Keine Vererblichkeit von Verlustvorträgen
13. Steuerrecht – Keine Vererblichkeit von Verlustvorträgen
(BFH, Beschluss vom 17. 12. 2007 – GrS 2/04 – mit
Anm. von Notarassessor Dr. Maximilian Frhr. von
Proff zu Irnich, Düsseldorf)
1. Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach
machen. Jedoch ist die bisherige gegenteilige Rechtsprechung des BFH aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin in allen Erbfällen anzuwenden, die
bis zum Ablauf des Tages der Veröffentlichung dieses
Beschlusses eingetreten sind.
2. Da der Große Senat des BFH die vorgelegte erste
Rechtsfrage im Grundsatz verneint hat, erübrigt sich
eine Stellungnahme zu der vom vorlegenden Senat nur
hilfsweise gestellten zweiten Rechtsfrage.
[Hinweis der Schriftleitung: Der Beschluss ist mit Entscheidungsgründen abgedruckt in BStBl II 2008, 608 =
Anmerkung:
1. Beschlüsse des Großen Senats des BFH sind selten
und daher fast immer Jahrhundertentscheidungen. Mit
ihnen ist von Seiten der Fachgerichtsbarkeit das letzte
Wort gesprochen. Geben sie zudem, wie mit dem zu besprechenden Beschluss vom 17. 12. 2007, eine fast fünfzigjährige einhellige Rechtsprechungs- und Verwaltungspraxis auf, so verdienen sie besondere Aufmerksamkeit.
2. Die dem Großen Senat vom XI. BFH-Senat vorgelegte Rechtsfrage betraf den Abzug von Verlusten bei
der Einkommensteuer durch Rücktrag oder Vortrag in
andere Veranlagungszeiträume (sog. intertemporaler
Verlustabzug). Kann ein Steuerpflichtiger negative Einkünfte (Verluste) aus einer Einkunftsart in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, nicht mit positiven Einkünften aus einer anderen Einkunftsart ausgleichen, so erlaubt
1 Mio. E übersteigenden Betrags des positiven Gesamtbetrags der Einkünfte des jeweiligen künftigen Veranlagungszeitraums (die Eurobeträge verdoppeln sich für
zusammen veranlagte Ehegatten).
3. Der zu Grunde liegende Vorlagebeschluss des XI.
BFH-Senats vom 28. 7. 2004 (XI R 54/99, BStBl II 2005,
262) hatte die Einkommensteuerveranlagung eines
Landwirts in Schleswig-Holstein und damit im Geltungsbereich der Höfeordnung in den Jahren 1983 bis 1986
zum Gegenstand. Der Steuerpflichtige war alleiniger
Hoferbe seines 1983 verstorbenen Vaters und zu 1/10
Miterbe des hoffreien Vermögens. Der Erblasser hatte
von 1980 bis zu seinem Tode negative Einkünfte aus dem
landwirtschaftlichen Betrieb erzielt. Weil er sie in diesen
Jahren weder mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen im jeweiligen Veranlagungszeitraum (bei
Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, § 2 Abs. 3
EStG) ausgleichen noch im Wege des Verlustrück- oder
-vortrages nach
positiven Gesamtbetrag der Einkünfte vorangegangener
bzw. nachfolgender Veranlagungszeiträume hatte verrechnen können, wollte sein Sohn, der alleinige Hoferbe,
die von seinem Vater erlittenen Verluste mit eigenen
Gewinnen der Jahre 1983 bis 1985 ausgleichen. Dieses
Vorgehen entsprach der in der Literatur vielfach kritisierten ständigen Rechtsprechung des BFH seit 1961 und
der Finanzverwaltung (zuletzt H 10 d EStH 2006; inzident auch Abschn. R 10 d Abs. 3 S. 4 EStR 2005, wonach der Erbe für die negativen Einkünfte des Erblassers
das Wahlrecht zwischen Rücktrag und Vortrag hat). Danach tritt der Erbe umfassend in die Rechtsstellung des
Erblassers und damit auch in dessen Verlustvorträge ein.
