BGH 23. Januar 2001
IV ZB 24/00
EGBGB Art. 25; BGB §§ 2031 ff.; DDR-ZGB §§ 400 ff.; DDR-RAG § 25 Abs. 2

Keine Nachlassspaltung nach DDR-RAG bei bloßer Beteiligung an Erbengemeinschaft

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1045
letzte Aktualisierung: 08. Mai 2001
4zb2400
BGH
IV ZB 24/00
24. 01.2001
BGB §§ 2032 ff.; DDR: ZGB §§ 400 ff.; DDR: RAnwG § 25
Abs. 2
Keine Nachlaßspaltung bei DDR-Grundstück, wenn nicht Grundstück, sondern nur Erbteil im Nachlaß

Ist der nach BGB beerbte Erblasser nicht Eigentümer eines
Grundstücks in der DDR, sondern daran nur gesamthänderisch im Rahmen
einer Erbengemeinschaft beteiligt, tritt insoweit grundsätzlich eine Nachlaßspaltung nicht ein.
Gründe:
A.
Die Beteiligten streiten um die Erbfolge hinsichtlich des Anteils des
am 4. März 1980 mit letztem Wohnsitz im damaligen Westteil Berlins gestorbenen Erblassers an einer ungeteilten Erbengemeinschaft, zu der ein
Grundstück in der ehemaligen DDR gehörte. Dieses Grundstück stand
ursprünglich im Eigentum der ebenfalls in Westberlin wohnenden Eltern
des Erblassers. Der Vater starb 1974 und wurde von der Mutter allein
beerbt. Diese starb am 15. Mai 1978. Kraft Gesetzes wurden ihre drei
Söhne, darunter der Erblasser, ihre Erben. Der Erblasser errichtete am
4. Juli 1978 das folgende eigenhändige Testament:


