Voraussetzungen für Hemmung der Verjährung einer Notarkostenforderung
letzte Aktualisierung: 17.11.2022
OLG Köln, Beschl. v. 23.5.2022 – 2 Wx 92/22, 2 Wx 95/22, 2 Wx 96/22
GNotKG §§ 6, 89, 127;
Voraussetzungen für Hemmung der Verjährung einer Notarkostenforderung
1. Der Antragsteller trägt in einem Notarkostenverfahren die Feststellungslast dafür, dass die an ihn
im Original übersandte Notarkostenrechnung keine Unterschrift trägt.
2. Eine weitere Notarkostenbeschwerde kann nicht auf Einwendungen gestützt werden, die bereits
in einem vorangegangenen Verfahren hätten geltend gemacht werden können.
3. Beginn der Verjährung der einer vollstreckbaren Ausfertigung zugrunde liegenden
Notarkostenforderung. Voraussetzungen für eine Hemmung der Verjährung.
Gründe:
I.
Bezüglich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Inhalt des Beschlusses des
Landgerichts Köln vom 30.04.2020 (5 OH 2/20, 5 OH 51/20, 5 OH 54/20, Bl. 215 d.
Beiakte) und des angefochtenen Beschluss in dieser Sache vom 21.02.2022 (Bl. 410 ff.
d.A.) Bezug genommen.
Nachdem das Landgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 19.10.2020 auf
gerichtliche Entscheidung zunächst durch den von nur zwei Richtern signierten und am
28.12.2021 erlassenen Beschluss zurückgewiesen hatte, hat es diesen Beschluss auf die
Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 28.01.2022 durch Beschluss vom 21.02.2022 (Bl.
406 f. d.A.) wieder aufgehoben.
Durch weiteren am 21.02.2022 in den Geschäftsgang gelangten – undatierten und ohne
Erlassvermerk versehenen – Beschluss, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das
Landgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung vom
19.10.2020 zurückgewiesen (Bl. 410 ff. d.A.).
Gegen diesen der Beteiligten zu 1) am 04.03.2022 zugestellten Beschluss hat diese mit
am 04.04.2022 beim Landgericht Köln eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag
Beschwerde eingelegt (Bl. 436 f. d.A.). Sie hat vorgetragen, dass ihr Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt worden sei. Das Landgericht habe erstmals angeführt, dass sie
eine gesteigerte Darlegungslast hinsichtlich der fehlenden Unterschriften unter den
Kostenrechnungen des Antragsgegners treffe. Hierzu hätte die Kammer einen Hinweis
erteilen müssen, der aber nicht erfolgt sei. Es liege daher eine
Überraschungsentscheidung vor. Dass sie die Originalrechnungen nicht mehr vorlegen
könne, dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen, weil der Antragsgegner die Vollstreckung
betreiben möchte. Auch die Ausführungen der Kammer zur Verjährung seien unzutreffend.
Die Voraussetzungen des
Antragsgegner nicht aktiv verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen habe. Er hätte in
den Verfahren 5 OH 2/20, 51/20 und 54/20 Sachanträge oder Zurückweisungsanträge
stellen können und müssen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der
Beteiligten zu 1) wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 04.04.2022 Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 14.04.2022 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen
und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 438 d.A.).
II.
Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 19.10.2020, die am 29.09.2020
erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der im Rubrum aufgeführten Kostenrechnungen
und die Zwangsvollstreckung aus ihnen für unzulässig zu erklären, zu Recht
zurückgewiesen. Die Einwände der Beteiligten zu 1) gegen diesen Beschluss greifen nicht
durch.
Der am 21.02.2022 in den Geschäftsgang gegebene angefochtene Beschluss ist zunächst
nicht deshalb aufzuheben, weil er keinen Erlassvermerk aufweist und sich ein
Erlassvermerk in der elektronischen Akte auch nicht an anderer Stelle findet. Das Fehlen
eines Erlassvermerks gem.
eines Beschlusses, sondern dokumentiert nur die Übergabe des Beschlusses an die
Geschäftsstelle (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.03.2018 – 20 W 360/16, FGPrax
2018, 188-190; OLG München, Beschluss vom 17.10.2016 – 34 Wx 252/16). Hier ist der
Beschluss am 21.02.2022 zur Geschäftsstelle gelangt und damit wirksam.
