BGH 04. April 2019
III ZR 338/17
BeurkG § 17 Abs. 1 u. 2; ZPO §§ 68, 74 Abs. 3

Schadensursächlichkeit durch Verletzung notarieller Belehrungspflichten; Reichweite der Belehrungspflicht bei verdeckten Geschäften

letzte Aktualisierung: 20.5.2019
BGH, Urt. v. 4.4.2019 – III ZR 338/17

BeurkG § 17 Abs. 1 u. 2; ZPO §§ 68, 74 Abs. 3
Schadensursächlichkeit durch Verletzung notarieller Belehrungspflichten; Reichweite der
Belehrungspflicht bei verdeckten Geschäften

a) Die notariellen Belehrungspflichten gemäß § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG beschränken sich
grundsätzlich auf das konkret zu beurkundende Geschäft. Ein – für die Schadenszurechnung
erforderlicher – innerer Zusammenhang einer durch die Verletzung dieser Pflichten geschaffenen
Gefahrenlage kann daher nur mit einem Schaden bestehen, der im Bereich des beurkundeten
Geschäfts entstanden ist. Die notariellen Belehrungspflichten beziehen sich dagegen nicht auf ein
verdecktes Geschäft, das nicht Gegenstand der Beurkundung ist, das der Notar nicht kennt und das
für ihn auch nicht erkennbar ist. Ein Schaden, der in dem Bereich eines solchen Geschäfts entsteht,
fällt daher nicht in den Schutzbereich der verletzten Belehrungspflichten (Anschluss und
Fortführung von BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 – III ZR 34/11, NJW-RR 2012, 300 Rn. 17).

b) Die Interventionswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO gilt grundsätzlich nur zulasten des
Streitverkündeten und nicht zulasten der unterstützten Hauptpartei. Sie ist jedoch nicht teilbar und
kann dem Streitverkündeten nicht lediglich hinsichtlich ihm ungünstiger Umstände unter
Weglassung günstiger Teile entgegengehalten werden (Bestätigung BGH, Urteil vom 19. Januar 1989
– IX ZR 83/88, NJW-RR 1989, 766, 767).

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung
des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Beklagten sei vorzuwerfen,
dass er in das von ihm entworfene Angebot dessen Fortgeltung über die Bindungsfrist
hinaus aufgenommen, die Klägerin bei Eingang des Angebots nicht
auf die Unwirksamkeit der Fortgeltungsklausel hingewiesen und die Vertragsparteien
vor Beurkundung der Annahmeerklärung nicht darauf aufmerksam
gemacht habe, dass das Angebot bereits erloschen gewesen sei. Hierdurch
habe er gegen die ihm nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 Satz 2
BNotO obliegende Hinweis- und Belehrungspflicht verstoßen. Die Pflichtverletzung
habe auch zu einem Schaden geführt, weil die Verpflichtung der Klägerin
zur Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund des im Vorprozess ergangenen
Revisionsurteils vom 13. Mai 2016 feststehe und davon auszugehen sei,
dass die Annahmeerklärung bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten
rechtzeitig innerhalb der bis zum 4. Juli 2006 laufenden Annahmefrist beurkun-
det worden wäre. Zwar stehe aufgrund des Urteils vom 13. Mai 2016 auch bindend
fest, dass die beurkundeten Erklärungen aufgrund der Eigenprovisionsabrede
Scheingeschäfte im Sinne von § 117 BGB sowie die zeitgleich abgegebenen
verdeckten Willenserklärungen gemäß § 125 BGB formnichtig seien und
nicht durch Auflassung und Eintragung gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB wirksam
geworden seien, weil durch die verspätete Annahmeerklärung ein verdeckter
Kaufvertrag nicht habe zustande kommen können. Dieser weitere, vom Beklagten
nicht zu vertretende Mangel lasse den Ursachenzusammenhang zwischen
den Amtspflichtverletzungen und dem eingetretenen Schaden aber nicht
entfallen. Der in dem Nichtzustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages
liegende Schaden falle auch in den Schutzbereich der verletzten Amtspflichten.

II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klägerin
hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings eine fahrlässige Amtspflichtverletzung
des Beklagten darin gesehen, dass er die Klägerin als (Mit-)
Verkäuferin vor Beurkundung ihrer Annahmeerklärung nicht darauf hingewiesen
hat, dass das Angebot des Käufers infolge der Unwirksamkeit der unbefristeten
Fortgeltungsklausel bereits erloschen gewesen sein könnte.

