Keine Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Begründung von Wohnungserbbaurechten durch Vereinbarung
5. WEG §§ 30 Abs. 1; 3 (Keine Zustimmung des Grundstückseigentümers
zur Begründung von Wohnungserbbaurechten
durch Vereinbarung)
Mehrere Erbbauberechtigte können ihr Erbbaurecht durch
Vereinbarung in Wohnungs- (Teil-) Erbbaurechte umwandeln,
ohne daß dazu nach dem Gesetz die Zustimmung des
Grundstückseigentümers als solchem oder als Erbbauzinsberechtigten
erforderlich Ist.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Augsburg, Beschluß vom 6.4. 1979 — 5 T 408/79 — mitgeteilt
von Notar Dr. Heinz Nawratil, Friedberg
Aus dem Tatbestand:
Mit notarieller Urkunde des Notars Dr. N. teilten die Beteiligten,
die je zur Hälfte Inhaber des Erbbaurechts sind, dieses Erbbaurecht
auf. Die Aufteilung wurde nach § 30 i. Verb. m.
und zwar in der Weise, daß mit dem 1/2 Miterbbaurechtsanteil
der Beteiligten Brigitte H. das Sondereigentum an den mit
der Nr. 2 bezeichneten zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden
sein solle, mit dem 1/2 Miterbbaurechtsanteil des Beteiligten
Hans-Jürgen H. das Sondereigentum an den mit den Nrn. 1
und 3 bezeichneten gewerblichen Räumen.
Auf den Eintragungsantrag des Notars machte das Amtsgericht A.
mit Zwischenverfügung unter anderem als Eintragungshindernis
geltend, daß die Zustimmung der Grundstückseigentümer zur Aufteilung
des Erbbaurechts fehle.
Im Erbbaurechtsvertrag heißt es unter Ziff. 1 7: „Eine Zustimmung
zur Veräußerung oder Belastung des Erbbaurechts mit Hypotheken,
Grundschulden und Reallasten durch den Grundstückseigentümer
ist erforderlich."
Aus den Gründen:
2. Die Beschwerde ist begründet.
Ein Nachweis zur Zustimmung der Grundstückseigentümer
zur Aufteilung des Erbbaurechts ist nicht erforderlich.
a) Nach Ziff. 17 der Erbbaurechtsbestellungsurkunde ist die
Zustimmung der Grundstückseigentümer zur Veräußerung
des Erbbaurechts erforderlich und auch im Grundbuch dinglich
im Sinne der §§ 15, Abs. 1 ErbbRVO gesichert. Die
Umwandlung des Erbbaurechts in Wohnungs-(Teil-) Erbbaurecht
gemäß
Sinne dieser Vertragsbestimmung bzw. § 5 Abs. 1 ErbbRVO.
b) Die Frage, ob die Umwandlung von bestehendem Miterbbaurecht
im Wohnungs- (Teil-) Erbaurecht eine Veräußerung
im Sinne von § 5 Abs. 1 ErbbRVO darstellt, ist — soweit ersichtlich
— höchstrichterlich noch nicht entschieden worden.
Lediglich die Teilung von Erbbaurecht in Wohnungs- (Teil-)
Erbbaurecht nach
Obersten Landesgericht (
BayNot 1978, 150) erörtert worden. Eine derartige Umwandlung
des Erbaurechts in Wohnungs- (Teil-) Erbbaurecht stellt
nach dieser Entscheidung keine Veräußerung im Sinne von
§ 5 Abs. 1 ErbbRVO dar. Das Bayerische Oberste Landesgericht
begründet seine Entscheidung damit, daß unter Veräußerung
die Übertragung des Erbbaurechts von dem bisherigen
Inhaber auf einen anderen zu verstehen ist. Eine
Teilung des Erbbaurechts nach
jedoch keinen Rechtsübergang auf einen anderen Inhaber.
Diese Grundsätze sind auch auf die Teilung nach §§ 30
Abs. 1, 3 WEG anzuwenden. Die von den Beteiligten hier
vorgenommene Umwandlung bewirkt keinen Rechtsübergang
auf einen anderen Inhaber. Vielmehr wird die bisherige
ideelle Aufteilung des Erbbaurechts zu einer gemischt
ideell-realen; zu einer realen insofern, als Sondereigentum
gebildet wird.