Der Einwand der Beteiligten zu 1), die Kostenrechnungen seien im Original entgegen § 19
Abs. 1 S. 1 GNotKG nicht vom Beteiligten zu 1) unterschrieben worden, so dass die
vollstreckbaren Ausfertigungen nicht den Anforderungen des § 89 GNotKG entsprechen
würden, greift aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen sich
der Senat anschließt, nicht durch. Die Originalrechnungen sind an die Beteiligte zu 1)
versandt worden, so dass der Beteiligte zu 2) einen Nachweis, dass die
Originalrechnungen von ihm unterschrieben waren, nicht beibringen kann. Da sich die
Beteiligte zu 1) im Besitz der Originalrechnungen befinden muss, trifft sie insoweit die
Feststellungslast. Dies kann indes offenbleiben, weil davon auszugehen ist, dass die
Originalrechnungen unterschrieben waren. Zunächst hat der Beteiligte zu 2) dies im
Schreiben vom 01.10.2021 ausdrücklich versichert (Bl. 377 d.A.). Zudem hat die Beteiligte
zu 1) im ersten Verfahren vor dem Landgericht (5 OH 2/20, 5 OH 51/20, 5 OH 54/20) mit
ihrem Antrag vom 09.05.2018 eine Kopie der Rechnung vom 03.11.2016 mit der
Rechnungsnummer X1 über den Betrag von 194,09 € vorgelegt, die – offensichtlich - eine
Unterschrift des Beteiligten zu 2) aufweist (Bl. 25 d. Beiakte). Weiterhin hat der Beteiligte
zu 2) in diesem Verfahren mit seinem Schriftsatz vom 30.05.2018 eine Kopie der
Rechnung vom 06.06.2018 über einen Betrag von 13.708,80 € mit der Rechnungsnummer
X2 vorgelegt, die ebenfalls – offensichtlich - eine Unterschrift des Beteiligten zu 2) aufweist
(Bl. 84 d. Beiakte). Dass die von der Beteiligten zu 1) vorgelegte Kopie der weiteren
Rechnung vom 03.11.2016 über einen Betrag von 5.677,14 € mit der Rechnungsnummer
X3 keine Unterschrift aufweist, dürfte allein darauf beruhen, dass es sich um eine Kopie
der vollstreckbaren Ausfertigung handelt, der naturgemäß nicht die Originalrechnung
beiliegen konnte. Vor diesem Hintergrund liegt der Vortrag der Beteiligten zu 1), die
Originalrechnungen würden keine Unterschriften des Beteiligten zu 2) aufweisen, neben
der Sache. Letztlich ist noch darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Verfahren keine
Einwendungen mit Erfolg erhoben werden können, die nicht bereits im ersten Verfahren
hätten erhoben werden können (vgl. hierzu: Korintenberg/Sikora, GNotKG, 22. Aufl. 2022,
§ 127 Rn. 59). Den Einwand der angeblich fehlenden Unterschriften hätte der Beteiligte zu
1) indes schon im ersten Verfahren vor dem Landgericht (5 OH 2/20, 5 OH 51/20, 5 OH
54/20) erheben können. Insoweit kann auch offenbleiben, ob der Anspruch der Beteiligten
zu 1) auf rechtliches Gehör durch die landgerichtliche Entscheidung verletzt worden ist.
Denn eine etwaige Verletzung ist jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil auch der
neue Vortrag der Beteiligten zu 1) nicht zu einer abweichenden Entscheidung führt.
Die den vollstreckbaren Ausfertigungen zugrunde liegenden Kostenforderungen sind nicht
verjährt. Nach § 6 Abs. 1 S. 3 GNotKG verjähren Ansprüche auf Zahlung von Notarkosten
in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Kosten fällig geworden sind.
Hier sind die Notarkosten zwar mit den Beurkundungen der verschiedenen abgerechneten
Rechtsgeschäfte und Tätigkeiten des Notars im Jahr 2015 fällig geworden. Allerdings
beginnt die Verjährung von Ansprüchen auf Zahlung von Kosten gem. § 6 Abs. 3 S. 2
GNotKG erneut durch eine Aufforderung zur Zahlung, wobei nach allgemeiner Meinung
grundsätzlich nur die erste Zahlungsaufforderung zum Neubeginn der Verjährung führen
kann (BGH, Beschluss vom 07.07.2004 – V ZB 61/03, Rn. 21 nach juris; KG, Beschluss
vom 29.11.2021 – 9 W 96/21,
finden gem.
