OLG München 11. November 2015
34 Wx 225/14
BGB §§ 158, 161 Abs. 1 u. 3, 2033 Abs. 1

Verfügungsbeschränkung durch aufschiebend bedingte Erbanteilsabtretung; Eintragung im Grundbuch

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 4.2.2016
OLG München, 11.11.2015 - 34 Wx 225/14

BGB §§ 158, 161 Abs. 1 u. 3, 2033 Abs. 1
Verfügungsbeschränkung durch aufschiebend bedingte Erbanteilsabtretung; Eintragung im Grundbuch

Überträgt ein im Grundbuch als Miteigentümer in Erbengemeinschaft eingetragener Erbe einen
Bruchteil seines Erbanteils auf einen Dritten und tritt dieser den Anteil in derselben Urkunde
aufschiebend bedingt wieder an den bisherigen Miteigentümer ab, so ist im Grundbuch mit der
Eintragung der Bruchteilsübertragung zugleich auch die durch die aufschiebend bedingte
Rückabtretung bewirkte Verfügungsbeschränkung des Erbanteilserwerbers einzutragen
(Anschluss an BayObLGZ 1994, 29).

Gründe

I. Im Grundbuch sind als Eigentümer von Grundbesitz die Beteiligte zu 2 und ihre Mutter in
Erbengemeinschaft eingetragen.
Am 27.11.2013 errichteten die Beteiligte zu 2 und deren Tochter, die Beteiligte zu 1, eine notarielle Urkunde
über eine Erbteilsübertragung mit folgendem wesentlichem Inhalt:
II. Erbteilsübertragung:
Frau ... (Beteiligte zu 2) - im Folgenden auch als „Veräußerer“ bezeichnet - überträgt hiermit von ihrem
hälftigen Erbteil (3/6) am Nachlass ihres verstorbenen Vaters ... einen Anteil von einem Drittel (d. h. 1/6 am
gesamten Nachlass) an ihre Tochter ... (Beteiligte zu 1) - im Folgenden auch als „Erwerber“ bezeichnet - zur
Alleinberechtigung, die diese Erbteilsübertragung hiermit annimmt.
Veräußerer und Erwerber sind über diese Erbteilsübertragung mit sofortiger dinglicher Wirkung einig.
III. Grundbuchberichtigungen
...
OLG München, Beschluss v. 11.11.2015 – 34 Wx 225/14
Die im Grundbuch eingetragenen Eigentumsverhältnisse sind aufgrund der heutigen Erbteilsübertragung
unrichtig geworden.
Die Beteiligten bewilligen und beantragen hiermit die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der
vorstehenden Erbteilsübertragung an dem ... Grundbesitz.
...
V. Verfügungsunterlassungsverpflichtung, Rückübertragung
...
2. Der Veräußerer kann die kosten- und steuerfreie Rückübereignung des vertragsgegenständlichen Erbteils
an sich verlangen, wenn ...
3. Das Verlangen auf Rückübereignung kann der Veräußerer nur persönlich, also nicht durch einen
Bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter, nur in notariell beurkundeter Form und nur innerhalb von drei
Jahren von dem Zeitpunkt an geltend machen, in dem der Veräußerer von den Tatsachen Kenntnis erhält,
die zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigen ...
4. Aufschiebend bedingt durch die Ausübung des Rückforderungsrechts des Veräußerers tritt der Erwerber
den vertragsgegenständlichen Erbteil an den Veräußerer ab.
Die Eintragung der sich daraus ergebenden Verfügungsbeschränkung im Grundbuch wird hiermit bewilligt.
Der Veräußerer erteilt dem Erwerber über den Tod hinaus Vollmacht, nach dem Tode des Veräußerers die
Löschung der Verfügungsbeschränkung im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. ...
Mit Eingang am 6.12.2013 beantragten die Beteiligten unter anderem Grundbuchberichtigung hinsichtlich der
Erbteilsübertragung (Abschnitt II.) und die Eintragung der Verfügungsbeschränkung (Abschnitt V. der
notariellen Urkunde).
