BGH 18. Juni 2019
X ZR 107/16
BGB §§ 313, 516 Abs. 1

Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen kurzer Nutzungsdauer zugewendeter Immobilien

letzte Aktualisierung: 23.01.2020
BGH, Urt. v. 18.6.2019 – X ZR 107/16

BGB §§ 313, 516 Abs. 1
Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen kurzer Nutzungsdauer zugewendeter Immobilien

a) Die vom (mit-)beschenkten Partner des eigenen Kindes geteilte oder jedenfalls erkannte
Vorstellung des Schenkers, eine zugewendete Immobilie werde vom eigenen Kind und dessen
Partner dauerhaft als gemeinschaftliche Wohnung oder Familienwohnung genutzt, kann die
Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrages bilden (Bestätigung von BGH, Urteile vom
19. Januar 1999 – X ZR 60/97, NJW 1999, 1623, und vom 3. Februar 2010 – XII ZR 189/06,
BGHZ 184, 190).

b) Die Schenkung begründet jedoch kein Dauerschuldverhältnis. Für einen Wegfall der
Geschäftsgrundlage reicht es deshalb nicht aus, dass die Lebensgemeinschaft nicht bis zum Tod
eines der Partner Bestand hat. Hat jedoch die gemeinsame Nutzung der Immobilie entgegen der mit
der Schenkung verbundenen Erwartung nur kurze Zeit angedauert, kommt regelmäßig ein Wegfall
der Geschäftsgrundlage in Betracht.

c) In diesem Fall ist der Schenker in der Regel berechtigt, vom Schenkungsvertrag zurückzutreten
und das gesamte Geschenk oder dessen Wert zurückzufordern.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Klägerin stehe der Betrag in Höhe von 47.040,77 € aufgrund des
Teilanerkenntnisses in Höhe von 600 € und im Übrigen aufgrund eines Wegfalls
der Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrags zu, welcher sich aus dem
Vortrag des Beklagten ergebe; ob zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag
geschlossen worden sei, bedürfe damit keiner Klärung. Die Klägerin könne sich
auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, weil sich mit der Trennung
der Partner die der Schenkung zugrundeliegenden Umstände schwerwiegend
verändert hätten. Zu diesen Umständen zähle die für den Beklagten erkennbare
Vorstellung der Klägerin, die Beziehung zwischen ihrer Tochter und dem Beklagten
als deren Lebensgefährten werde von Dauer sein. Bei Abwägung der
Interessen der Parteien und ungeachtet des Umstands, dass der Beklagte mit
der Tochter der Klägerin nicht verheiratet und eine Eheschließung auch nicht
beabsichtigt gewesen sei, brauche die Klägerin sich nicht an einem unveränderten
Vertrag festhalten lassen. Die Beziehungsdauer nach der Schenkung sei
mit lediglich 1¾ Jahren sehr kurz gewesen.

Indessen habe die Tochter der Klägerin das gemeinsame Haus tatsächlich
für mindestens vier Jahre bewohnt; insoweit habe sich die mit der Schenkung
verbundene Erwartung, (auch) das eigene Kind werde von dieser profitie-
ren, teilweise verwirklicht. Die Zeit von vier Jahren sei ins Verhältnis zu setzen
zu der zu erwartenden Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der
Zuwendung. Letztere sei aufgrund der Erwartung der Beteiligten, die Lebensgemeinschaft
werde lebenslang Bestand haben, nach der Lebenserwartung des
Beklagten zum Zeitpunkt der Schenkung zu berechnen, die mit 47,58 Jahren
kürzer gewesen sei als diejenige der Tochter der Klägerin. Demnach sei mit
dem gemeinsamen Bewohnen des Hauses über vier Jahre eine Zweckerreichung
in Höhe von 8,4 % der Zuwendung eingetreten. Da der Beklagte nur hälftiges
Miteigentum an der Immobilie erworben habe, sei von den Zuwendungen
nur die Hälfte des nach Teilrückzahlung noch offenstehenden Betrags
(51.354,55 €) anzusetzen, aus dem sich nach Abzug von 8,4 % der zuerkannte
Betrag errechne. Die Verjährungseinrede des Beklagten greife nicht durch.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur
im Ergebnis stand.