Voraussetzung hierfür war nach der Rechtsprechung,
dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet; die Rechtsprechung formulierte diese
Einschränkung missverständlich mit der Formel, „dass
der Verlust auch wirklich von ihnen [sc.: den Erben] getragen wird“ – was bei genauem Hinsehen niemals der
Fall sein konnte, weil der Erbe nur für Schulden haftet,
nicht dagegen in der Person des Erblassers entstandene
Verluste (negative Einkünfte als Ergebnis höherer Ausgaben als Einnahmen bzw. als negatives Betriebsergebnis) tragen kann (BFH BStBl III 1961, 230; HFR
1963, 8; BStBl III 1962, 386; BStBl II 1972, 621; BStBl II
1973, 679; BStBl II 1980, 188; BStBl II 2002, 487, BStBl II
2004, 414; a. A. noch RFH StuW 1935, T. II, Sp. 47; RStBl.
1936, 789; RStBl. 1936, 790; RStBl. 1941, 658). Nicht dagegen erforderlich war nach der Rechtsprechung, dass
der Erbe die verlustverursachende Einkunftsquelle oder
überhaupt eine Einkunftsquelle des Erblassers fortführte
(BFH BStBl II 2002, 487, 490). Streitig war mit dem Finanzamt nur, ob der Hoferbe die väterlichen Verluste nur
in Höhe seiner Erbquote am hoffreien Vermögen oder
aber – als alleiniger Hoferbe – in voller Höhe geltend
machen konnte. Überraschenderweise verweigerte das
nach erfolglosem Einspruch angerufene FG SchleswigHolstein der vorstehend skizzierten Rechtsprechung des
BFH die Gefolgschaft und sah die Verlustvorträge mit
dem Tod des Vaters als vollständig untergegangen an
(
XI. BFH-Senat dieser Auffassung anschließen, sah sich
aber durch entgegenstehende Rechtsprechung anderer
Senate an einer eigenen Entscheidung gehindert und rief
den Großen Senat des BFH an.
4. Der Große Senat teilt die Auffassung des XI. Senats.
Zunächst ist
entnehmen, ob die vom Erblasser zu Lebzeiten nicht im
Wege des Verlustrücktrages oder Verlustvortrages abgezogenen negativen Einkünfte auf die Erben als Abzugspotenzial übergehen.
a) Der Große Senat greift zunächst auf die Steuerdogmatik zurück, wonach die Einkommensteuer an die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person anknüpft. Die persönliche Steuerpflicht des
Erblassers endet mit dessen Tod. Seine Leistungsfähigkeit ende daher ebenfalls mit dem Tod und werde
nicht auf die Erben übertragen. Derartige steuertheoretische Erwägungen vermögen jedoch noch nicht zu erklären, warum der auch im Steuerrecht herrschende
Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (
Rechtsprechung RNotZ 2008, Heft 11 563
RNotZ 2008, Heft 11
BGB) nicht auch für Verluste des Erblassers gelten soll.
Noch nicht vom Erben abgezogene Verluste entsprechen
mit umgekehrten Vorzeichen noch nicht versteuerten
Gewinnen des Erblassers. Diese sind unzweifelhaft vom
Erben nachzuversteuern (krit. auch Röder, ZEV 2008,
205 f.). Dass der Große Senat das Leistungsfähigkeitsprinzip bemüht, überzeugt nicht. Das BVerfG hat zwar
wiederholt Vorschriften des Einkommensteuerrechts für
verfassungswidrig erklärt, weil sie gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz (wesentlich Gleiches ist gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, vgl. Art. 3
Abs. 1 GG) verstießen (vgl. nur
doppelte Haushaltsführung;
die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach geltendem
Einkommensteuerrecht zum einen nach den Einkünften,
die in Form von Betriebsvermögensveränderungen und
(Betriebs-) Einnahmen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begründen oder erhöhen und sie in Form von
Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben oder
Werbungskosten mindern (objektives Nettoprinzip).
