Antrag auf Grundbuchberichtigung; keine Beschränkung auf Löschung des eingetragenen Eigentümers
letzte Aktualisierung: 4.11.2022
BGH, Urt. v. 16.9.2022 – V ZR 151/21
BGB § 894
Antrag auf Grundbuchberichtigung; keine Beschränkung auf Löschung des eingetragenen Eigentümers
Ohne die Angabe eines Berechtigten ist die Eintragung eines Rechts in das Grundbuch inhaltlich
unzulässig. Deshalb kann ein Antrag auf Grundbuchberichtigung nicht auf die Löschung des
eingetragenen Eigentümers beschränkt werden (Bestätigung von Senat, Urteil vom 12. Juni 1970 –
V ZR 145/67,
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten als Erben des während des
Prozesses verstorbenen Erblassers gegen den Beklagten nach prozessual zulässiger
Klageänderung in der Berufungsinstanz einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung
und Feststellung des Verzugs mit der Annahme des Kaufpreises.
Die Kläger seien Eigentümer des Grundstücks, da dessen Übertragung auf den
Beklagten wegen Geschäftsunfähigkeit des Erblassers nichtig sei. Sie hätten
dem Beklagten den Kaufpreis in einer den Annahmeverzug begründenden Weise
angeboten.
II.
Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten mit
der Maßgabe der Verurteilung zur Bewilligung seiner Löschung als Eigentümer
des Grundstücks Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von
a) Das Berufungsgericht durfte über den in der mündlichen Verhandlung
vom 17. September 2020 vor dem Berufungsgericht durch Protokollerklärung des
Klägervertreters geänderten Klageantrag mangels wirksam erhobener Anschlussberufung
nicht in der Sache entscheiden.
aa) Den Klägern ging es in der Berufungsinstanz nicht nur um die Zurückweisung
der Berufung des Beklagten. Sie begehrten darüber hinaus eine Abänderung
der landgerichtlichen Entscheidung dahingehend, dass der Beklagte statt
zur Abgabe einer Auflassungserklärung zu einer Bewilligung der Löschung seiner
Eintragung als Eigentümer im Grundbuch verurteilt wird. Die Kläger konnten -
was das Berufungsgericht übersehen hat - als Berufungsbeklagte den neuen Klageantrag
nur im Wege der Anschlussberufung (
einführen. Die Anschließung war erforderlich, weil die Kläger in der Berufungsinstanz
ihre Klage aufgrund des Hinweises des Berufungsgerichts statt
- wie zuvor - auf einen bereicherungsrechtlichen Rückübereignungsanspruch,
nunmehr auf einen Grundbuchberichtigungsanspruch (
In der Änderung des Klageantrags liegt eine Klageänderung (§ 263 ZPO).
Will der Berufungsbeklagte die vor dem erstinstanzlichen Gericht erfolgreiche
Klage in der Berufungsinstanz zur Vermeidung einer Klageabweisung auf eine
andere Grundlage stellen, muss er eine Anschlussberufung einlegen. Ein Anschluss
an die fremde Berufung ist erforderlich, wenn der Berufungsbeklagte das
erstinstanzliche Urteil nicht nur verteidigen, sondern die von ihm im ersten
Rechtszug gestellten Anträge erweitern oder - wie hier - einen neuen, in erster
Instanz nicht vorgebrachten Anspruch geltend machen will (vgl. Senat, Urteil vom
7. Dezember 2007 - V ZR 210/06,
7. Mai 2015 - VII ZR 145/12,
bb) Ein Anschlussrechtsmittel braucht zwar nicht als solches bezeichnet
zu werden und kann auch konkludent eingelegt werden (vgl. Senat, Urteil vom
8. Juli 2022 - V ZR 202/21,
kann die Anschlussberufung nach
einen vom Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten unterzeichneten
bestimmenden Schriftsatz. Eine - wie hier - in der mündlichen Verhandlung protokollierte
Erklärung ist daher nicht ausreichend. Die Einlegung durch bestimmenden
Schriftsatz ist unerlässlich. Die Verletzung der Vorschriften über die Zulässigkeit
einer Anschlussberufung ist einer Heilung nach § 295 ZPO entzogen
(vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - I ZR 72/96,
12. Dezember 1988 - II ZR 129/88,
1960 - IV ZR 46/60,