1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Zuwendung als Schenkung
der Klägerin an ihre Tochter und den Beklagten angesehen.

2. Das Berufungsgericht hat ferner im Ausgangspunkt zutreffend und in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH,
Urteile vom 3. Dezember 1971 - V ZR 134/69, NJW 1972, 247 [zu II.]; vom
19. Januar 1999 - X ZR 60/97, NJW 1999, 1623 [zu 4 b]; vom 21. Dezember
2005 - X ZR 108/03, NJW-RR 2006, 699 [zu 2 a]; vom 3. Februar 2010
- XII ZR 189/06, BGHZ 184, 190 Rn. 25) angenommen, dass die Geschäftsgrundlage
einer solchen Schenkung nachträglich entfallen und sich hieraus ein
Anspruch auf Vertragsanpassung oder ein Recht des Schenkers ergeben kann,
vom Schenkungsvertrag zurückzutreten und den geschenkten Gegenstand zurückzuverlangen
(§ 313 Abs. 1 und 3 BGB).

a) Wie jedem Vertrag können auch dem Schenkungsvertrag Umstände
oder Vorstellungen eines oder beider Vertragspartner vom Bestand oder künftigen
Eintritt solcher Umstände zugrunde liegen, die nicht zum Vertragsinhalt
erhoben werden, auf denen der Geschäftswille jedoch gleichwohl aufbaut und
deren schwerwiegende Veränderung daher eine Anpassung des Vertrages oder
gar das Recht eines oder beider Vertragspartner erfordern kann, sich vom Vertrag
zu lösen.

b) Bei der Prüfung, was im Einzelfall Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags
ist, ist zu berücksichtigen, dass der Schenkungsvertrag keinen
Austauschvertrag darstellt, bei dem Leistung und Gegenleistung in einem synallagmatischen
Verhältnis stehen. Der Schenkungsvertrag ist vielmehr durch das
Versprechen einer einseitigen unentgeltlichen Zuwendung gekennzeichnet, mit
der der Schenker einen Vermögensgegenstand weggibt und dem Beschenkten,
soweit die Schenkung nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung oder
mit einer Auflage erfolgt, diesen Gegenstand zur freien Verfügung überlässt.
Der Beschenkte schuldet keine Gegenleistung; er "schuldet" dem Schenker nur
Dank für die Zuwendung, und der Schenker kann das Geschenk zurückfordern,
wenn der Beschenkte diese Dankbarkeit in besonderem Maße vermissen lässt
und sich durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder einem
nahen Angehörigen als grob undankbar erweist (§ 530 Abs. 1 BGB).

Den Schenkungsvertrag kennzeichnet damit in zweifacher Hinsicht eine
Asymmetrie. Zum einen steht der Leistung des Schenkers keine Gegenleistung
des Beschenkten gegenüber, zum anderen ist die Leistung des Schenkers mit
der Übertragung des Schenkungsgegenstands erbracht, während die Dankesschuld
des Beschenkten andauert. Zehn Jahre dauert auch dessen Verpflichtung
an, das Geschenk nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung zurückzugeben, wenn und soweit der Schenker des
Geschenks bedarf, um seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder eine
gesetzliche Unterhaltspflicht zu erfüllen (§ 528 Abs. 1, § 529 Abs. 1 BGB).

Diese Asymmetrie ist typischerweise auch kennzeichnend für die für die
Geschäftsgrundlage relevanten Vorstellungen der Vertragsparteien. Je mehr
der zugewendete Gegenstand nach seiner Art und seinem Wert geeignet ist,
die künftige Lebensgestaltung des Beschenkten zu beeinflussen, desto eher
wird der Schenker typischerweise Vorstellungen über diese Lebensgestaltung
hegen. Die Zuwendung von Grundeigentum oder von Geldbeträgen, die dem
Grunderwerb dienen sollen, ist dafür ein besonders häufiges Beispiel. Der private
Grunderwerb ist regelmäßig auf Dauer, zumindest auf eine gewisse Dauer
ausgelegt, und es wird regelmäßig angenommen werden können, dass auch
der Schenker, der dem Beschenkten ein Grundstück oder einen hierfür zu verwendenden
Geldbetrag verspricht, damit die Vorstellung verbindet, dass das
Grundstück dem Beschenkten zumindest für einen längeren Zeitraum zur Verfügung
stehen wird.

