OLG Nürnberg 30. September 2021
15 W 3528/21
BGB § 1105

Wiederkehrende Leistungspflicht als Voraussetzung einer Reallast

letzte Aktualisierung: 13.4.2022
OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.9.2021 – 15 W 3528/21

BGB § 1105
Wiederkehrende Leistungspflicht als Voraussetzung einer Reallast

Es genügt für eine Reallast nicht, wenn es sich bei der Leistungspflicht bloß um eine theoretisch
wiederkehrende Leistung handelt. Vielmehr muss ihre Wiederholung mehr als nur abstrakt möglich
sein (wie es beispielsweise jede Pflicht zum Wiederaufbau im Fall der Zerstörung wäre), um als
wiederkehrend zu gelten. Die Leistungspflicht muss ihrer Art oder ihrem Inhalt nach – zumindest
nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge – von vornherein objektiv auf eine mehrfache, nochmalige
Ausführung angelegt sein. Dies ist etwa bei einer von verschiedenen Faktoren abhängigen der
Pflicht zur Neuerrichtung einer Lärmschutzwand nicht der Fall.

Gründe

I.
Die Beschwerdeführerinnen sind die Beteiligten eines Grundstückkaufvertrags vom 15.03.2021. Sie
vereinbarten in Bezug auf eine Schallschutzmauer, die sich auf dem im Grundbuch von Weißenburg i. Bay.
auf Blatt . geführten Flurstück 1991/6 an der Grenze zum im Grundbuch von Weißenburg i. Bay. auf Blatt .
geführten Flurstück 1991/5 befindet, unter dem Punkt 2.1. des Vertrags das Folgende:

„2.1.1 Der Verkäufer sowie mit seiner Zustimmung jeder Eigentümer des Flurstücks 1991/5 sind berechtigt,
aber nicht verpflichtet, jederzeit die Schallschutzmauer auf eigene Kosten zu entfernen und durch einen
Zaun zu ersetzen, vorausgesetzt die Entfernung ist öffentlich-rechtlich zulässig. Der Käufer erteilt bereits jetzt
hierzu für sich, seinen Mieter und etwaige Rechtsnachfolger die Zustimmung.

2.1.2 Der Verkäufer verpflichtet sich im Fall der Entfernung der Schallschutzmauer gegenüber dem Käufer
und seinen Rechtsnachfolgern auch auf deren Verlangen, die Schallschutzmauer auf seine Kosten
unverzüglich unter Einhaltung der zum Errichtungszeitpunkt geltenden technischen Anforderungen wieder zu
errichten, falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird.“
Zur dinglichen Absicherung dieser Verpflichtung wurde von den Vertragsparteien eine Reallast zugunsten
des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks mit der Flurnummer 1991/6 „vereinbart und bewilligt“.
Den im Namen der Beteiligten gestellten Antrag, die Reallast einzutragen, nahm der Urkundsnotar mit
Schreiben vom 23.03.2021 zurück. Unter Berufung auf die im Kaufvertrag vom 15.03.2021 „erteilten
uneingeschränkten Grundbuchvollmachten“ beurkundete er am 20.07.2021 folgende eigene Erklärung:

„2.4 Reallast Zur dinglichen Absicherung der Verpflichtung gem. vorstehend 2.1.2 wird folgende Reallast
zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 1991/6 an dem Grundstück Weißenburg i. Bay. Blatt .
lfd. Nr. 2 Flurstück 1991/5 im unmittelbaren Nachrang nach der aktuell einzigen Belastung (…) vereinbart
und bewilligt:

