Verjährung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung; synallagmatisch verbundene Ansprüche; Beginn der Verjährungsfrist mit Fälligkeit des Anspruchs
letzte Aktualisierung: 1.7.2024
BGH, Urt. v. 15.3.2024 – V ZR 224/22
BGB §§ 199 Abs. 1 Nr. 1, 200
Verjährung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung; synallagmatisch verbundene
Ansprüche; Beginn der Verjährungsfrist mit Fälligkeit des Anspruchs
Die Verjährungsfrist für synallagmatisch verbundene Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis
beginnt erst mit der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs. Für den Anspruch des Käufers auf
Eigentumsverschaffung an einem Grundstück, der nach den vertraglichen Bedingungen nicht sofort
fällig ist, beginnt die Verjährungsfrist nicht schon mit Vertragsschluss, sondern erst mit der
Fälligkeit. Erst dann ist der Eigentumsverschaffungsanspruch im Sinne von
(Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 19. Mai 2006 – V ZR 40/05,
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne von der Beklagten gemäß
die Vormerkung gesicherte Übereignungsanspruch der Beklagten verjährt sei.
Die Verjährungsfrist betrage gemäß
er im Wege der Klage geltend gemacht werden könne. Voraussetzung sei zwar
grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs. Als bereits entstanden, obwohl im
Einzelfall noch nicht fällig, gelte aber auch ein Anspruch aus einem gegenseitigen
Vertrag, der mit der ausstehenden Gegenleistung synallagmatisch verknüpft sei,
und dem daher - wie hier - die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegengehalten
werden könne. Damit habe die Verjährungsfrist mit Abschluss des Kaufvertrages
am 20. August 2004 zu laufen begonnen, und Verjährung sei mit Ablauf
des 20. August 2014 eingetreten. Die Verjährung sei nicht gemäß oder entspre-
chend
gehemmt worden. Bei dieser handele es sich nicht um ein Stillhalteabkommen,
aufgrund dessen der Kläger vorübergehend berechtigt gewesen wäre,
die Leistung zu verweigern. Die Vereinbarung führe lediglich die Wirkung des
gesetzlichen Leistungsverweigerungsrechts des
fort, um einen Eigentumsübergang auf der Grundlage der in dem Kaufvertrag
erklärten Auflassung zu verhindern, ohne ein eigenständiges vertragliches
Leistungsverweigerungsrecht zu begründen. Der Beklagten als Gläubigerin des
Eigentumsübertragungsanspruchs habe es zudem freigestanden, den Restkaufpreis
gemäß
Notar zum Vollzug der Auflassung zu veranlassen.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung
kann der Anspruch des Klägers auf Beseitigung der Vormerkung gegen die
Beklagte nicht bejaht werden.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass der Anspruch
der Beklagten gegen den Kläger auf Verschaffung des Eigentums an dem
Grundstück und mit ihm die Vormerkung nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1
BGB erloschen ist. Dafür kommt es, anders als die Revision meint, nicht darauf
an, dass der Kläger nicht bereits alle zur Eigentumsverschaffung erforderlichen
Handlungen vorgenommen hat, weil er, vertreten durch den Notar (
noch nicht den Eintragungsantrag gestellt hat, und die Beklagte wegen des Verzichts
auf das Recht, selbst den Antrag auf Eigentumsumschreibung zu stellen,
die Umschreibung nicht ohne Zutun des Klägers bewirken konnte (vgl. Senat,
Urteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04,
besteht solange fort, bis der geschuldete Leistungserfolg eingetreten
ist (
Grundstück gemäß
sondern auch die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch
erfordert, erlischt ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück
nach
in das Grundbuch erfolgt ist. Erst zu diesem Zeitpunkt erlischt daher
auch eine - wie hier - zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung
eingetragene Vormerkung (
2023 - V ZR 161/22,
2. Richtig ist weiter, dass der Anspruch auf Beseitigung der Vormerkung,
bei der es sich um ein streng akzessorisches Sicherungsrecht handelt (vgl.
Senat, Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 244/17,
gemäß
gesicherte Anspruch verjährt ist. Steht demjenigen, dessen Grundstück oder dessen
Recht von der Vormerkung betroffen wird, eine Einrede zu, durch welche die
Geltendmachung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dauernd
ausgeschlossen wird, so kann er von dem Gläubiger die Beseitigung der Vormerkung
verlangen (
BGB gehört die Einrede der Verjährung (
290; BGH, Urteil vom 10. Oktober 1988 - II ZR 92/88,
in
Kläger erhoben.
3. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der
Übereignungsanspruch der Beklagten sei verjährt.
a) Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück verjähren
gemäß
BGB mit der Entstehung des Anspruchs.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Anspruch sowohl
im Sinne von
entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage
durchgesetzt werden kann. Dafür genügt es nicht, dass der Schuldner die anspruchsbegründenden
Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat. Vielmehr ist darüber
hinaus grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs erforderlich, da erst von
diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der Gläubiger mit Erfolg die
Leistung fordern und nach
hemmen kann (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1999
- V ZR 448/98,
89/22,
Rn. 22; Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 224/18,
vom 27. Oktober 2022 - I ZR 141/21,
c) Nichts anderes gilt für die synallagmatisch verknüpften vertraglichen
Ansprüche auf Leistung und Gegenleistung bei einem Grundstückskaufvertrag.
Die von dem Berufungsgericht zitierte Entscheidung des Senats vom
19. Mai 2006 (V ZR 40/05,
Ansprüche aus einem gegenseitigen Vertrag die Verjährung immer bereits mit
Vertragsschluss beginnt, ohne dass es auf die Fälligkeit ankäme (so aber Grüneberg/
Ellenberger, BGB, 83. Aufl., § 199 Rn. 3). Zu dem Entstehen von Ansprüchen
im Sinne von
verhält sich die Entscheidung nicht, sondern nur zu § 390 Satz 2
BGB aF und der Frage, wann ein Anspruch im Hinblick auf eine Aufrechnungslage
entstanden ist. Sie ist, wie der Senat bereits, allerdings nach Erlass des
Berufungsurteils, klargestellt hat, auf das Verjährungsrecht nicht übertragbar (vgl.
Beschluss vom 29. Juni 2023 - V ZR 137/22, juris Rn. 2). Die Verjährungsfrist für
synallagmatisch verbundene Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis beginnt
erst mit der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs.
aa) Zwar ist auch bei einem Kaufvertrag im Grundsatz der Zeitpunkt des
Vertragsschlusses für die Entstehung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung
im Sinne von
maßgebend. Das folgt aus der gesetzlichen Leistungszeitbestimmung des § 271
Abs. 1 BGB. Etwas anderes gilt aber dann, wenn - sei es auf Grund gesetzlicher
Regelung oder wegen einer von vornherein getroffenen vertraglichen Abrede -
der Anspruch nicht mit Vertragsabschluss, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt
fällig wird (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1971 - VIII ZR 4/70, BGHZ 55,
340, 341 zu
subsidiäre Regelungen. Sie greift nur ein, wenn eine Leistungszeit nicht in anderer
Weise bestimmt ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM
2004, 2183 f.).
bb) Ein auf die Übereignung eines Grundstücks gerichteter kaufvertraglicher
Anspruch wird regelmäßig nicht bereits mit Vertragsschluss fällig. Denn üblicherweise
werden in einem Grundstückskaufvertrag abweichende Regelungen
zur Fälligkeit des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung getroffen, um den Verkäufer
davor zu schützen, dass er das Eigentum an seinem Grundstück verliert,
ohne den Kaufpreis zu erhalten. Solche Regelungen zur Sicherung des Verkäufers
können dazu führen, dass der Anspruch auf Eigentumsverschaffung erst mit
dem Nachweis der Kaufpreiszahlung fällig wird (vgl. Senat, Urteil vom
23. Juni 2023 - V ZR 89/22,
seine Leistung in Gestalt der Kaufpreiszahlung zu erbringen, ohne sich insoweit
auf
zu §§ 320 ff. Rn. 21). Er kann vor Erfüllung der Vorleistungspflicht
nicht erfolgversprechend auf Übertragung des Eigentums klagen, auch nicht mit
dem Ziel, eine Zug-um-Zug-Verurteilung zu erreichen. Eine derartige Klage wäre
vielmehr mangels Fälligkeit als derzeit unbegründet abzuweisen. Dagegen reicht
es, anders als das Berufungsgericht offenbar meint, für den Beginn der Verjährungsfrist
nicht aus, dass der Käufer berechtigt wäre, jederzeit den restlichen
Kaufpreis zu zahlen (
herbeizuführen. Andernfalls liefe die auf den Eigentumsverschaffungsanspruch
bezogene Fälligkeitsvereinbarung ins Leere; nicht
fällige Ansprüche können aber nicht verjähren. Für den Anspruch des Käufers
auf Eigentumsverschaffung an einem Grundstück, der nach den vertraglichen
Bedingungen nicht sofort fällig ist, beginnt die Verjährungsfrist nicht schon mit
Vertragsschluss, sondern erst mit der Fälligkeit. Erst dann ist der
Eigentumsverschaffungsanspruch im Sinne von
Beklagten - was nach den vertraglichen Regelungen zweifelhaft erscheint - überhaupt
ein Recht zur Vorleistung nach
deshalb keiner Entscheidung.
cc) Auf die von dem Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des § 205
BGB kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
vereinbarte vorübergehende Leistungsverweigerungsrechte (vgl. BTDrucks.