Bei der Annahme, dass Vorstellungen dieser Art die Geschäftsgrundlage
der Schenkung bilden, ist jedoch Zurückhaltung geboten. Nicht jede bei Vertragsschluss
zutage tretende Vorstellung gehört zur Geschäftsgrundlage des
Vertrages. Die Vorstellung muss vielmehr nach § 313 Abs. 1 zur Grundlage des
Vertrages geworden sein; der Geschäftswille muss, wie es bereits die Rechtsprechung
vor der Kodifizierung des Instituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage
formuliert hat, auf dieser Vorstellung aufbauen (BGH, Urteile vom
23. Oktober 1957 - V ZR 219/55, BGHZ 25, 390, 392; vom 14. Oktober 1992
- VIII ZR 91/91, BGHZ 120, 10, 23 [zu II 5 b]; vom 1. Februar 2012
- VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 Rn. 26; vom 6. Mai 2014 - X ZR 135/11,
NJW 2014, 2638 Rn. 12). Vorstellungen zur möglichen Realisierung von Risiken,
die in die Sphäre einer Partei fallen, betreffen den Inhalt des Vertrages,
nicht seine Grundlage; erweisen sie sich als unzutreffend, geht dies grundsätzlich
zu Lasten der Partei, die vertraglich das Risiko übernommen hat.

Anders als bei einer ehe- oder gemeinschaftsbezogenen Zuwendung unter
Ehegatten oder Partnern einer Lebensgemeinschaft, mit der der Zuwendende
etwas zur (ehelichen) Lebensgemeinschaft beiträgt und die Erwartung hegt,
an dem Vermögenswert selbst weiterhin partizipieren zu können, ist eine
Schenkung darauf gerichtet, den Schenker endgültig zu entreichern und den
Beschenkten um den Schenkungsgegenstand zu bereichern, der ihm frei zur
Verfügung stehen soll (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2014 - X ZR 135/11, NJW
2014, 2638 Rn. 9; Urteil vom 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09, NJW 2012, 2718
Rn. 18). Ist nichts anderes vereinbart, soll der Beschenkte - über die gesetzlichen
nachwirkenden Verpflichtungen hinaus - gerade keinen rechtlichen Bindungen
unterliegen. Insbesondere soll die Schenkung kein Dauerschuldverhältnis
begründen, das den Beschenkten dauerhaft an die Vorstellungen bände, die
die Bereitschaft des Schenkers zur Abgabe des Schenkungsversprechens bestimmt
oder jedenfalls beeinflusst haben. Der Beschenkte muss daher grundsätzlich
- auch bei veränderten Umständen - nicht mit einer Pflicht zur Rückgabe
des Geschenks rechnen, es sei denn, die Schenkung ist mit Auflagen (§ 525
BGB) oder Zweckabreden (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB) verbunden oder die
vom Gesetz dem Behaltendürfen des Geschenks gezogenen Grenzen bei Verarmung
des Schenkers (§ 528 BGB) oder groben Undanks des Beschenkten
(§ 530 BGB) sind überschritten. Innerhalb dieser Grenzen und insbesondere,
wenn der Schenker seine Vorstellungen nicht über eine Auflage oder Zweckabrede
zum Vertragsinhalt erhebt, ist für die Schenkung der Wille des Schenkers
geradezu konstitutiv, es der Handlungsfreiheit des Beschenkten zu überlassen,
wie er mit dem geschenkten Vermögenswert umgeht und ob und in welchem
Umfang er den - ausgesprochen oder unausgesprochen - mit der Schenkung
verbundenen Erwartungen des Schenkers Rechnung trägt.

