OLG Düsseldorf 05. Oktober 2018
7 U 194/17
BGB §§ 125, 311b Abs. 1, 654

Lohnanspruch des Immobilienmaklers bei formnichtiger Ankaufsvereinbarung

letzte Aktualisierung: 17.7.2019
OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.10.2018 – 7 U 194/17

BGB §§ 125, 311b Abs. 1, 654
Lohnanspruch des Immobilienmaklers bei formnichtiger Ankaufsvereinbarung

1. Eine Reservierungsvereinbarung ist unwirksam, wenn auf den Kunden unzulässiger
wirtschaftlicher und scheinbar rechtlicher bzw. tatsächlich moralischer Druck in erheblichem
Ausmaß ausgeübt worden ist.

2. Bei formnichtigen Ankaufsvereinbarungen verwirkt der Immobilienmakler seinen Lohnanspruch
bereits dann, wenn er mit an Vorsatz grenzender Leichtfertigkeit seinen Auftraggeber dazu
veranlasst, eine „Ankaufsverpflichtung“ zu unterzeichnen, um den Eindruck einer Verpflichtung
zum Kauf und zur Zahlung eines erfolgsunabhängigen Maklerlohns zu erwecken. (Leitsätze der
DNotI-Redaktion)

G r ü n d e :

I.
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückzahlung einer Käufermaklerprovision. Die
Eigentümerin des Grundstücks T in E beauftragte die Streithelferin mit dem Verkauf des
Objektes. Die Verkäuferin und die Streithelferin vereinbarten, dass die Streithelferin an
einem Kaufpreis von über 549.000 € zu 40 % prozentual zu beteiligen war. Der
Angebotspreis des Objektes betrug 615.000 €. Die Kläger erwarben das Einfamilienhaus
im September 2016. Sie hatten zuvor am 18.08.2016 eine
Reservierungsvereinbarung/Ankaufsvereinbarung der Beklagten unterzeichnet. Dort heißt
es:

„Herr/Frau Eheleute T
im nachfolgenden als Käufer bezeichnet, erklärt hiermit rechtsverbindlich handelnd, das
von vorgenannter Immobilienfirma nachgewiesene und nachstehend bezeichnete Objekt,
wie angeboten zu kaufen ………Der Kaufpreis beträgt: 615.000 €…..Die E Immobilien +
Verwaltungs GmbH wird hiermit beauftragt, die Vorbereitung zur notariellen
Vertragsunterzeichnung in die Wege zu leiten…. Die Maklerprovision in Höhe von 3,57 %
incl. MwSt. wird vom Käufer bezahlt und ist bei notarieller Beurkundung fällig. …Sollte der
notarielle Kaufvertrag, aus Gründen die der Käufer zu vertreten hat (z.B. Baufinanzierung),
nicht zustande kommen….,erklärt der Käufer sich ausdrücklich bereit, die entstandenen
Kosten zu übernehmen….An die E Immobilien + Verwaltungs GmbH ist vom Käufer eine
Reservierungsgebühr i.H.v. 2.000 € zu entrichten, die bei erfolgreich abgeschlossenem
notariellem Kaufvertrag auf die Maklerprovision angerechnet wird. Bei nicht zustande
kommen des Kaufvertrages bestehen seitens des Käufers keine
Rückforderungsansprüche der Reservierungsgebühr. Diese Reservierung wird erst nach
Eingang der Reservierungsgebühr wirksam …Die Vertragsparteien halten sich bis zum
Ablauf des 31.08.2016 an diese Vereinbarung. (Sollte es zu einem späteren Zeitpunkt zum
Abschluss eines Kaufvertrages kommen, berührt dies nicht die o.g.
Provisionsvereinbarung)….“

Die Beklagte unterhält ein Netzwerk, an dem sog. „freie Mitarbeiter“ beteiligt sind, die
selbständig die Maklertätigkeit ausüben. Einer der freien Mitarbeiter der Beklagten ist der
Streitverkündete zu 2, Herr K, der der Geschäftsführer der Streithelferin ist. Herr K trat
gegenüber den Klägern für die Beklagte auf und unterschrieb für letztere die
Ankaufs/Reservierungsvereinbarung. Der Vereinbarung war eine Widerrufsbelehrung
beigefügt, die u.a. eine Vergütungsregelung für bereits erbrachte Dienste beinhaltete.

