OLG Bamberg 09. Oktober 2020
3 W 43/20
BGB §§ 2265, 2269, 2270 Abs. 1, 2271 Abs. 2, 2289

Auslegung eines Änderungsvorbehalts in gemeinschaftlichem Ehegattentestament

letzte Aktualisierung: 7.1.2021
OLG Bamberg, Beschl. v. 9.10.2020 – 3 W 43/20

BGB §§ 2265, 2269, 2270 Abs. 1, 2271 Abs. 2, 2289
Auslegung eines Änderungsvorbehalts in gemeinschaftlichem Ehegattentestament

1. Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, in dem sich die Ehegatten eine Änderung
der Schlusserbeneinsetzung ihres einzigen Kindes auch für den Fall vorbehalten hatten, dass es „mit
unserem Sohn zu familiären Zuwiderhandlungen kommt“.
2. Zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer auf einen solchen Widerrufsvorbehalt gestützten
Änderungsberechtigung des letztverstorbenen Elternteils, wenn in der Neutestierung des
überlebenden Ehegatten das Vorliegen von „familiären Zuwiderhandlungen“ im Wesentlichen mit
der mangelnden Kontaktpflege des Sohnes begründet wird.
3. Unabhängig davon, welche gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten über Art und Ausmaß
eines nicht mehr tolerablen Störverhaltens ihres Sohnes zu einem solchen Widerrufsvorbehalt
geführt haben, gehört die von den Eheleuten damit übereinstimmend verfolgte Zielsetzung zu den
tatbestandlichen Voraussetzungen der Änderungsklausel mit der Folge, dass der überlebende
Ehegatte hieran eben auch in Bezug auf die Beweggründe gebunden ist, von denen er sich bei der
Ausübung seiner Änderungsbefugnis leiten lässt.
4. Es liegt offenkundig jenseits dieser übereinstimmenden Zielsetzung der Ehegatten, wenn der
Erblasser nach dem Tod der Ehefrau eine derartige Änderungsklausel ausschließlich bzw. vorrangig
dazu nutzen will, nunmehr zur hälftigen Miterbin (neben dem Sohn) seine langjährige
Lebensgefährtin zu berufen, mit der er bereits wenige Jahre nach dem gemeinschaftlichen Testament
eine außereheliche Beziehung eingegangen war, welche – voraussehbar – auch zu einem
tiefgreifenden Konflikt zwischen dem Erblasser und seinem Sohn geführt hatte.

Gründe

I.
Der Erblasser war verheiratet mit der am 19.05.2013 vorverstorbenen Christiane L. (fortan auch nur: Ehefrau).
Aus der Ehe war der Beteiligte zu 1 als einziges Kind hervorgegangen.
Mit gemeinschaftlichem Testament vom 18.08.1999 (künftig nur: Testament I) - nach über 50jähriger Ehezeit -
hatten beide Eheleute den Beteiligten zu 1 zum Alleinerben nach dem Tod des Letztversterbenden von ihnen
berufen. Ergänzend zu dieser Schlusserbenanordnung enthält das Testament die folgenden Bestimmungen (Bl.
6 d.A.):

„Erben außerhalb der Familie kommen nicht in Frage und somit hat unser Sohn R. vollen Anspruch auf das
vorgenannte Erbgut.
Im Falle, daß die Eigentumswohnung verkauft werden muß und der Erlös für eine Heimunterkunft für uns
benötigt wird, können wir eine Testamentsänderung jederzeit zu unseren Gunsten, auch ohne Einverständnis
des Sohnes vollziehen und ändern.
Auch im Fall, dass es mit unserem Sohn zu familiären Zuwiderhandlungen kommen sollte, sind wir berechtigt
das Testament zu annullieren.“

Die Beteiligte zu 2 ist die Schwägerin der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers. Mit ihr hatte der Erblasser
seit 2004 ein außereheliches Verhältnis (einschließlich gemeinsamer Urlaubsreisen) unterhalten, unter welchem
die Ehefrau auch nach dem Eindruck der Tochter H. der Beteiligten zu 2 „bis zu ihrem Tod sehr gelitten hatte“
(Bl. 61, 62). In diesem Konflikt zwischen seinen Eltern hatte der Beteiligte zu 1 von Anfang an auf der Seite
seiner Mutter gestanden.

Mit notariellem Testament vom 07.01.2014 (Bl. 12 ff. d.A.) hatte der Erblasser die Beteiligten als Miterben je zur
Hälfte eingesetzt.

Der Entwurf für dieses Testament (im folgenden: Testament II oder Einzeltestament) war (spätestens) schon im
November 2013 von den jetzigen Bevollmächtigten der Beteiligten zu 2 in Auftrag gegeben und bereits am
23.12.2013 an den Erblasser übermittelt worden (vgl. Bl. 73, 73R der beigezogenen Nachlassakte 53 VI 1216/13
mit dem dortigen Vermerk über die Anhörung des Erblassers am 04.12.2013 sowie S. 2 des Testaments II = Bl.
12R).

