OLG Düsseldorf 21. August 2014
3 Wx 190/13
GBO §§ 29, 32; BNotO § 21

Kein Vertretungsnachweis durch Notarbescheinigung aufgrund elektronischer Einsichtnahme in englisches Register

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 25.2.2015
OLG Düsseldorf, 21.8.2014 - 3 Wx 190/13

GBO §§ 29, 32; BNotO § 21
Kein Vertretungsnachweis durch Notarbescheinigung aufgrund elektronischer
Einsichtnahme in englisches Register

1. Ist dem Grundbuchamt die Berechtigung zur Vertretung einer juristischen Person oder
Gesellschaft nachzuweisen, weil von dieser eine zur Eintragung erforderliche Erklärung
abgegeben oder eine Eintragung (hier: Löschung der Auflassungsvormerkung und Eintragung
des Eigentumswechsels) beantragt wird, so erleichtert § 32 GBO die Führung des genannten
Nachweises gegenüber dem (deutschen) Grundbuchamt dahin, dass (u. a.) die im Handelsregister
eingetragene Vertretungsberechtigung durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO
nachgewiesen wird.
2. Die durch §§ 32 GBO, 21 BNotO für das Grundbuchverfahren gezogenen Grenzen können
nicht dadurch überwunden werden, dass einem deutschen Notar die Möglichkeit eingeräumt
wird, unabhängig von der Existenz eines aussagekräftigen Registers (hier: beim Companies
House Großbritannien) mit voller Beweiskraft eine Bescheinigung auszustellen, mit der er die
Vertretungsberechtigung des directors einer englischen private limited company gegenüber dem
Grundbuchamt "aufgrund elektronischer Einsichtnahme" in das englische Register sowie
Einsicht in weitere Unterlagen (z. B. minute book) bestätigt.

Gründe

I.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 1. August 2012 veräußerte der Beteiligte zu 1. als dort
benannter Eigentümer den im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Grundbesitz an die
Beteiligte zu 2., vertreten durch Herrn C. C. Im Urkundeneingang heißt es zur Person des Herrn
C. C.:
"hier handelnd nicht im eigenen Namen, sondern als alleiniger vertretungsberechtigter Direktor
der im Companies House Großbritannien unter Nr. ... eingetragenen Z. LTD mit dem Sitz in
Manchester/Großbritannien (Geschäftsanschrift: Manchester/Großbritannien), was der
beurkundende Notar aufgrund elektronischer Einsichtnahme vom 01. August 2012 hiermit
bescheinigt, ...".
Mit Schrift des Notars vom 15. März 2013 haben die Beteiligten hinsichtlich der genannten
Grundstücksveräußerung beantragt, die Löschung der Auflassungsvormerkung - unter
bestimmten Voraussetzungen - sowie den Eintragungswechsel in das Grundbuch einzutragen.
Mit der angefochtenen Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt beanstandet, zur
Eigentumsumschreibung sei noch der Nachweis der Vertretungsberechtigung des
Geschäftsführers durch eine gesiegelte Bescheinigung des notary public, versehen mit der
Apostille der zuständigen Behörde, einzureichen. Hierfür hat sich das Grundbuchamt auf
Schrifttum und ein Rechtsgutachten berufen.
Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie zum einen der
Sache nach die Auffassung vertritt, der vom Grundbuchamt geforderte Nachweis sei nicht
erforderlich, zum anderen ein mit "Gutachterliche Stellungnahme des Notars'" überschriebenes
und gesiegeltes Schriftstück des beurkundenden Notars vom 27. September 2013 zu den Akten
reicht, wegen dessen Inhalt auf die Grundakte verwiesen wird.
Mit - näher begründetem - Beschluss vom 2. Oktober 2013 hat das Grundbuchamt dem
Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht
Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen.