-2“Hiermit setze ich ... meine Freundin (Braut) ...[die Beteiligte zu 2)] und die Tochter meines Bruders ...[die Beteiligte
zu 1)] als Erben ein. Meine Wohnung, Sparkonto, Girokonto, BSV-Konto, Bausparvertrag, Aktien und Schmuck. Das
soll zu 2 gleichen Teilen geteilt werden ...”
Die Beteiligte zu 1) hat die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) gemäß § 2078 BGB mit der Begründung angefochten, das Verlöbnis des
Erblassers mit dieser sei im Jahre 1979 aufgelöst worden. Das Amtsgericht hat der Beteiligten zu 1) am 26. September 1980 einen Erbschein
erteilt, der sie als Alleinerbin auswies. Im Verfahren über die gegen diesen Erbschein gerichtete Beschwerde schlossen die Beteiligten am
3. Februar 1981 einen Vergleich.
Im April 1997 beantragte die Beteiligte zu 1), ihr einen ergänzenden, gegenständlich beschränkten Erbschein als Alleinerbin für im Beitrittsgebiet belegenes Grundvermögen zu erteilen. Das Amtsgericht hat
den Antrag zurückgewiesen. Ihre Beschwerde wurde vom Landgericht
zurückgewiesen, weil sich die Erbeinsetzung im Testament vom 4. Juli
1978 gemäß § 2088 BGB auf das Westvermögen des Erblassers beschränke; falls sich das Testament aber auch auf Vermögen auf dem
Gebiet der ehemaligen DDR erstrecke, könne die Beteiligte zu 1) insoweit nicht Alleinerbin geworden sein, weil eine dem § 2077 Abs. 2 BGB
entsprechende Vorschrift im Zivilgesetzbuch fehle.
Gegen diesen Beschluß des Landgerichts hat die Beteiligte zu 1)
weitere Beschwerde eingelegt. Diese hat das Kammergericht gemäß § 28
Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorgelegt (ZEV 2000, 505). Nach
Ansicht des Kammergerichts kommt es darauf an, ob der Anteil des Erblassers an der Erbengemeinschaft, zu der das in der ehemaligen DDR
belegene Grundstück gehört, aufgrund einer Nachlaßspaltung nach dem
Zivilgesetzbuch der DDR vererbt worden ist. Nur in diesem Fall sei ein
Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten zu 1) an einem gegenständlich beschränkten Erbschein gegeben. An einer Entscheidung in diesem Sinne
sieht sich das Kammergericht jedoch durch gegenteilige Beschlüsse des
Oberlandesgerichts Dresden (MittRheinNotK 1997, 267) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1998, 242) gehindert, die
jeweils im Verfahren der weiteren Beschwerde ergangen sind.
B.
I. 1. Die Voraussetzungen der Vorlage an den Bundesgerichtshof
gemäß § 28 Abs. 2 FGG sind gegeben. Die genannten Beschlüsse des
Oberlandesgerichts Dresden und des Bayerischen Obersten Landesgerichts weichen von der im Vorlagebeschluß des Kammergerichts vertretenen Auffassung ab in der Frage, ob der Anteil eines mit letztem Wohnsitz im Westen Deutschlands in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1976
und dem 3. Oktober 1990 gestorbenen Erblassers an einer Erbengemeinschaft, zu der Grundvermögen in der ehemaligen DDR gehört, der
Nachlaßspaltung unterliegt. Von dieser Vorlagefrage hängen die Entscheidung des vorliegenden Falles und deren konkrete Tragweite ab,
auch wenn sich die Vorlagefrage letzten Endes nach den Besonderheiten
des vorliegenden Sachverhalts nicht auf das Endergebnis auswirkt. § 28
Abs. 2 FGG setzt nicht voraus, daß die Lösung der Vorlagefrage zur Erledigung der weiteren Beschwerde unerläßlich wäre (BGHZ 134, 230,
233).
2. Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG zulässig. Eine
Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich schon aus der Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags und ihrer dagegen gerichteten Beschwerde (§ 20 FGG).