Bis zur Grenze des groben Undanks hat danach der Schenker grundsätzlich
das "Risiko" zu tragen, dass die künftige Lebensgestaltung des Be-
schenkten und sein Umgang mit dem Geschenk nicht den Vorstellungen entsprechen,
die er mit dem Schenkungsversprechen verbunden hat. Dies ist gerade
die Konsequenz der freigiebigen Zuwendung, der nicht als Gegenleistung
die Verpflichtung des Beschenkten gegenübersteht, es dem Beschenkten im
Hinblick auf das Geschenk in jeder Hinsicht und auf Dauer "recht zu machen".
Die Heranziehung des § 313 BGB darf nicht dazu führen, dem Schenkungsvertrag
im Wege der Vertragsanpassung rechtliche Verpflichtungen zu unterlegen,
die in Widerspruch zu der vereinbarten und für ihn charakteristischen unentgeltlichen
Zuwendung stehen und die unbedingte und unwiderrufliche unentgeltliche
Zuwendung in eine bedingte oder widerrufliche Übertragung eines Vermögensgegenstands
umwandeln.

c) Danach wird der Zuwendung von Grundeigentum, das vom Beschenkten
bewohnt werden soll, oder zu einem entsprechenden Grunderwerb
bestimmter Geldbeträge regelmäßig die Vorstellung des Schenkers zugrunde
liegen, die Wohnnutzung des Grundstücks werde jedenfalls von einiger Dauer
sein. Insbesondere wird eine solche Zuwendung an ein Kind des Schenkers
und dessen Partner, die anlässlich der Eheschließung oder sonstigen dauerhaften
Verbindung oder in deren Erwartung erfolgt, regelmäßig mit der Vorstellung
verbunden sein, das Hausgrundstück werde jedenfalls für einige Dauer von den
beschenkten Partnern und gegebenenfalls deren Kindern als gemeinsame Familienwohnung
genutzt werden. Denn typischerweise ist die beabsichtigte
Langfristigkeit der Nutzung ein wesentlicher Beweggrund für die Zuwendung
privaten Grundeigentums, und regelmäßig ist ohne weiteres die Annahme gerechtfertigt,
der Schenker hätte den Geschäftswillen zur Zuwendung nicht entwickelt,
wenn er gewusst hätte, dass die (gemeinsame) Nutzung der Immobilie
durch die Beschenkten nur kurzfristig sein werde.

Dies darf jedoch nicht mit der Annahme gleichgesetzt werden, die gemeinsame
Nutzung werde erst mit dem Tod eines Ehegatten oder Partners der
Lebensgemeinschaft enden. Dies mag zwar der Wunsch oder die Hoffnung des
Schenkers sein, so wie es regelmäßig der Wunsch oder jedenfalls die Hoffnung
der Beschenkten sein wird, soweit sie sich hierüber Gedanken machen. Der
Schenker muss aber regelmäßig damit rechnen, dass die Ehe seines Kindes
mit dem mitbeschenkten Ehegatten nicht auf Lebenszeit Bestand hat oder dass
sie zwar - etwa aus religiösen Gründen - rechtlichen Bestand hat, die Eheleute
sich aber gleichwohl auseinanderleben und die gemeinsame Nutzung der Immobilie
daher zu irgendeinem Zeitpunkt ihr Ende findet, und erst recht gilt dies
für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Ob und gegebenenfalls wann sich
ein solches Risiko verwirklicht, ist für den Schenker wie für jeden anderen
selbst dann nicht vorhersehbar, wenn er besondere Umstände erkennt oder zu
erkennen meint, die für oder gegen einen lebenslangen Bestand der Lebensgemeinschaft
sprechen. So wird sich regelmäßig schon nicht annehmen lassen,
der Schenker hätte den Schenkungswillen nicht oder nicht in gleicher Höhe der
Zuwendung entwickelt, wenn er gewusst hätte, dass die Ehe nach 15 Jahren -
der durchschnittlichen Ehedauer zum Zeitpunkt der Scheidung in Deutschland
im Jahr 2017 (vgl. Statistisches Bundesamt,
www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Eheschliessungen-
Ehescheidungen-Lebenspartnerschaften/Tabellen/masszahlen-ehescheidungen.
html) - würde geschieden werden. Die Annahme, dass der Geschäftswille
des Schenkers auf der Vorstellung von einer bestimmten oder gar
lebenslangen Dauer der Beziehung aufbaut, entspricht daher nicht der Lebenserfahrung.
Umso weniger rechtfertigt sich die Annahme einer solchen Geschäftsgrundlage
angesichts des Umstands, dass konkrete Erwartungen des
Schenkers hinsichtlich der Dauer des Zusammenlebens der Beschenkten notwendigerweise
spekulativ sein müssen.

