Verwendung von Künstlernamen im Handelsregisterverkehr; Unzulässigkeit der Anmeldung eines GmbH-Geschäftsführers unter einem Pseudonym; Schutz des Rechtsverkehrs
letzte Aktualisierung: 13.1.2025
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.1.2024 – 3 Wx 196/23
HRV § 43 Nr. 4;
Verwendung von Künstlernamen im Handelsregisterverkehr; Unzulässigkeit der
Anmeldung eines GmbH-Geschäftsführers unter einem Pseudonym; Schutz des
Rechtsverkehrs
1. Der Schutz des Rechtsverkehrs, der vorrangiges Ziel des Handelsregisters ist, verlangt eine
Eintragung von Geschäftsführern unter ihrem bürgerlichen Namen.
2. Gem. § 43 Nr. 4 Satz 1 lit. b HRV sind die Geschäftsführer mit Familiennamen, Vornamen,
Geburtsdatum und Wohnort einzutragen. Ein Pseudonym – wie hier ein Künstlername –, das
zudem jederzeit abgelegt werden kann, ist demgegenüber in entscheidender Hinsicht intransparent:
Anhand des Künstlernamens kann der Rechtsverkehr den bürgerlichen Name nicht ermittelt und
damit auch nicht den Wohnort des Geschäftsführers, an dem auch Zustellungen an die Gesellschaft
erfolgen könnten (§§ 35 Abs. 2 S. 4, 10 Abs. 2 S. 2 GmbHG).
3. Ob eine Person unter ihrem Pseudonym bekannter ist als unter ihrem bürgerlichen Namen, kann
nur eine Prüfung im Einzelfall ergeben, die vom Registergericht praktisch nicht durchgeführt
werden kann. Auch verbietet es sich, den Rechtsverkehr auf Erkundigungen über den bürgerlichen
Namen beim beurkundenden Notar zu verweisen.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
1.
Am 26. September 2023 ließ eine wie folgt im Urkundeneingang bezeichnete Person unter
anderem die Gründungserklärungen zu einer GmbH in Form einer
Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) sowie einen Beschluss der
Gesellschafterversammlung, mit dem sich besagte Person zum
einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten
Geschäftsführer bestellte, notariell beurkunden:
„A., geboren am 00.00.1941, dienstansässig in …. B.-Stadt,
….,“ [Auslassungszeichen im Original].
In dem der Gründungsurkunde als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrag ist als
Unternehmensgegenstand die „Wahrung von ihr übertragenen Rechten und Forderungen
bis zu deren Erfüllung“ angegeben; das Stammkapital der Gesellschaft soll sich auf 1.000
€ belaufen, wozu es sodann in § 4 der Satzung heißt:
„Den einzigen Gesellschaftsanteil Nr. 1 im Nennbetrag von Euro 1.000,00 wird von dem
einzigen Gesellschafter, A., geb. am 00.00.1941, übernommen.“
Gemäß der Gesellschafterliste gibt es Geschäftsanteile mit den Nummern 1 bis 25.000 zu
einem Nennbetrag des einzelnen Geschäftsanteils von 1.000 €, dem eine
Beteiligungsquote von 100 % zugewiesen wird; bezeichnet ist der Gesellschafter mit dem
vorgenannten Namen und Geburtsdatum sowie einem Wohnsitz in B.-Stadt; die Liste
schließt ab mit dem Eintrag: „Stammkapital gesamt (100 %) Euro 1.000,--“.
Gleichfalls unter am 26. September 2023 hat mit notariell beglaubigter Erklärung ein A. –
dem Notar „von Person bekannt“ – als „unterzeichnete Geschäftsführung“ die Gesellschaft
sowie die Bestellung der ersten Geschäftsführung (nebst abstrakter und konkreter
Vertretungsbefugnis) zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.
Daraufhin hat das Registergericht mit Zwischenverfügung vom 28. November 2023
beanstandet: Der Geschäftsführer könne nicht unter seinem Pseudonym / Künstlernamen
eingetragen werden. Nichts anders gelte für die Benennung des Gründers in § 4 der
Satzung und für die Gesellschafterliste. Letztere sei zudem deshalb fehlerhaft, weil sie
25.000 Geschäftsanteile ausweise.
Gegen diesen am 1. Dezember 2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte mit
seinem am 6. Dezember 2023 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, dem das
Registergericht mit weiterem Beschluss vom 12. Dezember 2023 unter Vorlage an das
Beschwerdegericht zur Entscheidung nicht abgeholfen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der (AR-)Registerakte Bezug
genommen.
2.
Das Rechtsmittel des Beteiligten ist als befristete Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG
statthaft (
unbegründet; die vom Registergericht erhobenen Bedenken sind – vollauf – berechtigt.
a)
aa)
Das Registergericht hat bezüglich der Eintragung des Pseudonyms der Sache nach
ausgeführt:
Gemäß (richtig:) § 43 Nr. 4 Satz 1 lit.b) HRV seien die Geschäftsführer mit Familiennamen,
Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort einzutragen. Ein Pseudonym – wie hier ein
Künstlername –, das zudem jederzeit abgelegt werden könne, sei demgegenüber in
entscheidender Hinsicht intransparent: Anhand des Künstlernamens könne vom
Rechtsverkehr über das Einwohnermeldeamt bzw. das Meldeportal Behörden NRW der
bürgerliche Name nicht ermittelt werden und damit auch nicht der Wohnort des
Geschäftsführers, an dem auch Zustellungen an die Gesellschaft erfolgen könnten (§§ 35
Abs. 2 Satz 4, 10 Abs. 2 Satz 2 GmbHG).