II. Die weitere Beschwerde ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Allerdings stimmt der Senat in der Vorlagefrage der Gegenansicht zu. Wenn der nach bürgerlichem Recht beerbte Erblasser nicht Eigentümer eines Grundstücks in der DDR, sondern daran nur gesamthänderisch im Rahmen einer Erbengemeinschaft beteiligt war, tritt insoweit
grundsätzlich
eine
Nachlaßspaltung
nicht
ein
(so
OLG
Dresden
MittRheinNotK 1997, 267; BayObLGZ 1998, 242; MünchKomm/Leipold,
BGB 3. Aufl. Art. 235 EGBGB Rdn. 17; Palandt/Edenhofer, BGB 59. Aufl.
§ 1922 Rdn. 8; Schotten/Johnen, DtZ 1991, 257, 260; zum internationalen Privatrecht MünchKomm/Birk, Art. 25 EGBGB Rdn. 67 m.w.N.; a.A.
OLG Oldenburg MittRheinNotK 1998, 136 m. abl. Anm. Schmellenkamp;
Andrae, NJ 1998, 113, 117; dies., NJ 1999, 147, 148 f.; dies., IPRax
2000, 300, 303 f.; zum internationalen Privatrecht Staudinger/Dörner,
13. Aufl., Art. 25 EGBGB Rdn. 485 m.w.N.).
a) Gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt für die erbrechtlichen
Verhältnisse das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor
dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben ist. Welches Sachrecht danach anzuwenden ist, bestimmt sich nach dem damals in der Bundesrepublik geltenden interlokalen Kollisionsrecht (BGHZ 124, 270, 272 ff.).
Der im Jahre 1980 gestorbene Erblasser hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im ehemaligen Westteil Berlins. Die Erbfolge richtete
sich daher grundsätzlich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Gegenüber
diesem Gesamtstatut kam jedoch dem Belegenheitsstatut Vorrang zu,
soweit dieses für die in seinem Gebiet befindlichen Vermögenswerte besondere Vorschriften aufstellte (vgl. Art. 28 EGBGB a.F., der mit Art. 3
Abs. 3 EGBGB n.F. sachlich übereinstimmt). Danach war für Erbfälle seit
Inkrafttreten des ZGB und des Rechtsanwendungsgesetzes der DDR (im
folgenden: RAG-DDR) am 1. Januar 1976 § 25 Abs. 2 RAG-DDR zu beachten, wonach sich die erbrechtlichen Verhältnisse in bezug auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, die sich in
der Deutschen Demokratischen Republik befinden, nach dem Zivilgesetzbuch richten (vgl. BGHZ 131, 22, 26 f.).
b) Soweit zum Vermögen des Erblassers im vorliegenden Fall ein
Anteil an einer Erbengemeinschaft nach seiner Mutter gehört, die Eigentümerin eines Grundstücks in der DDR war, treffen das Zivilgesetzbuch
und das Bürgerliche Gesetzbuch sachlich im wesentlichen übereinstimmende Regelungen hinsichtlich der Rechte des einzelnen Miterben (vgl.
Westen/Schleider, Zivilrecht im Systemvergleich 1984 S. 823 ff.; MünchKomm/Leipold, Einl. Bd. 9 Erbrecht Rdn. 277, 291 ff.): Nach bürgerlichem
Recht steht das Eigentum an dem zur Erbengemeinschaft gehörenden
Grundstück den Miterben nur zur gesamten Hand zu. Über den Anteil an
den einzelnen Nachlaßgegenständen kann ein Miterbe nicht verfügen
(§ 2033 Abs. 2 BGB); dies ist den Miterben nur gemeinschaftlich möglich
(§ 2040 Abs. 1 BGB). Leistungen Dritter kann der Miterbe nur zugunsten
aller Miterben einfordern (§ 2039 BGB). Der einzelne Miterbe kann aber
über seinen Anteil an der Erbengemeinschaft als solchen verfügen
(§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch das Zivilgesetzbuch kennt neben dem
Miteigentum das nur allen Eigentümern gemeinsam zustehende Gesamteigentum (§ 34 Abs. 2 Satz 4), für das § 42 Abs. 2 ZGB auf die jeweilige
gesetzliche Regelung verweist. Für die Erbengemeinschaft gilt nach
§ 400 Abs. 1 Satz 2 ZGB, daß die einzelnen Miterben bis zur Auflösung
der Erbengemeinschaft über die einzelnen Nachlaßgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen können. Zur Erbschaft gehörende Forderungen
kann der Miterbe nur für alle geltend machen (§ 400 Abs. 3 ZGB). Jeder
