngerer Zeit wiederholt ausgesprochen (vgl. Senat, Urteil vom 6. November
2015 - V ZR 78/14,
- V ZR 23/15,
- V ZR 256/16,
- V ZR 274/16,
Entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht (BeckOK
BGB/Faust [1.11.2018], § 434 Rn. 78; Grigoleit/Herresthal,
Herrler,
650, 654) ist die Vorschrift des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB ohne Einschränkungen
auf Grundstückskaufverträge anwendbar; insbesondere ist sie nicht teleologisch
dahin zu reduzieren, dass die nach der öffentlichen Äußerung zu erwartende
Beschaffenheit im Vertrag einen Niederschlag gefunden haben muss. Das Gesetz
unterscheidet zwischen einer von den Vertragsparteien vereinbarten und
der gesetzlich vorgegebenen Beschaffenheit der Kaufsache. Die Eigenschaften,
die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten
kann, zählen zu der nach dem Gesetz geschuldeten Beschaffenheit, wie sich
daraus ersehen lässt, dass es in § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB heißt, diese Eigenschaften
gehörten „zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2“. Schon nach der
Gesetzessystematik wäre es deshalb fragwürdig, bei beurkundungsbedürftigen
Rechtsgeschäften allein die Vorschrift des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB - für die
Sollbeschaffenheit nach
soweit ersichtlich, von niemandem vertreten - im Wege der teleologischen
Reduktion dahin einzuschränken, dass die öffentliche Äußerung Erwähnung
im Vertrag gefunden haben muss.
Vor diesem Hintergrund überzeugt auch der Einwand nicht, dass es wertungsmäßig
keinen Unterschied machen könne, ob der Verkäufer Angaben zur
Kaufsache in einer öffentlichen Äußerung mache oder, etwa anlässlich der Besichtigung
des Grundstücks, nur gegenüber dem Käufer (so aber BeckOK
BGB/Faust [1.11.2018], § 434 Rn. 78; Grigoleit/Herresthal,
Herrler,
650, 654). Zwar ist in beiden Fällen - anders als bei der Beschaffenheit nach
§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB - zu beurteilen, welche Rechtsfolgen eine Information
des Verkäufers über die Kaufsache nach sich zieht (sofern die Haftung hierfür
nicht wirksam ausgeschlossen wurde). Der Maßstab ist aber ein jeweils anderer.
Eine öffentliche Äußerung des Verkäufers richtet sich an die Öffentlichkeit
und prägt die Erwartung an die Beschaffenheit der Sache. Deshalb steht diese
Eigenschaft den in § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB bezeichneten Eigenschaften
gleich. Wann eine Äußerung des Verkäufers, die nur an den (späteren) Käufer
gerichtet war, zu einer vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1
BGB führt, ist dagegen eine Frage der Auslegung. Hierzu hat der Senat den
Auslegungsgrundsatz entwickelt, dass eine Beschreibung von Eigenschaften
eines Grundstücks durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen
Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung
führt (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2015
- V ZR 78/14,
cc) Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass die öffentliche
Äußerung der Beklagten zu 1 im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht durch
die Übergabe von Kopien aus der Bauakte im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3
Halbsatz 2 BGB in gleichwertiger Weise berichtigt worden war. Unabhängig
davon, was die Berichtigung in gleichwertiger Weise im Einzelnen erfordert (vgl.
dazu BeckOK BGB/Faust [1.11.2018], § 434 Rn. 89; Erman/Grunewald, BGB,
15. Aufl., § 434 Rn. 28; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl., § 434 Rn. 31 und 34;
Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013], § 434 Rn. 111), setzt sie jedenfalls
voraus, dass der Verkäufer klar darauf hinweist, dass eine bestimmte öffentliche
Äußerung unrichtig ist. Nicht ausreichend ist, dass sich - wie hier - aus
übergebenen Unterlagen für den Käufer Zweifel an der Richtigkeit der öffentlichen
Angabe des Verkäufers ergeben könnten.
dd) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Haftung der Beklagten zu 1
nach § 434 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht durch die Regelung in Abschnitt V Nr. 1 des
notariellen Kaufvertrags, wonach die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder
bestimmten Verwendung „nicht zur vereinbarten Beschaffenheit des Grundbesitzes
gehört“, ausgeschlossen. Mit ihr haben die Vertragsparteien keine von
den Angaben des Exposés abweichende Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne
des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen.