Im Abschnitt „§ 1 Vorbemerkungen“ der notariellen Urkunde vom 07.01.2014 wird zu den Beweggründen des
Erblassers u.a. ausgeführt:

„Ich habe seit ca. 9 Jahren eine enge Freundschaft mit Frau K. (= Beteiligte zu 2)…, die mich jeden Tag besucht
und sich um mich kümmert.

Mit meiner verstorbenen Ehefrau habe ich unterm 18.08.1999 ein privatschriftliches gemeinschaftliches
Testament errichtet. In diesem Testament haben wir unseren Sohn R. L. zu unserem Schlusserben berufen, uns
jedoch vorbehalten, das Testament zu widerrufen, falls es mit unserem Sohn zu „familiären Zuwiderhandlungen“
kommen sollte.

Mein Sohn R. L. hat mich in den letzten 2 Jahren nur viermal besucht und sich in den letzten 2 Jahren auch
sonst nicht um mich gekümmert. Hierin sehe ich eine „familiäre Zuwiderhandlung“, die mich berechtigt, das
vorgenannte privatschriftliche Testament abzuändern.“

Gestützt auf das Testament II strebt die Beteiligte zu 2 die Erteilung eines Erbscheins an, wonach der Erblasser
von den beiden Beteiligten je zur Hälfte beerbt wird (Bl. 35 d.A.). Hierzu lässt sie vorbringen:

Die Berechtigung des Erblassers zu einer Abänderung des Testaments I ergebe sich daraus, dass die dortige
Öffnungsklausel bereits bei „jedweder Art des Fehlverhaltens“ des Beteiligten zu 1 gegenüber seinen Eltern
eingreife. Unter diesem Gesichtspunkt gehe es zu Lasten des Beteiligten zu 1, dass er sich auch nach dem
Schlaganfall des Erblassers im Jahr 2008 so gut wie nicht um seinen Vater gekümmert, ihn vielmehr nur einige
wenige Male, jedoch weder zu seinem 90. Geburtstag, noch zu Weihnachten noch zu anderen Feiertagen
besucht habe. Das sei auch nach dem Tod der Mutter so gewesen.

Demgegenüber beantragt der Beteiligte zu 1 einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist (Bl. 44 f. d.A.).
Der Beteiligte zu 1 trägt vor, dass das gemeinschaftliche Testament für den Erblasser bindend gewesen sei und
dessen Ehefrau nicht damit einverstanden gewesen wäre, dass nach ihrem Tod die Beteiligte zu 2 Miterbin
werde, da diese die Ehe gestört habe. Der Beteiligte zu 1 habe in diesem elterlichen Konflikt für seine Mutter
Partei ergriffen. Außerdem sei der Erblasser bei Errichtung des notariellen Testaments testierunfähig gewesen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 19.07.2019 die zur Begründung des Erbscheinsantrags der Beteiligten
zu 2 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Antrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen (Bl.
73 ff. d.A.).

Zur Zeit der Errichtung des Testaments vom 07.01.2014 habe keine Bindungswirkung mehr bestanden. Die
Klausel im gemeinschaftlichen Testament, dass „bei familiären Zuwiderhandlungen“ des Sohnes das Testament
„annulliert“ werde dürfe, sei so zu verstehen, dass bei einem ernsthaften Verstoß gegen den familiären
Zusammenhalt das Testament geändert werden dürfe. Von einem solchen Verstoß sei hier auszugehen: Es sei
zwar nachvollziehbar, dass der Beteiligte zu 1 sich auf die Seite der Mutter gestellt habe, als sich der Erblasser
der Beteiligten zu 2 zugewendet hatte. Allerdings habe der Beteiligte zu 1 auch nach dem Tod der Mutter keinen
Kontakt mehr zu dem Erblasser aufgenommen. Der Beteiligte zu 1 sei bei der Anhörung des Erblassers im
Nachlassverfahren betreffend seine Ehefrau am 04.12.2013 zugegen gewesen; bei dieser Anhörung habe sich
der Erblasser darüber beschwert, dass er vom Beteiligten zu 1 in den letzten zwei Jahren nur viermal besucht
worden sei. Trotzdem habe sich der Beteiligte zu 1 dafür entschieden, den Kontakt zum Erblasser nicht mehr
aufzunehmen und selbst zum 90. Geburtstag des Vaters kein Zeichen der Verbundenheit erkennen zu lassen.
Keine Rolle spiele, dass die Änderung des Testaments, so wie hier geschehen, nicht im Sinn der Ehefrau
gewesen sei. Der Erblasser sei zur Zeit der Errichtung des notariellen Testaments auch testierfähig gewesen.
Die erkennende Richterin habe bei der Anhörung am 04.12.2013 selbst einen Eindruck von der geistigen
Verfassung des Erblassers gewonnen (S. 6 des Ausgangsbeschlusses = Bl. 79 d.A.).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der das Nachlassgericht - nach Erholung eines
psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Testierfähigkeit des Erblassers - mit Beschluss vom 17.06.2020 (Bl.
321 ff. d.A.) nicht abgeholfen hat.

