Notarkosten bei Scheidungsfolgenvereinbarung; Verpflichtung der Beteiligten zur Mitwirkung an der Wertermittlung
letzte Aktualisierung: 29.1.2024
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.9.2023 – 10 W 70/23
GNotKG §§ 95, 100, 111
Notarkosten bei Scheidungsfolgenvereinbarung; Verpflichtung der Beteiligten zur
Mitwirkung an der Wertermittlung
1. Verletzen die Beteiligten ihre Verpflichtung zur Mitwirkung an der Wertermittlung gem. § 95 S. 1,
2 GNotKG und hat der Notar sodann von dem ihm gem.
Ermessen bei der Wertfestsetzung Gebrauch gemacht, beschränkt sich die gerichtliche
Rechtmäßigkeitsprüfung im Verfahren nach
ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat.
2. Eine Vermögensauseinandersetzung, die auf die Vereinbarung einer alleinigen Zahlung zur
umfassenden Abgeltung sämtlicher finanzieller Ansprüche nach Vereinbarung der Gütertrennung
hinausläuft, ist etwas anderes als der „bloße“ Güterstandswechsel und damit der „Ehevertag“ nach
der Definition des
Ehevertrag und damit der Güterstandswechsel ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 111 Nr. 2
GNotKG immer ein besonderer Beurkundungsgegenstand und mit der umfassenden – und über
den bloßen Zugewinnausgleich hinausgehenden – Vermögensauseinandersetzung nicht
gegenstandsgleich. Letztere ist deshalb auch dann werterhöhend zu berücksichtigen, auch wenn nur
eine Geldzahlung vereinbart ist.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin hat mit Urkunde vom 12. Februar 2019 eine zwischen dem
Antragsteller und seiner damaligen Ehefrau geschlossene Scheidungsfolgenvereinbarung
beurkundet; ihre Kosten hat sie gegenüber dem Antragsteller unter dem Datum des 2.
Januar 2020 abgerechnet. Aufgrund von Beanstandungen des Bezirksrevisors hat sie am
12. November 2021 eine korrigierte Kostenrechnung erstellt. Unter anderem hat sie eine
2,0-Gebühr für die Beurkundung der Scheidungsfolgenvereinbarung nach einem
Geschäftswert von 1.854.381,- € abgerechnet und den Geschäftswert anhand folgender
Einzelwerte berechnet: Vermögen Mann: 1.301,600,- €; Vermögen Frau: 190.000,- €;
Verzicht auf nachehelichen Unterhalt: 5.000,- €; Ausgleichszahlung: 290.000,- €;
Kindesunterhalt: 67.781,- €.
Mit Schriften vom 6. August 2021 und vom 23. November 2021 hat der Antragsteller die
Überprüfung beider Kostenrechnungen beantragt und Einwände gegen den der Rechnung
zugrunde gelegten Geschäftswert für die Scheidungsfolgenvereinbarung erhoben. Dazu
hat er geltend gemacht, zum Zeitpunkt der Vereinbarung habe er nicht über das ihm
zugeschätze Vermögen von 1.301.600,- € verfügt, sondern nur über ein Vermögen in Höhe
von 690.000,- €. Von diesem Vermögen habe er 290.000,- € auf dem Anderkonto der
Antragsgegnerin hinterlegt und über diesen Betrag verhalte sich die abgerechnete
Verwahrgebühr.
Die Antragsgegnerin ist den Einwendungen des Antragstellers entgegengetreten und nach
Anhörung der Präsidentin des Landgerichts hat das Landgericht Düsseldorf die
Kostenrechnung der Antragsgegnerin vom 12. November 2021 mit Beschluss vom 9. Mai
2023 bestätigt. Den Geschäftswert für die Beurkundung der
Scheidungsfolgenvereinbarung habe die Antragsgegnerin nach Maßgabe von § 100 Abs. 1
Nr. 1 GNotKG zutreffend ermittelt. Nachdem der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht bei
der Ermittlung seiner Vermögenswerte trotz mehrfacher Anfragen der Antragsgegnerin
nicht nachgekommen sei, habe die Antragsgegnerin sein Reinvermögen
ermessensfehlerfrei geschätzt,
nicht mehr in Betracht. Die mit einem Betrag von 290.000,- € vereinbarte
Ausgleichszahlung sei werterhöhend zu berücksichtigen, denn es handele sich insofern
um einen besonderen Beurkundungsgegenstand im Sinne von
Antragsteller und seine damalige Ehefrau hätten in der beurkundeten Vereinbarung nicht
schlicht den Güterstand gewechselt, sondern eine über einen Zugewinnausgleich
hinausgehende Vermögensauseinandersetzung vereinbart, nämlich die umfassende
Abgeltung sämtlicher Ansprüche durch Zahlung von 290.000,- €.
