Anforderungen an Ausfertigungen und Abschriften eines Erbscheins; Anzahl der Ausfertigungen
letzte Aktualisierung: 26.5.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.11.2020 – 3 Wx 200/20
FamFG §§ 13 Abs. 3 S. 1 u. 2, 15, 352e Abs. 1 S. 3; ZPO § 169 Abs. 3 S. 2
Anforderungen an Ausfertigungen und Abschriften eines Erbscheins; Anzahl der Ausfertigungen
1. Wie viele Ausfertigungen eines Erbscheins der Antragsteller erhält, richtet sich grundsätzlich nach
dessen Antrag. Wegen der mit der Erteilung zahlreicher oder Ausfertigungen verbundenen Gefahren
kann das Rechtsschutzbedürfnis auf die wirklich benötigten Stücke oder eine überschaubare
Zahl beschränkt werden.
2. Die Unterschrift wird durch die abschriftliche Wiedergabe des Namens des Richters oder
Rechtspflegers, der den Erbschein bewilligt hat, kenntlich gemacht. Hierbei genügt es, wenn die
Unterschrift oder der Name maschinenschriftlich wiedergegeben wird.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind die Kinder der Erblasserin und nach dem gemeinschaftlichen
Erbschein vom 21. Aug. 2020 deren Erben zu je ½.
Das Nachlassgericht hat der Beteiligten zu 1 eine Ausfertigung des Erbscheins (GA 111)
übersandt. Der Nachlass hat einen Wert von 1.225.184,02 €.
Die Beteiligte zu 1 erbat am 8. Sept. 2020 telefonisch zwei beglaubigte Abschriften des
Erbscheins, die ihr sogleich übersandt wurden.
Am 13. Sept. 2020 teilte sie in einer ersten eMail mit, „die Kopie des Erbscheins, die Sie
mir zugesandt haben ist voellig wertlos, da Sie nicht beglaubigt ist. ... Ich habe den
Eindruck, dass Sie durch staendiges nachkriechen lassen meinen Suicid verursachen
wollen.“ Wenige Stunden später formulierte sie in einer weiteren eMail, „ich habe mich drei
Monate lang um den gueltigen Erbschein bemüht. Sie haben mir eine voellig wertlose
Kopie gegeben und vorgelogen, dass sei das Original, um mich zu schikanieren und
laecherlich zu machen. Die beglaubigten Kopien sind nicht angekommen.“ Wenige
Minuten später forderte sie „endlich die beglaubigten Erbscheine! Sie zerstören mein
Leben.“
Am 16. Sept. 2020 erbat die Beteiligte zu 1 insgesamt 5 weitere beglaubigte
Erbscheinsabschriften und fügte als Beispiel die Kopie des Erbscheins vom 26. Mai 1998
nach ihrem Vater bei.
Am 24. Sept. 2020 teilte das Nachlassgericht – Rechtspflegerin – der Beteiligten zu 1
telefonisch und sodann schriftlich mit, dass die Beglaubigungen formgerecht seien; es
handele sich um elektronisch erzeugte Beglaubigungen, bei der die Wiedergabe der
Namens- und Amtsbezeichnung der beglaubigenden Person verzichtbar sei. Für weitere
Beglaubigungen des Erbscheins möge sie sich an einen Notar wenden.
Mit Schreiben vom 24. Sept. 2020 beschwerte sich die Beteiligte zu 1; der Erbschein
werde so nicht anerkannt. Sie benötige endlich korrekte Unterlagen und zwar 8
beglaubigte Kopien mit Unterschrift. Auf den ihr vorliegenden Unterlagen fehle die
Unterschrift (gemeint ist die des Richters).
Mit Beschluss vom 29. Sept. 2020 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht
abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Ausführungen
der Rechtspflegerin seien zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts über den
Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erteilung von beglaubigten Abschriften des Erbscheins vom
21. Aug. 2020. Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Danach können
sich die zur Akteneinsicht Berechtigten auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle
Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 FamFG) und
sind Abschriften auf Verlangen zu beglaubigen sind (was dann in entsprechender
Anwendung von
Rdnr. 62).