Miterbe kann aber über seinen Erbteil verfügen (§ 401 ZGB). Die Erbengemeinschaft ist nach beiden Gesetzen auf ihre Auflösung angelegt; jeder Miterbe kann ihre Auseinandersetzung verlangen, bei der nach Tilgung der Nachlaßverbindlichkeiten der Rest unter den Miterben nach
dem Verhältnis ihrer Erbteile aufzuteilen ist (§§ 2042 ff. BGB; § 423
ZGB). Das Zivilgesetzbuch hat mithin die Rechtsstellung der Miterben im
Vergleich zur Rechtslage nach dem BGB der Sache nach nicht geändert
(BGH, Urteil vom 7. Juli 2000 - V ZR 287/99 - ZEV 2000, 498).
c) Die ungeteilte Gesamtberechtigung am Nachlaß vermittelt dem
einzelnen Miterben keine unmittelbare dingliche Berechtigung am einzelnen Nachlaßgegenstand, auch wenn der Nachlaß nur noch aus einer Sache besteht (BGH, Urteil vom 17. November 2000 - V ZR 487/99 - noch
unveröffentlicht - unter III 1 b; anders der Vorlagebeschluß des Kammergerichts
und OLG Oldenburg aaO unter Bezug u.a. auf RGZ 94, 239,
243 und BayObLGZ 1982, 59, 67; vgl. MünchKomm/Dütz BGB § 2032
Rdn. 10, 11). Also kann es nur um die Frage gehen, welches Sachrecht
auf den in den Nachlaß gefallenen, vererblichen Anteil des Erblassers an
der nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft nach seiner Mutter
anzuwenden ist. Schon in BGHZ 24, 352, 367 f. ist entschieden worden,
daß der gesamthänderische Anteil an einer deutschen Personalgesellschaft des bürgerlichen und des Handelsrechts auch dann nicht zum unbeweglichen Vermögen und dem dafür nach EGBGB maßgebenden Belegenheitsstatut gehört, wenn zum Gesellschaftsvermögen Grundstücke
gehören
(vgl.
zum
Anteil
eines
Erblassers
am
Gesamtgut
der
378, 382; Beschluß vom 10. März 1976 - V ZB 7/72 - NJW 1976, 893).
Was insofern für den Anteil an einer Personalgesellschaft gilt, ist auch
für den Anteil an der in ihrer gesamthänderischen Grundstruktur ähnlichen Erbengemeinschaft maßgebend. Der Anteil des einzelnen Teilhabers ist bewegliches Vermögen. Er verschafft seinem Inhaber im wesentlichen einen Anspruch auf Auseinandersetzung gegen den oder die anderen Teilhaber. Selbst wenn sich der Anspruch auf Auseinandersetzung im
Einzelfall auf Übertragung eines Grundstücks, eines Grundstücksteils
oder dinglichen Rechts richtet, ändert das nichts an der Qualifikation dieses Anspruchs als bewegliches Vermögen (vgl. BGHZ 131, 22, 27 f.; Senat, Urteil vom 10. Mai 2000 - IV ZR 171/99 - NJW 2000, 2421 unter 3 b,
zur Veröffentlichung in BGHZ 144, 251 vorgesehen).
d) § 25 Abs. 2 RAG-DDR unterstellt zwar nicht nur das Eigentum,
sondern auch "andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden" dem
Recht der Deutschen Demokratischen Republik, wenn sie sich dort befinden. Zu diesen anderen Rechten wurden neben dinglichen Rechten auch
bestimmte, gegen den Eigentümer gerichtete, mit dem Grundstück verbundene Forderungen (Steuern, Abgaben, Versicherungsbeiträge) sowie
Guthaben aus Haus- oder Grundstückserträgen gerechnet (BGHZ 131,
22, 28 m.w.N.). Der Anteil eines Miterben an einer Erbengemeinschaft,
zu der ein Grundstück gehört, begründet aber weder ein selbständiges
dingliches Recht des einzelnen Miterben am Grundstück noch ist sein
Auseinandersetzungsanspruch nach Zweck und Inhalt mit den genannten
anderen Rechten an Grundstücken und Gebäuden vergleichbar. Nur für
die Berechtigung am Grundstück selbst und die ihm zuzuordnenden anderen Rechte gilt die aus Gründen des Vertrauensschutzes auch nach
der Vereinigung Deutschlands weiterhin zu beachtende Nachlaßspaltung
(BGHZ 131, 22, 30). Eine Nachlaßspaltung auch für die Übertragung oder Vererbung von Anteilen an einer Erbengemeinschaft, zu der ein
Grundstück in der ehemaligen DDR gehörte, wird von § 25 Abs. 2 RAGDDR nicht angeordnet. Insoweit ist schutzwürdiges Vertrauen auch nicht