II.
Die nach § 58 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die
angefochtene Entscheidung in der maßgebenden Ausgangsfrage, ob der Erblasser überhaupt zu einer vom
Testament I abweichenden Neutestierung befugt war, weder mit der beanstandeten noch mit einer anderen
Begründung aufrechterhalten werden kann.

1. Bei der im Testament I ausgesprochenen Schlusserbenbestimmung handelt es sich um eine
wechselbezügliche Verfügung beider Ehegatten mit der Folge, dass der Erblasser nach dem Tode seiner
Ehefrau hieran gebunden war (§§ 2270 I, II; 2271 II BGB). Eine rechtswirksame Änderung der
Schlusserbenanordnung im Testament II war daher nur unter der Voraussetzung möglich, dass die auf eine
„familiäre Zuwiderhandlung“ bezogene Annullierungsklausel des gemeinschaftlichen Testaments nicht nur einen
Änderungsvorbehalt (vgl. dazu Palandt-Weidlich, 79. Auflage, Rn. 20ff. zu § 2271 BGB) auch zugunsten des
Letztversterbenden beinhaltet, sondern sich unter Beachtung der maßgebenden Auslegungsregeln zugleich
dahin verstehen lässt, dass nach der übereinstimmenden Intention beider Eheleute auch und gerade ein
(Fehl-)Verhalten des Beteiligten zu 1, wie es ihm vorliegend angelastet wird, dem überlebenden Ehegatten die
Möglichkeit einer Neutestierung eröffnen sollte.

2. Schon das Vorliegen eines „einseitigen“ Widerrufsvorbehalts bedarf näherer Begründung.

a) Der Wortlaut („sind wir berechtigt“) sowie die im Stil einer Rechtfertigung gegenüber dem Beteiligten zu 1
gehaltene Ausdrucksweise des Testaments I sprechen dafür, dass die Ehegatten der Meinung waren, ihr
Testament nur gemeinsam (also bis zum Tod des Erstversterbenden) abändern zu können. Danach ist sogar
fraglich, ob ihnen überhaupt bewusst gewesen war, zu einer gemeinsamen Abänderung (zu Lebzeiten beider)
jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen befugt zu sein, wie das Erstgericht ohne nähere Begründung
annimmt (vgl. S. 3 des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.06.2020).

Zudem hatten die Ehegatten einleitend betont, dass „Erben außerhalb der Familie nicht in Frage kommen“
würden, das Vermögen mithin in der Familie bleiben solle. Außerdem hatten sie klar zum Ausdruck gebracht,
dass es ihnen zugleich um eine wirtschaftliche Absicherung des Beteiligten zu 1 ging, der „vollen Anspruch auf
das vorgenannte Erbgut“ haben sollte. Dahinter stand offenkundig auch die gemeinsame elterliche Sorge
aufgrund der Minderbegabung des Beteiligten zu 1, der nach den Angaben der Zeugin P., der Betreuerin des
Erblassers, „an einer Art Downsyndrom“ leidet und sich deshalb auch „schwer mit dem Sprechen tut“ (Protokoll
vom 25.06.2019, dort S. 2 = Bl. 58 d.A.). Folgerichtig bleibt der erste, gleich anschließend benannte
Abänderungsgrund auf den singulären und außergewöhnlichen Fall des Eintritts einer eigenen
existenzbedrohenden Notlage („daß die Eigentumswohnung verkauft werden muß …“) beschränkt. Alle diese
Umstände lassen nur den Schluss zu, dass die Ehegatten auch (bzw. erst recht) mit dem nachfolgenden
Tatbestand einer „familiären Zuwiderhandlung“ einen gleich schwer wiegenden - extremen -
Ausnahmesachverhalt gemeint und damit ebenfalls die Vorgabe einer „ultima ratio“ verknüpft hatten.

b) Dieses Auslegungsergebnis schließt nicht aus, dass auf beide Abänderungsgründe jeweils auch die Annahme
eines einseitigen Änderungsvorbehalts zugunsten des Letztversterbenden gestützt werden kann. Ein solches
Verständnis aber wird dem erkennbaren Willen beider Ehegatten jedenfalls nur gerecht, soweit im Blick behalten
wird, dass auch der hier einschlägige Anlasstatbestand erst dann eine Änderungsbefugnis für den
Letztversterbenden begründen sollte, wenn ihm nur noch auf diese Weise eine adäquate Reaktionsmöglichkeit
mit „ultima ratio“- Charakter eröffnet sein würde.

