BayObLG 24. September 1998
2Z BR 52/98
WEG § 15 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1

Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit bei einem Raum, der zu einem Teileigentum gehört

7. WEG § 15 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 (Beschränkung der
Nutzungsmöglichkeit bei einem Raum, der zu einem Teileigentum gehört)
1. Sind die zu einem Teileigentum gehörenden Räume in
der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung
als „nicht zu Wohnzwecken dienende Räume“ bezeichnet, so ist grundsätzlich jede Nutzung der Räume
mitAusnahme der Nutzung zu Wohnzwecken zulässig;
eine weitere Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit
kann sich allerdings aus Lage und Beschaffenheit der
Räume ergeben.
2. Sind die Räume im Aufteilungsplan mit der Aufschrift
„Trockenraum“ versehen, so liegt darin in der Regel
keine weitere Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit; dies gilt schon deshalb, weil es sich bei einem
„Trockenraum“ um eine typische Gemeinschaftseinrichtung handelt.
3. Zur Frage, ob der Eigentümer verpflichtet werden
kann, die sanitären Einrichtungen solcher Räume von
den Zuleitungen abzutrennen.
BayObLG, Beschluß vom 24.9.1998 – 2Z BR 52/98 –, mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
Aus dem Tatbestand:
Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungs- und
Teileigentümer einer Anlage; dem Antragsgegner gehört unter anderem die Einheit Nr. 82, die in der Teilungserklärung und im Grundbuch als „Miteigentumsanteil zu 10,5/1000, verbunden mit dem
Sondereigentum an zwei nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen
im Dachgeschoß ...“ bezeichnet sind. § 6 Nr. 1 der als Inhalt des
Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung
(Gemeinschaftsordnung) bestimmt, daß jeder Wohnungseigentümer
seine Sondereigentumsräume mit der Maßgabe ungehindert nutzen
kann, daß er unter anderem nichts unternimmt, was die Zweckbestimmung beeinträchtigt.
Der Antragsgegner baute die Räume von zusammen rund 50 m2 im
Jahre 1988 gegen den Widerspruch des Verwalters als Wohnung aus;
er ließ eine Heizung, eine Dusche und eine Toilette einbauen. Der
Ausbau und die Nutzung als Wohnung sind bauordnungsrechtlich
genehmigt.
In der Eigentümerversammlung vom 22.3.1988 sprachen sich die
Wohnungseigentümer durch Beschluß mehrheitlich gegen den Ausbau der Keller- und Speicherräume der Anlage aus. Der Verwalter
wurde beauftragt, in Absprache und im Einvernehmen mit dem Verwaltungsbeirat den Anspruch der Gemeinschaft auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gegebenenfalls gerichtlich geltend
zu machen.
Im Juni 1990 haben die Antragsteller beim Amtsgericht beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, die in den Räumen Nr. 82 im
Dachgeschoß befindlichen Einbauten (das Bad) zu beseitigen und es
zu unterlassen, die Räume selbst oder durch Dritte zu Wohnzwecken
zu nutzen. Den ersten Antrag haben sie später auf die Abtrennung von
den Anschlüssen abgeändert. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner
mit Beschluß vom 14.4.1997 antragsgemäß verpflichtet, die in den
Räumen Nr. 82 befindlichen sanitären Anlagen von den Zuleitungen
abzutrennen und die Nutzung der Räume zu Wohnzwecken zu unterlassen. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Der Antragsgegner
hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel hatte
zum Teil Erfolg.
Aus den Gründen:
1. (…)
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Zu Recht hat das Landgericht es in Übereinstimmung mit
dem Amtsgericht dem Antragsgegner untersagt, die Räume