Wegen der Einzelheiten der Ankaufs/Reservierungsvereinbarung und der
Widerrufsbelehrung wird auf GA 7 und 8 verwiesen.

Die Beklagte berechnete den Klägern am 07.12.2016 für den Nachweis bzw. für die
Vermittlung des Objekts 21.955,50 €. Die Kläger zahlten diese Summe an die Beklagte,
die nach einer mit der Streithelferin getroffenen Vereinbarung 50 % dieses Betrages an
diese weiterleitete.

Das Landgericht, auf dessen Feststellung gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch wegen der
Anträge Bezug genommen wird, hat die Rückzahlungsklage abgewiesen. Den Klägern
stehe der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Maklerprovision
aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt, 654 BGB nicht zu. Ein Maklervertrag sei zwischen den
Parteien zustande gekommen. Dass die Beklagte auch als Maklerin für die Verkäuferin
tätig geworden sei, hätten die Kläger nicht behauptet. Soweit die Streithelferin behaupte,
dass ein solches Vertragsverhältnis zustande gekommen sei, sei dies im Ergebnis
unbeachtlich. Der Streithelfer dürfe sich grundsätzlich nicht in Widersprüche zu den
Erklärungen der unterstützenden Partei stellen, §§ 74, 67 ZPO. Eine Haftung der
Beklagten lasse sich in diesem Zusammenhang auch nicht vor dem Hintergrund
begründen, dass der für sie als freier Mitarbeiter tätig gewordene Streitverkündete zu 2.
als Geschäftsführer der Streithelferin für diese einen entsprechenden Vermittlungsvertrag
mit der Verkäuferin abgeschlossen habe. Die Verwirkung des Maklerlohns komme wegen
ihres Strafcharakters nur dann in Betracht, wenn die Beklagte davon, dass ihr freier
Mitarbeiter bzw. die von ihm geführte Gesellschaft einen Vertrag mit der Gegenseite
geschlossen hatte, Kenntnis gehabt hätte. Dies sei nach dem unbestritten gebliebenen
Vortrag der Beklagten erst nach Kaufvertragsabschluss der Fall geworden. Der Vortrag der
Kläger erfülle nicht den Verwirkungstatbestand. Die Beklagte habe mit dem Nachweis des
Objekts am 18.08.2016 die ihr obliegende Vertragspflicht gegenüber den Klägern erfüllt.

Soweit der Streitverkündete zu 2 im Interesse der Streithelferin Vermittlungstätigkeiten
zugunsten der Verkäuferin entwickelt haben sollte, stehe dies dem Provisionsanspruch der
Beklagten nicht entgegen. Es könne als wahr unterstellt werden, dass der Streitverkündete
zu 2 sinngemäß erklärt habe, dass die Kläger den Preis für das Haus ja kennen würden,
sie hätten schließlich eine Reservierungsvereinbarung unterschrieben, in der der Preis in
Höhe von 615.000 € angegeben sei. Eine solche zugunsten der Kläger als getätigt
unterstellte Äußerung stelle keine Erklärung dar, die als Verweigerung von
Preisverhandlungen verstanden werden könne. Dass mit dem Streitverkündeten zu 2 am
Folgetag ein Telefonat geführt worden sein solle, habe die Beklagte beachtlich bestritten
und sei von den Klägern nicht unter Beweis gestellt worden. Außerdem habe die insoweit
dem Streitverkündeten zu 2 zugeschriebene Erklärung keine Relevanz. Der dem
Beklagtenvortrag widersprechende Vortrag der Streitverkündeten bleibe zudem außer
Betracht.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der Berufung. Die Kläger sind nach wie
vor der Auffassung, dass § 654 BGB analog anzuwenden sei. Entscheidend dafür sei,
dass dieselbe Person, nämlich der Streitverkündete zu 2, sowohl auf Käufer- als auch auf
Verkäuferseite tätig geworden sei und so das Zustandekommen und die Abwicklung des
Kaufvertrages beeinflusst habe. Es sei nicht haltbar, dass das Landgericht darauf abstelle,
dass die Beklagte keine Kenntnis von dem Handeln des Streitverkündeten zu 2 gehabt
habe, weil dieser nur freier Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei. Insoweit müsse der
Beklagten in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB das Handeln bzw. die Kenntnis
des Streitverkündeten zu 2. als dessen Vertreter zugerechnet werden. Die Einschätzung
des Landgerichts hinsichtlich der Bedeutung des Telefonats mit dem Streitverkündenden
zu 2 am Folgetag nach dem Abschluss der Reservierungsvereinbarung sei ebenfalls
realitätsfern. Die Beklagte habe das Telefonat zudem nicht erheblich bestritten. Durch das
Unterbinden der Preisverhandlung habe sich der Streitverkündete zu 2 vertragswidrig in
die Vertragsanbahnung eingemischt, was der Beklagten zuzurechnen sei.