Es kann daher allenfalls aufgrund besonderer, im Einzelfall vom Tatrichter
festzustellender Umstände angenommen werden, der Geschäftswille des
Schenkers baue auf der Vorstellung einer lebenslang andauernden Beziehung
auf. Als Grundlage der gemeinsamen schenkungsweisen Zuwendung von
Grundeigentum oder hierfür bestimmter anderer Vermögenswerte an das eigene
Kind und dessen Partner kommt vielmehr regelmäßig nur die Vorstellung in
Betracht, die Lebensgemeinschaft und damit die gemeinsame Nutzung der Immobilie
durch die Beschenkten werde von mehr als kurzer Dauer sein; Anhaltspunkte
zur Bemessung dieses Zeitraums könnten sich insoweit aus der - freilich
einen anderen rechtlichen Zusammenhang betreffenden - Rechtsprechung zur
Bemessung der kurzen Dauer einer Ehe im Sinne von § 1579 Nr. 1 BGB ergeben.

3. Hiernach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen,
dass die Geschäftsgrundlage der Schenkung der Klägerin an den Beklagten
weggefallen ist.

a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Zuwendung sei in der
Erwartung erfolgt, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem
Beklagten werde andauern und das zu erwerbende Grundeigentum werde die
"räumliche Grundlage" des weiteren, nicht nur kurzfristigen Zusammenlebens
der Partner bilden, beruht auf einer rechtlich möglichen und nicht mit einer Verfahrensrüge
angegriffenen Würdigung des Sachvortrags der Parteien. Da die
Tochter der Klägerin und der Beklagte zum Zeitpunkt der Zuwendung bereits
mehrere Jahre zusammenlebten und sich anschickten, dieses Zusammenleben
durch den gemeinsamen Erwerb einer Immobilie zu verfestigen, liegt es nahe,
dass der Schenkungswille der Klägerin auf der Vorstellung aufbaute, ihre Tochter
und der Beklagte setzten ihre Lebensgemeinschaft jedenfalls auf längere
Zeit fort. Es entspricht zudem der Lebenserfahrung, dass eine Zuwendung in
der in Rede stehenden Höhe an eine Person, welcher der Schenker nicht aus
anderen Gründen besonders verbunden ist, regelmäßig nur in der Annahme
erfolgt, damit zum dauerhaften Zusammenleben des Beschenkten mit dem eigenen
Kind oder einer anderen Person, für die der Schenker in ähnlicher Weise
Sorge tragen möchte, beizutragen.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war
dem Beklagten auch bewusst, dass die Zuwendung mit dieser Vorstellung erfolgte.
Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen konnte der Beklagte auch
nur in der Annahme, seine Lebensgemeinschaft mit der Tochter der Klägerin
sei - weiterhin und mit dem gemeinsamen Immobilienerwerb erst recht - auf
Dauer angelegt, die Motivation der Klägerin für die an ihn erfolgte Schenkung
sehen. Daran ändert auch der Verweis der Revision auf das Vorbringen des
Beklagten nichts, die Klägerin und ihr Ehemann hätten ihn zur Geldannahme
gedrängt, weil es ihnen darum gegangen sei, Geld zu "parken", um nicht für die
Kosten der Pflege der Schwiegermutter der Klägerin herangezogen zu werden.
Denn der Beklagte hat auch vorgetragen, die Zuwendung sei mit dem Hinweis
erfolgt: "Ihr bekommt es doch sowieso". Beide Gesichtspunkte stehen damit der
Annahme nicht entgegen, die Zuwendung sei im Hinblick auf ein erkennbar erwartetes
weiteres Zusammenleben der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
erfolgt.

b) Die Geschäftsgrundlage der Schenkung ist weggefallen, da sich die
Tochter der Klägerin und der Beklagte weniger als zwei Jahre nach der Schenkung
getrennt haben und sich die der Zuwendung zugrunde liegende Annahme,
die Partner würden die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen,
damit als unzutreffend erwiesen hat.