3. Hiernach lassen die Darlegungen des Nachlassgerichts schon im Ausgangspunkt eine nähere
Auseinandersetzung mit der entscheidenden Frage vermissen, welche übereinstimmenden Vorstellungen beider
Ehegatten mit dem laienhaft formulierten Tatbestand einer „familiären Zuwiderhandlung“ verbunden hatten; dies
betrifft sowohl die Anforderungen an die Stoßrichtung wie an die Qualität bzw. Intensität eines etwaigen
Störverhaltens des Beteiligten zu 1. a) Wie im Vorbringen der Beteiligten zu 2 konsequent ausgeblendet wird, hat
es bei der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments ausschließlich auf die übereinstimmenden
Vorstellungen der Ehegatten zur Zeit der Testamentserrichtung anzukommen (BGHZ 112, 229). Als weitere
Vorgabe kommt hinzu, dass ein nach dem Willen des einen Ehegatten mögliches Auslegungsergebnis mit der
Einstellung des anderen Teiles abzugleichen ist: Lässt sich nämlich - entgegen der Lebenserfahrung - eine
Übereinstimmung der beiderseitigen Vorstellungen und Absichten nicht feststellen oder lag eine solche nicht vor,
dann muss auf den Willen gerade desjenigen Erblassers abgestellt werden, um dessen testamentarische
Verfügung es geht. Hierbei hat entsprechend § 157 BGB eine Beurteilung aus der objektiven Sicht
(Empfängerhorizont) des anderen Ehegatten stattzufinden: Dieser muss die Möglichkeit haben, sich bei seinen
Verfügungen auf diejenigen des anderen Teiles einzustellen und umgekehrt (BGH NJW 1993, 256, dort Rn.12).
Allein nach diesen Kriterien hat die Beteiligte zu 2 keinen ansatzweise schlüssigen Sachvortrag zu einem
„tatbestandsmäßigen“ Fehlververhalten des Beteiligten zu 1 unterbreitet.

b) Die Ehegatten wollten sich eine Möglichkeit der Abänderung für den Fall vorbehalten, dass der Beteiligte zu 1
seiner „Familie zuwider handeln“, also ein Fehlverhalten einschlagen würde, dass sich gegen die Familie richtet.
Es kommt deshalb zunächst darauf an, welche nicht mehr tolerablen Verhaltensweisen ihres - noch dazu
minderbegabten - Sohnes sich beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Testierung als derartige gegen ihre Familie
gerichtete Verfehlungen vorgestellt hatten.

Schon nach dem Wortlaut der von den Ehegatten gewählten Formulierung kommen dafür von vornherein nur
Vorgänge in Betracht, die geeignet und nach ihrer objektiven Ausrichtung darauf angelegt waren, den
Familienfrieden sowohl nachhaltig wie tiefgreifend zu beeinträchtigen, weil sie die Grundlagen eines
gedeihlichen und geordneten Zusammenlebens in der Familie einschließlich des familiären Zusammenhalts
untergraben bzw. zu gefährden drohen.

Noch entscheidender aber ist, dass die Eheleute bereits aus den dargelegten Gründen der Fürsorge eine
Abänderungsbefugnis (erst recht, wenn eine solche auch zugunsten des jeweils Letztversterbenden gewollt
gewesen sein sollte) von vornherein auf außergewöhnlich gelagerte Vorkommnisse beschränkt wissen wollten
und hierbei offenbar auch die intellektuelle Minderbegabung ihres Sohnes im Auge hatten: Denn nach dieser
Intention können von ihrer gemeinsamen Vorstellung ausschließlich (wiederholte) massive, insbesondere
schikanöse Übergriffe sowie vergleichbare krasse Verfehlungen wie etwa schwerste oder jedenfalls schwere
Kränkungen umfasst gewesen sein. Von einem solchen Anforderungsniveau sind die vom Erstgericht
aufgelisteten „Verfehlungen“, nämlich, dass der Beteiligte zu 1 den Erblasser in den letzten zwei Jahren vor der
Anhörung am 04.12.2013 lediglich viermal besucht und sich nach dem Tod der Mutter am 19.05.2013 überhaupt
nicht mehr um ihn gekümmert habe, offenkundig weit entfernt. Es geht insoweit „allein“ um den Vorwurf einer
vom Erblasser (schmerzlich) vermissten, aber gleichwohl unterbliebenen Kontaktaufnahme. Hierbei stehen noch
nicht einmal eine nennenswerte Versorgungslücke oder das Ausbleiben einer sonstigen wünschenswerten
Unterstützung des Erblassers im Raum, der nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 2) von ihr jeden Tag im
Pflegeheim besucht worden sein soll.

c) Aber selbst dann, wenn die strengen Vorgaben an das Verfehlungsniveau einmal außer Betracht bleiben,
leidet die Einordnung des Erstgerichts daran, dass auch der entscheidende situative Bezugspunkt der
angeblichen Versäumnisse des Beteiligten zu 1 in der Auslegung der Abänderungsbestimmung durch das
Nachlassgericht keinen adäquaten Niederschlag gefunden hat. Denn die dem Beteiligten zu 1 angelasteten
Versäumnisse gehen, wie zwischen den Beteiligten außer Streit steht, ausschlaggebend darauf zurück, dass der
Erblasser eine außereheliche Beziehung mit der Schwägerin seiner Ehefrau - nämlich der Beteiligten zu 2 -
eingegangen war und dadurch auch das Verhältnis zwischen ihm und dem Beteiligten zu 1 eine tiefgreifende
Störung erfahren hatte.

