OLG Celle 16. August 2019
18 W 33/19
BGB §§ 167 Abs. 2, 311b Abs. 1; GBO §§ 39, 40

Beurkundungsbedürftigkeit einer General- und Vorsorgevollmacht; Voreintragung der Erben bei Veräußerung aufgrund transmortaler Vollmacht

BGB §§ 167 Abs. 2, 311b Abs. 1; GBO §§ 39, 40
Beurkundungsbedürftigkeit einer General- und Vorsorgevollmacht; Voreintragung der Erben bei Veräußerung aufgrund transmortaler Vollmacht

1. Eine widerrufliche General- und Vorsorgevollmacht ist auch dann nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftig, wenn sie zur Veräußerung von Grundbesitz ermächtigt.

2. Verkauft der Erbe als transmortal Bevollmächtigter ein Grundstück, so ist bei der späteren Grundschuldbestellung aufgrund der im Kaufvertrag vorgesehenen Belastungsvollmacht keine Voreintragung der Erben erforderlich. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

OLG Celle, Beschl. v. 16.8.2019 – 18 W 33/19

Problem
Der Erblasser wurde nach seinem Tod von seinen drei Kindern beerbt. Zum Nachlass gehörte u. a. ein Grundstück. Das Grundbuch ist bisher nicht berichtigt worden. Vor seinem Tod hatte der Erblasser einem seiner Söhne eine widerrufliche, notariell beglaubigte General- und Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmacht sollte ausdrücklich auch die Veräußerung und Belastung von Grundbesitz erfassen und über den Tod hinaus gelten. Der Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Mit notariellem Vertrag veräußerte der Bevollmächtigte den Grundbesitz. Der Kaufvertrag enthielt die übliche Belastungsvollmacht zugunsten der Käufer.

Das Grundbuchamt war der Ansicht, dass der Bevollmächtigte den Grundbesitz nicht habe veräußern können; eine General- und Vorsorgevollmacht mit ausdrücklicher Befugnis zur Grundbesitzveräußerung unterliege nämlich dem Formerfordernis des § 311b Abs. 1 BGB und bedürfe damit der notariellen Beurkundung.

Entscheidung
Die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde ist erfolgreich gewesen.

Das OLG Celle setzt sich zunächst ausführlich mit der Frage auseinander, wann eine General- und Vorsorgevollmacht dem Formerfordernis des § 311b Abs. 1 BGB unterliegt. Mit der ganz h. M. (und im Einklang mit § 167 Abs. 2 BGB) lehnt das Gericht die Beurkundungspflicht ab, wenn die Vollmacht jederzeit frei widerruflich ist. Nur wenn mit der widerruflichen Vollmacht bereits eine faktische Bindung eintrete (bspw. bei entsprechender Absprache im Grundverhältnis), komme eine Beurkundungspflicht in Betracht. Das sei aber bei einer allgemein gehaltenen, widerruflichen General- und Vorsorgevollmacht gerade nicht der Fall.

„Vorsorglich“ weist der Senat noch darauf hin, dass es keiner Voreintragung der Erben gem. § 39 GBO bedürfe. Dies gelte auch hinsichtlich der aufgrund Finanzierungsvollmacht noch einzutragenden Grundschuld. Der Senat stützt dies auf eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 Var. 2 Fall 2 GBO: Das Handeln des transmortal Bevollmächtigten sei mit dem Handeln eines Nachlasspflegers vergleichbar. Damit schließt sich das OLG Celle ausdrücklich den Oberlandesgerichten Köln (FGPrax 2018, 106 = DNotI-Report 2018, 132), Frankfurt (ZEV 2017, 719 = DNotI-Report 2017, 174) und Stuttgart (DNotZ 2019, 194) an. Es lässt sich im Hinblick auf diese Frage folglich eine Verfestigung der obergerichtlichen Rechtsprechung konstatieren.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Celle

Erscheinungsdatum:

16.08.2019

Aktenzeichen:

18 W 33/19

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Allgemeines Schuldrecht
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft
Beurkundungserfordernis

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 150
RNotZ 2019, 633-636
FGPrax 2020, 10-13
ZEV 2019, 712-715

Normen in Titel:

BGB §§ 167 Abs. 2, 311b Abs. 1; GBO §§ 39, 40