(1) Allerdings gilt die Vorschrift des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB nur unter
dem Vorbehalt, dass nichts anderes vereinbart ist. Das betrifft sowohl einen
vereinbarten Haftungsausschluss (vgl. Senat, Urteil vom 22. April 2016
- V ZR 23/15,
Öffentliche Äußerungen vor Vertragsschluss bestimmen die Eigenschaft
einer Sache, die der Käufer erwarten kann, nicht, wenn und soweit die Vertragsparteien
eine abweichende Beschaffenheit des Kaufobjekts vereinbart haben.
Das ergibt sich aus der Vorschrift des § 434 BGB innewohnenden abgestuften
Systems (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013], § 434
Rn. 97), wie sie in der Verweisung in § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB auf § 434 Abs. 1
Satz 2 BGB zum Ausdruck gekommen ist („[s]oweit die Beschaffenheit nicht
vereinbart ist“). Haben die Vertragsparteien über die Beschaffenheit der Sache
eine von der öffentlichen Äußerung abweichende Vereinbarung getroffen,
scheidet ein Rückgriff auf die öffentliche Äußerung aus.
(2) Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1
BGB erfordert die Vereinbarung einer bestimmten Eigenschaft, die zu der vertragsgemäßen
Beschaffenheit der Kaufsache gehören soll. Dabei kommt es auf
die Unterscheidung zwischen einer „positiven“ und einer „negativen“ Beschaffenheit
nicht an. Denn es macht keinen Unterschied, ob die Eigenschaft vorhanden
(z.B. „Denkmal“) oder nicht vorhanden sein soll (z.B. „kein Denkmal“);
auch kann eine wertmindernde („negative“) Eigenschaft Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung
sein (vgl. zur Schadstoffbelastung des Grundwassers
als mögliche „negative“ Beschaffenheitsvereinbarung Senat, Urteil vom
30. November 2012 - V ZR 25/12,
ist die Beschaffenheitsvereinbarung allerdings von der auf eine bestimmte Eigenschaft
bezogene Haftungsbeschränkung (vgl. zu Abgrenzungsfragen beim
Verbrauchsgüterkauf BeckOK BGB/Faust [1.11.2018], § 476 Rn. 15 f.;
MüKoBGB/Lorenz, 7. Aufl., § 475 Rn. 10; Staudinger/Matusche-Beckmann,
BGB [2013], § 475 Rn. 59 f.). Regeln die Kaufvertragsparteien, dass eine bestimmte
Eigenschaft des Kaufobjekts nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört,
liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1
Satz 2 BGB. Denn es wird kein bestimmter (ggf. auch mangelhafter) Zustand
der Kaufsache als vertragsgemäß festgelegt; vielmehr ist eine solche Abrede
darauf gerichtet, für eine bestimmte Beschaffenheit nicht einstehen zu wollen.
(3) Gemessen daran handelt es sich bei der Regelung in Abschnitt V
Nr. 1 des notariellen Kaufvertrags, wonach die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung
oder bestimmte Verwendung nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört,
nicht um eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1
Satz 1 BGB. Eine bestimmte Eigenschaft in Bezug auf die Bebauung oder Verwendung
des Grundstücks wird gerade nicht vereinbart. Eine gegenüber den
Angaben im Exposé vorrangige Beschaffenheitsvereinbarung hätte einen bestimmten
Zustand des Grundstücks in Bezug auf die Pferdehaltung zum Gegenstand
haben müssen (z.B. „Pferdeboxen können nicht errichtet werden“).
Daran fehlt es.