Nr. 82 im Dachgeschoß zu Wohnzwecken zu nutzen oder nutzen zu lassen. Auf die zutreffende Begründung in dem Beschluß des Beschwerdegerichts wird insoweit Bezug genommen. Ergänzend ist im Hinblick auf den Vortrag des Antragsgegners im Rechtsbeschwerdeverfahren noch auszuführen:
(1) Maßgebend für die Zweckbestimmung und die zulässige
Nutzung der Räume sind die ins Grundbuch übernommenen
Angaben der Teilungserklärung, die ebenso wie die Gemeinschaftsordnung nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen
ist; darauf, welche Absichten der Verfasser mit seinen Formulierungen verfolgt hat oder aus welchem Grund die Räume als
„nicht zu Wohnzwecken dienend“ bezeichnet wurden, kommt
es nicht an (vgl. BayObLG WuM 1993, 697/699 m.w.N.).
Die vom Antragsgegner angeführten bauordnungsrechtlichen
Gründe für die Bestimmung zum Teileigentum wären kein
Hindernis gewesen, die Möglichkeit, die Zweckbestimmung
der Räume später zu ändern, bereits in der Teilungserklärung
für alle Rechtsnachfolger verbindlich festzulegen; daß dies
nicht geschehen ist, kann sich nicht zum Nachteil der Antragsteller auswirken. Der Umstand, daß die Räume im Dachgeschoß überwiegend zu Wohnungen und wie die Räume Nr. 82
nur zu einem geringen Teil zu nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen bestimmt wurden, spricht eher gegen die Argumentation desAntragsgegners als dafür. Daß die Versorgungsund Entsorgungsleitungen zu den Räumen schon von Anfang
an gelegt waren, ist gleichfalls nicht von entscheidender Bedeutung für die Frage, welche Nutzung in den Räumen zulässig ist; es vermag die fehlende rechtliche Grundlage für die
Nutzung zu Wohnzwecken nicht zu ersetzen.
(2) Zu Recht gehen die Vorinstanzen auch davon aus, daß die
Nutzung der Räume zu Wohnzwecken mehr stört und beeinträchtigt als die bestimmungsmäßige Nutzung; nach der hier
gebotenen „typisierenden“, das heißt verallgemeinernden Betrachtungsweise (vgl. BayObLG a.a.O. S. 699 f.; BayObLG
NJW-RR 1995, 1103 [= MittBayNot 1995, 202]) kommt es
dabei auf die Größe der Wohnanlage oder des Gebäudes nicht
entscheidend an. Die Grundsätze, die der Senat in der von den
Beteiligten wiederholt zitierten Entscheidung vom 4.10.1982
(BReg. 2Z 35/82 = ZMR 1983, 35 ff.) aufgestellt hat, treffen
jedenfalls überwiegend auch im vorliegenden Fall zu. Konkrete Beeinträchtigungen müssen weder vorgetragen noch
nachgewiesen sein. Daß die bauordnungsrechtliche Genehmigung von Umbau und Wohnnutzung für die Rechte und
Pflichten der Wohnungs- und Teileigentümer untereinander
ohne Bedeutung ist, ergibt sich schon ausArt. 72Abs. 4 BayBO
1994 (früher Art. 74 Abs. 6 BayBO; vgl. auch BayObLG
ZMR 1983, 35 f.; BayObLG NJW-RR 1995, 1103 [= MittBayNot 1995, 202]).
(3) In der Beschränkung der zulässigen Nutzung liegt kein
Verstoß gegen Art. 14 GG. Es handelt sich vielmehr um eine
durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zugelassene Beschränkung
durch rechtsgeschäftliche Erklärung des teilenden Eigentümers, die der Antragsgegner wie eine Vereinbarung der
Wohnungs- und Teileigentümer, an der er selbst beteiligt
wäre, gegen sich gelten lassen muß (§ 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1
Satz 2, § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 1 WEG).
(4) Es ist durchaus folgerichtig, daß der Antragsgegner wegen
der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums wie
ein Wohnungseigentümer behandelt wird, solange er die
Räume tatsächlich als Wohnung nutzt. Lasten und Kosten
richten sich im übrigen gemäß § 16 Abs. 2 WEG (soweit nicht
die Gemeinschaftsordnung abweichende Regelungen trifft)
69MittBayNot 1999 Heft 1


