Gebühren und Geschäftswert für Berichtigung des Grundbuchs bei GbR-Gesellschafterwechsel
KostO §§ 30, 64 Abs. 3, § 67 (Gebühren und Geschäftswert für Berichtigung des Grundbuchs bei GbR-Gesellschafterwechsel)
1. Gebühren und Geschäftswert für die Berichtigung des Grundbuchs bei Gesellschafterwechsel in der GbR bestimmen sich aus
2. Bei der Bemessung des Geschäftswertes ist jeweils auf das wirtschaftliche Interesse abzustellen, das sich aus Rechtsprechung dem übergegangenen Anteil an der GbR ergeben kann.
3. Bestehen Zweifel an der Größe des übergegangenen Anteils, so ist bei der Schätzung des wirtschaftlichen Interesses davon auszugehen, dass die Gesellschafter zu gleichen Teilen am Vermögen der GbR beteiligt sind.
4. Die bloße Namensänderung einer GbR, die gleichzeitig mit der Eintragung weiterer Berichtigungen eingetragen werden kann, kann mit dem Geschäftswert von 1/20 des Grundstückswertes bemessen werden.
5. Bei mehreren Berichtigungen, die dasselbe Recht betreffen, entsteht nur eine Gebühr, diese jedoch aus dem zusammengerechneten Wert.
OLG München, Beschluss vom 19.7.2012, 34 Wx 522/11 Kost; mitgeteilt von Edith Paintner, Richterin am OLG München
Im Grundbuch waren zwei Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH sowie vier natürliche Personen in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Eigentümerin eingetragen. Auf Antrag vom 25.11.2009 berichtigte das Grundbuchamt am 21.12.2009 zum einen den Namen der GbR und zum anderen in Folge mehrerer Gesellschafterwechsel die eingetragenen Gesellschafter, indem drei bisherige gelöscht und vier neue eingetragen wurden.
Gemäß Kostenansatz vom 21.12.2009 nahm das Grundbuchamt die Beteiligte zu 1 als Kostenschuldnerin in Anspruch. Gegen die Kostenrechnung über 858 € (0,25 Gebühr gemäß
Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 21.10.2011. Nach deren Meinung sind die Berichtigungen jeweils nur von geringer Bedeutung; der Geschäftswert sei mit 10 % des Grundstückswerts als angemessen zu erachten. Dieser Beschwerde hat das Grundbuchamt nach Anhörung des Bezirksrevisors als Vertreters der Staatskasse (Beteiligte zu 2) nicht abgeholfen.
Aus den Gründen:
II.
Die Beschwerde ist zulässig (
Die Beschwerde ist unbegründet; die Festsetzung des Geschäftswerts durch das AG ist hingegen zulasten der Beteiligten zu 1 nach oben zu korrigieren.
1. Gebühren und Geschäftswert für die Berichtigung des Grundbuchs bei Gesellschafterwechseln bestimmen sich nach der Rechtsprechung des Senats aus
2. Die Höhe des Geschäftswertes für Eintragungen im Sinne von
a) Das Grundbuchamt hat dementsprechend für die Eintragung mehrerer Gesellschafterwechsel insgesamt einen Geschäftswert von 50 % des Grundstückswertes angenommen. Nach Ansicht des Bezirksrevisors geht das wirtschaftliche Interesse bei mehreren solcher Richtigstellungen nach
Nach der Rechtslage ab 18.8.2009 ist allerdings eine andere Gewichtung der Interessenlage veranlasst.
Bis zum Erlass des ERVGBG wurde bei Veräußerung des Grundstücks einer GbR verlangt, dass die handelnden Gesellschafter einen Nachweis über den aktuellen Gesellschafterbestand in der Form des
Dagegen ist durch das ERVGBG – auch für die GbR – das wirtschaftliche Interesse des einzelnen Gesellschafters stärker in den Vordergrund gerückt, so dass es nun gerechtfertigt ist, auf den Anteil des ausscheidenden und des eintretenden Gesellschafters an der GbR abzustellen. So ist etwa der Anteil des eintretenden Gesellschafters am Immobilienvermögen der GbR dann gefährdet, wenn er nicht umgehend als Gesellschafter im Grundbuch eingetragen wird. In einem solchen Fall ist er vor einer Übertragung des Grundstücks an einen gutgläubigen Dritten nicht geschützt.
