OLG Düsseldorf 23. Dezember 2020
3 Wx 172/19
GBO §§ 71 Abs. 1, 75, 82, 82a; FamFG §§ 26, 35 Abs. 2, 38 Abs. 2 u. 3, 39

Verpflichtung des Eigentümers zum Antrag auf Grundbuchberichtigung durch das Grundbuchamt

letzte Aktualisierung: 6.8.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2020 – 3 Wx 172/19

GBO §§ 71 Abs. 1, 75, 82, 82a; FamFG §§ 26, 35 Abs. 2, 38 Abs. 2 u. 3, 39
Verpflichtung des Eigentümers zum Antrag auf Grundbuchberichtigung durch das Grundbuchamt

1. Ist das Grundbuch im Hinblick auf die Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang
außerhalb des Grundbuchs, namentlich aufgrund Erbgangs, unrichtig geworden und hat das
Grundbuchamt dem aktuellen Eigentümer (Erben) deshalb die Verpflichtung aufzuerlegen, den
Antrag auf Grundbuchberichtigung zu stellen und die dazu erforderlichen Unterlagen zu beschaffen,
so muss es dabei einen inhaltlich bestimmten Berichtigungsantrag vorgeben, was voraussetzt, dass
das Grundbuchamt im Wege der ihm gemäß § 26 FamFG obliegenden Amtsermittlung die
Eigenschaft des Verpflichteten als Eigentümer sowie die Erbfolge für das betroffene Grundstück
feststellt; unzulässig ist hingegen die Verlagerung von Amts wegen durchzuführender Ermittlungen
auf den Antragsteller.
2. Legt das Verhalten der Beteiligten den Verdacht nahe, dass die Erben des eingetragenen
Eigentümers versuchen, durch eine mit Ausflüchten verdeckte Weigerungshaltung sich öffentlichrechtlichen
oder zivilrechtlichen Pflichten zu entziehen, so kann dem nicht durch eine Senkung der
im Grundbuchberichtigungsverfahren nach § 82 GBO allgemein geltenden Erfordernisse begegnet
werden; vielmehr haben die Träger der öffentlichen Interessen und etwaige Gläubiger von den ihnen
zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.
3. Die Verpflichtung nach § 82 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt in der Form eines Beschlusses
nach §§ 38 Absatz 2 und 3, 39 FamFG und nicht lediglich durch Verfügung bzw.
gerichtliches Schreiben auszusprechen.

Gründe:

Durch mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenes und zugestelltes Schreiben vom24. Juni
2019 an die Beteiligte hat das Grundbuchamt die Beteiligte unter Hinweis auf
umfangreiche vorangegangene Korrespondenz aufgefordert, nunmehr binnen bestimmter
Frist das Grundbuchberichtigungsverfahren nach dem Tode der eingetragenen
Eigentümerin zu beginnen und einen Berichtigungsantrag unter Beifügung der
erforderlichen Unterlagen zu stellen; (näher bezeichnete) Hinderungsgründe oder die
Einleitung der Beschaffung des Erbnachweises mögen mitgeteilt werden. Die Verpflichtung
der Beteiligten, so das Grundbuchamt weiter, beruhe auf § 82 GBO und könne durch
Festsetzung eines Zwangsgeldes von bis zu 25.000 € erzwungen werden; für den Fall,
dass die gesetzte Frist ergebnislos verstreiche, werde hiermit ein Zwangsgeld von 300 €
angedroht.

Das dagegen gerichtete Rechtsmittel der Beteiligten, dem Senat zur Entscheidung
angefallen infolge der mit Beschluss des Grundbuchamts vom 21. August 2019 erklärten
Nichtabhilfe (vgl. § 75 GBO), ist als sogenannte unbeschränkte Grundbuchbeschwerde
zulässig. Gemäß § 71 Abs. 1 GBO findet sie gegen Entscheidungen des Grundbuchamts
statt. Zu diesen zählen, wie jedenfalls inzwischen in der obergerichtlichen Rechtsprechung
anerkannt, auch gerichtliche Entschließungen nach § 82 Satz 1 GBO (OLG München
NJW-RR 2020, 206 f – juris-Version Tz. 11 m.w.Nachw.; Senat, in neuerer Zeit z.B.
Beschluss vom 30. Januar 2019 i.S. I-3 Wx 245/18). Darum geht es hier. Denn nach § 82
Satz 1 GBO soll, wenn das Grundbuch im Hinblick auf die Eintragung des Eigentümers
durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs – vor allem, wie hier, aufgrund
Erbgangs – unrichtig geworden ist, das Grundbuchamt dem jetzigen Eigentümer – mithin
hier dem/den Erben – die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Grundbuchberichtigung
zu stellen und die dazu erforderlichen Unterlagen zu beschaffen. Dass das Grundbuchamt
im gegebenen Fall diesen Verpflichtungsausspruch mit dem wegen § 35 Abs. 2 FamFG
notwendigen, aber für sich genommen nicht anfechtbaren Hinweis auf die Folgen einer
Zuwiderhandlung verbunden hat, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts (vgl. Keidel –
Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 35 Rdnr. 14).

In der Sache ist die Beschwerde begründet.