Andererseits wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
durch solche Aufwendungen gemindert, die zur Deckung
des existenznotwendigen Bedarfs und der Erfüllung von
Unterhaltspflichten erforderlich sind (subjektives Nettoprinzip) (Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht (1993), S. 415 m. w. N.;
wird deutlich, dass das Prinzip der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit lediglich eine verfassungsrechtliche Grenze markiert, nicht jedoch eine Auslegungsmaxime. Für die Vorlagefrage, die die Verfassungskonformität nicht thematisierte, spielt das Leistungsfähigkeitsprinzip mithin keine Rolle.
b) Des weiteren führt der Große Senat den Grundsatz
an, dass der Steuerpflichtige von einem Dritten geleisteten Aufwand nicht steuermindernd geltend machen
kann, sondern nur von ihm selbst erbrachten Aufwand
(Kostentragungsprinzip). Eine Begründung für die
These, dass das Kostentragungsprinzip dem Grundsatz
der Gesamtrechtsnachfolge (
vorgehen soll, findet sich nicht. Dabei ist der Begründungsaufwand unabweisbar: das Einkommensteuerrecht
sieht in Fällen unentgeltlicher (Schenkung oder Erbfall)
Übertragung von Betrieben oder Mietobjekten vor, dass
der Rechtsnachfolger die vom Veräußerer begründete
Afa-Reihe fortführt (
Ihm kommt mithin der vom Veräußerer getragene Aufwand in gleicher Weise zu Gute, als hätte er ihn selbst
getragen.
c) Der Große Senat führt als weiteres Argument die
systematische Stellung der Vorschrift des
über den Verlustabzug ins Feld. Verluste i. S. des § 10 d
EStG sind weder einer bestimmten Einkunftsquelle
– z. B. einem Mietshaus oder einem Betrieb – noch einer
bestimmten der in
Kapitalvermögen – zugeordnet, sondern sie sind das (negative) Ergebnis, das unter dem Strich steht, wenn alle
Einkünfte des Steuerpflichtigen aus allen Einkunftsarten
aus dem Veranlagungszeitraum zusammen gezählt werden. Hierin liege der entscheidende Unterschied zu den
Tatbeständen (
Rechtsprechung
unentgeltliche Übertragung bestimmter Einkunftsquellen eine Fortführung der stillen Reserven knüpfen.
d) Auch wenn der Große Senat dies so nicht offenlegt,
dürfte Hauptmotiv für seine Entscheidung sein, dass die
bislang ständige und nun aufgegebene Rechtsprechung
(vgl. BFH BStBl III 1962, 386; BStBl II 1991, 899;
L. Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl. 2007, § 10 d,
Rn. 13) einen überzeugenden Nachweis dafür schuldig
geblieben war, warum nicht abgezogene Verluste zwar
vererblich sind, jedoch – anders als zum Nachlass gehörende schuldrechtliche Ansprüche – zwingend der Erbengemeinschaft zufallen sollten und keiner von der
Erbquote abweichenden vermächtnisweisen Zuordnung
zu einer bestimmten Person oder gar einer Übertragung
durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugänglich sein
sollten (BFH BStBl II 2005, 262, 266). Nach der alten
Rechtsprechung befand sich der nicht abgezogene Verlust in einer eigenartigen Zwitterstellung zwischen einer
höchstpersönlichen und untrennbar mit der Person des
Steuerpflichtigen geknüpften Position und einem bewertbaren Wirtschaftsgut, für die sich keine einkommensteuersystematische Erklärung finden ließ.
5. Aus Gründen des Vertrauensschutzes und der
Rechtssicherheit schließt der Große Senat eine rückwirkende Geltung seiner Rechtsprechungsänderung aus.
Für Erbfälle bis zum Ablauf des 12. 3. 2008 als Verkündungstag des Beschlusses gilt die alte Rechtsprechung
fort. Vertrauensschutz für spätere Erbfälle ist Aufgabe
der Finanzverwaltung. Mit BMF-Schreiben v. 24. 7. 2008
(IV C 4 – S 2225/07/0006, BStBl I 2008, 809), abrufbar
unter www.bundesfinanzminsterium.de) hat das BMF
angeordnet, die bisherige Rechtsprechung bis zum Ablauf des Tages der Veröffentlichung des Beschlusses des
Großen Senats im Bundessteuerblatt am 18. 8. 2008
(BStBl II 2008, 608) weiter anzuwenden. Zu einer darüber hinaus gehenden Fortgeltung der alten Rechtsprechung aus Billigkeitsgründen hat sich die Finanzverwaltung nicht geäußert, so dass die Durchsetzung nur im
Einzelfall aus Billigkeitsgründen im Wege der abweichenden Steuerfestsetzung (
m. E. der Fall sein, dass der Erblasser im Vertrauen auf
die alte Rechtsprechung bindend gemeinschaftlich mit
seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau testiert und im
Hinblick auf
Lebzeiten zu übertragen.