Davon geht zwar im Ansatz auch das Nachlassgericht aus, wenn es den Umstand, dass sich der Sohn in diesem
Konflikt zwischen seinen Eltern auf die Seite der Mutter gestellt hatte, als „verständliche Reaktion“ würdigt.
Hierbei hätte das Erstgericht jedoch nicht stehenbleiben, sondern spätestens an diesem Punkt den Einstieg in
eine ernsthafte Gesamtschau der die maßgebende Beurteilungsgrundlage prägenden Gegebenheiten
vornehmen müssen.

aa) Dazu gehört als zentraler Ausgangspunkt der Umstand, dass die vorgeworfene Kontaktverweigerung zu
denjenigen verfestigten Verhaltensweisen gehört, mit denen der Beteiligte zu 1 darauf reagiert hatte, dass es der
Erblasser gewesen war, der mit der Aufnahme und der jahrelangen Unterhaltung einer außerehelichen
Beziehung mit der Schwägerin seiner Ehefrau nicht nur die Grundlagen seiner Ehe, sondern auch des familiären
Zusammenhalts untergraben, nämlich dadurch offenkundig auch sein Verhältnis zum Beteiligten zu 1 hochgradig
belastet und der Gefahr eines endgültigen Zerwürfnisses ausgesetzt hatte. Es wäre somit auch Sache des
Erblassers gewesen, den ersten Schritt zu einer ernsthaften Aussöhnung mit dem durch den jahrelangen
Ehebruch (tief) verletzten Sohn zu gehen. Dass der Erblasser aber jemals ernsthafte Anstrengungen
unternommen hatte, dem (wie es das Amtsgericht ausdrückt) „einfach strukturierten“ Beteiligten zu 1 über diese
tiefgreifende Belastung hinwegzuhelfen (und der Beteiligte zu 1 einen solchen Annäherungsversuch
zurückgewiesen hatte), wird von der Beteiligten zu 2 selbst nicht behauptet.
Demzufolge stellt sich das in Rede stehende Verhalten des Beklagten zu 1 bereits in einem ganz anderen
Beziehungsgefüge dar, als es nach der vom Nachlassgericht übernommenen Argumentationslinie der Beteiligten
zu 2 den Anschein hat.

bb) Aber selbst damit ist der maßgebende Bewertungsrahmen noch keineswegs ausgeschöpft.

Denn der den situativen Sachverhaltskern bildende Umstand, dass die dem Beteiligten zu 1 angelastete
Kontaktverweigerung auf einer Einstellung beruht, welche objektiv und empathisch betrachtet sich als Folge
eines eigenen (schwerwiegenden) Fehlverhaltens des Erblassers gegenüber seiner Ehefrau und der Mutter des
Beteiligten zu 1 darstellt, bedarf ebenfalls der Rückkopplung an das Ergebnis der Auslegung des Testaments I,
soweit es um die damaligen Vorstellungen und Absichten der vorverstorbenen Ehefrau geht. Es liegt nämlich auf
der Hand, dass die (damals schon über 50 Jahre verheirateten) Eheleute bei der Aufnahme des vorliegenden
Änderungsvorbehalts die Möglichkeit eines durch die eheliche Verfehlung eines Elternteils ausgelösten Konflikts
zwischen dem „Ehebrecher“ und dem Beteiligten zu 1 von vornherein nicht in Erwägung gezogen hatten. Mithin
ist auch hier eine Fallgestaltung gegeben, bei der die schon unter Ziff. 3a erwähnte Auslegungsregel eingreift
oder jedenfalls für eine Kontrollüberlegung herangezogen werden kann, wonach entsprechend § 157 BGB eine
Beurteilung aus der objektiven Sicht (Empfängerhorizont) des (jeweils) anderen Ehegatten stattzufinden hat.
Die strikte Umsetzung dieser Vorgabe lässt es jedoch bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung als
ausgeschlossen erscheinen, dass auch nur einer der beiden Ehegatten ernsthaft davon ausgegangen sein
könnte, der andere Teil könne eine Befugnis zum Widerruf wegen eines familiären Störverhaltens des
gemeinsamen Sohnes selbst für den hier eingetretenen Fall angestrebt haben, dass ein jahrelanger Ehebruch
des Überlebenden auch zu einem tiefgreifenden Konflikt zwischen ihm und dem Beteiligten zu 1 führen würde -
mit der weiteren Folge der hier in Rede stehenden Kontaktverweigerung des auf der Seite des vorverstorbenen
Elternteils stehenden Sohnes.