‚Für den Fall der jeweiligen Entfernung der aktuell einzigen Schallschutzmauer (belegen auf dem Flurstück
1991/6 zur Grenze des Flurstücks 1991/5) durch oder auf Veranlassung des jeweiligen Eigentümers des
Flurstücks 1991/5 verpflichtet sich der jeweilige Eigentümer des Flurstücks 1991/5 zugunsten des jeweiligen
Eigentümers des Flurstücks 1991/6 diese Schallschutzmauer (i) auf seine Kosten unverzüglich unter
Einhaltung der zum Errichtungszeitpunkt geltenden technischen Anforderungen jeweils wieder zu errichten,
falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird und (ii) sie
sodann für die Dauer der öffentlich-rechtlichen Anforderung nach den öffentlich-rechtlichen Anforderungen
die jeweilige Schallschutzmauer auf eigene Kosten instand zu halten.‘

Der Eigentümer des Flurstücks 1991/5 (…) stimmt hiermit der vorstehenden Bewilligung zu und gibt diese
ebenfalls ab.“

Mit Schreiben vom 20.07.2021 beantragte der Urkundsnotar „im Namen aller Urkundsbeteiligten“ die
Eintragung der in der Eigenurkunde vom 20.07.2021 bewilligten Reallast auf Blatt . des Grundbuchs von
Weißenburg i. Bay.

Am 28.07.2021 wies das Amtsgericht - Grundbuchamt - Weißenburg i. Bay. den Urkundsnotar darauf hin,
dass die jeweilige Errichtung einer Schallschutzmauer jeweils eine einmalige Leistung darstelle, durch die
Eintragung einer Reallast aber lediglich wiederkehrende Leistungen dinglich gesichert werden könnten.
Gestützt darauf sah das Grundbuchamt ein Eintragungshindernis gegeben, zu dessen Beseitigung durch
eine Nachtragserklärung es eine Frist bis 27.08.2021 setzte.

Mit Beschluss vom 31.08.2021 wies das Grundbuchamt den Eintragungsantrag vom 20.07.2021 mit der
Begründung zurück, dass das aufgezeigte Eintragungshindernis nicht behoben worden sei.

Dagegen wandte sich der Urkundsnotar unter Berufung auf die ihm erteilte Grundbuchvollmacht im Namen
aller Vollmachtgeber. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Bewilligung nach ihrer (letztendlichen
Ausgestaltung) eine wiederkehrende Errichtungspflicht zum Gegenstand habe, die Inhalt einer Reallast sein
könne. Auf eine Lebenswahrscheinlichkeit der Wiederholung der besicherten Leistungsverpflichtung komme
es nicht an. Es sei ausreichend, dass die Wiederholung abstrakt möglich sei. An den formellen Inhalt der
Bewilligung sei das Grundbuchamt gebunden.

Am 20.09.2021 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II.
Das gegen die Entscheidung über die Antragszurückweisung gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte
Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 7
Abs. 1, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG). Es hat indes in der Sache keinen Erfolg, da der Antrag nicht auf die
Eintragung einer Reallast mit einem gesetzlich zulässigen Inhalt gerichtet ist.

Die Vorschrift des § 1105 Abs. 1 BGB bestimmt den Inhalt der Belastung eines Grundstücks durch eine
Reallast dahin, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, aus dem Grundstück
wiederkehrende Leistungen zu entrichten sind. Den Gegensatz zum Begriff der „wiederkehrenden
Leistungen“ bildet dabei die „einmalige Leistung“. Eine einmalig zu entrichtende Leistung kann grundsätzlich
nicht Gegenstand einer Reallast sein (BGH, Urteil vom 08.11.2013 - V ZR 95/12 -, juris Rn. 7).