Das folgt in formeller Hinsicht bereits daraus, dass nach zutreffender Ansicht (vgl.
Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, §§ 82-83 Rdnr. 21; näher: Senat, Beschluss vom 15.
Dezember 2017 i.S. I-3 Wx 185/17; jeweils m. Nachw.) der Verpflichtungsausspruch in der
Form eines Beschluss nach §§ 38 Abs. 2 und 3, 39 FamFG zu ergehen, das
Grundbuchamt hier jedoch durch Verfügung und gerichtliches Schreiben gehandelt hat.
Darauf kommt es aber nicht entscheidend an.

Denn zumindest heute kann als gesichert gelten, was der Senat schon in der
Vergangenheit mehrfach (eingehend z.B. Beschlüsse vom 19. Oktober 2016 i.S. I-3 Wx
270/15; vom 8. November 2017 i.S. I-3 Wx 152/16; vom 27. April 2020 i.S. I-3 Wx 36/20),
vertreten hat: Dem in Anspruch genommenen Beteiligten muss vom Grundbuchamt ein
inhaltlich bestimmter Berichtigungsantrag vorgegeben werden. Dies wiederum setzt
voraus, dass das Grundbuchamt im Wege der ihm gemäß § 26 FamFG obliegenden
Amtsermittlung zum einen die Eigenschaft des Verpflichteten als Eigentümer, zum anderen
aber darüber hinaus die Erbfolge für das betroffene Grundstück feststellt; hierbei kann es
durchaus nach § 82a Satz 2 GBO das Nachlassgericht um die Ermittlung der Erben
ersuchen, weil sich die Anwendung dieser Vorschrift nicht auf den Fall der
Amtsberichtigung nach § 82a Satz 1 GBO beschränkt. Unzulässig ist es hingegen, von
Amts wegen durchzuführende Ermittlungen auf den Beteiligten zu verlagern (OLG
München a.a.O., Tz. 13 m.w.Nachw.).

Dem genügt die angegriffene Verfügung nicht. Das Grundbuchamt hatte zunächst von
2010 bis 2018 (!) versucht, die Grundbuchberichtigung über Korrespondenz mit Joseph
Heinrichs zu erlangen; dies ohne Ergebnis. Hernach hatte es das dortige Nachlassgericht
unter anderem mit der Bitte um Prüfung angeschrieben, „ob eine Erbenfeststellung gem. §
82a GBO durch das Nachlassgericht erfolgen …. [könne] …. Es könnte sodann von Amts
wegen die erforderliche Grundbuchberichtigung durchgeführt werden.“. Dieser Weg wurde
in der Folgezeit indes nicht weiterverfolgt, denn nachdem das Grundbuchamt Einsicht in
die Nachlassakten gehabt hatte, meinte es, die vier testamentarisch bedachten Kinder
feststellen zu können, darunter ein vorverstorbener Sohn, zu dem später die Kopie eines
gemeinschaftlichen Erbscheins vom 12. Dezember 2008 zur Grundakte gelangt ist. Mit an
die Beteiligte gerichtetem Schreiben vom 29. März 2019, auf das das Grundbuchamt in der
angefochtenen Verfügung ausdrücklich Bezug nimmt, hat es der Sache nach eindeutig
erklärt, zu klären blieben (da eine Hofeigenschaft nicht mehr bestehe) einesteils die Frage
des Nachrückens von Ersatzerben, anderenteils die Erbquoten (das privatschriftliche
Testament wendet den Nachlass nach Einzelgegenständen zu); beides sei „innerhalb des
dafür vorgesehenen Erbscheinsverfahrens zu klären“. Insgesamt sind damit die
richtigerweise begonnenen amtswegigen Ermittlungen abgebrochen und zu ihrem Reste
auf die Beteiligte verlagert worden. Dieser ist dementsprechend ein Berichtigungsantrag
mit nicht näher bezeichnetem Inhalt aufgegeben worden.

Der Senat verkennt durchaus nicht, dass das gesamte Verhalten der Beteiligten wie auch
vorangehend ihres Bruders den – vom Grundbuchamt im Nichtabhilfebeschluss
geäußerten, durch die von der Beteiligten im Beschwerdeverfahren vorgelegten, sachlich
überholten Unterlagen aus den Jahren 2009 und 2010 erhärteten – Verdacht
nachvollziehbar erscheinen lässt, die Erben der eingetragenen Eigentümerin versuchten,
durch eine mit Ausflüchten verdeckte Weigerungshaltung sich öffentlich-rechtlichen
Pflichten zu entziehen und zivilrechtliche Gläubiger „ins Leere laufen“ zu lassen. Dem kann
allerdings nicht durch eine Senkung der im Grundbuchberichtigungsverfahren nach § 82
GBO allgemein geltenden Erfordernisse begegnet werden; vielmehr haben die Träger der
öffentlichen Interessen und etwaige Gläubiger von den ihnen zur Verfügung stehenden
rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, namentlich dann, wenn der von den
Erben wohl eingenommene Standpunkt zuträfe, trotz Vorhandenseins einer letztwilligen
Verfügung und eines Erbscheins bezüglich eines vorverstorbenen Miterben seien die
Erben als unbekannt anzusehen.

Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels bedarf es weder einer Kostenentscheidung,
noch einer Wertfestsetzung von Amts wegen, und schon mangels Beschwer erübrigt sich
auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

23.12.2020

Aktenzeichen:

3 Wx 172/19

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

FGPrax 2021, 104-106

Normen in Titel:

GBO §§ 71 Abs. 1, 75, 82, 82a; FamFG §§ 26, 35 Abs. 2, 38 Abs. 2 u. 3, 39