Erst recht (und nahezu denklogisch) muss es als ausgeschlossen gelten, dass der Erblasser bei seiner Ehefrau
das Verständnis vorausgesetzt haben könnte, dass der floskelhaft formulierte Änderungsvorbehalt in einem
derartigen Konfliktfall dem überlebenden Ehestörer auch noch die Handhabe eröffnen sollte, nunmehr zugunsten
des an einem zukünftigen Ehebruch des Letztversterbenden beteiligten Partners zu testieren. Denn eine aus
diesem primären Beweggrund vorgenommene Neutestierung steht in offenkundigem Widerspruch zu der
gemeinsamen Vorgabe der Eheleute, dass die Befugnis zum Widerruf nur in einem extremen Ausnahmefall und
im Sinn einer ultima ratio-Maßnahme eröffnet sein sollte (vgl. oben Ziff. 2). Oder anders ausgedrückt: Es liegt
offenkundig fernab der von den Eheleuten damit übereinstimmend verfolgten Zielsetzung, dass der Erblasser
nach dem Tod der Ehefrau die vorliegende Änderungsklausel ausschließlich bzw. in erster Linie dazu nutzen
wollte, nunmehr zur hälftigen Miterbin (neben dem Sohn) seine langjährige Lebensgefährtin zu berufen, mit der
er bereits wenige Jahre nach dem gemeinschaftlichen Testament eine außereheliche Beziehung eingegangen
war, welche - voraussehbar - auch zu einem tiefgreifenden Konflikt zwischen dem Erblasser und dem Beteiligten
zu 1 geführt hatte. Da die Beachtung dieser Zielsetzung zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des
Widerrufsvorbehalts gehört, war der Erblasser daran eben auch in Bezug auf die Beweggründe gebunden, die
ihn bei Ausübung seiner Änderungsbefugnis geleitet hatten. Es ist deshalb keineswegs unerheblich, wie das
Erstgericht meint, dass sich der Erblasser mit der Neutestierung zugunsten seiner Lebenspartnerin zugleich über
den auch insoweit klar zu Tage liegenden Willen der Ehefrau hinweggesetzt hatte.

4. Schließlich beruhen die Feststellungen zum angeblichen Fehlverhalten des Beteiligten zu 1) sowie die darauf
aufbauende Bewertung des Nachlassgerichts in weiteren maßgebenden Punkten nicht auf einer tragfähigen
Beurteilungsgrundlage. Im Einzelnen:

4.1 In der Ausgangsentscheidung war dem Beteiligten zu 1 auch noch vorgeworfen worden, er habe sogar den
90. Geburtstag des Erblassers am 27.12.2014 „ohne ein Zeichen der Verbundenheit“ verstreichen lassen. Davon
ist das Amtsgericht im Hinblick darauf, dass das Testament II bereits vom 07.01.2014 datiert, erst im

Nichtabhilfebeschluss abgerückt.

4.2 Herausragendes Gewicht will das Nachlassgericht dem Umstand beilegen, dass sich der Erblasser bei
seiner richterlichen Anhörung im Nachlassverfahren seiner Ehefrau am 04.12.2013 und in Anwesenheit des
Beteiligten zu 1 über dessen mangelnde Kontaktpflege beklagt hatte (S. 6 der Ausgangsentscheidung = Bl. 79).
Aber auch diese Würdigung ist nicht auf der Höhe der maßgebenden Aspekte des Geschehens.

a) Im damaligen Termin hatte der Erblasser nämlich auch wiederholt erklärt, er wolle, dass die Beteiligte zu 2
Miterbin neben dem Beteiligten zu 1 werde (S. 2 des Vermerks vom 04.12.2013 = Bl. 73R der BA.). Diesen
Wunsch hatte er abschließend sogar wie folgt bekräftigt (Vermerk a.a.O.):

„Ich will, dass Frau K. (= die Beteiligte zu 2) und mein Sohn meine Erben sind. Frau K. besucht mich jeden Tag
und betreut mich. Ich bin schon 9 Jahre mit ihr zusammen.“

Damit hatte der Erblasser nicht nur offengelegt, dass er längst zur Abänderung des Testaments entschlossen
war; vielmehr hatte er zugleich klipp und klar zum Ausdruck gebracht, dass sein Entschluss vorrangig, wenn
nicht sogar ausschließlich, von dem (nachvollziehbaren) Bestreben getragen war, seinem Dank und seiner
Zuneigung gegenüber der Beteiligten zu 2 Ausdruck zu verleihen (und zwar sowohl für ihre Betreuungsaufwand
als auch für den langjährigen Zusammenhalt ihrer gemeinsamen Beziehung) sowie dadurch zugleich die
Lebensgefährtin für die weitere Zukunft an sich zu binden.

