Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Belastung des Grundstücks des veräußernden Betreuten mit einer Finanzierungsgrundschuld; kein Genügen der Belastungsvollmacht im Kaufvertrag, den das Beutreuungsgericht bereits genehmigt hat
letzte Aktualisierung: 24.2.2025
OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2024 – 20 W 130/24
Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Belastung des Grundstücks des
veräußernden Betreuten mit einer Finanzierungsgrundschuld; kein Genügen der
Belastungsvollmacht im Kaufvertrag, den das Beutreuungsgericht bereits genehmigt hat
Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass die vom Betreuungsgericht erteilte
Genehmigung eines notariellen Kaufvertrags, der eine Belastungsvollmacht enthält, die
Genehmigungsbedürftigkeit der nachfolgenden und in Ausnutzung dieser Vollmacht durchgeführten
Grundpfandrechtsbestellung nicht entfallen lässt (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom
16.6.2011 – 20 W 251/11; Abweichung von OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1.8.2023 – I-3 Wx
86/23).
Gründe
I.
Im betroffenen Grundbuch sind in Abt. I, lfd. Nr. 2b, die Beteiligte zu 1 und in Abt. I, lfd. Nrn. 2c bis 2e, die Beteiligten zu 1 bis 3 in Erbengemeinschaft, jeweils zu 1/2 als Eigentümer eingetragen.
Mit Schreiben vom 03.06.2024 hat die Verfahrensbevollmächtigte unter anderem ihre notarielle Urkunde vom 13.02.2024, UVZ-Nr. …, die einen Kaufvertrag über ein Wohnungseigentumsrecht enthält, zum betroffenen Grundbuch eingereicht. Ausweislich dieser Urkunde, wegen deren Einzelheiten auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, haben die Beteiligten zu 1 bis 3 den betroffenen Grundbesitz an den Beteiligten zu 4 zu ¾ und die Beteiligten zu 5 und 6 je zu 1/8 verkauft.
Ziffer III. 6. dieses Vertrags lautet auszugsweise:
„Der Kaufpreis wird ganz oder teilweise finanziert. Der Käufer verpflichtet sich, die hierfür erforderlichen Grundpfandrechte unverzüglich zu bestellen. Die Auszahlungsbeträge sind nach der Bestellung der Grundpfandrechte von den kreditierenden Stellen zu dem entsprechenden Fälligkeitstermin unmittelbar an den Verkäufer zu zahlen.
Der Verkäufer verpflichtet sich zur Mitwirkung an Grundpfandrechtsbestellungen, die für die Finanzierung des Kaufpreises erforderlich sind. Er erteilt hiermit dem Käufer Vollmacht zur Bestellung und Eintragung von Grundpfandrechten, welche zur Valutierung des Kaufpreises nach Maßgabe banküblicher Bedingungen erforderlich sind nebst bis zu insgesamt 30 v. H. Zinsen und Nebenleistungen. Etwa bestehende Rangvorbehalte dürfen ausgenutzt oder Rangrücktritte bewilligt und beantragt werden.
Die Grundpfandrechte dürfen ausschließlich zur Sicherung von Darlehen dienen, die der Käufer zur Finanzierung des Kaufpreises aufnimmt. Eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung darf die dingliche Haftung des Kaufgegenstandes und dessen jeweiligen Eigentümer betreffen (
(…).“
In der Folge enthält Ziffer III. 6. Regelungen in diesem Zusammenhang, auf deren Einzelheiten verwiesen wird.
Der Urkunde beigefügt war eine rechtskräftige Ausfertigung eines Beschlusses des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Betreuungsgericht -, Az. …, vom 29.04.2024, ausweislich dessen die Erklärungen der Betreuerin für die Beteiligte zu 1 in der bezeichneten notariellen Urkunde betreffend den Verkauf des im bezeichneten Grundbuch verzeichneten Grundbesitzes genehmigt wurden. Beigefügt war weiter ein Beschluss desselben Gerichts zum selben Aktenzeichen vom 24.10.2023, ausweislich dessen die Betreuerin für die Beteiligte zu 1 unter anderem mit dem Aufgabenkreis „Wohnungsverkauf vorbehaltlich der gerichtlichen Genehmigung“ bestellt worden war. Auch auf den Inhalt dieser Urkunden wird ergänzend Bezug genommen.