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 20.09.2017 – 6 O 51/17 – abzuändern
und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 21.955,50 € zuzüglich Verzugszinsen
hieraus in Höhe von 5 %Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.01.2017
zu zahlen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Beklagte hat die von den Klägern gezahlte Maklerprovision zurückzuzahlen, da sie
diese ohne rechtlichen Grund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative BGB
erlangt hat. Der Anspruch der Beklagten auf das Maklerhonorar ist verwirkt und damit nicht
entstanden, § 654 BGB analog.

Für die Verwirkung kommt es nicht auf – etwa - streitigen Sachvortrag an. Es ist auch
unerheblich, ob es das behauptete Telefonat mit dem Streitverkündeten zu 2 nach
Abschluss der Reservierungsvereinbarung gegeben hat. Bereits der Inhalt der von der
Beklagten vorformulierten unwirksamen Ankaufs- und Reservierungsvereinbarung reicht
für eine Verwirkung des Provisionsanspruchs aus. Darauf hat der Senat in der mündlichen
Verhandlung hingewiesen. Im Einzelnen:

1.
Voraussetzung für ein Verwirken des Lohnanspruchs nach § 654 BGB ist eine
schwerwiegende Treuepflichtverletzung des Maklers. Die treuwidrige Doppeltätigkeit ist
der in § 654 BGB ausdrücklich genannte Hauptfall der Verwirkung. Treuwidrig ist die
Doppeltätigkeit, d.h. die Tätigkeit als Makler für beide Seiten des Hauptvertrages dann,
wenn sie entweder als solche unzulässig ist oder der Makler die damit verbundenen
besonderen Pflichten, insbesondere die Pflicht zur Unparteilichkeit, verletzt.

Eine Doppeltätigkeit ist im Immobilienmaklergeschäft nicht als solche unzulässig, sondern
durchaus üblich. Sie ist deshalb im Immobiliengeschäft regelmäßig nur dann
Verwirkungsgrund, wenn eine Vermittlungstätigkeit (keine bloße Nachweistätigkeit) auf
beiden Seiten vorliegt und dies dem Kunden nicht vorher offen gelegt oder von ihm
ausdrücklich gestattet wird (vgl. Ibold, Maklerrecht, 3. Aufl. Rn. 140 mwN).

Formal liegt keine Doppeltätigkeit vor. Die Beklagte war gar nicht unmittelbar auf beiden
Seiten tätig. Sie selbst war nicht die Maklerin der Verkäuferin. Dies war die Streithelferin zu

1.
Stellt man für die Frage der Doppeltätigkeit auf die handelnde Person, den
Streitverkündete zu 2 Herrn K ab, der für zwei verschiedene Unternehmen auftrat, nämlich
für die Maklerin der Kläger und für die Maklerin der Beklagten, reicht auch dies noch nicht
für eine Verwirkung aus, da es an einer Vermittlungstätigkeit für beide Seiten fehlt. Eine
Vermittlungstätigkeit der Beklagten auf beiden Seiten ist weder formal noch inhaltlich
gegeben. Die Beklagte, vertreten durch Herrn K, war für die Kläger nur Nachweismaklerin
und nicht Vermittlungsmaklerin. Die Streithelferin zu 1, vertreten durch Herrn K, war nur
auf einer Seite Vermittlungsmaklerin, nämlich auf Seiten der Verkäuferin.