II.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. ist gemäß §§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1
GBO als Beschwerde zulässig; in diesem Zusammenhang ist zu unterstellen, dass die Beteiligte
zu 2. wirksam durch Herrn C. C. vertreten werde. Auch ist es nach der vom Grundbuchamt
ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO. In
der Sache ist es jedoch nicht begründet.
1. Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass der vorliegende Fall in
Anwendung des deutschen Grundbuchverfahrensrechts als lex fori zu beurteilen ist (vgl. OLG
Dresden NZG 2008, S. 265 ff; OLG Köln FGPrax 2013, S. 18 ff; KG ZIP 2013, S. 973 ff).
Danach ist dem Grundbuchamt die Berechtigung zur Vertretung einer juristischen Person oder
Gesellschaft nachzuweisen, wenn von dieser eine zur Eintragung erforderliche Erklärung
abgegeben oder eine Eintragung beantragt wird (Demharter, GBO, 29. Aufl. 2014, § 32 Rdnr.
10). Hier ist der Vertretungsnachweis erforderlich, weil die Beteiligte zu 2. sowohl die Löschung
der Auflassungsvormerkung als auch die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch
bewilligt wie auch beantragt hat (§ 6 Nr. 1. und 2. des Veräußerungsvertrages vom 1. August
2012).
2. Die Führung des genannten Nachweises gegenüber dem (deutschen) Grundbuchamt wird
durch § 32 GBO, und nur durch diesen, erleichtert. Danach können die im Handels-,
Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen
Vertretungsberechtigungen, Sitzverlegungen, Firmen- oder Namensänderungen sowie das
Bestehen juristischer Personen und Gesellschaften unter anderem durch eine Bescheinigung nach
§ 21 Abs. 1 der Bundesnotarordnung nachgewiesen werden, § 32 Abs. 1 Satz 1 GBO. Gemäß §
21 Abs. 1 BNotO können Notare unter anderem Bescheinigungen über eine
Vertretungsberechtigung einer juristischen Person oder Handelsgesellschaft mit der gleichen
Beweiskraft wie ein Zeugnis des Registergerichts ausstellen, wenn sich diese Umstände aus einer
Eintragung im Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergeben; allerdings muss sich
der Notar zuvor über die Eintragung Gewissheit verschaffen, die auf Einsichtnahme in das
Register oder in eine beglaubigte Abschrift hiervon beruhen muss, § 21 Abs. 2 Satz 1 BNotO.
Diese Regelungen erweisen, dass die genannte Nachweiserleichterung nur für registerfähige
Personen und Gesellschaften eröffnet ist, die in einem inländischen öffentlichen Register
eingetragen sind. Auf ausländische juristische Personen und Gesellschaften können sie nicht
angewendet werden, deren Bestehen und die Vertretungsbefugnis sind dem Grundbuchamt
grundsätzlich in vollem Umfang, und zwar in der Form des § 29 GBO, nachzuweisen. Anders ist
es, falls ein deutscher Notar aufgrund Einsicht in das deutsche Handelsregister der
Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft eine Berechtigung zur Vertretung der
Gesellschaft bescheinigt. Auch kann ausnahmsweise die durch einen deutschen Notar aufgrund
einer Einsicht in ein ausländisches Register ausgestellte Bescheinigung über eine
Vertretungsberechtigung ausreichen, sofern zur Überzeugung des Grundbuchamtes feststeht,
dass das ausländische Register seiner rechtlichen Bedeutung nach dem deutschen Register
entspricht; dies wird nahezu einhellig für das beim Companies House - das keine dem deutschen
Handelsregister vergleichbare Prüfungskompetenz hat - geführte englische Register verneint
(KG DNotZ 2012, S. 604 ff und OLG Köln a. a. O., jeweils m. zahlr. Nachw.; OLG Nürnberg,
Beschluss vom 25. März 2014 ín Sachen 15 W 381/14; Pfeiffer Rpfleger 2012, S. 240/243; von
Bernstorff, Einführung in das englische Recht, 1996, S. 51 f; Bauer/v.Oefele-Schaub, GBO, 3.
Aufl. 2013, Int. Bezüge Rdnr. 139; Demharter a. a. O., § 32 Rdnr. 8 m.w. Nachw.; a.A. Meikel-
Roth, GBO, 10. Aufl. 2009, § 32 Rdnr. 59).
Damit ist der Bereich, in dem ein deutscher Notar im vorliegenden Zusammenhang eine
beweiskräftige Bescheinigung ausstellen kann, erschöpft. Hiervon zu unterscheiden ist die
zumindest faktisch nachgelagerte Frage, auf welche Weise, falls eine Nachweiserleichterung
durch Tätigkeit eines deutschen Notars nicht in Betracht kommt, eine Vertretungsberechtigung
gegenüber dem Grundbuchamt durch Äußerungen eines ausländischen Notars nachgewiesen
werden kann. Dessen Erklärungen fallen naturgemäß nicht unter § 21 Abs. 1 BNotO. Nach in der
neueren obergerichtlichen Rechtsprechung weitaus überwiegender Auffassung kann allerdings
die Vertretungsmacht eines director einer englischen private limited company gegenüber dem
Grundbuchamt durch die Bescheinigung eines englischen Notars nachgewiesen werden, der das
Bestehen der Gesellschaft und die Vertretungsmacht nach Einsicht in das englische Register
sowie in die dort befindlichen Unterlagen (memorandum und articles of association sowie
Protokollbuch [minute book]) bestätigt, wobei die Bescheinigung nachvollziehbare Angaben zu
den tatsächlichen Grundlagen der notariellen Feststellungen enthalten muss; denn sie ist nicht