Diese Anträge hat das Grundbuchamt nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 28.4.2014
zurückgewiesen. Es handele sich um eine unbedingte Erbteilsübertragung mit schuldrechtlichem
Rückübertragungsvorbehalt. Die Verfügungsbeschränkung habe daher den Charakter einer
Rückauflassungsvormerkung. Die Beteiligte zu 2 müsste bei Eintritt einer Bedingung für die
Rückübertragung des Erbteils diese erst geltend machen. Zudem beziehe sich der
Rückübertragungsanspruch auf den Erbanteil und nicht nur auf ein Grundstücksrecht; er sei daher nicht
dinglich sicherbar. Die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung am übertragenen Erbteil würde das
Grundbuch unrichtig machen. Auch die Grundbuchberichtigung könne als verbundener Antrag nicht
eingetragen werden.
Dagegen wenden sich die Beteiligten mit ihrem Rechtsmittel. Der schuldrechtliche
Rückübertragungsanspruch und das dingliche Verfügungsgeschäft zur Erfüllung des Anspruchs, das ohne
weiteres mit Bedingungseintritt wirksam werde, seien zu unterscheiden. Für den grundbuchamtlichen Vollzug
sei allein das dingliche Rechtsgeschäft maßgeblich.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Gegen die Zurückweisung des Antrags auf Berichtigung einer nachträglich eingetretenen
Grundbuchunrichtigkeit (Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 29) nebst Eintragung einer
Verfügungsbeschränkung ist das Rechtsmittel der unbeschränkten Beschwerde statthaft (§ 71 Abs. 1 GBO).
Diese ist formgerecht eingelegt (§ 15 Abs. 2, § 73 GBO) und auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Im Fall einer in derselben notariellen Urkunde vorgenommenen Übertragung eines (Bruchteils eines)
Erbanteils auf einen Erwerber (§ 2033 Abs. 1 BGB; Palandt/Weidlich BGB 74. Aufl. § 2033 Rn. 2) mit
aufschiebend bedingter Rückabtretung durch den Erwerber an den Übertragenden wird das Grundbuch
unrichtig und ist durch die Eintragung der Erbanteilsübertragung und - von Amts wegen - einer
Verfügungsbeschränkung zu berichtigen (BayObLGZ 1994, 29/31).
a) Auch wenn die Vormerkung vielfach als qualifizierte Verfügungsbeschränkung bezeichnet wird
(Nachweise in Staudinger/Gursky BGB Bearb. 2013 § 883 Rn. 331), sind die Unterschiede zwischen einer
Vormerkung und einer Verfügungsbeschränkung so gravierend, dass eine derartige Einordnung zu Recht
verworfen wird (vgl. RGZ 113, 403/408 m. w. N.; ebenso Staudinger/Gursky a. a. O.).
Eine Vormerkung dient nach § 883 BGB zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung
eines Rechts an einem Grundstück. Der gesicherte Anspruch muss somit ein schuldrechtlicher Anspruch auf
Vornahme einer dinglichen Rechtsänderung sein (Palandt/Bassenge § 883 Rn. 5). Mit einer
Rückauflassungsvormerkung können daher Rückgewährsansprüche (etwa der Anspruch auf
Rückübereignung) gesichert werden (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 2345). Ist dagegen die
dingliche Rückübertragung schon erklärt, sei es auch nur unter einer Bedingung (§ 158 BGB), liegt kein
durch eine Vormerkung nach § 883 BGB sicherbarer Rechtsänderungsanspruch vor. Vielmehr ist mit der
bedingten (Rück-)Übertragung schon über das Recht verfügt. Das hat kraft Gesetzes eine
Verfügungsbeschränkung nach § 161 BGB zur Folge (vgl. Staudinger/Bork BGB Bearb. 2003 § 161 Rn. 3,
der als wichtigsten Fall die aufschiebend bedingte Übereignung an den Eigentumsvorbehaltskäufer
bezeichnet). Gemäß § 161 BGB ist nach einer aufschiebend bedingten Verfügung über einen Gegenstand
