Kostentragung der Erben für Sachverständigengutachten im Verfahren zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses
letzte Aktualisierung: 4.10.2019
OLG München, Beschl. v. 27.8.2019 – 31 Wx 235/17
Kostentragung der Erben für Sachverständigengutachten im Verfahren zur
Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses
1. Auch in einem Verfahren, das die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zum
Gegenstand hat, kann es angemessen sein, die Kosten für ein in der Beschwerdeinstanz eingeholtes
Sachverständigengutachten (hier: Klärung der Testierfähigkeit der Erblasserin) den Erben
aufzuerlegen (Fortführung der Senatsrechtsprechung OLG München
2. Eine Auferlegung der Kosten zu Lasten der Erben setzt grundsätzlich voraus, dass diesen zuvor
rechtliches Gehör gewährt worden ist.
3. Steht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts noch nicht fest, wer Erbe ist, ist
für die unbekannten Erben ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Der Verfahrenspfleger nimmt
sodann das rechtliche Gehör für die Erben wahr.
Gründe
I.
Verfahrensgegenständlich ist nach der Rücknahme der Beschwerde, die die Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses zum Gegenstand hatte, nur noch die Kostenentscheidung durch den
Senat.
Die Kostenentscheidung beruht auf
1. Gemäß
Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Ein Rechtsmittel gilt auch dann als erfolglos, wenn es
zurückgenommen wurde (Keidel/Zimmermann FamFG 19. Auflage <2017> § 84 Rn. 19; Horn in: NKNachfolgerecht
2. Auflage <2019> § 84 Rn. 7). Allerdings eröffnet
Beschwerdegericht die Kosten nach seinem Ermessen ausnahmsweise einem anderen Beteiligten auferlegt
(Zimmermann, a.a.O. Rn. 13), wobei die allgemeinen Grundsätze (§ 81 FamFG) Berücksichtigung finden. Zu
diesem Ergebnis gelangt letztlich auch die Ansicht, die nicht
der Beschwerderücknahme anwendet (vgl. dazu Poller in: Kroiß/Siede, FamFG, Kommentiertes
Verfahrensformularbuch 2. Auflage <2018> § 84 Rn. 3).
In der Vergangenheit hat der Senat bereits entschieden, dass die Kosten für ein psychiatrisches
Sachverständigengutachten, das der Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers dient, im
Erbscheinserteilungsverfahren den Erben auferlegt werden können, weil diesen die Klärung dieser Frage
letztlich zugutekommt (OLG München
Auflage <2019> § 38 Rn. 109). Diese Kosten hätten den Wert des künftigen Nachlasses gemindert, wenn
der Erblasser eine lebzeitige Begutachtung veranlasst hätte, außerdem sind diese Kosten erforderlich, um
den wahren Erben festzustellen.
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat der Ansicht, dass auch im Verfahren, das auf die
Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses gerichtet ist, die Kosten eines psychiatrischen
Sachverständigengutachtens den (wahren) Erben jedenfalls dann auferlegt werden können, wenn die
Einholung des Gutachtens objektiv geboten war.
a) Zwar dient das Testamentsvollstreckerzeugnis als solches nur der Legitimation des
Testamentsvollstreckers, so dass seine Erteilung den Erben nicht unmittelbar zugute kommt. Entscheidend
ist im Kern aber, dass auch in der vorliegenden Konstellation durch das eingeholte Gutachten geklärt werden
konnte, ob die entsprechende Verfügung der Erblasserin wirksam ist, d.h. ob die Erben mit einer
Testamentsvollstreckung beschwert sind oder nicht. Im Ergebnis besteht mithin eine vergleichbare
Interessenlage wie im Erbscheinserteilungsverfahren.
Das Nachlassgericht hatte nämlich - aus seiner Sicht folgerichtig - die Erteilung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses abgelehnt, weil es davon ausgegangen war, dass die Erblasserin ihre
dementsprechende Verfügung durch späteres Testament wirksam widerrufen hat. Der Senat hingegen hat
ein psychiatrisches Gutachten für erforderlich erachtet, um zu klären, ob die Verfügung, durch die der
Beschwerdeführer als Testamentsvollstrecker ernannt worden war, nicht ihrerseits wegen Testierunfähigkeit
der Erblasserin unwirksam war.
Nachdem das vom Senat erholte Sachverständigengutachten die Testierunfähigkeit der Erblasserin schon
zum Zeitpunkt des früheren Testaments ergeben hatte, erscheint es angemessen, dass die (wahren) Erben
insoweit die Kosten des Sachverständigengutachtens zu tragen haben.
b) Allerdings steht derzeit nicht fest, wer die Erblasserin beerbt hat, da durch das vom Senat eingeholte
Sachverständigengutachten die Testier(un) fähigkeit nur zu dem vom Sachverständigen zugrunde gelegten
Zeitpunkt untersucht worden ist und offen ist, welches der weiteren von der Erblasserin errichteten
Testamente wirksam ist oder ob sich die Erbfolge letztlich nach dem Gesetz richtet.
Deswegen war es erforderlich, die derzeit unbekannten Erben durch den vom Betreuungsgericht bestellten
Verfahrenspfleger am Verfahren zu beteiligen (§ 345 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), um diesen rechtliches Gehör im
Hinblick auf die zu treffende Kostenentscheidung zu gewähren (vgl. dazu: Poller in: NK-Nachfolgerecht 2.
Auflage <2019> § 345 Rn. 7).
c) Im Hinblick auf die übrigen gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sieht der Senat indes keine
Veranlassung, die einem anderen Beteiligten aufzuerlegen. Diese Kosten trägt mithin der Beschwerdeführer.
d) Im Hinblick auf die außergerichtlichen Kosten ist der Senat der Ansicht, dass diese die Beteiligten selbst
zu tragen haben, nachdem der Beschwerdeführer seine Beschwerde unmittelbar auf einen Hinweis des
Senats und vor einer abschließenden Entscheidung in der Sache zurückgenommen hat.
3. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren bleibt vorbehalten, bis das
Nachlassgericht den Nachlasswert festgestellt hat. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf
20% des Nachlasswertes im Zeitpunkt des Erbfalls festzusetzen sein,
III.
14 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:27.08.2019
Aktenzeichen:31 Wx 235/17
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
ZEV 2019, 592-593
Zerb 2019, 294-295
GG Art. 103 Abs. 1; BGB §§ 1911, 1915, 2368; FamFG §§ 84, 345 Abs. 1