Weiter war dem Schreiben an das Grundbuchamt vom 03.06.2024 eine notarielle Urkunde der Verfahrensbevollmächtigten vom 28.05.2024, UVZ-Nr. …, beigefügt, ausweislich der die Beteiligten zu 4 bis 6 handelnd für sich und zugleich für die Beteiligten zu 1 bis 3 aufgrund der in der oben bezeichneten Urkunde vom 13.02.2024 erteilten Vollmacht eine Grundschuld über 100.000,-- EUR für die Bank1 Aktiengesellschaft, Stadt1, an dem betroffenen Grundbesitz bestellt haben. Wegen der Einzelheiten dieser Urkunde wird ebenfalls auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Verfahrensbevollmächtigte hat im Schreiben vom 03.06.2024 gegenüber dem Grundbuchamt im Namen der Beteiligten die Anträge in der Grundschuldbestellungsurkunde gestellt, insbesondere deren Eintragung, sowie die Eintragung der Auflassungsvormerkung gemäß Abschnitt V. des Kaufvertrags im Rang hinter dieser Grundschuld gemäß Rangrücktritt in Abschnitt VIII. der Grundschuldbestellung beantragt.
Durch die angefochtene Zwischenverfügung, auf deren Einzelheiten verwiesen wird, hat das Grundbuchamt neben weiteren Beanstandungen unter Ziffer 2. aufgegeben, dass zur Grundschuldbestellungsurkunde bezüglich der Beteiligten zu 1 die betreuungsgerichtliche Genehmigung mit Rechtskraftvermerk gemäß
Hierauf hat die Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 18.06.2024 unter anderem mitgeteilt, dass sie das Betreuungsgericht darauf hingewiesen habe, dass sie den Vertrag aufgrund einer aktuellen Entscheidung von Ende 2023 mit einer unter anderem vom Betreuungsgericht zu genehmigenden Belastungsvollmacht aufgebaut habe, nach deren Rechtswirksamkeit die Grundschuld vom Käufer bestellt werde. Dagegen habe das Betreuungsgericht offensichtlich keine Bedenken gehabt, das auch die Vollmacht der Betreuten zur Bestellung der Finanzierungsgrundschuld betreuungsgerichtlich genehmigt habe. Einer weiteren und damit doppelten betreuungsgerichtlichen Genehmigung solle es nach Auffassung der Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr bedürfen. In der Anlage ist auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 01.08.2023, I-3 Wx 86/23, Bezug genommen worden.
Hierauf hat das Grundbuchamt mit Verfügung vom 25.06.2024 mitgeteilt, dass es die Auffassung des OLG Düsseldorf nicht teile. Die Rechtslage sei umstritten. So würden sich diverse Entscheidungen finden, die die Genehmigung der Grundschuldbestellungsurkunde für nicht abdingbar halten würden, da im Kaufvertrag nicht etwa die konkrete Grundstücksbelastung durch das Betreuungs- bzw. Familiengericht genehmigt werde.