Anders als die Revision meint, liegt in der Regelung auch keine Berichtigung
der Angaben im Exposé. Hierfür wäre, wie dargelegt, eine Korrektur der
Angaben erforderlich gewesen. Eine solche enthält Abschnitt V Nr. 1 des Kaufvertrages
nicht; die Regelung bringt nur zum Ausdruck, dass der Verkäufer für
die Möglichkeit einer weiteren Bebauung nicht einstehen will. Damit handelt es
sich um einen - zwar möglichen, aber nur in den Grenzen des
samen - Haftungsausschluss. Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass
die Parteien zugleich einen allgemeinen Haftungsausschluss für Sachmängel
vereinbart haben. Da sich ein allgemeiner Haftungsausschluss im Zweifel nicht
auf eine von den Parteien nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit
erstreckt (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2015 - V ZR 78/14, BGHZ
207, 349 Rn. 9 mwN), ist eine Regelung, wonach eine bestimmte Eigenschaft
nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, jedenfalls als Klarstellung sinnvoll;
das gilt auch dann, wenn sie sich letztlich als redundant erweist.
b) aa) Der vereinbarte allgemeine Haftungsausschluss erfasst - wovon
das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - auch die nach den öffentlichen Äußerungen
des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zu erwartenden
Eigenschaften eines Grundstücks (vgl. Senat, Urteil vom 22. April 2016
- V ZR 23/15,
- V ZR 256/16,
- V ZR 274/16,
27. September 2017 - VIII ZR 271/16,
sich die Beklagte zu 1 jedoch gemäß
Mangel arglistig verschwiegen hat.
bb) Arglistig im Sinne von
Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel
mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend
in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und
bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen
hätte (st. Rspr, vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2017 - V ZR 250/15,
Voraussetzungen erfüllt.
(1) Die Offenbarungspflicht der Beklagten zu 1 ergab sich bereits daraus,
dass die unrichtige Angabe in dem Verkaufsexposé über die Zulässigkeit der
Errichtung von Pferdeboxen eine Fehlvorstellung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten
hervorgerufen hat (vgl. Senat, Urteil vom 22. April 2016
- V ZR 23/15,
auch mindestens für möglich. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
war sie damit einverstanden, dass die Angabe zu einer Errichtung von Pferdeboxen
in das Exposé aufgenommen wurde, obwohl sie wusste, dass hierfür
keine sichere Tatsachengrundlage bestand, nachdem die amtliche Bauakte lediglich
„Indizien“ dafür bot, dass eine Bebauung mit Pferdeboxen bauordnungsrechtlich
zulässig war. Dies erfüllt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen
hat, den Vorwurf einer - Arglist begründenden - Angabe „ins Blaue“
hinein (vgl. Senat, Urteil vom 12. Januar 2001 - V ZR 322/99, BGHReport 2001,
362, 363).
(2) Die Beklagte zu 1 muss sich das Wissen des Beklagten zu 3 davon
zurechnen lassen (§ 166 BGB analog), dass der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten
die Pferdehaltung auf dem Grundstück wichtig war und sie bei Offenbarung
des Mangels den Vertrag deshalb nicht oder nicht mit dem vereinbarten
Inhalt geschlossen hätten. Zwar ist ein Makler in der Regel kein Vertreter des
Verkäufers (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - VII ZR 181/02, WM 2004,
1240, 1241 f.). Ist der Makler aber zugleich Verhandlungsführer oder -gehilfe,
muss der Vertretene sich dessen Wissen zurechnen lassen (vgl. BGH, Urteil
vom 8. Januar 2004 - VII ZR 181/02, aaO; MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl., § 166
Rn 73). So ist es hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der
Beklagte zu 3 von der Beklagten zu 1 bei den Vertragsverhandlungen und Besichtigungsterminen
als Verhandlungsgehilfe eingesetzt worden und hat diese
vertreten.
c) Die weiteren Voraussetzungen für den Rücktritt sind erfüllt. Eine Fristsetzung
zur Nacherfüllung (§ 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB) war entbehrlich, weil
der Beklagten zu 1 Arglist zur Last fällt (vgl. Senat, Urteil vom 8. Dezember
2006 - V ZR 249/05,
d) Als Folge des wirksam erklärten Rücktritts ist gemäß § 346 Abs. 1
BGB die empfangene Leistung zurück zu gewähren, Zug um Zug gegen Rückgabe
der Gegenleistung (
und der Feststellung des Annahmeverzugs sind Rechtsfehler nicht ersichtlich
und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht.