Gegen den ihm am 13. Juni 2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit
seiner Beschwerde vom 29. Juni 2023, mit der er eine weitergehende Begründung
ankündigt, vorab schon seine Beanstandungen zu der Schätzung seines Vermögens
wiederholt und vertieft.
Nachdem eine weitere Stellungnahme nicht mehr eingegangen ist, hat das Landgericht mit
weiterem Beschluss vom 3. August 2023 entschieden, der Beschwerde nicht abzuhelfen
und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur weiteren Entscheidung vorzulegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß
Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die
Kostenrechnung der Antragsgegnerin vom 12. November 2021 bestätigt.
Beanstandungsfrei hat die Antragsgegnerin in ihrer Kostenrechnung eine 2,0-
Beurkundungsgebühr abgerechnet und diese nach einem Geschäftswert von 1.854.381,- €
ermittelt. Der der Abrechnung zugrunde gelegte Geschäftswert ist aus den bereits vom
Landgericht in dem angefochtenen Beschluss dargestellten Gründen, auf die zur
Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, richtig bemessen.
Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom 29. Juni 2023, das auch nach Eingang der
Akten beim Senat nicht mehr ergänzt worden ist, gibt lediglich Anlass zu folgenden
Anmerkungen:
Anders als der Antragsteller geltend macht, rechtfertigen seine zwischenzeitlich erfolgten
Angaben zu seinem Vermögen keine andere Geschäftswertbestimmung. Das gilt
unabhängig davon, ob seine Angaben ausreichend konkret und richtig sind. Der
Antragsteller verkennt nämlich die rechtlichen Konsequenzen der ihm anzulastenden
Verletzung seiner Mitwirkungspflichten.
Kommen die Beteiligten ihrer Pflicht zur Mitwirkung an der Wertermittlung, § 95 Satz 1
GNotKG, und zur Abgabe vollständiger und wahrheitsgemäßer Erklärungen über
tatsächliche Umstände,
billigem Ermessen zu bestimmen,
zutreffend ausgeführt, hat der Antragsteller seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt – in seiner
Beschwerdeschrift scheint der Antragsteller selbst seine verzögerte Mitwirkung
einzuräumen – und die Antragsgegnerin hat sodann von dem ihr gemäß § 95 Satz 3
GNotKG zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht. Wird sodann die gerichtliche
Überprüfung einer Notarkostenrechnung beantragt, beschränkt sich die gerichtliche
Rechtmäßigkeitsprüfung auf die Frage, ob der Notar von dem ihm eingeräumten
Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat (Senat
Frage hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, die sich der Senat zu eigen
macht, bejaht. Der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin hätte sein Vermögen
ja auch fiktiv mit 10 Mio. € schätzen können, verfängt nicht. Entsprechendes ist schon
nicht geschehen, im Übrigen wäre eine solche Schätzung ermessensfehlerhaft und im
Verfahren nach
Hinsicht keine Anhaltpunkte für die Schätzung eines Reinvermögens des Antragstellers in
dieser Höhe ergeben hätten.
Soweit der Antragsteller ohne weitere Begründung erneut eine doppelte Berücksichtigung
der von ihm in Höhe von 290.000,- € zu leistenden Ausgleichszahlung beanstandet, sei er
auf die zutreffenden und aus Rechtsgründen nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen
im angefochtenen Beschluss zu
Das schließlich vom Antragsteller gezogene Fazit, der Geschäftswert setzte sich aus dem
Vermögen seiner damaligen Ehefrau, seinem eigenen Vermögen und dem Kindesunterhalt
zusammen, ist nicht richtig. Bei der Bestimmung des Geschäftswertes sind vielmehr auch
der beurkundete Unterhaltsverzicht und überdies – wie soeben ausgeführt – auch die
Ausgleichszahlung zu berücksichtigen.
III.
Die Kostenentscheidung hat ihre gesetzliche Grundlage in
Eine Wertfestsetzung von Amts wegen ist entbehrlich, da im hiesigen
Beschwerdeverfahren eine Festgebühr anfällt (GNotKG KV 19110).
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich, §§ 130 Abs. 3
GNotKG, 70 FamFG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:11.09.2023
Aktenzeichen:10 W 70/23
Rechtsgebiete:
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GNotKG §§ 95, 100, 111