Nach dem von ihm entwickelten Entwurf des Kaufangebots sollte dieses
auch nach Ablauf der bis zum 4. Juli 2006 währenden Bindungsfrist unbegrenzt
fortgelten. Diese Fortgeltungsklausel war indes wegen des nicht begrenzten
Zeitraums, in dem die Verkäufer das Angebot noch annehmen konnten, ungeachtet
der Widerrufsmöglichkeit für den Käufer, nach § 308 Nr. 1 BGB unwirksam
(vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 - V ZR 10/12, NJW 2013,
3434 Rn. 21 ff). Infolgedessen war das Angebot des Käufers nach Ablauf der
Bindungsfrist erloschen und stellte die am 10. August 2006 beurkundete Annahmeerklärung
der Verkäufer nach § 150 Abs. 1 BGB ein neues Angebot dar
(vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 7. Juni 2013 aaO Rn. 27).

Dem Beklagten oblag es gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG, die Klägerin über
diese veränderte Sachlage zu informieren, um die weitere Vorgehensweise
- etwa die Beurkundung eines erneuten Angebots des Käufers oder eine Abstandnahme
vom Vertragsschluss - zu klären (zur notariellen Belehrungspflicht
betreffend die Unwirksamkeit einer unbefristeten Fortgeltungsklausel grundlegend
Senat, Urteil vom 21. Januar 2016 - III ZR 159/15, BGHZ 208, 302
Rn. 12 ff). Die Unterlassung einer solchen Belehrung war sorgfaltswidrig.
Eine Amtspflichtverletzung des Beklagten kann auch nicht mit dem von
der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung angeführten Argument verneint
werden, ein Notar dürfe nicht sehenden Auges ein nichtiges Scheingeschäft
beurkunden (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 20. Juni 2000 - IX ZR 434/98, WM
2000, 1600, 1602 und vom 9. Dezember 1991 - NotSt (Brfg) 2/91, juris Rn. 34),
weshalb dem Beklagten nicht angelastet werden könne, nicht darauf hingewiesen
zu haben, dass das (ohnehin gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtige) Angebot
möglicherweise (auch) infolge Unwirksamkeit der Fortgeltungsklausel erloschen
sei. Leidet ein zu beurkundendes Rechtsgeschäft - wie vom Berufungsgericht
angenommen - an zwei Wirksamkeitsmängeln (Scheingeschäft, unbefristete
Fortgeltungsklausel), so hat der Notar gemäß § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG auf
beide Mängel hinzuweisen, um den Vertragsparteien die Gelegenheit zu geben,
einen anderen, rechtlich in jeder Hinsicht wirksamen Kaufvertrag beurkunden
zu lassen.

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, der von
ihm festgestellte, in dem Nichtzustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages
liegende Schaden der Klägerin falle in den Schutzbereich der verletzten
Amtspflichten.

a) Eine Haftung des Notars für kausal verursachte Schäden kommt - wie
allgemein im Schadensersatzrecht - nur in Betracht, wenn ihm die Schäden bei
wertender Betrachtung auch zugerechnet werden können. Die Kriterien der
äquivalenten und adäquaten Schadensverursachung alleine führen nicht immer
zu sachgerechten Ergebnissen bei der Zuordnung der verursachten Schäden
zu den Amtspflichtverletzungen (Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung des Notars,
4. Aufl., Rn. 977, 979). Auch im Notarhaftungsrecht kann daher nur für solche
Schadensfolgen Ersatz verlangt werden, die innerhalb des Schutzbereichs
der verletzten Norm liegen. Es muss sich um Folgen handeln, die in den Bereich
der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde.

Deswegen muss zwischen der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage
und dem Schaden ein innerer Zusammenhang bestehen. Eine bloß zufällige
äußere Verbindung genügt nicht (Senat, Urteile vom 22. Juli 2010 - III ZR
293/09, WM 2010, 2281 Rn. 12 und vom 10. Juli 2008 - III ZR 255/07, WM
2008, 1662 Rn. 15).

b) Das Berufungsgericht (Seite 12 des Berufungsurteils) begründet seine
Auffassung, der Schaden der Klägerin falle in den Schutzbereich der vom Beklagten
verletzten Amtspflicht, damit, dass aufgrund der fehlenden Belehrung
des Beklagten über das Erlöschen des Angebots des Käufers kein wirksamer
Kaufvertrag zustande gekommen sei. Dass die zu beurkundenden Erklärungen
nur Scheingeschäfte gewesen seien, lasse den inneren Zusammenhang mit der
durch die fehlende Aufklärung geschaffenen Gefahrenlage nicht entfallen. Die
verdeckten Erklärungen seien zeitgleich und - bis auf den Kaufpreis und die
Eigenprovisionsabrede - mit gleichem Inhalt wie die beurkundeten Erklärungen
abgegeben worden. Der Formmangel habe durch Auflassung und Eintragung
(§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB) geheilt werden können.