Soweit die Kläger sich darauf stützen, dass sie erst „zwischenzeitlich“, damit gemeint ist
erst nach Kaufvertragsabschluss, erfahren hätten, dass Herr K auch für die Maklerin der
Verkäuferin tätig war, und dies als Vermittlungsmakler gegen Mehrerlösprovision, genügt
auch dieser Vortrag noch nicht, um eine unzulässige Doppeltätigkeit bejahen zu können.
Von manchen Stimmen wird bei der Frage der Verwirkung zwar vertreten, dass jede
Doppeltätigkeit dem Kunden vorher offen gelegt werden muss. Die Doppeltätigkeit braucht
aber nicht ausdrücklich erwähnt zu werden, sie kann sich auch stillschweigend aus dem
Vertragsinhalt ergeben (Ibold, aaO, Rn. 140 mwN). Dies ist hier der Fall. Eine
Doppeltätigkeit jedenfalls der handelnden Personen ergibt sich schon aus der Möglichkeit
des Abschlusses einer „Reservierungsvereinbarung“ für ein Kaufobjekt mit dem eigenen
Makler.

Die Kenntnis des Herrn K von der Mehrerlösprovision könnte der Beklagten bei der
Prüfung des § 654 BGB zwar grundsätzlich nach § 166 BGB analog zugerechnet werden,
dies reicht aber ebenfalls nicht für eine unzulässige Doppeltätigkeit aus, da die Beklagte,
vertreten durch Herrn K, gegenüber den Klägern nicht als Vermittlungsmakler aufgetreten
ist.

2.
Der Maklerlohn ist hier aber deshalb verwirkt, weil § 654 BGB analog anzuwenden ist. Die
Beklagte hat sich schon durch die Verwendung der von ihr vorformulierten
Reservierungs/Ankaufsvereinbarung ihres Maklerlohns für unwürdig gezeigt, weil die
Gesamtschau der Regelungen die Rechtslage verzerrt und bereits in dieser Vereinbarung
der Kaufpreis für die Käufer als nicht mehr verhandelbar dargestellt wird. Im Einzelnen:
Durch das inhaltliche Zusammenspiel von Ankaufsvereinbarung und
Reservierungsvereinbarung wird auf den Kunden unzulässiger wirtschaftlicher und
scheinbar rechtlicher bzw. tatsächlich moralischer Druck in erheblichem Ausmaß
ausgeübt. Die Gesamtschau der in vielfacher Hinsicht rechtlich fehlerhaft formulierten
Vereinbarungen reicht hier – anders als die Streithelferin mit Schriftsatz vom 13.08.2018
meint und die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.08.2016 ausführt - schon aus, um eine
Verwirkung annehmen zu können (vgl. BGH NJW-RR 1990, 372; BGH NJW 1981, 280;
BGH NJW-RR 1992, 817; Ibold, aaO, Rn. 143; LG Berlin NJW-RR 2001, 706). Dies ergibt
sich aus dem Ineinandergreifen von folgenden für den Kunden nachteiligen und
unzulässigen Regelungen, die von der Beklagten vorformuliert worden sind:

Die Ankaufsvereinbarung war gem. §§ 125, 311 b Abs. 1 BGB formnichtig. Sie enthält
jedoch die Formulierung „rechtsverbindlich handelnd“. Dadurch wird der falsche rechtliche
Eindruck erweckt, dass sich die Käufer bereits mit der Unterschrift unter diese
Vereinbarung rechtlich bindend zu etwas verpflichtet hätten. Wegen der beigefügten
Widerrufsbelehrung und der zeitlichen Begrenzung der Vereinbarung, auf die die Beklagte
im nachgelassenen Schriftsatz abstellt, wird zwar – unabhängig von der Erfahrenheit der
Kläger in Grundstücksgeschäften - mit der Vereinbarung nicht schon eine in jedem Fall
bindende Ankaufsverpflichtung der Kläger bezüglich des Grundstücks formuliert. Die
Kunden müssen aber annehmen, dass sie sich mit ihrer Unterschrift bereits jetzt zu nicht
unerheblichen Zahlungen und ggf. zum Schadenersatz bei Nichtzustandekommen des
Vertrages verpflichtet haben.