Diese hierdurch entstehenden Teilrechte bleiben — wenn
auch getrennt — in der Hand der bisherigen Erbbauberechtigten
vereinigt. Erst dann, wenn ein Dritter als Erbbauberechtigter
hinzu käme oder einer der bisherigen Erbbauberechtigten
durch einen Dritten abgelöst werden würde,
könnte man von einer Veräußerung im Sinne des § 5 Abs. 1
ErbbRVO sprechen. Dem entspricht auch der Sinn und
Zweck des § 5 Abs. 1 ErbbRVO, wonach der Eigentümer
zweckwidrige Veräußerungen und übermäßige Belastungen
des Erbbaurechts verhindern können soll (Palandt-Bassenge,
ErbbRVO §5 Anm. 1). Dieser Zweck des Zustimmungserfordernisses
zur Veräußerung des Erbbaurechts ergibt sich insbesondere
aus §7 Abs.1 ErbbRVO, wonach der Grundstückseigentümer
unter der Voraussetzung zur Zustimmung
zur Veräußerung verpflichtet ist, wenn durch die Veräußerung
der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte
Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird
und wenn die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für
eine ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt
ergebenden Verpflichtungen bietet.
c) Bleiben jedoch — wie im vorliegenden Fall — die bisherigen
Erbbauberechtigten als Vertragspartner dem Grundstückseigentümer
erhalten, so kann von einer Veräußerung
nicht gesprochen werden. Vielmehr wandeln die Erbbauberechtigten
ihr Erbaurecht in ein Wohnungs- bzw. Teilerbbaurecht
lediglich um.
d) Schließlich erfordert die Eigenschaft der Grundstückseigentümer
als Anspruchsberechtigte der das Erbbaurecht
belastenden Erbbauzinsreallast keine Zustimmung nach
ihrem Sinn und Zweck nur auf solche Inhaltsänderungen Anwendung,
die die Rechtsstellung der Grundstückseigentümer
sachlich rechtlich verschlechtert, ihr Recht also im
Sinne des formellen Rechts (
Rechtsposition ist jedoch — wie oben bereits dargelegt —
nicht ersichtlich.
6. §§ 1094, 1098 Abs. 2 (Eintragung mehrerer Vorkaufsrechte
im Gleichrang)
Die Eintragung mehrerer dinglicher Vorkaufsrechte im
Gleichrang untereinander ist in. gleicher Weise zulässig, wie
die Eintragung ranggleicher Aüfl'ässungsvormerkungen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Landshut, Beschluß vom 1.2. 1979 — T 8/79 — mitgeteilt
von Notar Peter W. Böck, Rottenburg a. d. Laaber
Aus dem Tatbestand:
Mit der angefochtenen Zwischenverfügung lehnte das Grundbuchamt
die Eintragung von 5 Vorkaufsrechten im Gleichrang unter
sich ab, wie dies gemäß Ziffer 10 der zum Vollzug vorliegenden
beiden Überlassungsverträge bewilligt und beantragt wurde. Das
Grundbuchamt ist der Auffassung, daß mehrere Vorkaufsrechte
nicht an einem Grundstück im Gleichrang eingetragen werden
können.
Aus den Gründen:
Die Erinnerung ist als einfache Beschwerde zu behandeln;
sie ist zulässig und begründet.
1. Das Grundbuchamt lehnt die Eintragung der Vorkaufsrechte
im Gleichrang ab, weil es deren Ausübung für tatsächlich
nicht möglich hält. Es kann dahinstehen, ob das
Grundbuchamt damit etwas prüft, was es im Hinblick auf das
formelle Konsensprinzip nicht zu prüfen hat. Bedenken an
der materiellen Wirksamkeit. einer Vereinbarung von mehreren
Vorkaufsrechten im Gleichrang unter sich bestehen nämlich
nicht.
2. a) Dingliche Vorkaufsrechte sind als grundstücksbelastende
Rechte rangfähig im Sinne des
BGB, 37. Aufl. 1978 § 1094 Anm. 1). Damit ist grundsätzlich
auch die Möglichkeit einer Gleichrangigkeit gemäß § 879
Abs. 1 S. 2 2. Halbsatz BGB gegeben.
b) Gemäß
einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung
des Rechtes entstehenden Anspruchs auf Übertragung
des Eigentums. Das Vorkaufsrecht ist somit zu behandeln
wie eine Auflassungsvormerkung gemäß
Dies führt nicht im Hinblick auf
grundsätzliche Möglichkeit der Gleichrangigkeit zu verneinen
(so aber Landgericht Darmstadt in MDR 58, Seite 35).
Die Frage, ob mehrere gleichrangig Vorkaufsberechtigte wegen
der Vorschrift des
verwirklichen können, ist vielmehr, gerade weil das Vorkaufsrecht
in seinen Wirkungen der Auflassungsvormerkung
gleichgestellt ist, nach Auffassung der Kammer ebenso zu
lösen wie für letztere. Bei der Auflassungsvormerkung wird
aber davon ausgegangen, daß mehrere im Gleichrang eingetragen
werden können und die daraus Berechtigten in der
Lage sind ihr gesichertes Recht zu verwirklichen, sei es
über die sogenannte Prioritätstheorie oder aber die Ausgleichstheorie
(Palandt § 883 A 7 a, Promberger in Mitteilungen
des Bayer. Notarverein 1974, S. 145 m. w. N.).
c) Folgt man dem, so ergibt sich, daß mehrere im Gleichrang
eingetragene Vorkaufsrechte zur Wirkung kommen
können, welcher der beiden Theorien man auch folgt. Damit
bestehen aber in materieller Hinsicht keine Bedenken
gegen die Eintragung von mehreren Vorkaufsrechten im
Gleichrang.