Indes begründen diese Ausführungen lediglich die Kausalität der Amtspflichtverletzung
für den Schaden der Klägerin im Sinne eines adäquaten Ursachenzusammenhangs.
Der haftungsrechtlich erforderliche innere Zusammenhang
zwischen einer vom Notar (pflichtwidrig) geschaffenen Gefahrenlage und
einem Schaden wird jedoch nicht schon dadurch hergestellt, dass die Gefahrenlage
im Allgemeinen geeignet ist, den eingetretenen Schaden herbeizuführen
(zum adäquaten Kausalzusammenhang im Bereich des Amtshaftungsrechts
vgl. BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 479 [Stand: 01.03.2019]). Erforderlich ist
vielmehr stets, dass der Schaden in den Bereich der Gefahren fällt, um derentwillen
die verletzte Rechtsnorm erlassen wurde.

Die notarielle Belehrungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG beschränkt
sich grundsätzlich auf das konkret zu beurkundende Geschäft (Senat,
Urteil vom 6. Oktober 2011 - III ZR 34/11, NJW-RR 2012, 300 Rn. 17;
BeckOGK/Regler, BeurkG, § 17 Rn. 33 [Stand: 13.05.2016]). Die vorgenannten
Normen wurden um der Gefahren willen erlassen, die den Beteiligten ohne entsprechende
Hinweise und Belehrungen des Notars im Hinblick auf das zu beurkundende
Geschäft drohen. Ein innerer Zusammenhang einer durch die Verletzung
dieser Pflichten geschaffenen Gefahrenlage kann daher nur mit einem
Schaden bestehen, der im Bereich des beurkundeten Geschäfts entstanden ist.

Die notarielle Belehrungspflicht bezieht sich dagegen nicht auf ein verdecktes
Geschäft, das nicht Gegenstand der Beurkundung ist, das der Notar nicht kennt
und das für ihn auch nicht erkennbar ist. Ein Schaden, der in dem Bereich eines
solchen verdeckten Geschäfts entsteht, weist daher keinen inneren Zusammenhang
mit der Verletzung der Belehrungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 und 2
BeurkG auf, die dem Notar im Zusammenhang mit einem beurkundeten Geschäft
unterlaufen ist. Er fällt nicht in den Schutzbereich dieser Pflicht.

Dementsprechend fällt vorliegend der von der Klägerin geltend gemachte
Schaden nicht in den Schutzbereich der vom Beklagten verletzten Belehrungspflicht.
Er ist nicht im Bereich des von ihm beurkundeten Kaufvertrages, sondern
im Bereich eines verdeckten Kaufvertrages entstanden, den der Beklagte
weder kannte noch kennen musste. Die das verdeckte Geschäft betreffende
(nicht heilbare) Unwirksamkeit ist keine Folge, die in den Bereich der Gefahren
fällt, um derentwillen der Beklagte zur Belehrung gemäß § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG
hinsichtlich des beurkundeten Geschäfts verpflichtet war. Zwischen dem
durch sie entstandenen Schaden und der Pflichtverletzung des Beklagten besteht
daher kein innerer Zusammenhang.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch
nicht aus der gesetzlichen Wertung, einen formnichtigen Immobilienkaufvertrag
durch Auflassung und Eintragung zu heilen (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die
Belehrungspflicht des Notars dient nicht dem Zweck, allen Geschäften der an
einem Beurkundungsvorgang Beteiligten zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit zu
verhelfen, insbesondere, wenn sie außerhalb des Urkundsvorgangs geschlossen
werden. Sie bezieht sich - wie ausgeführt - grundsätzlich nur auf das zu
beurkundende Geschäft und jedenfalls nicht auf ein verdecktes Geschäft, das
der Notar nicht kennt und das für ihn auch nicht erkennbar ist.