Mit an das Oberlandesgericht gerichtetem Schriftsatz vom 27.06.2024, auf dessen Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird, hat die Verfahrensbevollmächtigte im Namen der Beteiligten gegen Punkt 2 der Zwischenverfügung vom 13.06.2024 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Zwischenverfügung bezüglich Punkt 2 aufzuheben und dem Eintragungsantrag vom 03.06.2024 auf Eintragung der Grundschuld stattzugeben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verfahrensbevollmächtigte ihre Urkunden nach den neuesten Veröffentlichungen des deutschen Notarinstituts aufgebaut habe, während sich das Grundbuchamt für seine Begründung auf andere Ansichten beziehe, die sämtlich mehr als über ein Jahrzehnt zurücklägen und somit längst obsolet erschienen. Das Betreuungsgericht habe vorliegend die kaufvertraglichen Bestimmungen genehmigt, die eine Vollmacht zur Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld beinhalten würden. Nach Wirksamwerden der Vollmacht bedürfe es keiner weiteren Genehmigung zur Ausübung der Vollmacht. Dass die Finanzierungsgrundschuld nur im Rahmen des Kaufvertrags errichtet und ausschließlich zur Sicherung des verkäuferseitigen Kaufpreisanspruchs verwendet werde, sei sowohl im Kaufvertrag als auch in der Grundschuldurkunde dokumentiert und werde notariell überwacht. Vor diesem Hintergrund könnten hier keine Anhaltspunkte dafür gesehen werden, die eine Doppelgenehmigung rechtfertigen würden. Im Gegenteil scheine es gar nicht vorstellbar, dass das Betreuungsgericht eine im Rahmen des Kaufvertrags bestellte Finanzierungsgrundschuld nicht genehmigen würde. Denn dies stünde krass im Gegensatz zu dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen und deren Unterhaltssicherung. Dies habe so ganz offensichtlich nun auch das OLG Düsseldorf erkannt und die antiquierten Ansichten, die sich auch seitens des OLG Frankfurt nicht würden halten lassen, beiseite gewischt.
Nach Rückgabe an das Grundbuchamt hat dieses durch Beschluss vom 23.07.2024, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nicht etwa die Vollmachtserteilung unter dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungsvorbehalt stehe, sondern die konkrete Belastung des Grundstücks mit einem Grundpfandrecht. Zudem sei die der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 01.08.2023 zugrundeliegende Sachlage eine andere gewesen, was das Grundbuchamt im Einzelnen ausgeführt hat.
Die Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 01.08.2024 im Beschwerdeverfahren ergänzend Stellung genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Zwischenverfügung vom 13.06.2024 ist im angefochtenen Umfang nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Grundbuchamt für die Eintragung der bestellten Grundschuld im Grundbuch die betreuungsgerichtliche Genehmigung für erforderlich erachtet und deren Vorlage aufgegeben.
Nach
Nicht einheitlich wird dabei jedoch die Frage beurteilt, ob eine zusätzliche weitere betreuungsgerichtliche Genehmigung für die Bestellung eines Grundpfandrechts zur Finanzierung des Kaufpreises bei Veräußerung eines Grundstücks des bzw. der Betreuten erforderlich ist, wenn diese unter Ausnutzung einer in dem Kaufvertrag erteilten Belastungsvollmacht bestellt wurde und die Erklärungen des Betreuers bzw. der Betreuerin in dem Kaufvertrag einschließlich der Belastungsvollmacht bereits betreuungsgerichtlich genehmigt wurden.
Teilweise wird hierzu mit der Beschwerde die Auffassung vertreten, die Bestellung des Grundpfandrechts bedürfe keiner zusätzlichen Genehmigung, wenn in dem genehmigten Kaufvertrag bereits die wesentlichen Vertragsbestimmungen für die Bestellung des Grundpfandrechts enthalten seien (vgl. die von der Beschwerde zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf, veröffentlicht etwa in
Die - soweit ersichtlich - nach wie vor herrschende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung geht aber davon aus, dass die vom Betreuungsgericht erteilte Genehmigung des notariellen Kaufvertrags, der eine Belastungsvollmacht enthält, die Genehmigungsbedürftigkeit der nachfolgenden und in Ausnutzung dieser Vollmacht durchgeführten Grundpfandrechtsbestellung nicht entfallen lässt (vgl. zunächst die vom Grundbuchamt im Nichtabhilfebeschluss zitierten - und derjenigen des OLG Düsseldorf zeitlich vorangehenden - Entscheidungen des OLG Zweibrücken
Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsauffassung, die sich seinerzeit noch auf die
Der Kreis der genehmigungsbedürftigen Verfügungen im Sinne des
Daran hält der Senat fest. Der Senat vermag der entgegenstehenden Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf in der oben zitierten Entscheidung (Tz. 29 bei juris) nicht zu folgen, nach der bei einer am Normzweck der Vorschrift (dort
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betrifft
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; er ist auch nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Insoweit teilt der Senat die in den oben aufgeführten Anmerkungen von Dressler-Berlin, Frie und Braun jeweils zur Entscheidung des OLG Düsseldorf übereinstimmend geäußerte Rechtsauffassung.
