Keine Beteiligung eines Vermächtnisnehmers am Verfahren des Nachlassgerichts zur Ernennung des Testamentsvollstreckers
letzte Aktualisierung: 22.6.2022
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2022 – 3 Wx 86/21
FamFG §§ 59 Abs. 1, 345 Abs. 3
Keine Beteiligung eines Vermächtnisnehmers am Verfahren des Nachlassgerichts zur Ernennung
des Testamentsvollstreckers
Der Vermächtnisnehmer zählt nicht zum Personenkreis, für den § 345 FamFG eine
Verfahrensbeteiligung bei der Ernennung eines Testamentsvollstreckers vorsieht. § 59 Abs. 1
FamFG regelt lediglich die Beschwerdebefugnis des Vermächtnisnehmers gegen die Ablehnung der
Ernennung eines Testamentsvollstreckers, gibt diesem jedoch keinen Anspruch auf Beteiligung an
dem zugrunde liegenden Nachlassverfahren.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1. ist durch letztwillige Verfügung des Erblassers mit zwei
Vermächtnissen bedacht worden. Das eine Vermächtnis räumt dem Beteiligten zu 1. das
lebenslange Recht ein, die Erdgeschosswohnung des Erblassers im Hause ……………
sowie das zu dieser Wohnung gehörende Zimmer im 1. Obergeschoss unentgeltlich zu
bewohnen. Das zweite Vermächtnis bezieht sich auf die Wohnungseinrichtung des
Erblassers nebst dem dazugehörigen Hausrat.
Der Beteiligte zu 2. ist vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker berufen worden. Das
notariell beurkundete Testament vom 14. November 2006 sieht dazu eine
Abwicklungsvollstreckung sowie nach erfolgter Erbauseinandersetzung eine daran
anschließende Dauervollstreckung vor, diese allerdings befristet bis zum 31. Dezember
2020.
Das Amtsgericht Oberhausen führt den Vorgang über die Ernennung des Beteiligten zu 2.
als Testamentsvollstrecker in dem Verfahren 6 VI 978/20 sowie in einem unwesentlichen
Umfang ergänzend unter dem Aktenzeichen 6 VI 936/20. Das
Testamentsvollstreckerzeugnis ist am 5. November 2020 erteilt und mit Beschluss vom 26.
November 2020 wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit dahin berichtigt worden, dass
alleine die Dauervollstreckung bis zum 31. Dezember 2020 befristet ist.
Der Beteiligte zu 1. möchte an beiden Verfahren beteiligt werden und begehrt Einsicht in
die betreffenden Akten des Nachlassgerichts.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht das Verlangen zurückgewiesen
und zur Begründung ausgeführt: Als bloßer Vermächtnisnehmer stehe dem Beteiligten zu
1. ein Beteiligungsrecht nicht zu;
für Erben und den Mitvollstrecker vor. Mangels einer Verfahrensbeteiligung des Beteiligten
zu 1. scheide damit auch ein Akteneinsichtsrecht nach § 13 Abs. 1 FamFG aus. Als Dritter
könne der Beteiligte zu 1. gemäß
beanspruchen, wenn er ein berechtigtes Interesse besitze. Daran fehle es. Es sei nicht
ersichtlich, inwiefern der Beteiligte zu 1. durch eine Einsichtnahme in die
Testamentsvollstreckerakte die Erfüllung seiner Vermächtnisse beschleunigen könne.
Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde. Er meint, die
reklamierten Ansprüchen folgten aus
Außerdem sei für ihn von Bedeutung, gegen wen er den Anspruch auf Erfüllung der beiden
Vermächtnisse zu richten habe, gegen den Testamentsvollstrecker oder nach Beendigung
der Testamentsvollstreckung gegen die beiden Erben.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Nachlassakten 6 VI 978/20 und 6 VI 936/20 sowie auf die gewechselten Schriftsätze der
Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
A. An dem Verfahren, dass das Nachlassgericht zur Ernennung des Beteiligten zu 2. zum
Testamentsvollstrecker und über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses
geführt hat (6 VI 978/20 und 6 VI 936/20), ist der Beteiligte zu 1. nicht zu beteiligen
(gewesen).