Hiervon ausgehend gilt Folgendes:
Bezüglich der Kostenrechnung vom 06.06.2018 über einen Betrag von 13.708,80 € mit der
Rechnungsnummer X2 (Beschwerdeverfahren 2 Wx 96/22) erfolgte mit Zugang der
Rechnung im Juni 2018 gem. § 6 Abs. 3 S. 2 GNotKG der Neubeginn der mit Ende des
Jahres 2015 beginnenden vierjährigen Verjährung, so dass Verjährung nicht vor Juni 2022
eintreten kann. Dem Neubeginn der Verjährung steht auch nicht entgegen, dass der
Beteiligte zu 2) schon mit den Rechnungen vom 03.11.2016 Leistungen abgerechnet hatte.
Zwar dauert der Neubeginn der Verjährung einer ersten Kostenrechnung fort, wenn diese
erste Kostenrechnung durch eine neue ersetzt wird. Dies gilt indes nicht für bisher nicht
berechnete Beträge (Korintenberg/Otto, GNotKG, 22. Aufl. 2022, § 6 Rn. 15; BeckOK
KostR/Klahr, 37. Ed. 01.04.2022,
06.06.2018. Derzeit ist der Lauf der Verjährungsfrist im Übrigen gehemmt im Hinblick auf
das vorliegende Verfahren (
Bezüglich der Kostenrechnung vom 03.11.2016 über einen Betrag von 5.677,14 € mit der
Rechnungsnummer X3 (Beschwerdeverfahren 2 Wx 95/22) erfolgte mit Zugang des
Schreibens vom 19.01.2018 (Bl. 59 d. Beiakte) ein Neubeginn der vierjährigen Verjährung
gem. § 6 Abs. 3 S. 2 GNotKG. Zwar dauert der Neubeginn der Verjährung einer ersten
Kostenrechnung fort, wenn diese erste Kostenrechnung durch eine neue ersetzt wird
(s.o.). Hier war dieser seit 2015 fällige Anspruch bereits einmal im Jahr 2016 abgerechnet
worden. Ein Neubeginn der Verjährung durch Übersendung der mit Schreiben vom
19.01.2018 übersandten Rechnung ist hier indes nicht ausgeschlossen. Denn mit der
zweiten Rechnung ist der Kostenschuldner ausgewechselt worden, weil die ursprüngliche
Rechnung irrtümlich an einen anderen Kostenschuldner, die A GmbH, gerichtet war.
Gegenüber der Beteiligten zu 1) hat der Beteiligte zu 2) diesen Anspruch daher erstmals
mit Zugang des Schreibens vom 19.01.2018 abgerechnet, so dass die Verjährung bis
Januar 2022 lief. Vor Ablauf der vierjährigen Verjährung im Januar 2022 ist diese durch
das vorliegende Verfahren gehemmt worden (
Bezüglich der Kostenrechnung vom 03.11.2016 über einen Betrag von 194,09 €
(Rechnungsnummer X1) ist ebenfalls keine Verjährung eingetreten. Verjährung wäre
bezüglich dieses Anspruchs zwar gem.
vier Jahre nach Zugang der Rechnung im November 2016, d.h. im November 2020
eingetreten. Allerdings ist die Verjährung gem.
dadurch gehemmt worden, dass der Beteiligte zu 2) sich in dem ersten Verfahren vor der
Kammer (5 OH 2/20, 5 OH 51/20, 5 OH 54/20) gegen die Anträge der Beteiligten zu 1)
verteidigt hat. Dem steht nicht entgegen, dass der Beteiligte – anders als im vorliegenden
Verfahren – einen ausdrücklichen Antrag auf Zurückweisung des Antrags der Beteiligten
zu 1) nicht gestellt hat. Eines solchen ausdrücklichen Antrags bedurfte es in diesem
Verfahren aber auch nicht. Es muss daher ausreichen, dass sich der Beteiligte zu 2) in
dem Verfahren gegen den Antrag der Beteiligten zu 1) gewandt hat, um von einer
Hemmung der Verjährung auszugehen. Der Senat schließt sich insoweit der
Rechtsauffassung der Kammer vollumfänglich an.
III.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 92/22: 194,09 €
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 95/22: 5.677,14 €
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 96/22: 13.708,80 €
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:23.05.2022
Aktenzeichen:2 Wx 92/22, 2 Wx 95/22, 2 Wx 96/22
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GNotKG §§ 6, 89, 127; BGB § 204