Abgerundet wird das in seinem Erklärungsgehalt unmissverständliche Auftreten des Erblassers durch die
anschließende Mitteilung des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, dass „schon ein Notar
eingeschaltet worden“ sei (Vermerk a.a.O.). Dazu wiederum passt der Hinweis auf S.2 des Testaments II (= Bl.12
R), wonach der Entwurf der Urkunde bereits am 23.12.2013 an den Erblasser übermittelt worden war.
Bereits nach diesem Verlauf des Anhörungstermins ist die Annahme, der Erblasser könnte die schon damals in
die Wege geleitete Neutestierung - wenigstens auch - aufgrund einer außerwöhnlichen Entwicklung angestrebt
haben, wie sie sich die Ehegatten als zwingende Voraussetzung einer Abänderungsberechtigung gemeinsam
vorgestellt hatten, durchgreifenden Zweifeln ausgesetzt. Hierbei kann sogar die sich unter den vorliegenden
Umständen geradezu aufdrängende Frage unerörtert bleiben, in welchem Umfang der (offenbar alsbald nach
dem Tod der Ehefrau gefasste) Entschluss des Erblassers auf einer (ständig begleitenden) Einflussnahme seiner
ihn betreuenden Lebensgefährtin und ihrer Mitwirkung bei der konkreten Umsetzung seines Entschlusses beruht
hatte.

b) Ebensowenig - und bereits aus den soeben dargelegten Gründen - ist Raum für die Ansicht des Erstgerichts,
ein „ernster Verstoß des Beteiligten zu 1 gegen den Familienzusammenhalt“ sei jedenfalls daraus herzuleiten,
dass er sich selbst nach dem Anhörungstermin am 04.12.2013 weiterhin nicht (mehr) um seinen Vater
gekümmert habe (vgl. S. 6 der Ausgangsentscheidung = Bl. 79 und S. 4 des Nichtabhilfebeschlusses = Bl. 324).

aa) Der (ohnehin nur für die folgende kurze Zeitspanne bis zum 07.01.2014 diskutable) Vorwurf leuchtet schon
deshalb nicht ein, weil es an der notwendigen „Appellqualität“ der Äußerungen des Erblassers fehlt: Zwar hatte
der Erblasser einleitend eine Wiederaufnahme der Besuche des Beteiligten zu 1 angemahnt. Andererseits waren
seine offenherzigen Mitteilungen über die beabsichtigte Neutestierung zugunsten seiner Lebensgefährtin -
objektiv und empathisch gesehen - geeignet und darauf angelegt, die durch den jahrelangen Ehebruch mit eben
dieser Lebenspartnerin ausgelösten Verletzungen des Sohnes noch zu verstärken. Unter anderen Umständen
hätte die Schlussbemerkung des Erblassers sogar eine ausgesprochene Tatktlosigkeit gegenüber dem
Beteiligten zu 1 bedeutet.

Hiernach kann dahinstehen, ob die Mitteilungen des Erblassers aus der objektiven Sicht eines Betroffenen in der
Situation des Beteiligten zu 1 nicht ohnehin dahin aufgefasst werden mussten (wozu der Senat auch neigt), der
Erblasser sei in jedem Fall, also „so oder so“, zu der angekündigten Neutestierung fest entschlossen und werde
sich deshalb von diesem (wohl schon kurz nach dem Tod der Ehegattin spruchreif gewordenen) Vorhaben auch
durch eine etwaige Wiederaufnahme der Besuche seines Sohnes usw. keinesfalls abbringen lassen.

bb) Darüber hinaus bleiben in der Würdigung des Amtsgerichts noch weitere die Lage des Beteiligten zu 1
prägende Gegebenheiten unberücksichtigt: Zunächst die Tatsache, dass der Tod der Mutter und Ehefrau des
Erblassers damals gerade erst 6 1/2 Monate zurücklag. Zum zweiten der sogleich noch zu vertiefende Umstand,
dass der Beteiligte zu 1 an einer intellektuellen Minderbegabung leidet und es allein aus diesem Grund
naheliegt, jedenfalls nicht auszuschließen ist, dass er auch mit der situationsgerechten Erfassung der Vorgänge
im Anhörungstermin schlicht überfordert gewesen war.