b) Ob bei mehreren Gesellschafterwechseln eine Mehrzahl von Eintragungen, die dasselbe Recht betreffen, erforderlich ist und daher die einzelnen Anteile der Gesellschafter zur Berechnung des Geschäftswertes zu addieren sind, oder ob es sich um eine Eintragung, dann aber bezogen auf den Gesamtanteil aller aus bzw. eingetretener Gesellschafter, handelt, kann dahinstehen, da dies sich auf den Geschäftswert im Ergebnis nicht auswirkt. In jedem Fall bestimmt sich der Geschäftswert aus der Addition der übergegangenen Anteile.
c) Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses ist daher nun – so dies möglich ist – der Anteil des ausgetretenen und des eingetretenen Gesellschafters zu berücksichtigen. Ggf. wird darauf abzustellen sein, wie viele Erwerbsvorgänge dem Antrag zugrundeliegen. Relevant erscheint insofern auch, ob der Erwerbsvorgang kraft Rechtsgeschäftes oder kraft Gesetzes erfolgte.
d) Aus den vorgelegten Unterlagen ergeben sich erhebliche Zweifel an der Höhe der Anteile der ausgetretenen und der eingetretenen Gesellschafter an der Gesellschaft. So sollen die ausgeschiedenen drei Mitgesellschafter mit dem Anteil von je 10 € an der GbR beteiligt gewesen sein, wogegen hinsichtlich zweier der eingetretenen Gesellschafter von einem Anteil von 374.000 bzw. 361.000 € am Gesellschaftsvermögen die Rede ist. Bestehen Zweifel an der Höhe des jeweiligen Anteils an der GbR, so ist bei der Schätzung des wirtschaftlichen Interesses davon auszugehen, dass die Gesellschafter zu gleichen Teilen am Vermögen der GbR beteiligt sind. Dies entspricht einer vereinfachten Betrachtung, wie sie im Kostenrecht aus verfahrensökonomischen Gründen geboten und auch im Referentenentwurf des BJM zum Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Stand 13.12.2011, dort zu § 70 Abs. 1, abrufbar unter http://gesetzgebung.beck.de/sites/gesetzgebung.beck.de/files/RegE_2_ KostRMoG.pdf) vorgesehen ist.
Nachdem vorliegend drei von sechs Mitgesellschaftern ausgeschieden sind, sind je Gesellschafterwechsel ein Anteil von 1/6 am Grundstückswert bzw. in der Gesamtschau eine Quote von 3/6 anzusetzen, insgesamt somit 1/2 des Grundstückswerts.
3. Für die Namensänderung geht das AG zutreffend davon aus, dass sich die Gebühr und folglich der Geschäftswert nach
a) Für die Namensänderung der GbR selbst wurde kein eigener Geschäftswert ausgewiesen, sondern ein solcher nur für die Gesamtheit der Eintragung festgelegt. Dies entspricht jedoch nicht dem Gesetz. Zwar ist auch bei einer Mehrzahl von Eintragungen – wie etwa die Verweisung des § 67 Abs. 2 auf
b) Der bloßen Namensänderung einer GbR bemisst der Grundbuchverkehr keine erhebliche Bedeutung bei (siehe
4. Grundsätzlich wird bei Eintragungen nach
Dem Ergebnis steht nicht entgegen, dass damit über die Festsetzung des AG hinausgegangen wird. Das Verbot einer reformatio in peius gilt im Beschwerdeverfahren gegen die Festsetzung eines Geschäftswertes nach allgemeiner Meinung nicht (BayObLG,
(…)
Anmerkung:
Die Entscheidung des OLG München betrifft Grundbuchkosten für die Eintragung einer Grundbuchberichtigung aufgrund eines Gesellschafterwechsels bei einer GbR. Sie hat aber auch für Notare im Hinblick auf die Wertbestimmung von Grundbuchberichtigungsanträgen Bedeutung.
