Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 859
letzte Aktualisierung: 13.Oktober 1999
Ausfertigung nur verweigern, wenn zweifelsfrei feststeht, daß der titulierte Anspruch nicht besteht.
Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn der Gläubiger zunächst die Erfüllung bestätigt, diese aber im
Klauselerteilungsverfahren bestreitet.
G r ü n de
Mit notarieller Urkunde vom 4.2.1994 verkaufte die Beteiligte zu 1 an die Beteiligten zu 2, 3 und 4 ein
Grundstück zum Kaufpreis von 550.000 DM. Die Käufer unterwarfen sich wegen des Kaufpreises der
sofortigen Zwangsvollstreckung. In der Urkunde ist festgehalten, daß dem Verkäufer jederzeit ohne
Nachweise eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen ist.
Mit Bescheid vom 31.5.1999 lehnte der Notar die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des
notariellen Kaufvertrages ab. Er berief sich auf ein Schreiben des Prokuristen der Beteiligten zu 1 vom
21.4.1994 an ihn. Dieses lautet:
"hiermit bestätigen wir den vollen Kaufpreis für das Objekt ... erhalten zu haben."
Gegen die ablehnende Entscheidung des Notars legte die Beteiligte zu 1 Beschwerde ein: Der Beteiligte zu
3, der frühere Mitgesellschafter der Beteiligten zu 1, habe gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten des
Beteiligten zu 1 am 16.4.1999 bestätigt, daß der Kaufpreis zu keinem Teil geflossen sei, daß er aber 250.000
DM gegenüber dem Kaufpreis habe verrechnen können.
Mit Beschluß vom 12.7.1999,hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich
die Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde.
II..
Das zulässige (
vollstreckbare Ausfertigung des Kaufvertrags zu erteilen.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Prüfungspflicht des Notars beschränke sich bei der Entscheidung
über Anträge auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel auf das Vorliegen der formellen Voraussetzungen.
Eine Ausnahme gelte nur, wenn zweifelsfrei feststehe, daß der titulierte Anspruch nicht bestehe. Das sei hier
der Fall. Der Prokurist der Beteiligten zu 1 habe nach Abschluß des Kaufvertrages durch Schreiben vom
21.4.1994 den vollen Kaufpreis quittiert. Es sei rechtlich ohne Bedeutung, ob der Kaufpreis, wie im Vertrag
vorgesehen, auf das Konto der Beteiligten zu 1 bei der Raiffeisenbank überwiesen oder in anderer Weise
geleistet worden sei. Dem Kaufvertrag könne nicht entnommen werden, daß jede anderweitige Tilgung
ausgeschlossen sein sollte. Denkbar sei ein teilweises oder vollständiges Erlöschen des Kaufpreisanspruches
infolge Aufrechnung. Durch die Quittung vom 21.4.1994 sei jedenfalls das vollständige Erlöschen der
Kaufpreisforderung urkundlich bewiesen. Für den Notar habe damit das Nichtbestehen der
Kaufpreisforderung zweifelsfrei festgestanden. Hierauf habe der Notar vertrauen können und müssen. Dies
schließe zwar nicht aus, daß die Quittung möglicherweise inhaltlich unrichtig sei. Dieser Streitpunkt könne
jedoch nicht in einem Verfahren nach
2. Der Senat vermag den Erwägungen des Landgerichts aus Rechtsgründen nicht zu folgen (§ 27 Abs. 1
FGG,
a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß sich die Prüfungspflicht des Notars bei der
Entscheidung über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel auf das Vorliegen der formellen
Voraussetzungen beschränkt und sich nicht auf rechtsvernichtende, aus der Urkunde nicht ersichtliche Umstände erstreckt. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, daß von diesem Grundsatz Ausnahmen nur zu
machen sind, wenn zweifelsfrei feststeht, daß der titulierte Anspruch nicht besteht. Ein solcher
Ausnahmefall ist hier aber nicht gegeben.
b) Der Notar kann die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ausnahmsweise ablehnen, wenn durch
öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen oder sonst für ihn offenkundig ist, daß der
materielle Anspruch nicht (mehr) besteht (Bay0bLG
zahlende Betrag laut notariellem Vertrag an den beurkundenden Notar zu zahlen war und sich aus dessen
Unterlagen ergibt, daß er bezahlt worden ist oder wenn der Gläubiger im Klauselerteilungsverfahren selbst
zugesteht, daß er wegen des titulierten Anspruchs befriedigt ist (Bay0bLGZ DNotI-Report 1998,19;
Stein/Jonas/Münzberg ZPO 21. Aufl. § 797 Rn. 11; MünchKomm/Wolfsteiner ZPO § 724 Rn. 40). Erklärt
der Gläubiger im Klauselerteilungsverfahren dem Notar, daß der Schuldner die vollstreckbare Forderung
bereits getilgt hat, so liegt klar auf der Hand, daß der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel mißbräuchlich ist und die vollstreckbare Ausfertigung zu rechtswidrigen Zwecken verwendet werden kann, so
daß dem Staat auch von Verfassungs wegen die Mitwirkung bei solchen Handlungen verboten ist
(MünchKomm/Wolfsteiner aaO. unter Hinweis auf
c) Ein solcher oder gleichwertiger Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Die Äußerung des Prokuristen im
Schreiben vom 21.4.1994 reicht nicht aus, um die Erteilung der Vollstreckungsklausel abzulehnen. Sie stellt
zwar ein - gewichtiges -Indiz dafür dar, daß Erfüllung eingetreten ist. Da sich die Gläubigerin aber an dieser
Äußerung ihres damaligen Prokuristen nicht festhalten lassen will, muß im Verfahren nach
geklärt werden, ob der Kaufpreisanspruch erloschen ist. Solange das Erlöschen nicht zweifelsfrei feststeht,
darf die Vollstreckungsklausel nicht verweigert werden (Zöller/ Stöber ZPO 21. Aufl. § 797 Rn. 5b). Zu
entscheiden, ob der titulierte Anspruch noch besteht, ist ausschließlich Sache des Prozeßgerichts im Rahmen
der Vollstreckungsabwehrklage (OLG Frankfurt aaO; Wolfsteiner
gesetzwidrig die Last zur Klage vom Schuldner (
(Stein/ Jonas/Münzberg a.a.O.).
Daß eine private Bestätigung des Gläubigers allein nicht ausreicht, um das Erlöschen des
Kaufpreisanspruchs dem Vollstreckungsorgan gegenüber ausreichend nachzuweisen, folgt auch aus § 775
Nr. 4 ZPO. Nach dieser Bestimmung führt eine vom Gläubiger ausgestellte Privaturkunde nur zur
Einstellung der Zwangsvollstreckung. Bei Widerspruch des Gläubigers ist aber im Verfahren nach § 767
ZPO zu klären, ob die Urkunde den Sachverhalt zutreffend wiedergibt (Stein/Jonas/Münzberg aaO;
MünchKomm/Wolfsteiner aa0).
2. Der Senat hält die Anordnung einer Kostenerstattung nicht für angebracht (
Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1 Satz 1 Kost0
(Hartmann Kostengesetze 28. Aufl. Kost0 § 133 Rn. 11).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:29.09.1999
Aktenzeichen:3Z BR 269/99
Erschienen in:
DNotI-Report 1999, 177-178
MittRhNotK 1999, 356-357
DNotZ 2000, 368-370
FGPrax 2000, 41-42
NJW-RR 2000, 1663-1664
NotBZ 1999, 259
ZNotP 2000, 85-86
BeurkG § 54; ZPO §§ 767, 797