mit der Bestätigung nach § 21 BNotO vergleichbar, da sie nicht lediglich den von einer
registerführenden Behörde geprüften Inhalt eines Registers wiedergibt, sondern auch auf einer
eigenen Prüfung der beim Register vorhandenen Dokumente beruht, so dass es sich der Sache
nach um eine gutachterliche Äußerung handelt. Nur im hiesigen Zusammenhang einer
Bescheinigung eines englischen Notars über die Vertretungsverhältnisse einer private limited
company schließlich wird erörtert, ob an diese in bestimmter Hinsicht - nämlich in Bezug auf
eine Alleinvertretungsbefugnis - geringere Anforderungen zu stellen sind, falls die Gesellschaft
nur einen einzigen director hat (KG DNotZ 2012, S. 604 ff; SchlHolstOLG NJW-RR 2012, S.
1063 ff; OLG Köln a. a. O.; OLG Nürnberg a. a. O.; Langhein NZG 2001, S. 1123/1125 und
1127; Pfeiffer a. a. O., S. 243 und 244; undeutlich ThürOLG, Beschluss vom 24. März 2014 in
Sachen 3 W 31/14 ).
Mit dem Rechtsmittel wird nun im Ergebnis erstrebt, die durch §§ 32 GBO, 21 BNotO für das
Grundbuchverfahren gezogenen Grenzen dadurch zu überwinden, dass einem deutschen Notar
die Möglichkeit eingeräumt werden soll, unabhängig von der Existenz eines aussagekräftigen
Registers eine Bescheinigung mit dem hier im Rahmen der Erklärung durch einen ausländischen
Notar erörterten Inhalt auszustellen, und dies mit voller Beweiskraft. Dem kann nicht gefolgt
werden. Zum einen beschränkt § 32 GBO die durch die Notarbescheinigung bewirkte
Nachweiserleichterung ausdrücklich und mit auf der Hand liegenden Gründen auf registerfähige
Personen und Gesellschaften, so dass die erwähnte Erleichterung beispielsweise auch nicht auf
deutsche BGB-Gesellschaften Anwendung finden kann. Zum anderen ist es sachgerecht, die im
Kern gutachterliche Äußerung über eine eigene Prüfung bei einer bestimmten Stelle vorhandener
Dokumente nur dann genügen zu lassen, wenn diese von einer Urkundsperson des betreffenden
Rechtskreises abgegeben wird. Dadurch, dass deren typischerweise weiterreichenden und
tiefergehenden Kenntnis der fremden Rechtsordnung ausschlaggebendes Gewicht beizumessen
ist, wird der deutsche Notar auch nicht ohne Sachgrund benachteiligt ("diskriminiert"). Der von
der Beschwerdeführerin angeführte Aufsatz von Pfeiffer (in: Rpfleger 2012, S. 240 ff), der die
Möglichkeit einer gutachterlichen Stellungnahme durch einen deutschen Notar anspricht (S.
244), bezieht sich ausdrücklich auf das Handelsregisterverfahren, für das die gesetzliche
Vorgabe des § 32 Abs. 1 Satz 1 GBO naturgemäß nicht gilt.
3. Im gegebenen Fall genügt die im Veräußerungsvertrag enthaltene Bescheinigung des
beurkundenden deutschen Notars schon deshalb nicht den Anforderungen des § 21 BNotO, weil
in ihr nicht ersichtlich ist, in welches Register - oder in welche sonstigen Unterlagen - der Notar
am 1. August 2012 Einsicht genommen hatte und welchen konkreten Inhalt die Eintragung, auf
die er sich stützte, aufwies. Die gutachterliche Stellungnahme des Notars vom 27. September
2013 ist unzureichend, soweit sie sich auf eine Einsicht in das beim Companies House geführte
Register bezieht; im Übrigen überschreitet sie, da nicht mehr registergestützt, die zuvor
beschriebenen Grenzen der §§ 32 GBO, 21 BNotO. Eine Bescheinigung eines englischen Notars
ist nicht zu den Grundakten gereicht worden. Dies wäre im konkreten Fall indes umso eher
angezeigt gewesen, als die Beteiligte zu 2. erst am 30. Juli 2012 gegründet und eingetragen
sowie ihr director gleichfalls erst am 30. Juli 2012 bestellt worden sein soll, so dass der Frage der
zeitlich unmittelbaren Wirksamkeit der zuvor beschriebenen Rechtshandlungen angesichts des
schon am 1. August 2012 geschlossenen Veräußerungsvertrages besondere Bedeutung zukommt.
Da nach den oben unter 2. aufgezeigten Grundsätzen eine Nachweiserleichterung gemäß §§ 32
GBO, 21 BNotO hier insgesamt nicht in Betracht kommt, erweist sich damit die angegriffene
Zwischenverfügung als berechtigt. Die im hiesigen Beschlussausspruch vorgenommene
Klarstellung hat der Senat vorgenommen, weil der Begriff des notary public missverständlich
erscheint (vgl. Pfeiffer a. a. O., S. 244 gegenüber OLG Nürnberg a. a. O.).

III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Tragung der Gerichtskosten ergibt sich
unmittelbar aus §§ 22 Abs. 1 i. V. m. 25 Abs. 1 GNotKG, und eine Anordnung der Erstattung
außergerichtlicher Kosten scheidet schon deshalb aus, weil am Beschwerdeverfahren nur die
Beschwerdeführerin teilgenommen hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO
liegen nicht vor. Der Senat ist bei seinen entscheidungstragenden Erwägungen von bereits
vorhandener - obergerichtlicher - Rechtsprechung nicht abgewichen.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

21.08.2014

Aktenzeichen:

3 Wx 190/13

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht

Erschienen in:

RNotZ 2015, 88-91
notar 2015, 166-167

Normen in Titel:

GBO §§ 29, 32; BNotO § 21