begründet worden.
Daß in der DDR auch die Übertragung eines Erbteils einer Genehmigung bedurfte, wenn ein Grundstück oder Grundstücksrecht zum Nachlaß gehörte (§ 2 Abs. 1 Buchst. i der Grundstücksverkehrsordnung der
DDR vom 15. Dezember 1977, GBl. I 1978 S. 73), gibt entgegen der Ansicht des Kammergerichts nichts für die Auslegung von § 25 Abs. 2 RAGDDR her. Diese Genehmigungspflicht erfaßt auch die Übertragung von
Anteilen an Erbengemeinschaften, die vor Inkrafttreten des § 25 Abs. 2
RAG-DDR am 1. Januar 1976 entstanden waren und für die eine Nachlaßspaltung schon deshalb nicht in Betracht kam (dazu BayObLGZ 1998,
242, 246).
2. Der vorliegende Fall unterscheidet sich indessen wesentlich von
den Fällen, die den abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (wie auch
der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg) zugrunde lagen. In
jenen Fällen war die Erbengemeinschaft, um die es ging, schon vor Inkrafttreten des § 25 Abs. 2 RAG-DDR am 1. Januar 1976 durch einen vor
diesem Zeitpunkt eingetretenen Erbfall entstanden, so daß von vornherein nur in Frage stand, ob ein schon vorhandener Erbanteil eines einzelnen Miterben bei dessen Tod der Nachlaßspaltung unterlag. Hier ist jedoch die Mutter des Erblassers, der das in der DDR belegene Grundstück als Alleinerbin des mit letztem Wohnsitz im Westen Berlins im Jahre 1974 vorverstorbenen Vaters gehörte, erst im Jahre 1978 gestorben.
Bei dieser Erbfolge nach der Mutter trat hinsichtlich des Grundstücks in
der DDR gemäß § 25 Abs. 2 RAG-DDR Nachlaßspaltung ein, wie das
Kammergericht mit Recht erkannt hat. Die Mutter hat kein Testament hinterlassen, sondern ist von ihren drei Söhnen kraft Gesetzes beerbt worden (§ 1924 BGB, § 365 Abs. 1 ZGB). Aus diesem Grund gab es neben
der Erbengemeinschaft, zu der ihr im Westen belegener Nachlaß gehörte, eine personengleiche weitere Erbengemeinschaft, die das Gesamteigentum im Sinne von § 400 Abs. 1 ZGB an dem Grundstück in der DDR
innehatte. Auch dieser Erbengemeinschaft gehörte der Erblasser an.
Als er mit letztem Wohnsitz im ehemaligen Westteil Berlins im Jahre 1980 starb, wurde er nach bürgerlichem Recht beerbt. Das galt gemäß
§ 25 Abs. 1 RAG-DDR auch aus der Sicht der DDR. Die Erbfolge erfaßte
gemäß § 1922 BGB als Universalsukzession auch seinen Anteil als Mitglied der Erbengemeinschaft, die Inhaberin des abgespaltenen, auf der
Erbfolge nach dem Zivilgesetzbuch beruhenden Grundstücksnachlasses
in der DDR war. Auch nach der Rechtsordnung der DDR sind Bedenken
gegen die Vererblichkeit dieses Anteils, der gemäß § 401 Abs. 1 ZGB
veräußerlich war, nicht ersichtlich; zum vererblichen Eigentum gehörte
alles, was persönliches Eigentum des verstorbenen Bürgers im Sinne von
§ 23 ZGB war, aber auch Eigentum und Rechte an Miethäusern, die nicht
der Befriedigung der Wohn- und Erholungsbedürfnisse des Eigentümers
und seiner Familie dienten (Kommentar zum Zivilgesetzbuch, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, § 362 Anm. 2.1; MünchKomm/
Leipold, Einl. zu Bd. 9 Erbrecht Rdn. 231, 233).
Danach hätte die Beteiligte zu 1) jedenfalls ein Rechtsschutzinteresse an einem gegenständlich auf den abgespaltenen Nachlaß beschränkten Erbschein, der die nach dem Tod der Mutter des Erblassers
eingetretene Erbfolge auf der Grundlage des Zivilgesetzbuchs bezeugt
(vgl. BayObLGZ 1998, 242, 245; Palandt/Edenhofer, BGB 59. Aufl.
§ 2353 Rdn. 7). Ihr kann im Hinblick auf eine Grundbuchberichtigung ein
Rechtsschutzinteresse aber auch nicht abgesprochen werden an einem
Erbschein, der die nach dem Erblasser eingetretene, gegenständlich auf
den abgespaltenen Nachlaß beschränkte Erbfolge bezeugt. Daß diese