4. Im Hinblick auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist der Klägerin
das Recht zuzubilligen, vom Schenkungsvertrag zurückzutreten.

a) Ein Festhalten am unveränderten Vertrag ist der Klägerin nicht zuzumuten.
aa) Bei einer Störung oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann
nach § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem
Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere
der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten
Vertrag nicht zugemutet werden kann. Die Prüfung der Zumutbarkeit
muss deshalb insbesondere das vertragstypische Pflichtenprogramm sowie die
sich hieraus ergebende Risikoverteilung in den Blick nehmen.

Die freigiebige Zuwendung entzieht sich als solche grundsätzlich einer
Prüfung am Maßstab einer umfassenden Interessenabwägung. Die Zuwendung
ist beiden Vertragsparteien "zumutbar", weil sich der Schenker dem Grunde
und der Höhe nach für ein bestimmtes Schenkungsversprechen entschieden
hat. Hat der Schenker den Schenkungsvertrag erfüllt und das Geschenk zugewendet,
stellt sich auch umgekehrt grundsätzlich nicht die Frage, ob es ihm zuzumuten
ist, dem Beschenkten das Geschenk auch zu belassen, oder ob es
dem Beschenkten zuzumuten ist, das Geschenk insgesamt oder teilweise zurückzugeben.
Daher kann bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage auch der
Maßstab der Zumutbarkeit grundsätzlich nur die freie Entscheidung des Schenkers
für die Zuwendung sein. Maßgeblich ist, ob und inwieweit die Kenntnis der
veränderten Umstände diese Entscheidung beeinflusst hätte.

Ist die Schenkung mit der für den Beschenkten erkennbaren Vorstellung
erfolgt, damit zur Grundlage eines (weiteren) dauerhaften Zusammenlebens der
(Ehe-)Partner beizutragen, und rechtfertigt sich die Annahme, dass das Schen-
kungsversprechen nicht gemacht worden wäre, wäre für den Schenker das alsbaldige
Ende dieses Zusammenlebens erkennbar gewesen, kann dem Schenker
daher regelmäßig nicht zugemutet werden, sich unverändert an der Zuwendung
festhalten lassen zu müssen.

bb) Die weiteren festgestellten Umstände rechtfertigen es nicht, die Zumutbarkeit
im Streitfall anders zu beurteilen.

Insbesondere ergibt sich aus den festgestellten oder vorgetragenen Einkommens-
und Vermögensverhältnissen der Parteien kein Anhalt dafür, dass es
der Klägerin zumutbar wäre, (unverändert) am Vertrag festzuhalten, oder umgekehrt
dem Beklagten unzumutbar wäre, das Geschenk zurückzugeben. Es
bedarf daher keiner Erörterung, ob und gegebenenfalls unter welchen weiteren
Voraussetzungen und in welcher Weise der Rechtsgedanke des § 529
Abs. 2 BGB Berücksichtigung finden könnte oder müsste.

Das Festhalten am (unveränderten) Vertrag ist der Klägerin auch nicht
deshalb zuzumuten, weil ihre Tochter insgesamt mindestens vier Jahre in dem
mit den schenkweise zugewandten Beträgen finanzierten Haus gewohnt hat.

Denn der Anspruch der Klägerin aus § 313 Abs. 1 BGB ist mit dem Scheitern
der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und der Trennung der Partner entstanden.
Die weitere Nutzung der Immobilie durch die Tochter der Klägerin ist hierfür
ohne Bedeutung.

b) Die Klägerin ist zum Rücktritt vom Schenkungsvertrag berechtigt. Eine
Anpassung des Vertrags im Sinne einer nur teilweisen Rückgabe des Geschenks
oder der Erstattung seines Werts ist ihr entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts nicht zuzumuten.

aa) Ist die Geschäftsgrundlage eines Vertrages weggefallen, weil sich
grundlegende Umstände schwerwiegend verändert haben und die Parteien den
Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, hätten sie diese Veränderung
vorausgesehen, kann nach § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur eine
Anpassung des Vertrags verlangt werden. Nur wenn eine Anpassung nicht
möglich oder einer Partei nicht zumutbar ist, kann die durch den Wegfall benachteiligte
Vertragspartei nach § 313 Abs. 3 BGB vom Vertrag zurücktreten
oder ein Dauerschuldverhältnis kündigen.