Bei einer Entscheidung über die Ablehnung oder Gewährung von Akteneinsicht an einen
Beteiligten nach Abschluss des Verfahrens – wie hier – ergeht über den Antrag eine
Endentscheidung, die einer Anfechtung im Wege der Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG
unterliegt (Keidel/Sternal, a.a.O., Rdnr. 72 m.N.; vgl. Senat,
vom 17. Dez. 2013, I-3 Va 7/13 für nicht am Verfahren Beteiligte).
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Wenn das Nachlassgericht alle Verfahrensvoraussetzungen für gegeben erachtet, der
Erbscheinsantrag der Erbrechtslage entspricht und kein Beteiligter dem beantragten
Erbschein widersprochen hat, ergeht ein Feststellungsbeschluss, dass die zur Erteilung
des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden. Ein
solcher Feststellungsbeschluss wird grundsätzlich bereits mit Erlass wirksam, § 352 e Abs.
1 Satz 3 FamFG. Er stellt allerdings noch nicht die Erteilung des Erbscheins selbst dar. Die
Erteilung des Erbscheins folgt als faktischer Vollzug dem Feststellungsbeschluss nach, in
dem der Erbschein ausgefertigt und eine Ausfertigung dem Antragsteller übermittelt wird.
(zu allem Schwarz, in: Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB, Kommentiertes Vertrags- und
Prozessformularbuch, 4. Aufl., Anhang zu §§ 2353-2370 BGB, Rdnr. 77).
Dabei richtet sich nach dem Antrag des Antragstellers, wie viele Exemplare der
Ausfertigungen er zu erhalten hat (vgl. dazu Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl, §
357, Rdnr. 40). Wegen der mit allzu vielen Urschriften oder Ausfertigungen verbundenen
Gefahren sollte man das Rechtsschutzbedürfnis auf die wirklich benötigten Stücke oder
eine überschaubare Zahl beschränken (Grziwotz, in MüKo, FamFG, 3. Aufl., § 352 e, Rdnr.
60 m.N.). Dabei wird die Unterschrift durch die abschriftliche Wiedergabe des Namens des
Richters oder Rechtspflegers, der den Erbschein bewilligt hat, unter die Anordnung
kenntlich gemacht. Ausreichend ist z.B., wenn die Unterschrift oder der Name
maschinenschriftlich wiedergegeben wird (ders., a.a.O.). Die Ausfertigung vertritt im
Rechtsverkehr die Urschrift,
die Urschrift. Sie besteht in einer Abschrift (Fotokopie) der Urschrift, versehen mit dem
Ausfertigungsvermerk (Zimmermann, a.a.O., § 357, Rdnr. 35).
Daneben kann der Antragsteller sich auch beglaubigte Abschriften des Erbscheins erteilen
lassen. Das Recht daraus ergibt sich aus
37). Die Beglaubigung einer Abschrift bestätigt amtlich, dass die Abschrift mit der Urschrift
übereinstimmt, § 42 BeurkG.
Nach der AV d. JM vom 11. Juli 2007 in der Fassung vom 27. Juli 2020 – 1411 – I.2
„Vollziehung von Schriftstücken und elektronischen Dokumenten“ werden Schriftstücke als
Abschriften beglaubigt, indem im Falle der maschinellen Bearbeitung die Abschrift mit dem
Beglaubigungsvermerk „Beglaubigt, Urkundsbeamter/in der
Geschäftsstelle/Gerichtsbezeichnung/Gerichtssiegel“ versehen wird. Da sich die
siegelführende Stelle unmittelbar aus dem Beglaubigungsvermerk ergibt, kann in der
Umschrift des elektronisch erzeugten Siegels auf die Bezeichnung der siegelführenden
Stelle verzichtet werden. Dies entspricht der Regelung in §15 FamFG iVm § 169 Abs. 3
Satz 2 ZPO (vgl. auch Sternal, a.a.O., § 15, Rdnr. 13a).
Entsprechend ist das Nachlassgericht hier verfahren.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG (Regelwert).
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:18.11.2020
Aktenzeichen:3 Wx 200/20
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamFG §§ 13 Abs. 3 S. 1 u. 2, 15, 352e Abs. 1 S. 3; ZPO § 169 Abs. 3 S. 2