Keinesfalls erforderten Sinn und Zweck des Handelsregisters, das die Existenz eines
Unternehmens als Handelsunternehmen sowie seine – namentlich für den
rechtsgeschäftlichen Verkehr – wichtigsten Rechtsverhältnisse verlautbaren solle, die
Eintragung von Künstlernamen.
Ob eine Person unter ihrem Pseudonym bekannter sei als unter ihrem bürgerlichen
Namen, bedürfe einer Prüfung im Einzelfall, die vom Registergericht praktisch nicht
durchgeführt werden könne. Den Rechtsverkehr auf Erkundigungen über den bürgerlichen
Namen beim beurkundenden Notar zu verweisen, verbiete sich.
Alles Vorstehende sei unabhängig davon, ob es sich bei dem Unternehmen um ein
eigenes Rechtssubjekt (nämlich eine juristische Person) handele oder nicht.
Schließlich bestätige der Beteiligte selbst die aus der besagten Intransparenz folgenden
Befürchtungen, wenn er seinen bürgerlichen und damit „wahren“ Namen nicht mit der
Gesellschaft in Verbindung bringen wolle.
bb)
Diese Ausführungen sind gänzlich überzeugend und bedürfen objektiv keiner Ergänzung.
Lediglich im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen sei verdeutlichend hervorgehoben:
Der Standpunkt des Beteiligten beruht letztlich auf einer Verkennung rechtlicher
Grundgegebenheiten. Anders als beim Namensschutz nach
der Zeichnungsfähigkeit und der Rubrumsfähigkeit des Pseudonyms niederschlägt, geht
es beim Handelsregister in allererster Linie um einen Schutz des Rechtsverkehrs, nämlich
durch Verlautbarung grundsätzlich der zutreffenden und eine effektive Rechtsdurchsetzung
gegenüber der Gesellschaft ermöglichenden Tatschen, äußerstenfalls durch Gewährung
eines (wenngleich beschränkten) Gutglaubensschutzes. Schon allein daraus folgt, dass
Betroffenen ein Sich-Entziehen aus den verlautbarten Verhältnissen im Rahmen des
Möglichen verwehrt werden muss. Hinsichtlich der Namensführung folgt daraus, dass der
Zwangsname – der dem Namensträger als bürgerlicher Name anhaftet – zu verlautbaren,
also einzutragen ist, nicht ein willkürlich gewählter und jederzeit ablegbarer Wahlname, wie
ihn ein Pseudonym oder Künstlername darstellt. Erkundigungsobliegenheiten zu Lasten
des Rechtsverkehrs bei Notaren sind bereits deshalb nicht näher zu erwägen, weil eine
Auskunft der Amtsperson gegen ihre grundsätzliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit, §
18 Abs. 1 Satz 1 BNotO, verstieße und eine Befreiung von der Pflicht nach § 18 Abs. 2
BNotO den Intentionen des unter Pseudonym Handelnden gerade zuwiderliefe.
Dementsprechend wird – soweit ersichtlich – im Kommentarschrifttum zu den §§ 10 und 3
GmbHG, betreffend die Eintragung von Geschäftsführern und diejenige der Gründer (zu §
3 eingehender: BeckOGK GmbHG – Lindow, Stand: 01.12.2023, § 3 Rdnr. 131 f; MKWicke,
GmbHG, 4. Aufl. 2022, § 3 Rdnr. 55), allein auf die Regelungen der
Handelsregisterverordnung verwiesen, ohne die Möglichkeit der Eintragung unter
Wahlnamen auch nur zu erwähnen (im Grundbuchrecht wird diese aufgrund des
zumindest äußerlich vergleichbaren
Selbst wenn man jedoch dem Grundsatz nach eine andere Haltung annähme, wäre nach
Sinn und Zweck des Handelsregisters – wie immer man diesen Gesichtspunkt im Recht
des Namensschutzes auch beurteilen will – zu fordern, dass das Pseudonym
Verkehrsgeltung (BGH
jemals urkundlich belegen lassen, und sie zu ermitteln oder gar zu beweisen, wäre dem
Registerverfahrensrecht schlechterdings fremd.
Dass das Bundesverfassungsgericht den Beteiligten unter seinem Pseudonym
angeschrieben – dabei möglicherweise dessen Angaben lediglich übernommen – hat,
berührt die vorstehenden Erwägungen nicht.
b)
Zudem steht der Inhalt der ersten Spalte der Gesellschafterliste in Widerspruch nicht nur
zum Inhalt der Spalten drei und vier, sondern auch zu § 4 der Satzung und ist (vermutlich
versehentlich) eindeutig falsch.
3.
Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist entbehrlich – in Rede
stehen können nur Gerichtskosten, und deren Tragung ist unmittelbar im Gesetz geregelt
–, desgleichen eine Festsetzung des Geschäftswertes (wegen Nr. 19112 KV-GNotKG).
ng der Rechtsbeschwerde kann nicht ausgesprochen werden, weil die
Voraussetzungen des
Beteiligten zu seiner Namensführung sind stützende Äußerungen nicht ersichtlich. Bei
vernünftiger Betrachtung ist die Rechtslage vielmehr eindeutig.
… … …
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:19.01.2024
Aktenzeichen:3 Wx 196/23
Rechtsgebiete:
Notarielles Berufsrecht
In-sich-Geschäft
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
HRV § 43 Nr. 4; GmbHG § 8