2. Keinen Rechtsfehler lässt auch die Beurteilung des Berufungsgerichts
erkennen, die Klägerin könne die beantragte Feststellung der Haftung der Beklagten
zu 1 hinsichtlich der weitergehenden Schäden aus der Rückabwicklung
des Kaufvertrags verlangen. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse
ergibt sich daraus, dass die Klägerin zu einer abschließenden
Bezifferung des ihr und dem Drittwiderbeklagten entstandenen und künftig
entstehenden Schadens derzeit nicht in der Lage ist (vgl. dazu Senat, Urteil
vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02,
19. April 2016 - VI ZR 506/14,
Revision des Beklagten zu 3
Die Revision des Beklagten zu 3 hat Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
1. Die Revision des Beklagten zu 3 ist zulässig. Das Berufungsgericht
hat die Revision in dem Urteilstenor ausdrücklich auch für den Beklagten zu 3
zugelassen; die vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist damit
gegenstandslos. Zwar hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision mit
den als klärungsbedürftig erachteten Rechtsfragen zur Haftung des Grundstücksverkäufers
für öffentliche Äußerungen über Eigenschaften von Sachen
sowie zum Verhältnis einer durch öffentliche Äußerungen des Verkäufers geweckte
Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB)
zu einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB)
begründet. Es hat aber die als zulassungsrelevant angesehenen Rechtsfragen
ausdrücklich sowohl auf die Beklagte zu 1 als auch auf den Beklagten zu 3 bezogen.
2. Das Rechtsmittel des Beklagten zu 3 hat auch in der Sache Erfolg. Auf
der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein Anspruch
der Klägerin und des Drittwiderbeklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
§ 263 StGB nicht gegeben.
a) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass der
Beklagte zu 3 verpflichtet war, die Klägerin und den Drittwiderbeklagten darüber
zu informieren, dass für eine Baugenehmigung bzw. eine Genehmigungsfähigkeit
der Pferdeboxen lediglich Indizien bestanden. Dass er das unterlassen hat,
stellt eine Täuschung durch Unterlassen zu Lasten der Klägerin und des Drittwiderbeklagten
im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB dar.
b) Auch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts (§ 286
Abs. 1 Satz 1 ZPO), der Beklagte zu 3 habe vorsätzlich gehandelt, hält der revisionsrechtlichen
Kontrolle stand; sie ist nur darauf nachprüfbar ob sich der
Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und
widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und
rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt
(vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 - VI ZR 128/16, NJW 2018,
1751 Rn. 15, mwN). Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor. Nach der Würdigung
des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 3 bedingt vorsätzlich gehandelt,
weil er es zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf genommen hat,
dass Pferdeboxen auf dem Grundstück nicht errichtet werden dürfen und dass
eine Genehmigung tatsächlich nicht erteilt war (zum bedingten Vorsatz vgl.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10,
Rn. 10; Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 255/11,
vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12,
19. Dezember 2017 - VI ZR 128/16,
aufgestellte Behauptung „ins Blaue hinein“, eine Baugenehmigung sei erteilt,
begründet deshalb den Vorwurf des bedingten Vorsatzes (vgl. dazu BGH, Urteil
vom 22. Januar 2015 - III ZR 10/14,
§ 263 Rn. 180; Satzger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 4. Aufl., § 263
Rn. 304).