b) Die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung seiner Löschung als Eigentümer
des Grundstücks Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises in
eshalb keinen Bestand haben, weil der Grundbucheintrag,
zu dessen Bewilligung das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt
hat, grundbuchrechtlich unzulässig ist. Die dem Beklagten auferlegte Bewilligung
ist nicht wie normalerweise bei dem Anspruch auf Berichtigung des Grund-
buchs (
Grundbuchstand hergestellt wird, indem die Kläger anstelle des Beklagten
als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Sie ist vielmehr entsprechend
der Antragstellung im Berufungsverfahren auf die Löschung der Eintragung
des Beklagten als Eigentümer beschränkt. Die Folge einer solchen Löschung
wäre, dass im Grundbuch ein Grundstück ohne Bezeichnung eines Eigentümers
stände. Ohne die Angabe eines Berechtigten ist die Eintragung eines
Rechts in das Grundbuch inhaltlich unzulässig. Deshalb kann ein Antrag auf
Grundbuchberichtigung nicht auf die Löschung des eingetragenen Eigentümers
beschränkt werden (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juni 1970 - V ZR 145/67, NJW
1970, 1544, 1545; Urteil vom 2. Februar 1979 - V ZR 14/77,
307 f.). Er muss vielmehr darauf gerichtet sein, dass der Beklagte die Eintragung
der Kläger als Eigentümer anstelle seiner Eintragung als Eigentümer bewilligt.
2. Die Revision hat in Bezug auf den Feststellungsantrag ebenfalls Erfolg.
Nach der Aufhebung des Leistungsausspruchs durch den Senat kann das Bestehen
des Annahmeverzugs des Beklagten nicht Gegenstand einer Feststellungsklage
sein. Gemäß
von der hier nicht in Betracht kommenden Feststellung der Echtheit
oder Unechtheit einer Urkunde - nur auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines
Rechtsverhältnisses beziehen. Der Annahmeverzug ist aber lediglich eine gesetzlich
definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also nur eine
Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Er ist selbst kein Rechtsverhältnis,
das nach
eine Verurteilung zu einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung begehrt wird,
wird der weitere Antrag des Klägers, den Annahmeverzug des Schuldners hinsichtlich
der ihm gebührenden Leistung festzustellen, dennoch ausnahmsweise
allein aus Gründen der Prozessökonomie wegen des schutzwürdigen Interesses
des Klägers, den für die Vollstreckung nach §§ 756, 765 ZPO erforderlichen
Nachweis des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren erbringen zu
können, allgemein als zulässig angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000
- XII ZR 41/98,
der Zweckmäßigkeit dar, aus der jedoch nicht folgt, dass der Annahmeverzug
zulässiger Gegenstand einer isolierten, nicht mit einem Antrag auf Verurteilung
zu einer Zug um Zug Leistung verbundenen Feststellungsklage sein kann. Vielmehr
ist ein Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs nur insoweit zulässig,
als er zur erleichterten Vollstreckung des Leistungsanspruchs erforderlich ist (vgl.
BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98,
19. April 2000 - XII ZR 332/97,
III.
Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), jedoch
mit Ausnahme des Verfahrens, da ein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts
weder gerügt noch sonst ersichtlich ist. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung
reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
1. Der Senat kann nicht über den in der Revisionsinstanz geänderten Klageantrag
entscheiden. Die Klageänderung war nicht zulässig, weil die Kläger
nicht Rechtsmittelführer sind (vgl. hierzu BAG,
eine Klageänderung erforderliche Anschlussrevision wäre auch unzulässig gewesen,
weil die Kläger durch das Berufungsurteil nicht beschwert sind (vgl.
Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - V ZR 12/19,
Denn das Berufungsgericht hat ihrem Antrag in vollem Umfang entsprochen.
Deshalb kommt es nicht darauf an, dass der in der Revisionsinstanz gestellte
Antrag ebenfalls einen grundbuchrechtlich unzulässigen Inhalt hat, weil er nicht
darauf gerichtet ist, dass der Beklagte die Eintragung der Kläger als Eigentümer
anstelle seiner Eintragung als Eigentümer bewilligen muss (vgl. oben Rn. 9).
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage auch nicht abweisungsreif.
Die Sache ist vielmehr zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen (
Klägern Gelegenheit zu geben, ihren Leistungsantrag durch Erhebung einer Anschlussberufung
zu ändern und einen dann zulässigen Feststellungsantrag zu
stellen.
a) Trotz der Unzulässigkeit des Leistungsantrags kann dieser nicht abgewiesen
werden, denn den Klägern muss Gelegenheit zu der Umstellung ihres
Klageantrags gegeben werden.
aa) Im Streitfall kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Kläger als
Berufungsbeklagte ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 17. September 2020
ihren Klageantrag auf entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts geändert
haben. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht nach
durch einen von ihrem Prozessbevollmächtigten unterzeichneten bestimmenden
Schriftsatz die für eine Klageänderung erforderliche Anschlussberufung erheben.
Darüber hinaus hätte es auf die Stellung eines sachdienlichen Antrags hinwirken
müssen, der auf die Herbeiführung einer zulässigen Grundbucheintragung zielt,
indem er zugleich auf die Bewilligung der Eintragung der Kläger als Eigentümer
gerichtet ist. Dazu hätte deshalb Veranlassung bestanden, weil der Erblasser bereits
durch seinen erstinstanzlichen, auf Rückauflassung gerichteten Klageantrag
zu erkennen gegeben hatte, dass er nicht nur gegen die Eintragung des Beklagten
als Eigentümer vorgehen wollte, sondern auch seine eigene Eintragung als
Eigentümer in das Grundbuch erstrebt. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes
und der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren (
i.V.m.
Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten darf
und allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer
konkreten Situation verpflichtet ist (vgl. BVerfG,
es in einem solchen Fall, die Klage nicht ohne vorherigen rechtlichen Hinweis
(
bedeutsam geworden ist (vgl. Senat, Urteil vom 18. September 1992
- V ZR 86/91,
bei der Antragstellung der Rechtsauffassung des Senats Rechnung zu
tragen.
bb) Die Kläger können die für eine Klageänderung erforderliche Anschlussberufung
noch formgerecht einlegen, weil die Frist des § 524 Abs. 2
Satz 2 ZPO nicht abgelaufen ist. Der Fristbeginn setzt voraus, dass das Berufungsgericht
eine Frist zur Erwiderung auf die Berufung gesetzt und die fristsetzende
Verfügung des Vorsitzenden durch Übergabe einer beglaubigten Abschrift
zugestellt wird nebst der in § 521 Abs. 2, § 277 Abs. 2 ZPO vorgeschriebenen
Belehrung sowie eines Hinweises auf den Vertretungszwang vor dem Berufungsgericht
und die Folgen einer Fristversäumung (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2018
- XI ZR 572/16, NJOZ 2019, 540 Rn. 19 mwN). Hier fehlt es an einer solchen
Fristsetzung zur Erwiderung auf die Berufung.
3. Hinsichtlich des Feststellungsantrags ist die Klage ebenfalls nicht abweisungsreif
(§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Wegfall des zulässigen Gegenstands der
Feststellungsklage beruht auf der Aufhebung des Leistungsausspruchs durch
den Senat, einem Umstand, der gleichfalls erstmals in der Revisionsinstanz bedeutsam
geworden ist. Daher ist den Klägern die Gelegenheit einzuräumen, zusammen
mit dem geänderten Leistungsantrag einen dann zulässigen Feststellungsantrag
zu stellen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:16.09.2022
Aktenzeichen:V ZR 151/21
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 894