BayObLG 15. Juni 2000
2Z BR 46/00
BGB §§ 648, 883; ZPO § 868; InsO § 88

Umwandlung einer Zwangssicherungshypothek in Eigentümergrundschuld durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens

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Dokumentnummer: 2zbr4600
letzte Aktualisierung: 24.März 2000
2zbr4600
BayObLG
2Z BR 46/00
15.06.2000
BGB §§ 648, 883; ZPO § 868; InsO § 88
Umwandlung einer Zwangssicherungshypothek in
Eigentümergrundschuld durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens

1. Maßgebend i. S. d. § 88 InsO ist auch ein zunächst mangelhafter oder
beim unzuständigen Gericht gestellter Antrag, sofern er zur Eröffnung des
Insolvenzverfahrens führt.
2. Wird eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer
Bauhandwerkersicherungshypothek auf Grund eines Zahlungstitels umgeschrieben,
entsteht eine Zwangssicherungshypothek, die nicht den Rang der Vormerkung teilt.
3. Wird eine Zwangssicherungshypothek mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
unwirksam, entsteht eine Eigentümergrundschuld.
Gründe:
I. Im Wohnungsgrundbuch ist als Eigentümerin einer Wohnung eine GmbH eingetragen.
Zugunsten des Beteiligten zu 1) wurde am 26. 3. 1999 auf Grund einer einstweiligen Verfügung
eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek über
19 945 DM nebst Zinsen und Kosten eingetragen und am 23. 7. 1999 eine
Zwangssicherungshypothek über 24 028,69 DM auf Grund eines zur Zahlung verurteilenden
Versäumnisurteils und eines Kostenfestsetzungsbeschlusses „unter Umschreibung der
Vormerkung . . . im gleichen Rang“.
Die GmbH stellte am 8. 4. 1999 beim AG Stuttgart Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens, der mit Beschluss vom 10. 5. 1999 wegen örtlicher Unzuständigkeit
abgewiesen wurde. Auf die sofortige Beschwerde der GmbH hob das LG Stuttgart mit Beschluss
vom 28. 7. 1999 die Entscheidung des Amtsgerichts auf und verwies auf den Hilfsantrag vom 27.
5. 1999 das Verfahren an das zuständige AG München. Dieses eröffnete das Insolvenzverfahren;
der Vermerk hierüber wurde am 23. 11. 1999 im Grundbuch eingetragen. Der Beteiligte zu 2)
wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Auf Antrag des Beteiligten zu 2), der auf den Insolvenzeröffnungsbeschluss und den Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 8. 4. 1999 Bezug nahm, hat das Grundbuchamt am 10.
1. 2000 die Zwangssicherungshypothek gelöscht. Dagegen hat der Beteiligte zu 1)
„Widerspruch“ erhoben. Das Grundbuchamt hat diesen mit Beschluss vom 23. 3. 2000
zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Landgericht mit Beschluss vom