nicht nach der Nutzungsart, sondern weitgehend nach der
Größe der Miteigentumsanteile (vgl. BayObLG NJW-RR
1995, 1103 f. [= MittBayNot 1995, 202]).
(5) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen
den Antragsgegner stellt auch weder einen Verstoß gegen die
Gebote von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch gegen das
Schikane-Verbot (§ 226 BGB) dar. Nach § 226 BGB ist die
Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie nur den Zweck
haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen; dies setzt
voraus, daß nach den gesamten Umständen ein anderer
Zweck als die Schadenszufügung ausgeschlossen ist (vgl.
Palandt/Heinrichs BGB 57. Aufl. § 226 Rdnr. 3 m.w.N.). Dies
scheidet hier schon deshalb aus, weil die Nutzung der Räume
des Antragsgegners als Wohnung jedenfalls für die Nutzung
der darunterliegenden Wohnungen Nachteile mit sich bringen, die Unterlassung dieser Nutzung sich für diese Wohnungen vorteilhaft auswirken kann.
In dem Vorgehen gegen den Antragsgegner liegt auch kein
Verstoß gegen § 242 BGB. Der auch im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer geltende Grundsatz von
Treu und Glauben verbietet es nicht, gegen die unzulässige
Nutzung durch einzelne Eigentümer vorzugehen und die
durch andere (vorläufig) zu dulden (vgl. BayObLG WE 1993,
22; 1993, 286 f.; 1995, 377/378). Ein Verstoß gegen Treu und
Glauben läge allenfalls dann vor, wenn die Eigentümer die
zweckbestimmungswidrige Nutzung von Räumen durch einzelne Eigentümer genehmigten, sie dem Antragsgegner aber
unter sonst gleichen Voraussetzungen verweigerten. Dies ist
hier aber nicht geschehen. Die Zustimmung des Verwalters
zur Veräußerung von Teileigentum, das zu Wohnzwecken genutzt wird, hat ihre Grundlage in § 12 WEG und stellt keine
Billigung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung dar (vgl.
BayObLG NJW-RR 1990, 657). Im übrigen bleibt es dem Antragsgegner unbenommen, gegen andere Eigentümer, die ihre
Räume seiner Ansicht nach in unzulässiger Weise nutzen,
gemäß § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB vorzugehen;
diese Ansprüche sind Individualansprüche, die ein Wohnungsoder Teileigentümer auch allein geltend machen kann (vgl.
BayObLG WuM 1995, 674; BayObLG MittBayNot 1997, 369).
den den beiden zitierten Entscheidungen zugrundeliegenden
Sachverhalten in einem wesentlichen Punkt. Dort war die
Nutzung als Speicher- oder Kellerraum nach vereinbarter
Zweckbestimmung oder Beschaffenheit der Räume verbindlich festgelegt. Eine zulässige Nutzung, die sanitäre Einrichtungen erforderlich gemacht hätte, schied damit von vornherein aus. Hier sind die Räume Nr. 82 des Antragsgegners in der
maßgebenden Teilungserklärung als „nicht zu Wohnzwecken
dienende Räume im Dachgeschoß“ bezeichnet. Auch darin
liegt für die Räume eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter; sie besagt aber nur, daß die Räume zwar nicht
zu Wohnzwecken, aber grundsätzlich zu jedem anderen beliebigen Zweck genutzt werden dürfen. Für die Frage, ob eine
bestimmte Nutzung zulässig ist, sind daneben nach den in
§ 15 Abs. 2 WEG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken Lage und Beschaffenheit der Räume von Bedeutung (vgl.
BayObLG WuM 1994, 222 f.; BayObLG FGPrax 1996, 57 f.
m.w.N.). Hier ist weder nach der in der Teilungserklärung niedergelegten Zweckbestimmung noch nach Lage oder Beschaffenheit der Räume eine Nutzung von vornherein ausgeschlossen, die auch den Gebrauch sanitärer Einrichtungen