6. Auf der Grundlage der alten, nunmehr vom Großen
Senat aufgegebenen Rechtsprechung des BFH war das
Bestehen von Verlustvorträgen, die bei der Bewirtschaftung eines zur Erzielung von Einkünften verwendeten
Vermögensgegenstandes (z. B. land- und forstwirtschaftlicher oder gewerblicher Betrieb, Mietshaus) entstanden
waren, kein Argument für eine lebzeitige Übertragung
der Verlustquelle und gegen eine Übertragung „mit kalter Hand“. Selbst wenn abzusehen war, dass der Erblasser
die Verlustvorträge bei Lebzeiten nicht mehr vollständig
„aufbrauchen“ würde, blieb seinen Erben die Möglichkeit dazu. Die Existenz von Verlustvorträgen war somit
für die Entscheidung zwischen Übertragung mit „kalter“
oder „warmer Hand“ neutral. Die vom Erblasser nicht zu
Lebzeiten „verbrauchten“ Verlustvorträge gingen nach
RNotZ 2008, Heft 11
alter Auffassung kraft zwingenden öffentlichen Rechts
auf den oder die Erben über, und zwar auf mehrere Erben
nicht in Erbengemeinschaft, sondern unmittelbar außerhalb der gesamthänderischen Bindung auf die Erben
entsprechend ihren Erbquoten. Anders als sonstige Forderungen war der Verlustvortrag einer Übertragung
durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nicht zugänglich.
Daher war es ausgeschlossen, ihn im Zuge der Erbauseinandersetzung einer bestimmten Person zuzuordnen.
Diese Rechtsfolge war einer rechtsgestaltenden Beeinflussung unzugänglich. Insbesondere konnte der Erblasser die Verlustvorträge nicht vermächtnisweise einer bestimmten Person zuwenden und damit von dem übrigen
Nachlass oder der Verlustquelle trennen (vgl. BFH
BStBl III 1962, 386; BStBl II 1991, 899; L. Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl. 2007, § 10 d, Rn. 13; Dötsch, DStR
2008, 641, 643 f.). Wollte der Erblasser einer bestimmten
Person (etwa einem Kind mit hohen stabilen positiven
Einkünften) die Verlustvorträge zuwenden, sein Vermögen jedoch im Übrigen abweichend zuwenden, so bot
sich an, den in Aussicht genommenen Erwerber der
Verlustvorträge zum Erben einzusetzen und ihn mit Vermächtnissen zu Gunsten der übrigen Bedachten zu
belasten. Die beiden vorbeschriebenen Umstände – Entscheidungsneutralität im Hinblick auf den Übertragungszeitpunkt und Gestaltungsresistenz des Verlustvortrages – waren dafür verantwortlich, dass einkommensteuerliche Verlustvorträge in der notariellen Praxis so
gut wie keine Rolle spielten. Dies dürfte sich nun ändern.