Dies ergibt sich zum Einen aus der Reservierungsvereinbarung. Die
Reservierungsvereinbarung enthält eine erfolgsunabhängige Zahlungsverpflichtung über
2000 €, einen Betrag von rund 9% des üblichen Maklerhonorars. Bei der vorformulierten
Reservierungsvereinbarung handelt es sich um eine jedenfalls in allgemeinen
Geschäftsbedingungen unzulässige Regelung (Ibold a.a.O. Rn. 159). Unzulässige AGB
begründen allerdings – wie auch die Streithelferin zutreffend ausführt - ohne das
Hinzutreten besonderer Umstände regelmäßig noch keine Verwirkung des
Makleranspruches (BGH, Urteil vom 19.05.2005 – III ZR 322/04). Hier liegen jedoch
derartige weitere besondere Umstände vor. Die Reservierungsvereinbarung ist nämlich
nicht isoliert formuliert worden und selbständig zu betrachten, sondern mit der zitierten
formnichtigen Ankaufsvereinbarung kombiniert.

Bei formnichtigen Ankaufsvereinbarungen verwirkt ein Immobilienmakler nach der
Rechtsprechung des BGH seinen Lohnanspruch dann, wenn er mit an Vorsatz grenzender
Leichtfertigkeit seinen Auftraggeber veranlasst, eine „Ankaufsverpflichtung“ zu
unterzeichnen, um bei dem Auftraggeber den Eindruck einer Verpflichtung zum Kauf und
zur Zahlung von erfolgsunabhängigem Maklerlohn zu erwecken (BGH, NJW-RR 1990,
372). Diese Grundsätze betreffen allerdings – anders als die Streithelferin mit Schriftsatz
vom 13.08.2018 meint - nicht nur den Fall, dass sich der Makler erfolgsunabhängig das
ganze Maklerhonorar versprechen lässt, während die Beklagte hier in der Reservierungsund
Ankaufsvereinbarung „nur“ 2000 €, also etwa 9% des eigentlichen Maklerhonorars
erfolgsunabhängig fordert. Auf diesen Unterschied in der Höhe der Reservierungsgebühr
kommt es nicht entscheidend an. Es genügt nämlich zur Verwirkung, dass beim Kunden
der irrige Eindruck entsteht, ihm stehe die Entschließungsfreiheit, die ihm der Gesetzgeber
bis zum formgerechten Abschluss des Kaufvertrages zubilligt, nicht mehr zu (BGH a.a.O.).

Das ist hier gegeben, obwohl der Ankaufsvereinbarung eine Widerrufsbelehrung beigefügt
war und zudem in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass regelmäßig nur
Provisionen über 10 bis 15 % den Erwerber in seiner Entschlussfreiheit beeinträchtigen
können (Ibold, aaO, Rn. 159), während der Betrag von 2.000 Euro bei einer Provision von
21.995 € knapp unter der Erheblichkeitsschwelle liegt, die die Literatur nennt.

Der BGH hat für die Verwirkung nämlich nicht allein darauf abgestellt, dass der Makler sich
auch für den Fall des Nichtzustandekommens des Kaufvertrages den vollen Maklerlohn
habe versprechen lassen. Der BGH stützt sich auch nicht darauf, dass ein gewisser
Mindestbetrag als erfolgsunabhängige Provision für § 654 BGB gegeben sein muss (vgl.
BGH a.a.O.; Ibold aaO; Landgericht Berlin, NJW-RR 2001, 706). Entscheidend ist
vielmehr, dass unzulässiger Druck auf die Entscheidungsfreiheit des Kunden ausgeübt
wird. Das ist hier der Fall.