Dieser Vorrang der Anpassung gilt grundsätzlich auch dann, wenn die
Parteien in Voraussicht der veränderten Umstände den Vertrag nicht mit anderem
Inhalt, sondern gar nicht geschlossen hätten. Auch wenn damit sowohl die
Frage, ob der Vertrag gar nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen worden
wäre, als auch die Frage, welchen anderen Inhalt die Parteien im letzteren Fall
dem Vertrag gegeben hätten, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 313
Abs.1 BGB betreffen und für die Rechtsfolge nicht notwendig entscheidend
sind, kann doch bei Bestimmung der Rechtsfolge regelmäßig nicht außer Betracht
bleiben, wie die Vertragspartner verfahren wären, wenn sie die später
veränderten Umstände antizipiert hätten. Denn da § 313 BGB der Diskrepanz
Rechnung tragen soll, die zwischen der tatsächlichen Entwicklung und den Geschäftswillen
bestimmenden Vorstellungen hierüber entstanden ist, kann deren
Beseitigung unter Beibehaltung der vertraglichen Wertungen und der gesetzlichen
Wertungen des betroffenen Vertragstyps am besten erfolgen, wenn feststellbaren
Anhaltspunkten dafür, wie die Vertragspartner in Kenntnis der geänderten
Umstände gehandelt hätten, so weit wie möglich Rechnung getragen
wird. Daher ist eine Vertragsanpassung im Allgemeinen dann als unzumutbar
anzusehen, wenn sie nur zu einem Vertragsinhalt führen kann, der einer Überprüfung
am Maßstab eines hypothetischen Parteiwillens nicht standhält und den
zumindest eine Partei in Kenntnis der geänderten Umstände nicht vereinbart
hätte (vgl. OLG Saarbrücken, NJW 2012, 3731, 3734 [zu B IV 1 a]; Erman/
Böttcher, BGB, 15. Aufl., § 313 Rn. 44; MünchKomm.BGB/Finkenauer,
8. Aufl., § 313 Rn. 105).

bb) Dies hat für den Schenkungsvertrag grundlegende Bedeutung. Denn
insbesondere in den hier in Rede stehenden Fällen der Zuwendung von zum
gemeinsamen Wohnen bestimmtem Grund- oder Wohnungseigentum oder von
zu deren Erwerb bestimmten erheblichen Geldbeträgen liegt es regelmäßig
fern, dass die Entscheidung des Schenkers über das Ob der Zuwendung und
die Höhe des zugewendeten Betrages davon abhängt, mit welcher voraussichtlichen
Dauer der gemeinsamen Nutzung er rechnet. Bleibt diese Dauer hinter
dem vorstellbaren Maximum zurück, kann sich mit Blick auf die Geschäftsgrundlage
vielmehr regelmäßig nur die Frage stellen, ob der Schenker in
Kenntnis dieses Umstands von der Schenkung abgesehen oder sie gleichwohl -
und im Zweifel in gleicher Höhe - versprochen hätte. Eine Anpassung, wie sie
das Berufungsgericht mit der Zuerkennung einer Rückzahlungsverpflichtung in
Höhe von 91,6 % des Wertes des Geschenks vorgenommen hat, verfehlt daher
regelmäßig den mutmaßlichen Parteiwillen. Vielmehr ist, hat sich die Vorstellung
einer dauerhaften gemeinsamen Nutzung des Grund- oder Wohnungseigentums
nicht verwirklicht, im Allgemeinen die Annahme gerechtfertigt, der
Schenker hätte in Kenntnis dieses Umstands von der Schenkung abgesehen,
und es ist ihm in diesem Fall, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, nicht
zuzumuten, dem Beschenkten das Geschenk auch nur teilweise zu belassen.

cc) Hiernach ist die Abwägung des Berufungsgerichts im Ergebnis nicht
zu beanstanden; der Umstand, dass das Berufungsgericht der Klägerin nur eine
Rückzahlungsforderung in Höhe von 91,6 % des Wertes des Geschenks zugebilligt
hat, beschwert den Beklagten nicht.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Klägerin dem
Beklagten aus ihrem Vermögen nichts zugewendet, wenn dieser nicht in einer
Lebensgemeinschaft mit ihrer Tochter zusammengelebt und alle Beteiligten an
den Fortbestand dieser Lebensgemeinschaft geglaubt hätten. Demnach hätte
die Klägerin in Voraussicht des Umstands, dass die Lebensgemeinschaft kurze
Zeit später scheitern würde, die Schenkung unterlassen und folglich auch keinen
geringeren Betrag zugewendet. Eine Anpassung des Schenkungsvertrags
auf einen geringeren Betrag ist für die Klägerin deshalb nicht zumutbar.