1. § 345 FamFG listet für verschiedene Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
abschließend diejenigen Personen auf, die von Amts wegen oder auf Antrag hinzugezogen
werden müssen und die das Gericht darüber hinaus am Verfahren beteiligen kann. Das
Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses ist in
Verfahren ist der Testamentsvollstrecker zwingend beteiligt (
Daneben kann das Gericht die Erben und einen etwaigen Mitvollstrecker hinzuziehen (§
345 Abs. 3 Satz 2 FamFG); auf ihren Antrag hin sind diese Personen an dem Verfahren zu
beteiligen (
nicht zum Personenkreis, für den die Vorschrift eine Verfahrensbeteiligung vorsieht. Das ist
nach dem Wortlaut des
erklärten Willen des Gesetzgebers. In der Gesetzesbegründung zu § 345 FamFG (BTDrucks.
16/6308 Seite 278) heißt es allgemein:
„Die Vorschrift enthält besondere Regelungen zum Beteiligtenbegriff in Nachlassverfahren,
die nur auf Antrag eingeleitet werden. Diese Vorschriften ergänzen als Sondervorschriften
die Bestimmungen des Allgemeinen Teils in § 7. Abweichende Bestimmungen enthält die
Vorschrift insbesondere hinsichtlich der im Allgemeinen Teil in § 7 Abs. 2 geregelten
Voraussetzungen für die Hinzuziehung von Personen, die durch das Verfahren in ihren
Rechten betroffen sind (Unterstreichungen hinzugefügt).“
Speziell zum Verfahren auf Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses führt die Gesetzesbegründung in Bezug auf § 345
Abs. 3 FamFG aus (BT-Drucks. 16/6308 Seite 278):
„Absatz 3 normiert – ebenfalls als Spezialnorm zu § 7 – den Beteiligtenkreis im Verfahren
zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses. Nach Satz 1 ist der Testamentsvollstrecker als
Beteiligter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 hinzuzuziehen. Darüber hinaus kann das Gericht die
Erben sowie einen eventuellen Mitvollstrecker gemäß Satz 2 zu dem Verfahren
hinzuziehen; auf ihren Antrag hin sind diese Personen gemäß Satz 3 hinzuzuziehen. Die
Beteiligteneigenschaft eines Nachlassgläubigers, der einen Antrag auf Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses stellt (
Abs. 1 (Unterstreichung hinzugefügt).“
2. Auf
reklamiert – einen Anspruch auf Verfahrensbeteiligung von vornherein nicht stützen. Das
ist offensichtlich. Die genannte Vorschrift regelt den Kreis der verfahrensbeteiligten
Personen für „die sonstigen“ auf Antrag durchzuführenden Nachlassverfahren und damit
ausschließlich für die nicht unter
3. Ohne Erfolg verweist der Beteiligte zu 1. schließlich auf die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs über die Beschwerdebefugnis eines Vermächtnisnehmers gegen die
Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers (BGH, Beschluss vom
24.4.2013, IV ZB 42/12). Jene Gerichtsentscheidung ist zur Beschwerdeberechtigung des
Vermächtnisnehmers nach § 59 Abs. 1 FamFG und nicht zur Beteiligung eines
Vermächtnisnehmers an einem Antragsverfahren im Sinne von
ergangen. Sie lässt sich – entgegen der Ansicht der Beschwerde – auch nicht dahin
deuten, dass von der Beschwerdeberechtigung des Vermächtnisnehmers auf einen
Anspruch auf Beteiligung an dem zugrunde liegenden Nachlassverfahren zu
schlussfolgern ist. Die Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 FamFG knüpft nämlich nicht
an eine vorausgegangene Verfahrensbeteiligung des Beschwerdeführers an, sondern
erfordert eine Beeinträchtigung in eigenen Rechten. Das betont auch die
Gesetzesbegründung zu § 59 Abs. 1 FamFG (BT-Drucks. 16/6308 Seite 204). Dort heißt
es auszugsweise:
„Die Vorschrift regelt, welcher Personenkreis beschwerdeberechtigt ist. Absatz 1 entspricht
inhaltlich dem bisherigen § 20 Abs. 1 FGG. Er bestimmt, dass es für die
Beschwerdeberechtigung auf die Beeinträchtigung eigener Rechte ankommt. Auf die
Beteiligtenstellung in erster Instanz kommt es demgegenüber nicht an. Mithin ist es
unerheblich, ob der Beschwerdeberechtigte tatsächlich Beteiligter des erstinstanzlichen
Verfahrens war oder aufgrund seiner Rechtsbetroffenheit hätte hinzugezogen werden
müssen. Umgekehrt ist ein Beteiligter im erstinstanzlichen Verfahren nicht
beschwerdeberechtigt, wenn er vom Ergebnis der Entscheidung in seiner materiellen
Rechtsstellung nicht betroffen ist......“
B. Mit Recht hat das Amtsgericht auch einen Anspruch des Beteiligten zu 1. auf Einsicht in
die Testamentsvollstreckerakte verneint.