Die Beklagte wird in der Vereinbarung bereits beauftragt, die Vorbereitungen zur
notariellen Vertragsunterzeichnung in die Wege zu leiten. Dazu ist vermerkt, dass dann,
wenn der notarielle Kaufvertrag aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat (z.B.
Baufinanzierung), nicht zustande kommt oder rückabgewickelt werden muss, sich der
Käufer ausdrücklich bereit erklärt, die entstandenen Kosten zu übernehmen. Wie hoch
diese Kosten sind, was sie umfassen, ob es um eine Aufwandsentschädigung für den
Besichtigungstermin mit dem Makler geht, ob dem Makler und/oder Notar für die
Vorbereitung des Notartermins eine Aufwandentschädigung zu zahlen ist oder ob diese
Kosten gar die (volle) Maklerprovision sowie etwaige Schäden des Verkäufers beinhalten
sollen, bleibt inhaltlich unklar. Eine Kostenerstattungspflicht ist zudem auch in der
Widerrufsbelehrung vorformuliert.

Durch die Vereinbarung wird deshalb bei juristisch nicht vorgebildeten Käufern der
Eindruck erweckt, dass dann, wenn sie - etwa wegen fehlender Baufinanzierung - nicht
kaufen können, auf jeden Fall die gezahlten 2.000 Euro verloren sind und ggf. noch
deutlich mehr zu zahlen ist, da die Beklagte bereits mit den Vorbereitungen des
Notartermins beauftragt war. Weil nicht geregelt ist, welche Kosten konkret zu ersetzen ist,
wird durch diese Klausel eine wirtschaftliche Unsicherheit beim Kunden hervorgerufen, die
als Gesamtkostenrisiko den Betrag von 9 % des Maklerhonorars übersteigt und der
Gesamthöhe nach nicht weiter eingrenzbar ist.

Durch die vorformulierte Regelung wird den Klägern außerdem der fehlerhafte Eindruck
vermittelt, den Kaufpreis nicht mehr verhandeln zu können und den Kaufvertrag zu dem in
der Ankaufsvereinbarung genannten Kaufpreis abschließen zu müssen. Der Kaufpreis von
615.000 € wird in der Ankaufsvereinbarung der Höhe nach genannt und im Gesamtkontext
als verbindlich dargestellt. Schon durch die Ankaufsvereinbarung wird deshalb der
rechtlich falsche Eindruck erweckt, dass der Kaufpreis mit der Unterschrift unter die
Reservierungsvereinbarung nicht mehr verhandelbar ist. Auf das von den Klägern
behauptete Telefonat mit dem Streitverkündeten zu 2. kommt es dafür nicht an. Hierfür
reicht die oben zitierte Formulierung aus der Vereinbarung „Herr/Frau Eheleute T ….
erklärt ……rechtsverbindlich handelnd…..wie angeboten zu kaufen…..Der Kaufpreis
beträgt: 615.000 €…“.

Der Beklagten als Maklerin war die Unwirksamkeit und die rechtliche Fehlerhaftigkeit der
von ihr vorformulierten Vereinbarung im Hinblick auf die Ankaufsverpflichtung, die
Reservierungsgebühr und die Verpflichtung zur Kostenübernahme wegen
Nichtzustandekommens des Notartermins zudem bekannt oder in grob leichtfertiger Weise
unbekannt. Von einem Makler ist zu erwarten, dass er sich über die elementaren
Anforderungen an seine Tätigkeit wie die langjährig bestehende Rechtsprechung zur
Unwirksamkeit von Reservierungsgebühren in allgemeinen Geschäftsbedingungen und
zur Unwirksamkeit von formnichtigen Ankaufsvereinbarungen informiert.

Der Zinsanspruch ergibt sich nach der Fristsetzung aus Verzug, §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.

Gründe, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 21.955,50 € festgesetzt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

05.10.2018

Aktenzeichen:

7 U 194/17

Rechtsgebiete:

Maklervertrag
Allgemeines Schuldrecht

Normen in Titel:

BGB §§ 125, 311b Abs. 1, 654