Zum einen waren in dem vom Bundesgerichtshof zuletzt entschiedenen Sachverhalt alle Erklärungen in einer Urkunde enthalten, die Auflassung und die dingliche Einigung über die Belastung erfolgten gleichzeitig, worauf der Bundesgerichtshof im Rahmen der Schutzzweckerwägungen seiner Entscheidung auch maßgeblich abgestellt hatte (Tz. 6 bei juris). Hier ist die Grundschuldbestellung jedoch erst Monate später in einer gesonderten Urkunde vorgenommen worden. Zum anderen aber geht es hier - anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. Tz. 6, 8 bei juris) - gerade nicht darum, dass die Betreute ein Grundstück erwirbt und es deshalb an einer Verfügung im obigen Sinne fehlt, weil sich die Bestellung eines Grundpfandrechts bei wirtschaftlicher Betrachtung (für die Betreute) als Teil des Erwerbsvorgangs darstellt und der Betreuten von vornherein nur belastetes Eigentum zukommen soll. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr auch in diesem Zusammenhang auf die dem Genehmigungsvorbehalt zugrundeliegende gesetzgeberische Absicht hingewiesen, den vorhandenen Grundbesitz des (dort) Minderjährigen als eine besonders wertvolle Art seines Vermögens regelmäßig zu erhalten und die Veräußerung nur unter erschwerenden Voraussetzungen zu ermöglichen. Die (wirtschaftlichen) Erwägungen des Bundesgerichtshofs, dass in jenem Fall das maßgebende Gesamtergebnis, das Vermögen des Minderjährigen durch die Zuwendung belasteten Eigentums zu mehren (vgl. Tz. 6, 8, 9 bei juris), ausschlaggebend sei, greifen bei den hier vorliegenden getrennten Verfügungen gerade nicht durch. Hier wird das Grundstück der Betreuten (bzw. deren Anteile daran) zunächst belastet, deren Vermögen mithin zunächst gemindert, worin - wie gesagt - die zu genehmigende Verfügung liegt. Dass der Betreuten in einem späteren Schritt der Kaufpreis zufließen soll, macht den Gesamtvorgang nicht zu einer einheitlichen Verfügung. Zwar mag durch die in der Grundschuldbestellungsurkunde gewählte notarielle Gestaltung Vorsorge dafür getroffen worden sein, das Vermögen der Betreuten durch diese ihr (Mit-)Eigentum belastende Verfügung möglichst geringen Gefahren auszusetzen. Dies ändert aber nichts am Erfordernis der betreuungsgerichtlichen Genehmigung für diese erst im Anschluss an den Kaufvertrag erfolgte Verfügung. Für eine einschränkende Auslegung des
Da die Bevollmächtigung - wie gesagt - noch kein konkretes Rechtsgeschäft im Sinne des Katalogs des
Ergänzend bemerkt der Senat Folgendes: Soweit in der Literatur für diese Fälle teilweise die Möglichkeit erwogen wird (vgl. etwa Frie
Eine Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf die
Den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat ausgehend von der beantragten Eintragung und der mit der Behebung des Eintragungshindernisses verbundenen Schwierigkeiten auf ein Zehntel des Nennwerts der Grundschuld (
Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung zu. Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts,
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:11.12.2024
Aktenzeichen:20 W 130/24
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 1850