Dem Umstand, dass die Immobilie für eine gewisse Zeit von den Partnern
genutzt werden konnte, wird dadurch hinreichend Rechnung getragen,
dass der Beklagte, anders als bei einem Rückforderungsanspruch des Schenkers
wegen Verarmung (BGH, Urteil vom 17. April 2018 - X ZR 65/17, BGHZ
218, 227), die seit der Schenkung gezogenen Nutzungen nicht herauszugeben
hat. Der Nutzungsvorteil verbleibt ihm daher bis zum Zeitpunkt des Rücktritts.

5. Die Rückzahlungspflicht ist aus den zutreffend ausgeführten Gründen
des Berufungsurteils weder verjährt noch verwirkt.

6. Zinsen stehen der Klägerin aus einem Anspruch wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage erst ab dem 31. Januar 2015 zu, dem Zeitpunkt, zu welchem
dem Beklagten der den Rücktritt enthaltende Schriftsatz der Klägerin vom
26. Januar 2015 zugegangen ist. Vor Zugang der Rücktrittserklärung wird der
Rückgewähranspruch gemäß § 346 BGB nicht fällig. Verzugs- und Prozesszinsen
gemäß § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 291 BGB entstehen erst ab diesem
Zeitpunkt (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB, Bearb. 2012, § 346 Rn. 292; Münch-
Komm.BGB/Gaier, 8. Aufl., § 346 Rn. 41).

Soweit das Berufungsgericht Zinsen für die Zeit vor dem 31. Januar 2015
zuerkannt hat und sich diese aus einem über den vom Beklagten anerkannten
Teilbetrag von 600 € hinausgehenden Betrag errechnen, kann das Berufungsurteil
hiernach keinen Bestand haben. Insoweit ist vielmehr das landgerichtliche
Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Senat versteht die Verteidigung
des Berufungsurteils durch die Klägerin dahin, dass diese den ursprünglich
geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch nur für den Fall weiterverfolgen
will, dass die im Berufungsverfahren durch teilweise Klagerücknahme
reduzierte Klagehauptforderung nicht auf der Grundlage eines Rücktritts
vom Schenkungsvertrag zuerkannt werden kann.

III. Soweit die Entscheidung des Senats hinsichtlich der Voraussetzungen
für die Feststellung einer bestimmten Dauer des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft
als Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrages oder hinsichtlich
der bei der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte
mit Entscheidungen des XII. Zivilsenats nicht im Einklang stehen sollte,
bedarf es keiner Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen. Die Entscheidungen
des XII. Zivilsenats, die hierzu Anlass geben könnten (s. insbesondere
Beschluss vom 26. November 2014 - XII ZB 666/13, NJW 2015, 690 Rn. 21 ff.,
28), betreffen anders als der Streitfall Schenkungen an den Ehegatten eines
Kindes des Schenkers. Überdies hat der XII. Zivilsenat mitgeteilt, dass die Beurteilung
des Streitfalls im Ergebnis auch sachlich nicht in Widerspruch zu einer
von ihm getroffenen Entscheidung steht, insbesondere die quotenmäßige Berechnung
eines Rückzahlungsbetrages, wie sie vom Berufungsgericht vorgenommen
wurde, auch nach seiner Auffassung den Anforderungen des § 313
BGB nicht gerecht wird.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1
ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

18.06.2019

Aktenzeichen:

X ZR 107/16

Rechtsgebiete:

Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag

Erschienen in:

MittBayNot 2020, 155-159
NJW 2019, 3511-3514
RNotZ 2020, 107-112
ZEV 2019, 718-724
Zerb 2019, 297-302

Normen in Titel:

BGB §§ 313, 516 Abs. 1