erforderlich machen könnte. Da die Räume Nr. 82 von Wohnungen umgeben sind, handelt es sich nicht wegen ihrer Lage
um typische Speicherräume; im übrigen waren die Zuleitungen nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des
Antragsgegners von Anfang an vorhanden.
(2) Die Räume Nr. 82 sind im Aufteilungsplan offenbar mit
der Aufschrift „Trockenraum“ versehen. Daraus ergibt sich
aber keine gegenüber der Zweckbestimmung der Teilungserklärung eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit dieser Räume.
Denn der Bezeichnung im Aufteilungsplan kommt gegenüber
der in der Teilungserklärung grundsätzlich kein Vorrang zu;
sie führt nicht zu einer weiteren Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten (vgl. BGHZ 130, 159/166 [= MittBayNot
1995, 379]; BayObLG WuM 1985, 238 ff.; OLG Frankfurt
OLGZ 1993, 299 ff.). Im übrigen handelt es sich bei einem
„Trockenraum“ um eine typische Gemeinschaftseinrichtung;
dies spricht zusätzlich dagegen, daß mit dieser Bezeichnung
für die im Sondereigentum stehenden Räume eine Zweckbestimmung getroffen werden sollte.
(6) Zutreffend stellen die Vorinstanzen weiter fest, daß die
Voraussetzungen für die Verwirkung der geltend gemachten
Ansprüche sowohl was das Zeit- als auch was das Umstandsmoment anlangt, nicht vorliegen.
b) Dagegen kann die Verpflichtung des Antragsgegners, die
sanitären Anlagen in den Räumen Nr. 82 von den Zuleitungen
abzutrennen, keinen Bestand haben.
(1) Die allgemein gefaßte Entscheidung der Vorinstanzen bedarf insoweit der Auslegung. Unter sanitären Anlagen sind die
Einrichtungen zu verstehen, die in einer Wohnung oder in
sonstigen Räumen der Gesundheit und der Hygiene dienen,
also neben der Toilette (WC) die üblichen Einrichtungen
eines Bades (Badewanne, Dusche, Waschbecken), weiterhin
wohl noch das in einer Küche befindliche Spülbecken. Der
Senat hat in der Entscheidung vom 4.10.1990 (WuM 1991,
53) die Verpflichtung eines Eigentümers bestätigt, das von
diesem in seinem „Speicher“ installierte Bad (einschließlich
eines außerhalb angebrachten Waschbeckens) und die dort
eingerichtete Küchenzeile von den Versorgungs- und Entsorgungsleitungen zu trennen; in dem Beschluß vom 18.6.1993
(WuM 1993, 490) hat es einen Eigentümer verpflichtet, die in
seinen „Kellerräumen“ vorhandenen Küchen- und Sanitäreinrichtungen von den Anschlüssen zu trennen und auf Dauer getrennt zu halten. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von
8. BGB §§ 398, 399, 883; GBO § 22 (Eintragungsfähigkeit
des Abtretungsausschlusses für einen durch Vormerkung gesicherten künftigen Eigentumsverschaffungsanspruch)
1. Der Ausschluß der Abtretbarkeit des durch eine Vormerkung gesicherten künftigen Eigentumsverschaffungsanspruchs bei Ausübung eines Ankaufsrechts
kann im Grundbuch eingetragen werden.
2. Wird der Eigentumsverschaffungsanspruch auf einen
Dritten übertragen, kann dies im Weg der Grundbuchberichtigung im Grundbuch bei der Vormerkung
vermerkt werden.
3. Ist im Grundbuch bei der Vormerkung ein Ausschluß
der Abtretung nicht eingetragen, genügt zur Grundbuchberichtigung bei Abtretung des gesicherten Anspruchs die Berichtigungsbewilligung des eingetragenen Vormerkungsberechtigten.
BayObLG, Beschluß vom 3.9.1998, – 2Z BR 117/98 –, mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
MittBayNot 1999 Heft 1

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

24.09.1998

Aktenzeichen:

2Z BR 52/98

Erschienen in:

MittBayNot 1999, 69-70

Normen in Titel:

WEG § 15 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1