c) Den vorstehenden Überlegungen kann nicht entgegenhalten werden,
der vom Beklagten beurkundete Kaufvertrag sei kein Scheingeschäft im Sinne
von § 117 Abs. 1 BGB, weil die Eigenprovisionsabrede nicht unter Beteiligung
der P. GbR als Wohnungsverkäuferin oder der Rechtsvorgängerin
der Klägerin, sondern allein zwischen dem Wohnungskäufer K.
und der I. & F. GmbH & Co. KG geschlossen worden sei.

aa) Wäre im Hinblick auf die Beteiligung an dem beurkundeten Kaufvertrag
und der Provisionsabrede keine (vollständige) Personenidentität gegeben,
könnte materiell-rechtlich in Frage gestellt werden, ob der beurkundete Kaufvertrag
als Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 1 BGB und das verdeckte Geschäft
gemäß § 311b Abs. 1 i.V.m. § 125 Satz 1 BGB nichtig sind. Wäre dies zu verneinen,
wäre der vom Beklagten beurkundete Kaufvertrag allein infolge der unbefristeten
Fortgeltungsklausel nicht wirksam zustande gekommen. Der in Gestalt
der Rückabwicklung des Vertrages eingetretene Schaden der Klägerin läge
dann im Schutzbereich der vom Beklagten in Bezug auf die Fortgeltungsklausel
verletzten Belehrungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 und 2 BeurkG.

bb) Indes ist vorliegend von einer (vollständigen) Personenidentität der
an dem beurkundeten Kaufvertrag und der Provisionsabrede Beteiligten auszugehen.
Zwar waren, wie auch das Berufungsgericht festgestellt hat (Seite 3 der
Gründe), an der Eigenprovisionsvereinbarung unmittelbar nur die I. &
F. GmbH & Co. KG und der Käufer K. beteiligt. Das bedeutet indes
nicht, dass durch diese Vereinbarung nicht auch die Rechtsvorgängerin der
Klägerin als Gesellschafterin der P. GbR und (Mit-)Verkäufer-
in gebunden war. So ist auch das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass
"die Verkäuferin" das ihr verdeckt unterbreitete Angebot - wenn auch bereits
nach dessen Erlöschen - angenommen hat (Seite 11 der Gründe). Verkäuferin
war die P. GbR.

Zudem hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem zwischen
dem Wohnungskäufer und der Klägerin geführten Vorprozess in dem Urteil vom
13. Mai 2016 ausdrücklich festgestellt, die Eigenprovisionsvereinbarung sei
zwischen dem Käufer und der Verkäuferin, der P. GbR, geschlossen
worden mit der Folge der Nichtigkeit des beurkundeten Scheingeschäfts
(aaO Rn. 1, 18). An diese Feststellungen und diese Beurteilung ist die
Klägerin aufgrund der Interventionswirkung des Vorprozesses, in dem der Beklagte
ihr als Streithelfer beigetreten war, gebunden. Sie entsprechen im Übrigen
dem eigenen Vortrag der Klägerin als Beklagte im Vorprozess, wonach
auch sie die Immobilie "zum tatsächlich vereinbarten Kaufpreis", das heißt zu
dem notariell verbrieften Kaufpreis abzüglich der Eigenprovision, verkaufen
wollte (Schriftsatz vom 10. März 2014, Seite 9 [Bd. IV Bl. 162 der Beiakte LG
Magdeburg - 10 O 173/12 -]).

(1) Die - von Amts wegen zu berücksichtigende (Senat, Urteile vom
26. September 1985 - III ZR 61/84, BGHZ 96, 50, 54 und vom 15. November
1984 - III ZR 97/83, juris Rn. 8; BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 - VI ZR
467/13, MDR 2015, 459 Rn. 7 und vom 19. März 2014 - I ZR 209/12, WM 2014,
2015 Rn. 28) - Interventionswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO erstreckt sich
nicht nur auf die im Tenor der Entscheidung ausgesprochenen Rechtsfolgen,
sondern auch auf die Richtigkeit der Entscheidung und damit die Feststellung
und rechtliche Beurteilung der Tatsachen einschließlich der präjudiziellen
Rechtsverhältnisse ("tragende Feststellungen"; Senat, Urteil vom 26. Septem-
ber 1985 aaO S. 53; BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZR 138/08,
BeckRS 2011, 07935 Rn. 2; MüKoZPO/Schultes, 5. Aufl., § 68 Rn. 15 mwN).
Zu den tragenden Feststellungen des im Vorprozess ergangenen Urteils vom
13. Mai 2016 gehören demnach, dass die Eigenprovisionsabrede unter den
Kaufvertragsparteien geschlossen wurde, und die aus der Abrede folgende
Nichtigkeit des beurkundeten Scheingeschäfts gemäß § 117 Abs. 1 BGB.