c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen aber nicht die Annahme,
der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten sei durch den irrtumsbedingten
Abschluss des Kaufvertrags ein Vermögensschaden entstanden; aus diesem
Grund fehlen auch entsprechende Feststellungen zu dem darauf bezogenen
Vorsatz des Beklagten zu 3.
aa) Ein Vermögenschaden im Sinne des Betrugstatbestandes (§ 263
StGB) liegt nicht bereits deshalb vor, weil die Klägerin und der Drittwiderbeklagte
das Grundstück nicht gekauft hätten, wenn sie gewusst hätten, dass entge-
gen der Angabe in dem Exposé die Errichtung von Pferdeboxen unzulässig und
das Grundstück deshalb nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten
Zweck - Pferdehaltung auf dem Grundstück - brauchbar ist. Entscheidend
ist vielmehr, ob das Grundstück wirtschaftlich betrachtet der von der Klägerin
und dem Drittwiderbeklagten erbrachten Gegenleistung entsprach. Zwar
kann als Schaden die gesamte Leistung des Geschädigten anzusehen sein,
wenn die Gegenleistung nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich
vorausgesetzten Zweck brauchbar ist; selbst wenn der Verkehrswert der Gegenleistung
der Leistung des Getäuschten entspricht. Das setzt aber weiter voraus,
dass der Getäuschte sie auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden,
namentlich ohne besondere Schwierigkeiten wieder veräußern kann (vgl.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 - 3 StR 171/17,
bb) Wie es sich hier verhält, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Es hat offengelassen, ob das Grundstück auch ohne Bebaubarkeit mit Pferdeboxen
den vereinbarten Preis wert war. Für das Revisionsverfahren ist deshalb
zu Gunsten des Beklagten zu 3 zu unterstellen, dass der Kaufpreis dem Wert
des Grundstücks entsprochen hat. Feststellungen dazu, ob die Klägerin und der
Drittwiderbeklagte das Grundstück in anderer zumutbarer Weise verwenden,
insbesondere ohne besondere Schwierigkeiten wieder veräußern können, fehlen.
III.
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist gemäß
§ 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten zu 3 entschieden
worden ist. Die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Ent-
scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung
reif ist (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher
tatsächlicher Umstände, die einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlich
begangenem Betrug (§ 263 StGB) gegen den Beklagten zu 3 begründen.
Das Berufungsgericht wird festzustellen haben, ob der Wert des Grundstücks
auch ohne die Pferdeboxen dem vereinbarten Kaufpreis entsprochen
hat. Für den Vermögensvergleich ist dabei auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung
abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 1999 - 1 StR 50/99,
festzustellen sein, ob die Klägerin und der Drittwiderbeklagte das Grundstück in
anderer zumutbarer Weise verwenden, insbesondere ohne besondere Schwierigkeiten
wieder veräußern können.
Für die Verwirklichung des Betrugstatbestands muss der Beklagte zu 3
die Schädigung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten in seinen Vorsatz aufgenommen
haben. Dafür reicht es aus, dass er die schadensbegründenden
Umstände kannte (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2002 - 2 StR 332/02,
Sollte der Beklagten zu 3 danach zum Schadensatz verpflichtet sein, haften
er und die Beklagte zu 1 entgegen der von dem Vertreter des Beklagten zu
3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht als Gesamtschuldner
(§ 421 BGB). Beide Beklagten hätten die ganze Leistung zu be-
wirken, während die Klägerin die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt wäre
(
nach berechtigtem Rücktritt vom Kaufvertrag aus § 437
Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1,
wegen täuschungsbedingten Abschlusses eines Kaufvertrags aus
§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB identisch. Eines einheitlichen Schuldgrundes
bedarf es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2016 - XI ZR 254/15, BGHZ
2011, 189 Rn. 44).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:25.01.2019
Aktenzeichen:V ZR 38/18
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
MittBayNot 2020, 24-28
NJW 2019, 2380-2383
NotBZ 2019, 379-381
BGB §§ 434 Abs. 1 S. 1 u. 3, 444