14/6040 S.118). Damit sind Vereinbarungen zwischen Gläubiger und
Schuldner gemeint, die die Fälligkeit einer Forderung nachträglich hinausschieben,
also nach dem Entstehen im Sinne der
laufenden Verjährungsfrist getroffen werden (z.B. Stillhalteabkommen). Nicht erfasst
werden von vornherein getroffene Abreden des Inhalts, dass die Forderung
später fällig sein soll, denn die Verjährung beginnt ohnehin erst mit der Fälligkeit
zu laufen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1977 - III ZR 116/74,
Urteil vom 24. Oktober 1991 - IX ZR 18/91,
Peters/Jacoby, BGB [2019], § 205 Rn. 6). Ist mangels Fälligkeit ein einklagbarer
Anspruch noch nicht im Sinne der
Hemmung der Verjährung schon aus diesem Grund nicht.
d) Nach diesen Grundsätzen ist der Anspruch der Beklagten auf Eigentumsverschaffung
im Sinne des
geworden ist. Dazu hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig -
keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Beklagten ist deshalb für das Revisionsverfahren
zu unterstellen, dass ihr Übereignungsanspruch nicht fällig geworden
ist. Dann konnte die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen. Dem Kläger
steht infolgedessen die Einrede der Verjährung nicht zu, und er kann die Beseitigung
der Vormerkung nicht verlangen (
III.
1. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben
(
weil noch weitere Feststellungen zu treffend sind. Mangels Entscheidungsreife
ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, wann der Eigentumsverschaffungsanspruch
der Beklagten fällig werden sollte. Es spricht vieles
dafür, dass - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - Fälligkeit nicht schon
mit Vertragsschluss eingetreten ist. Nach den von dem Berufungsgericht wiedergegebenen
und in Bezug genommenen Regelungen in dem Kaufvertrag konnte
der Antrag auf Vollzug der Auflassung nämlich erst gestellt werden, wenn der
Kläger dem zustimmt oder er bestätigt hat oder wenn dem Notar in anderer Weise
nachgewiesen ist, dass der geschuldete Kaufpreis gezahlt ist (Abschnitt II). Die
Zahlung des Kaufpreisrestes sollte erst erfolgen, wenn der Kläger die Beklagte
zur Zahlung auffordert und dabei die ganze oder teilweise Verwendung des Betrages
zur Finanzierung des von ihm zu erwerbenden Ersatzobjekts glaubhaft
macht (Abschnitt VIII Ziff. 6). Für das Verjährungsrecht ist anerkannt, dass dann,
wenn die Fälligkeit des Anspruchs von einem Verhalten des Gläubigers abhängt,
die Verjährung erst mit Fälligkeit dieses Anspruchs beginnt (vgl. BGH, Urteil vom
17. Februar 1971 - VIII ZR 4/70,
1990 - VIII ARZ 5/90,
- VII ZR 73/99,
1185 Rn. 30). Dem steht der Zweck der Verjährung - Wahrung des Rechtsfriedens,
Schutz des Schuldners vor Beweisschwierigkeiten, alsbaldige Klärung von
Ansprüchen - nicht entgegen (vgl. BGH Beschluss vom 19. Dezember 1990
- VIII ARZ 5/90 aaO).
b) Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit,
sich mit dem Einwand des Klägers zu befassen, die Beklagte müsse sich wegen
treuwidrigen Verhaltens so behandeln lassen, als sei der Restkaufpreis bereits
wenige Jahre nach Abschluss des Kaufvertrags fällig geworden (
Den Parteien wird Gelegenheit zu geben sein, hierzu ergänzend vorzutragen.
Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auf der Grundlage des noch zu ergänzenden
Sachvortrags der Parteien zu prüfen haben, ob wegen des Scheiterns
des Erwerbs eines Ersatzobjekts durch den Kläger ein Wegfall der Geschäftsgrundlage
in Betracht kommen könnte (
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:15.03.2024
Aktenzeichen:V ZR 224/22
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Vormerkung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 199 Abs. 1 Nr. 1, 200