(2) Zwar gilt die Interventionswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO grundsätzlich
nur zulasten des Streitverkündeten, vorliegend also des Beklagten, und
nicht zulasten der unterstützten Hauptpartei, also der (hiesigen) Klägerin (BGH,
Urteil vom 27. Januar 2015 aaO; MüKoZPO/Schultes aaO Rn. 9 mwN; Zöller/
Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 68 Rn. 6 mwN). Sie ist jedoch nicht teilbar und
kann dem Streitverkündeten nicht lediglich hinsichtlich ihm ungünstiger Umstände
unter Weglassung günstiger Teile entgegengehalten werden (BGH, Urteil
vom 19. Januar 1989 - IX ZR 83/88, NJW-RR 1989, 766, 767; MüKoZPO/
Schultes aaO Rn. 13 mwN; Zöller/Althammer aaO). Vorliegend hat die Klägerin
mit der Klageschrift (Seite 31 [Bd. I Bl. 31]) - ihr im vorliegenden Verfahren
günstig - ausdrücklich geltend gemacht, es sei durch die vorgenannte Entscheidung
des Bundesgerichtshofs bindend festgestellt worden, dass der Vertragsabschluss
durch die vom Beklagten beurkundete Annahmeerklärung unwirksam
gewesen sei und deshalb rückabgewickelt werden müsse, so dass ihr der mit
der Klage geltend gemachte Schaden gerade dadurch entstanden sei, dass der
Vertag nicht wirksam zustande gekommen sei. Auch das Berufungsurteil im
hiesigen Rechtsstreit beruht auf diesen im Vorprozess getroffenen Feststellungen
und deren Bindungswirkung (Seite 10 der Gründe).

Die Klägerin kann sich mithin gegenüber ihrem vormaligen Streithelfer,
dem Beklagten, nicht im Sinne einer "Rosinentheorie" auf die ihr günstigen tragenden
Feststellungen des im Vorprozess ergangenen Urteils vom 13. Mai
2016 berufen, ohne nicht auch die weiteren, ihr ungünstigen tragenden Feststellungen
gegen sich gelten zu lassen. Damit, dass die Eigenprovisionsabrede
nicht von der Wohnungsverkäuferin und (auch) von ihrer Rechtsvorgängerin
getroffen worden sei, weshalb die beurkundeten Willenserklärungen nicht als
Scheingeschäft nichtig seien, kann sie daher nicht gehört werden.

d) Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden fällt nach alledem
nicht in den Schutzbereich der Hinweis- und Belehrungspflichten gemäß § 17
Abs. 1 und 2 BeurkG, die der Beklagte im Hinblick auf den von ihm beurkundeten
Kaufvertrag verletzt hat. Dies gilt gleichermaßen, soweit die Klägerin im
erst- und zweitinstanzlichen Verfahren die Verletzung weiterer notarieller Pflichten
durch den Beklagten geltend gemacht hat (Klageschrift vom 12. Oktober
2016, Seite 10 ff, 20 ff [Bd. I Bl. 10 ff, 20 ff]; Berufungsbegründung vom 28. August
2017, Seite 3 ff [Bd. II Bl. 39 ff]). Auch diese Pflichten bezogen sich auf das
konkret zu beurkundende Geschäft und nicht auf das verdeckte Geschäft der
Kaufvertragsparteien, das nicht Gegenstand der Beurkundung war und das der
Beklagte weder kannte noch kennen musste. Dementsprechend besteht zwischen
ihrer (unterstellten) Verletzung und dem Schaden der Klägerin ebenfalls
kein innerer Zusammenhang. Der Schaden fällt auch nicht in den Schutzbereich
dieser Pflichten.

3. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten
entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche
Urteil ist insgesamt zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache
selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da der Klägerin unter keinem rechtli-
chen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zusteht,
erweist sich das klageabweisende Urteil des Landgerichts als richtig. Die hiergegen
gerichtete Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

04.04.2019

Aktenzeichen:

III ZR 338/17

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren
Allgemeines Schuldrecht
AGB, Verbraucherschutz
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

NJW 2019, 1748-1751
NotBZ 2019, 426-429

Normen in Titel:

BeurkG § 17 Abs. 1 u. 2; ZPO §§ 68, 74 Abs. 3