Zwar muss es sich bei den „wiederkehrenden Leistungen“ nach § 1105 Abs. 1 BGB nicht um ständig oder
regelmäßig wiederkehrende Leistungen handeln (OLG Köln, Beschluss vom 19.12.1990 - 2 Wx 23/90 -, juris
Rn. 24). Als regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrend müssen sich die aus dem Grundstück zu
entrichtenden Leistungen - entsprechend der Bedeutung des Adjektivs - aber „von Zeit zu Zeit wiederholen“
(so die Motive zum BGB, Band III, Seite 582, ebenso: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., 2. Teil Rn.
1301; Sikora in: BeckOGK, BGB, Stand 1/2021, § 1105 Rn. 37). Angesichts dessen ist es nicht rechtlich
unbedeutend, dass eine Wiederholung der Leistungspflicht sehr unwahrscheinlich ist (andere Ansicht:
Lange-Parpart, RNotZ 2008, 377, 394). Denn es genügt dem Wortlaut des § 1105 Abs. 1 BGB gerade nicht,
wenn es sich bloß um eine wiederkehrende Leistung handeln kann. Vielmehr muss ihre Wiederholung mehr
als nur abstrakt möglich sein (wie es beispielsweise jede Pflicht zum Wiederaufbau im Fall der Zerstörung
wäre), um als wiederkehrend zu gelten. Die Leistungspflicht muss ihrer Art oder ihrem Inhalt nach -
zumindest nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge - von vornherein objektiv auf eine mehrfache, nochmalige
Ausführung angelegt sein. Andernfalls wäre die Beschränkung der Reallast auf wiederkehrende Leistungen
ohne Bedeutung.

Dieser Voraussetzung genügt die Verpflichtung nicht, im Fall der „jeweiligen Entfernung“ einer
Schallschutzmauer durch oder auf Veranlassung des jeweiligen Eigentümers, eine solche „jeweils wieder zu
errichten, falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird“
(andere Ansicht aber wohl: Mohr in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 1105 Rn. 23; Joobst in:
Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., Fn. 51; Lange-Parpart, RNotz 2008, 377, 394 f.; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl., 2. Teil Rn. 1301). Wenn nicht sogar die erste, so ist zumindest die wiederholte
Leistungserbringung nichts weiter als eine abstrakte Möglichkeit.

Dass eine Reallast ohne Weiteres (auch aufschiebend) bedingt bestellt werden kann (Sikora in: BeckOGK,
BGB, Stand 1/2021, § 1105 Rn. 36; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 2. Teil Rn. 1306; Reet in:
Ring/Grziwotz/Keukenschrijve, BGB, Sachenrecht, 4. Aufl., § 1105 Rn. 47), ändert daran nichts. Denn aus
der Abhängigkeit einer Leistungspflicht vom Eintritt einer Bedingung folgt nicht, dass sie wiederkehrend zu
erbringen ist. Und auch der Umstand, dass eine Wiedererrichtung der Schallschutzmauer die
wiederkehrende Maßnahme der Instandhaltung auslöst, also deren Voraussetzung bildet, begründet die
Eintragungsfähigkeit einer Reallast nicht. Denn die Herstellungspflicht wird dadurch nicht zu einer
unselbständigen Nebenkomponente der Instandhaltungspflicht, weshalb sich die Frage nicht stellt, ob
dingliche Rechte auch zur Sicherung von - außerhalb des gesetzlichen Anwendungsbereichs liegenden -
Nebenleistungen begründet werden können (OLG München, Beschluss vom 13.02.2019 - 34 Wx 202/18 -,
juris Rn. 60).

III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Kostenfolge angesichts der
Beschwerdezurückweisung aus dem Gesetz ergibt (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1, § 3 GNotKG, KV Nr. 14510
GNotKG).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgte gemäß § 78 Abs. 2 GBO, da die Fortbildung des Rechts eine
Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Insbesondere wird die entscheidungserhebliche
Frage, ob eine von vornherein nur möglicherweise wiederkehrende Leistungspflicht durch eine Reallast
gesichert werden kann, abweichend von der Auffassung des Senats in der Literatur überwiegend bejaht, da
die Verpflichtung zum Wiederaufbau eines zerstörten Gebäudes als eine durch Reallast sicherungsfähige
Leistung angesehen wird, sofern alle künftigen Fälle des Wiederaufbaus gemeint sind.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Nürnberg

Erscheinungsdatum:

30.09.2021

Aktenzeichen:

15 W 3528/21

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Kostenrecht
Reallast
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB § 1105