Insbesondere Steuerpflichtige im vorgerückten Alter, die
erhebliche Verlustvorträge angehäuft haben, sollten sich
unter Zuhilfenahme steuerlichen Sachverstands Gedanken über Vermögensdispositionen machen, mit denen sie
die Verlustvorträge verwerten können. Gehobene Mittelständler in schwankungsintensiven Branchen laufen
Gefahr, dass erhebliche bislang nicht abgezogene Verluste untergehen. Im Zusammenspiel mit der so genannten Mindestbesteuerung (
Verluste aus der Vergangenheit zu mindestens 40 % des
1 Mio. E (bei zusammen veranlagten Ehegatten nach
der Einkommensteuer unterliegen, kann dies im Einzelfall zur Existenzvernichtung führen. Es ist bedauerlich,
dass der Große Senat über einen Sachverhalt aus der Zeit
vor der Einführung der Mindestbesteuerung zu entscheiden hatte, in der die vorbeschriebenen Risiken noch
überschaubarer waren. Die neue Rechtsprechung kann
bei Bestehen hoher Verlustvorträge dazu motivieren,
stille Reserven zu Lebzeiten des Steuerpflichtigen zu
realisieren. Eine entgeltliche Veräußerung der Verlustquelle kann attraktiv werden (vgl. Ihle,
35 f.). Generell kann es in derartigen Fällen steuerstrategisches Ziel sein, verlustbringende Vermögensgegenstände auf junge Familienmitgliedern mit langer
Lebenserwartung zu konzentrieren und gewinnbringende bei dem Steuerpflichtigen, der sie zur Aufsaugung der Verlustvorträge benötigt. Auch kann es sich
empfehlen, in möglichst großem Umfang von der Möglichkeit des Verlustrücktrages Gebrauch zu machen und
nicht das Antragsrecht nach
(Absehen vom Verlustrücktrag) auszuüben. Allgemeingültige Gestaltungsvorschläge können nicht gegeben
werden (zu Gestaltungshinweisen ausführlich vgl. Wälzholz,
Besprechungsbeschluss hat der BFH einen Beitrag dazu
geleistet, das Einkommensteuerrecht noch komplizierter,
differenzierter und beratungsintensiver zu machen.
Notarassessor Dr. Maximilian Frhr. v. Proff, Düsseldorf
Buchbesprechungen
Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Verlag C. H.
Beck, München, 660 Seiten, 78,– E
Der Titel des hier besprochenen Werkes von Notar a. D.
Prof. Dr. Schotten und Notarin Schmellenkamp vermittelt
zunächst den Eindruck, die Autoren würden sich nur auf
Fragen und Themen beschränken, die in der notariellen
Praxis zu verorten sind. Bei der Lektüre des Werks wird
jedoch bald klar, dass der Umfang und die Qualität der
Bearbeitung – insbesondere im besonders praxisrelevanten Bereich des Familien- und Erbrechts – viele
Werke, die sich ausweislich des Titels nicht auf die notarielle Praxis beschränken, verblassen lassen. Dieser Feststellung korrespondiert auch der um über ein Drittel gewachsene Umfang des Werkes, wobei klargestellt werden
muss, dass die Steigerung des Umfangs nicht zu Lasten
der Handhabbarkeit des Werkes geht.
Schon der „allgemeine Teil des IPR“, die Kapitel § 1
(Aufgabe und Quellen des IPR), § 2 (Funktionsweise des
IPR), § 3 (Allgemeine Grundbegriffe des IPR sowie die
Rechts- und Geschäftsfähigkeit im IPR) und § 4 (Stellvertretung im IPR) erreichen einen fast durchgängigen
Tiefgang und eine Vollständigkeit, die weit über das Niveau der meisten für die universitäre Praxis geschaffenen
Werke hinausgehen. Exemplarisch ist hier die Bearbeitung in § 4 zur Rechts- und Geschäftsfähigkeit im IPR
(S. 67 ff.) einschließlich des Schutzes des guten Glaubens
nach
der notariellen Praxis relevanten Konstellationen. Abgerundet wird dies durch eine überaus hilfreiche Übersicht über die Volljährigkeit in den einzelnen Ländern im
Anhang I.
In alle Kapitel gleichermaßen wurde jeweils ein Abschnitt zu vorrangigem europäischem Gemeinschaftsrecht aufgenommen, was in der Vorauflage noch nicht in
diesem Maße notwendig war. Das Gemeinschaftsrecht
hat sich in den letzten Jahren zu einem nicht zu unterschätzenden Feld von Rechtssetzung im Bereich des
Internationalen Privatrechts entwickelt. Die Regelungssystematik wird anschaulich in § 1 II. (Quellen des
IPR) dargestellt. Dieses allgemeine Kapitel beschränkt
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:16.12.2007
Aktenzeichen:GrS 2/04
Rechtsgebiete:Einkommens- und Körperschaftssteuer
Erschienen in:
RNotZ 2008, 563-565
ZEV 2008, 199-205
Zerb 2008, 129-139
EStG § 10 d