1. Allgemeine Grundsätze
Der Geschäftswert eines Grundbuchberichtigungsantrags bestimmt sich nach dem vollen Wert des betroffenen Grundstücks, wenn ein neuer Eigentümer eingetragen werden soll (bei einem Miteigentümer ist der Wert nach dessen Anteil zu bestimmen). Ob die Eintragung eines neuen Eigentümers gegeben ist, richtet sich nach der Rechtsprechung des BayObLG (
Basierend auf diesen Grundsätzen liegt die Neueintragung eines Eigentümers vor mit der Folge, dass als Geschäftswert der volle Grundstückswert anzunehmen ist, z. B. bei
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einem nachträglichen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft (Gegenstandsgleichheit mit der Güterstandsvereinbarung liegt dagegen vor, wenn der Antrag auf Grundbuchberichtigung im Ehevertrag mitbeurkundet wird). Geschäftswert ist nicht nur der Wert eines Hälftemiteigentumsanteils, sondern der volle Grundstückswert (Streifzug durch die KostO, 9. Aufl. 2012, Rdnr. 228);
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einem Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs aufgrund einer Erbfolge. Geschäftswert ist der volle Grundstückswert. Bezieht sich der Berichtigungsantrag auf einen Miteigentumsanteil, ist der volle Wert des Miteigentumsanteils maßgebend;
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einem Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs bei Auflösung einer OHG (z. B. durch Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern) und damit Übernahme des Vermögens der Gesellschaft durch den einzigen verbleibenden Gesellschafter. Auch hier wird ein neuer Eigentümer eingetragen mit der Folge, dass der volle Grundstückswert als Geschäftswert in Betracht kommt (Streifzug, a. a. O., Rdnr. 232). Gleiches gilt bei Auflösung einer GbR. Bei Auflösung wird der verbleibende Gesellschafter Alleineigentümer des Grundstücks. Geschäftswert ist daher der volle Grundstückswert.
Bei Eintragung einer Namensberichtigung handelt es sich dagegen nicht um die Eintragung eines neuen Eigentümers, dieser bleibt identisch mit dem bereits eingetragenen Eigentümer. Als Geschäftswert ist in solchen Fällen ein nach
Beispiele:
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Antrag auf Eintragung einer Firmen oder Namensbezeichnung. Durch die Eintragung werden die Eigentumsverhältnisse nicht berührt;
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Antrag auf Grundbuchberichtigung aufgrund eines Formwechsels (z. B. Umwandlung einer KG in eine GmbH). Ein Formwechsel erfolgt identitätswahrend. Kostenrechtlich liegt daher keine Eintragung eines neuen Eigentümers vor, sondern nur eine Namensberichtigung.
2. Besonderheiten bei einer GbR
Durch Zuerkennung der Grundbuchfähigkeit für die GbR liegt bei der Grundbuchberichtigung aufgrund eines Gesellschafterwechsels keine Eintragung eines Eigentümerwechsels durch das Ausscheiden oder den Neueintritt des betreffenden Gesellschafters vor. Es handelt sich vielmehr um eine Namensberichtigung. Der Geschäftswert ist daher nicht der volle Grundstückswert, sondern ein nach
Betrifft der Antrag auf Grundbuchberichtigung eine Namensänderung der GbR, die nicht auf einem Gesellschafterausscheiden oder eintritt beruht, kann ein Teilwert aus dem Grundstückswert in Betracht kommen (nach Auffassung des Gerichts 5 %; ein Teilwert bis zu 30 % dürfte weiterhin im Ermessensrahmen des Notars liegen). Im vorliegenden Fall ist das Gericht aufgrund der Konstellation an die unterste Grenze des Ermessensrahmens (5 % aus dem Grundstückswert) gegangen.
Je nach Fallgestaltung ergeben sich folgende Geschäftswerte:
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Ist nach Auflösung der GbR der einzige verbleibende Gesellschafter als Alleineigentümer im Grundbuch einzutragen, ist für den Grundbuchberichtigungsantrag der volle Grundstückswert maßgebend. Gleiches gilt, wenn die GbRGesellschafter nunmehr nach Auflösung der Gesellschaft und Auseinandersetzung im Grundbuch als Miteigentümer nach Bruchteilen einzutragen sind.
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Beruht der Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs auf dem Ausscheiden oder den Eintritt eines Gesellschafters, ist der Geschäftswert nach dessen Beteiligungsquote zu bestimmen.
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Betrifft der Grundbuchberichtigungsantrag Veränderungen bei mehreren Gesellschaftern, ist die Summe der Beteiligungen als Geschäftswert anzunehmen.
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Wird nur die Berichtigung des Namens der GbR beantragt (kein Ein oder Austritt von Gesellschaftern), ist ein Teilwert zwischen 5 %30 % des Grundstückswerts angemessen und vertretbar.
Notariatsoberrat Werner Tiedtke, Prüfungsabteilung der Notarkasse A. d. ö. R., München
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:19.07.2012
Aktenzeichen:34 Wx 522/11
Rechtsgebiete:Kostenrecht
Erschienen in: Normen in Titel:KostO §§ 30, 64 Abs. 3, § 67