Erbfolge auf bürgerlichem Recht beruht, ändert nichts daran, daß das in
der ehemaligen DDR belegene Grundstück weiterhin als besonderer
Nachlaß gilt. Deshalb ist es gerechtfertigt, auch für Veränderungen der
für diesen Sondernachlaß bestehenden besonderen Erbengemeinschaft
einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu erteilen.
3. Das Verfahren ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil
seine Auslegung des Testaments rechtsfehlerhaft ist und weitere Ermittlungen erforderlich sind.
a) Mit Recht führt das Kammergericht in seinem Vorlagebeschluß
aus, daß gegen eine Beschränkung der letztwilligen Erbeinsetzung auf
das Westvermögen des Erblassers (§ 2088 Abs. 1 BGB) der vom Landgericht nicht gewürdigte erste Satz des Testaments spricht. Darin werden
die Beteiligten zu 1) und 2) zu Erben berufen, ohne daß der Umfang dieser Einsetzung eingegrenzt wird. Die sich im zweiten Satz des Testaments anschließende Aufzählung vom Erblasser für wesentlich gehaltener Vermögensteile enthält den Anteil an der Erbengemeinschaft, zu der
das in der DDR gelegene Grundstück gehört, zwar nicht. Diesem Anteil
kam unter den im Jahre 1980 dort herrschenden Verhältnissen aber kein
wirtschaftlich erheblicher Wert für den Erblasser zu. Bei dieser Sachlage
fehlen hinreichende Anhaltspunkte für eine Auslegung, daß die testamentarische Erbeinsetzung auf das Vermögen des Erblassers im Westen beschränkt sei.
b) Soweit der Erblasser die Beteiligte zu 2) im Testament als seine
"Freundin (Braut)" bezeichnet hat, hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, § 2077 Abs. 2 BGB sei nicht zu prüfen, weil es an einer entsprechenden Vorschrift in dem vom Landgericht für maßgeblich gehaltenen Zivilgesetzbuch der DDR fehle. Abgesehen davon, daß die Auflösung
des Verlöbnisses auch nach dem Zivilgesetzbuch unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Testamentsauslegung Bedeutung gewinnen
könnte, wie das Kammergericht in seinem Vorlagebeschluß mit Recht
hervorgehoben hat, ist auf die Vererbung des Anteils des Erblassers an
der Erbengemeinschaft, der das in der DDR belegene Grundstück zustand, bürgerliches Recht anzuwenden.
Dabei ist der Vortrag der Beteiligten zu 2) zu prüfen, der Zusatz
"(Braut)" im Testament könne nicht als Hinweis auf ein Verlöbnis im
Rechtssinne gewertet werden, weil es ein ernsthaftes gegenseitiges Heiratsversprechen nie gegeben habe. Außerdem bliebe im Hinblick auf die
von der Beteiligten zu 2) vorgetragenen, über den angeblichen Abschiedsbrief vom 15. Januar 1979 hinaus fortbestehenden Kontakte des
Erblassers zu ihr auch § 2077 Abs. 3 BGB zu prüfen.
c) Soweit eine testamentarische Erbfolge der Beteiligten zu 2) in
Betracht kommt, wird das Landgericht auch den Vergleich der beiden Beteiligten vom 3. Februar 1981 auszulegen haben. Er verpflichtet die Beteiligte zu 2), "die Richtigkeit" des Erbscheins vom 26. September 1980,
der die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin auswies, "nicht länger anzuzweifeln". Damit kann eine verfahrensrechtliche Position gemeint sein,
aber auch die materiellrechtliche Frage der Erbfolge selbst. Weiter wäre
zu fragen, ob sich die Beteiligte zu 1) auf den Vergleich noch berufen
kann, soweit es um die Beteiligung des Erblassers an dem in der damaligen DDR gelegenen Grundstück geht (vgl. BGHZ 123, 76, 81 f.).
Dr. Schmitz
Dr. Schlichting
Seiffert
Terno
Ambrosius

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.01.2001

Aktenzeichen:

IV ZB 24/00

Erschienen in:

DNotI-Report 2001, 87
MittBayNot 2001, 327-329
RNotZ 2001, 455-460

Normen in Titel:

EGBGB Art. 25; BGB §§ 2031 ff.; DDR-ZGB §§ 400 ff.; DDR-RAG § 25 Abs. 2