14. 4. 2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu
1).
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Ein Amtswiderspruch gegen die Löschung der Zwangssicherungshypothek sei nicht einzutragen.
Das Grundbuchamt habe die Zwangssicherungshypothek zu Recht gelöscht. Die
Zwangssicherungshypothek sei unwirksam geworden, da sie innerhalb des nach § 88 InsO
maßgebenden Zeitraums erlangt worden sei. Maßgeblich sei der Antrag vom 8. 4. 1999, da
dieser zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt habe. Unerheblich sei, dass der Antrag
zunächst beim unzuständigen Gericht gestellt worden sei. Die Bestimmung des § 88 InsO stelle
nämlich allein darauf ab, dass ein Antrag gestellt werde; dieser müsse jedoch weder vollständig
noch richtig sein. Ziel der Bestimmung sei es, eine „Rückschlagsperre“ für das gesamte
Insolvenzverfahren einzuführen, um im Interesse aller Insolvenzgläubiger die Anreicherung der
Insolvenzmasse zu sichern. Für die Berechnung der Sperrfrist sei der Insolvenzantrag als
Ausgangspunkt maßgebend, da sich in ihm der Verfall der Vermögensverhältnisse des
Schuldners ausdrücke. Diese Kernaussage sei in jedem Insolvenzantrag enthalten, unabhängig
davon, ob er inhaltlich mangelhaft oder an das unzuständige Gericht gestellt sei.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die
Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung der
Zwangssicherungshypothek (§ 71 Abs. 2, § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) zugunsten des Beteiligten zu
1) liegen nicht vor.
a) Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen, wenn das
Grundbuchamt eine Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat
und das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig geworden ist.
(1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an
dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, wird diese Sicherung
gem. § 88 InsO mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam. Dies gilt auch für eine auf Grund
einstweiliger Verfügung erlangte Vormerkung (BGH ZIP 1999, 1490, 1492 = ZfIR 1999, 698 =
NJW 1999, 3122, 3124, dazu EWiR 2000, 81 (Gerhardt); BGH ZIP 2000, 931 = ZfIR 2000,
458). Der Antrag ist allerdings nur dann maßgeblich, wenn er zur Eröffnung des
Insolvenzverfahrens geführt hat. Ohne Bedeutung ist, ob er zunächst mangelhaft oder bei einem
unzuständigen Gericht gestellt worden war. § 88 InsO stellt nur auf die Stellung des
Insolvenzantrags ab und verlangt nicht, dass dieser nach Form und Inhalt den in § 14 InsO
zwingend vorgeschriebenen Anforderungen entspricht (Wimmer/App, InsO, 2. Aufl., § 88 Rz.
15).
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung, nach der eine Ausschlussfrist
gewahrt wird, wenn eine Klage vor Ablauf der Frist beim funktionell, örtlich oder sachlich
unzuständigen Gericht erhoben und auf Antrag, auch erst nach Fristablauf, verwiesen wird
(BGHZ 97, 155, 160 f.; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 281 Rz. 16). Dementsprechend wird
auch die Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG durch die Anrufung eines
unzuständigen Gerichts gewahrt (BGH ZfIR 1999, 120 = NJW 1998, 3648; BayObLGZ 1998,
94).
(2) Im Rahmen des § 88 InsO ist damit die Antragstellung vom 8. 4. 1999 maßgebend. Sie hat
zur Folge, dass die Vormerkung, da sie auf Grund einstweiliger Verfügung im letzten Monat vor
dem Antrag eingetragen wurde, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam wurde.
Schon deshalb hätte die Vormerkung nicht mit den Rechtswirkungen des § 106 InsO in eine
rechtsgeschäftlich bestellte Sicherungshypothek mit dem Rang der Vormerkung (vgl. § 883 Abs.
3 BGB) umgeschrieben werden können. Abgesehen davon liegt eine wirksame Umschreibung
der Vormerkung durch Eintragung der Zwangssicherungshypothek am 23. 7. 1999 nicht vor. Da
die Vormerkung den Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek zum Gegenstand hat,
die Bewilligung ersetzende Verurteilung hierzu (vgl. § 894 ZPO) erforderlich gewesen; ein
Zahlungstitel reichte dazu nicht aus (KG JW 1931, 1202; OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 322).
Da weder eine Sicherungshypothek bewilligt noch der Grundstückseigentümer zur Bewilligung
verurteilt ist, lagen die Voraussetzungen einer vom Grundbuchamt bei Eintragung der
Sicherungshypothek vorgenommenen Umschreibung der Vormerkung nicht vor. Die
Zwangssicherungshypothek ist aber deshalb nicht inhaltlich unzulässig; sie konnte jedoch nicht
den Rang der Vormerkung (vgl. § 883 Abs. 3 BGB) erlangen (KG JW 1931, 1202). Die
grundsätzlich wirksam entstandene Zwangssicherungshypothek ist als Fremdrecht gem. § 88
InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam und entsprechend § 868 ZPO zur
Eigentümergrundschuld geworden (Demharter, GBO, 23. Aufl., Anh. zu § 44 Rz. 65; vgl.
BayObLGZ 1954, 192, 196 zu § 87 VerglO). Damit wurde das Grundbuch, das weiterhin eine
Zwangssicherungshypothek auswies, unrichtig.
b) Diese Unrichtigkeit des Grundbuchs i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO hat der Beteiligte zu 2)
durch Bezugnahme auf den Eröffnungsbeschluss, den Antrag vom 8. 4. 1999 und den Beschluss
des LG Stuttgart vom 28. 7. 1999 in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nachgewiesen (vgl.
BGH ZIP 2000, 931 = ZfIR 2000, 458). Durch die Löschung der Zwangssicherungshypothek
wurde das Grundbuch wieder richtig.
(1) Da aus der Zwangssicherungshypothek ein Eigentümerrecht geworden ist, hätte es zur
Löschung materiellrechtlich der Aufgabeerklärung des Insolvenzverwalters gem. § 875 BGB
bedurft und grundbuchrechtlich dessen Bewilligung gem. § 19 GBO in der Form des § 29 GBO.
In dem Löschungsantrag des Insolvenzverwalters ist sowohl die formfreie Aufgabeerklärung als
auch die Löschungsbewilligung zu sehen, die allerdings nicht der grundbuchrechtlichen Form
entsprach. Ohne ausschlaggebende Bedeutung ist dabei, dass sich der Insolvenzverwalter
möglicherweise nicht bewusst war, ein Eigentümerrecht aufzugeben. Das Grundbuchamt hätte
daher die zum Eigentümerrecht gewordene Zwangssicherungshypothek mangels einer
formwirksamen Löschungsbewilligung nicht löschen dürfen. Durch die gleichwohl
vorgenommene Löschung ist aber das Grundbuch dennoch richtig geworden. Entscheidend ist
nämlich, dass eine materiell-rechtlich wirksame Aufgabeerklärung vorliegt. Die
grundbuchrechtliche Löschungsbewilligung ist keine Voraussetzung der Rechtsänderung; diese
tritt auch dann ein, wenn keine formgerechte Bewilligung vorliegt (Demharter, aaO, § 19 Rz.
17).
(2) Abgesehen davon stünde ein Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) wegen einer zu
Unrecht vorgenommenen Löschung des Eigentümerrechts nur dem Beteiligten zu 2) zu und nicht
dem Beteiligten zu 1). Dieser nimmt für sich in Anspruch, Inhaber einer weiterhin bestehenden
Zwangssicherungshypothek zu sein. Nur insoweit ist er beschwerdeberechtigt (vgl. BayObLGZ
1989, 136, 142), denn nur insoweit könnte ihm ein Grundbuchberichtigungsanspruch zustehen.
Ein solcher Anspruch besteht aber nicht.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

15.06.2000

Aktenzeichen:

2Z BR 46/00

Erschienen in:

FGPrax 2000, 135-136
NJW-RR 2001, 47-48
Rpfleger 2000, 448-449

Normen in Titel:

BGB §§ 648, 883; ZPO § 868; InsO § 88