4.3 Sodann und vor allem lässt sich der Vorwurf eines „ernsten Verstoßes des Beteiligten zu 1 gegen den
Familienzusammenhalt“ auch weder in Einklang bringen mit der geistigen Behinderung des Beteiligten zu 1 noch
mit seiner persönlichen Betroffenheit über die bedrückende Situation der Ehefrau (und Mutter des Beteiligten zu
1), zu der die gemeinsame Beziehung zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 2 geführt hatte.

a) Bei dem Beteiligten zu 1 handelt es sich keineswegs nur, wie das Amtsgericht - eher beiläufig - erwähnt, um
eine „einfach strukturierte“ Persönlichkeit. Nach den präzisen Angaben der Zeugin P., immerhin der Betreuerin
des Erblassers, leidet er vielmehr „an einer Art Downsyndrom“, weshalb er sich „schwer mit dem Sprechen tut“
(Bl. 58 d.A.). Demzufolge steht in der Person des Beteiligten zu 1 eine massive geistige Behinderung im Raum.
Es geht somit um einen Umstand, der besonderes Gewicht nicht nur für die Auslegung des Änderungsvorbehalts
im Testament I (vgl. oben Ziff. 2), sondern zugleich bei der Antwort auf die Frage hat, welches „Pflichtensoll“
einem solchen minderbegabten Betroffenen zugemutet werden kann, wenn das ihm angelastete Fehlverhalten
wie hier „allein“ in der dauerhaften Verweigerung einer Kontaktaufnahme mit dem Erblasser, also in einem sog.
Unterlassen besteht.

b) Schließlich hat sich das Nachlassgericht auch nicht den signifikanten Gegebenheiten gestellt, welche die
eigene persönliche Betroffenheit des Beteiligten zu 1 aufgrund der ehelichen Verfehlungen des Erblassers
veranschaulichen. Dazu gehört als erstes, dass der Beteiligte zu 1 über viele Jahre einem Dauer-Konflikt mit
dem Erblasser ausgesetzt war, nachdem sich dieser - immerhin nach über 50jähriger Ehe - von der Mutter des
Beteiligten zu 1 abgewendet hatte. Hierbei musste es auch für den Beteiligten zu 1 eine zusätzliche Belastung
bedeuten, dass es sich bei der Beteiligten zu 2 auch noch um die Schwägerin der Ehefrau des Erblassers
handelt. Vor diesem Hintergrund hätte das Amtsgericht auch keinesfalls aus dem Blick verlieren dürfen, dass die
Ehefrau unter dem außerehelichen Verhältnis des Erblassers sogar nach dem Eindruck der Tochter H der
Beteiligten zu 2 „bis zu ihrem Tod sehr gelitten hatte“ (Bl. 61, 62 d.A.).

c) Bei Gesamtschau all dieser besonderen und in ihrer wechselseitigen Durchdringung geradezu
außergewöhnlichen Umstände fehlt es bereits an jeder belastbaren Grundlage für die zentrale Feststellung des
Amtsgerichts, wonach es (allein?) die Sache des Beteiligten zu 1 gewesen sein soll, „das Verhältnis zu
verbessern, das Gespräch mit dem Erblasser zu suchen und eine Änderung der Einstellung des Erblassers zu
bewirken“ (Beschluss vom 19.07.2019, dort S. 6 = Bl. 79 d.A.).

Aber selbst dann, wenn das Bestehen einer solchen vom Amtsgericht postulierten Obliegenheit des Beteiligten
zu 1 im Sinn einer auch ihm zuzumutenden und auch für ihn selbst als Aufgabe erkennbaren „Pflichtenlage“
einmal unterstellt wird, sind keinerlei Umstände ersichtlich, geschweige denn von der Beteiligten zu 2 dargetan,
aus denen sich greifbare Anhaltspunkte für einen nennenswerten oder gar ins Gewicht fallenden Verstoß gegen
die Gebote des Zusammenhalts in der Familie gewinnen lassen; das gilt auch und gerade für den ohnehin
knappen Zeitraum zwischen der Anhörung des Erblassers am 04.12.2013 und dem Notartermin am 07.01.2014.
5. Nach alledem ist die Abänderung der ursprünglichen Schlusserbenbestimmung in der notariellen Urkunde
vom 07.01.2014 mit der Bindungswirkung des Testaments I unter keinen Umständen zu vereinbaren mit der
Folge, dass sich die abweichende Anordnung entsprechend § 2289 BGB als rechtsunwirksam darstellt (vgl.
Palandt-Weidlich a.a.O., Rn. 14ff. zu § 2271 BGB) und der darauf gestützte Erbscheinsantrag der Beteiligten zu
2 von Anfang an abweisungsreif war.

Mithin war der Beschwerde unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wie aus der Entscheidungsformel
ersichtlich stattzugeben.

III.
Hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahren hat der Senat von der Möglichkeit des § 81 Abs. 1 S.
2 FamFG iVm § 21 Abs. 1 GKG Gebrauch gemacht. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus den §§ 81, 84
FamFG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Bamberg

Erscheinungsdatum:

09.10.2020

Aktenzeichen:

3 W 43/20

Rechtsgebiete:

Erbvertrag
Gemeinschaftliches Testament
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

BWNotZ 2020, 399-405

Normen in Titel:

BGB §§ 2265, 2269, 2270 Abs. 1, 2271 Abs. 2, 2289