Anmerkung:
1. Mit obigem Beschluß ist endlich ein Gericht der vom LG
Darmstadt geäußerten Ansicht entgegengetreten, mehrere
Vorkaufsrechte könnten nicht im Gleichrang zueinander im
Grundbuch eingetragen werden. Das Amtsgericht Gemünden,
Zweigstelle Marktheidenfeld, bejahte zwar in seinem
Beschluß vom 22.01.1974 (MittBayNot 1974 Seite 145; mit
Anmerkung von Promberger) die Zulässigkeit von ranggleichen
Vorkaufsrechten, aber ausdrücklich nur für den Fall,
daß diese nach ihrer inhaltlichen Ausgestaltung bei der
Ausübung nicht kollidieren können.
Die Entscheidung des LG Darmstadt wurde bereits von
Holderbaum (
kritisiert, dessen ungeachtet orientieren sich aber die Grundbuchämter
an dieser Entscheidung und lehnten unter Hinweis
auf die Anmerkung bei Horber (Horber, Kommentar zur
GBO, Ziffer 9 zu § 44) die Eintragung ranggleicher Vorkaufsrechte
ab.
Die vom LG Darmstadt vertretene Ansicht wurde in der
Kommentarliteratur nicht ausdrücklich gutgeheißen, sie fand
aber auch nicht den entschiedenen Widerspruch, den sie
•unter Berücksichtigung der dort vertretenen Meinung zur
Zuläßigkeit mehrerer ranggleicher Auflassungsvormerkungen
hätte finden müssen.
Einigkeit darüber besteht, daß ranggleiche Auflassungsvormerkungen
sich nicht neutralisieren, unterschiedliche
Auffassungen bestehen nur darüber, auf welche Weise der
Anspruch realisierbar sein soll: teilweise wird die Prioritätstheorie
vertreten, während andere die Lösung über die Ausgleichstheorie
suchen (vgl. Zusammenstellung bei Promberger
a. a. O. Seite 146).
Hält man aber ranggleiche Auflassungsvormerkungen für
zulässig und materiell-rechtlich wirksam, dann muß dies
über die Vorschrift des
ranggleiche Vorkaufsrechte gelten. Das LG Landshut hat nun
diese Konsequenz gezogen, diese Entscheidung war schon
lange fällig.
2. Das Gericht ist zu dem Schluß gekommen, daß mehrere
ranggleiche Vorkaufsrechte wegen ihrer materiellen-rechtlichen
Wirksamkeit auf alle Fälle eintragbar sind; es ist deshalb
nicht mehr darauf eingegangen, ob bei der Entscheidung
über den Eintragungsantrag überhaupt auf mögliche
Schwierigkeiten bei der Ausübung der Rechte abgestellt
werden darf. Diese Frage dürfte zu verneinen sein: Im Eintragungsverfahren
ist das Grundbuch beschränkt auf die
Prüfung der formellen Eintragungsvoraussetzungen, insbesondere
darauf, ob einzutragende Rechte formgerecht bestellt
sind und ob der Grundsatz der Geschlossenheit der
dinglichen Rechte gewahrt ist. ,Die Beurteilung der materiellen
Wirkungen, die sich an die vollendete Grundbucheintragung
anschließen, gehört in aller Regel nicht zu den Aufgaben
des Grundbuchamtes' (KEHE Grundbuchrecht Einl.
Ziffer 98). Falls sich bei der späteren Ausübung von eingetragenen
Rechten Zweifelsfragen oder Schwierigkeiten ergeben,
handelt es sich um ein Problem des materiellen
Rechts, das gegebenenfalls vom Prozeßgericht zu entscheiden
ist, nicht aber bereits im Eintragungsverfahren zu berücksichtigen
ist.
In dem vom LG Landshut entschiedenen Fall waren die
Vorkaufsrechte formgerecht bestellt, sie sind — wie das Gericht
ausführt — rangfähig im Sinne des
aus diesem Grund hätte das GBA die beantragten ranggleichen
Vorkaufsrechte eintragen müssen. Die Erwägungen
über die materielle Rechtslage bei der Ausübung durch
mehrere Vorkaufsberechtigte waren nicht mehr angebracht.
Notar Peter W. Böck, Rottenburg a. d. Laaber
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Augsburg
Erscheinungsdatum:01.02.1979
Aktenzeichen:T 8/79
Rechtsgebiete:Erbbaurecht
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