jede weitere Verfügung, die während der Schwebezeit über den Gegenstand getroffen wird, im Fall des
Bedingungseintritts insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder
beeinträchtigen würde. Trotz ihres Wortlauts ist die Vorschrift nicht nur auf Gegenstände, sondern als
allgemeiner Rechtsgedanke auch auf bedingt abgetretene Forderungen oder bedingt übertragene Rechte
anzuwenden (vgl. BGHZ 20, 127/133; MüKo/Westermann BGB 7. Aufl. § 161 Rn. 10; Palandt/Ellenberger §
161 Rn. 1; Staudinger/Bork § 161 Rn. 5). Mit anderen Worten dient die Vormerkung allein der Sicherung
schuldrechtlicher Ansprüche auf eine dingliche Rechtsänderung, wohingegen die Verfügungsbeschränkung
auch zur Sicherung von dinglichen Rechtspositionen in Betracht kommt (Staudinger/Gursky § 883 Rn. 332).
Während die Vormerkung zudem erst mit Eintragung Wirkung entfaltet, tritt die Verfügungsbeschränkung in
der Regel unabhängig von ihrer etwaigen Verlautbarung im Grundbuch in Kraft (Staudinger/Gursky § 883
Rn. 331). Allerdings ist sie, um den öffentlichen Glauben des Grundbuchs zu zerstören, in dieses
einzutragen (BayObLGZ 1994, 29/30 f.; LG Nürnberg-Fürth MittBayNot 1982, 21; Neusser MittRhNotK 1979,
143/149; Staudinger/Gursky § 883 Rn. 331; Schöner/Stöber Rn. 970).
b) Dies gilt auch für den Fall, dass nicht ein Recht am Grundstück selbst bedingt übertragen wird, sondern
ein Erbanteil, wenn zum Nachlass ein Recht am Grundstück gehört. Dem Erbteilsveräußerer steht nämlich
nicht nur der Erbteil nur noch bedingt zu, sondern auch das (gesamthänderische) Anteilsrecht an den
einzelnen Nachlassgegenständen, so dass auch Zwischenverfügungen über Nachlassgegenstände nach §
161 BGB zunächst nur schwebend wirksam sind (BayObLGZ 1994, 29; Schöner/Stöber Rn. 970; Neusser
MittRhNotK 1979, 148). Dies belegt schon die in § 51 GBO getroffene Wertung. Im dortigen Fall sind
ebenfalls zur Sicherung eines Nachlassgrundstücks Eintragungen zulässig, auch wenn sich die
Nacherbenstellung nicht allein auf das Recht an dem Grundstück bezieht (vgl. BayObLGZ 1994, 29/32).
2. Die (Rück-)Abtretung des Erbanteils durch die Beteiligte zu 1 für den Fall der Ausübung des
Rückforderungsrechts durch die Beteiligte zu 2 stellt eine aufschiebend bedingte Verfügung über diesen dar.
Bedingung der Rückabtretung ist nach dem Wortlaut der Urkunde allein die Geltendmachung des Anspruchs
auf Rückübertragung, nicht dagegen sind es die Gründe, weswegen die Rückübertragung geltend gemacht
werden kann. Jede Verfügung der Beteiligten zu 1 über den Erbanteil während der Schwebezeit wäre im Fall
des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als die von der Bedingung abhängige Abtretung des
Erbanteils vereitelt oder beeinträchtigt würde (§ 161 Abs.1 Satz 1 BGB).
Mit der Erbanteilsübertragung ist die Eintragung der Verfügungsbeschränkung - an sich überflüssig -
beantragt, welche gleichzeitig mit der Berichtigung in das Grundbuch von Amts wegen aufzunehmen ist
(BayObLGZ 1994, 29/32), wenn deren Voraussetzungen im Übrigen vorliegen.
III. Kostenentscheidung und Geschäftswertfestsetzung sind nicht veranlasst.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht
vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

11.11.2015

Aktenzeichen:

34 Wx 225/14

Rechtsgebiete:

Erbteilsveräußerung

Erschienen in:

MittBayNot 2016, 228-229
RNotZ 2016, 234-236

Normen in Titel:

BGB §§ 158, 161 Abs. 1 u. 3, 2033 Abs. 1