1. Ein Akteneinsichtsrecht aus § 13 Abs. 1 FamFG scheidet auf erste Sicht aus. Denn der
Beteiligte zu 1. ist (und war) an dem Verfahren zur Ernennung des Testamentsvollstreckers
und zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses nicht zu beteiligen.
2. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für ein Einsichtsrecht nach § 13 Abs. 2
FamFG vor. Nach der genannten Vorschrift kann Personen, die nicht an dem Verfahren
beteiligt sind, Einsicht in die Verfahrensakten nur gestattet werden, wenn und soweit sie
ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen. Erforderlich ist dazu kein rechtliches
Interesse; ausreichend ist vielmehr ein vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse
tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art (Senat, Beschluss vom
10.3.2022, I–3 Wx 52/21). Zutreffend hat das Amtsgericht ein solches berechtigtes
Interesse verneint.
Es kann sich – weil der Beteiligte zu 2. längst als Testamentsvollstrecker ernannt worden
ist und die Beschwerde hiergegen keine Einwände erhebt – alleine aus der Rechtsposition
des Beteiligten zu 1. als Vermächtnisnehmer ergeben. Indes ist weder dargelegt noch
sonst ersichtlich, inwieweit die begehrte Akteneinsicht dem Beteiligten zu 1. die
Durchsetzung seines Anspruchs aus den beiden Vermächtnissen erleichtern könnte.
Obschon bereits das Amtsgericht seine Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt gestützt
hat, trägt die Beschwerde zu einem diesbezüglichen Interesse nachvollziehbar nichts vor.
Ihr Hinweis auf den Erhalt eines Erbschaftssteuerbescheides ist ohne Belang, weil der
Steuerbescheid keinerlei Bedeutung für die Erfüllung der Vermächtnisse besitzt.
Unbehelflich ist ebenso das Argument der Beschwerde, der Inhalt der
Testamentsvollstreckerakte sei für den Beteiligten zu 1. von Bedeutung, weil der Anspruch
auf Erfüllung der beiden Vermächtnisse zunächst gegen den Testamentsvollstrecker und
nach Beendigung der Testamentsvollstreckung zum 31. Dezember 2020 gegen die beiden
Erben zu richten sei. Das gilt schon deshalb, weil die Prämisse unzutreffend ist. Nach dem
klaren Wortlaut der letztwilligen Verfügung des Erblassers ist nicht die – vorliegend alleine
relevante – Abwicklungsvollstreckung, sondern alleine die daran anschließende
Dauervollstreckung zeitlich befristet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten
eines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels demjenigen der Beteiligten auferlegen, der es
eingelegt hat. Für einen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1
FamFG liegen nicht vor.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:04.04.2022
Aktenzeichen:3 Wx 86/21
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
FamFG §§ 59 Abs. 1, 345 Abs. 3