Keine Anfechtung der Unzuständigkeitserklärung des Gerichts
letzte Aktualisierung: 20.1.2021
OLG Köln, Beschl. v. 27.3.2020 – 2 Wx 73/20
EuErbVO Art. 4, 10, 13; BGB § 1945; FamFG § 58
Keine Anfechtung der Unzuständigkeitserklärung des Gerichts
Die Mitteilung eines Amtsgerichts, es sei für die Entgegennahme einer Erbausschlagungserklärung
international unzuständig, beeinträchtigt den Erklärenden nicht in seinen Rechten und kann daher
nicht mit einer Beschwerde gem.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Am xx.xx.2019 ist Frau A B (im Folgenden: Erblasserin) mit letztem gewöhnlichem
Aufenthalt in England verstorben. Die Erblasserin war deutsche Staatsangehörige. Sie war
verwitwet und hat neben den Beteiligten 1) und 3) drei weitere Kinder hinterlassen.
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 22.02.2019 hat der Beteiligte zu 1) für sich und
gemeinsam mit Frau C B für ihr gemeinsames minderjähriges Kind D B die Erbschaft nach
der Erblasserin aus jedem Berufungsgrund ausgeschlagen (Bl. 1 ff. d.A.). Die Erklärung
hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) an das Amtsgericht Heinsberg mit
der Begründung übersandt, dass die Erblasserin vor ihrer Auswanderung ins Vereinigte
Königreich in Deutschland zuletzt in E gelebt habe. Mit Schreiben vom 17.04.2019 hat das
Nachlassgericht darauf hingewiesen, dass eine Zuständigkeit für die Entgegennahme der
Ausschlagungserklärung nur vorliegen würde, wenn sich Nachlassgegenstände im Inland
befinden würden (Bl. 10 d.A.). Mit Schreiben vom 27.05.2019 hat das Nachlassgericht die
Urschrift der Ausschlagungserklärung vom 22.02.2019 an den Verfahrensbevollmächtigten
des Beteiligten zu 1) zurückgesandt, da nicht mitgeteilt worden sei, ob sich
Nachlassgegenstände im Amtsgerichtsbezirk befinden würden (Bl. 11 d.A.).
Am 17.06.2019 hat der Beteiligte zu 2) zur Niederschrift des Amtsgerichts Krefeld die
Ausschlagung der Erbschaft nach der Erblasserin erklärt (Bl. 15 ff. d.A.), nachdem sein
Vater, der Beteiligte zu 3) am 01.03.2019 die Erbschaft nach der Erblasserin zur
Niederschrift des Amtsgerichts Hagen ausgeschlagen hatte (Bl. 36 ff. d.A.). Das
Amtsgericht Krefeld hat die Urschrift der Ausschlagungserklärung des Beteiligten zu 2)
vom 17.06.2019 an das Amtsgericht Schöneberg übersandt. Das Amtsgericht Schöneberg
hat sich durch Beschluss vom 26.08.2019 gem. § 343 Abs. 2 FamFG für örtlich
unzuständig erklärt, weil sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Erblasserin in
Deutschland in E befunden habe (Bl. 23 d.A.). Daraufhin hat das Amtsgericht Krefeld am
11.09.2019 die Urschrift der Ausschlagungserklärung vom 17.06.2019
„zuständigkeitshalber“ dem Amtsgericht Heinsberg übersandt (Bl. 26 d.A.). Mit Schreiben
vom 15.10.2019 hat das Amtsgericht Heinsberg dem Beteiligten zu 2) die Urschrift der
Ausschlagungserklärung vom 17.06.2019 zurückgesandt und ihm sowie dem Amtsgericht
Krefeld mitgeteilt, dass nicht das Amtsgericht Heinsberg, sondern das Nachlassgericht in
Großbritannien zuständig sei, weil sich im Amtsgerichtsbezirk Heinsberg kein
Nachlassvermögen befinde (Bl. 28 f. d.A.). Durch Beschluss vom 02.12.2019 hat das
Amtsgericht Krefeld das Verfahren gem.
Heinsberg verwiesen, weil die Erblasserin im dortigen Amtsgerichtsbezirk ihren letzten
gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe (Bl. 47 d.A.).
Durch am 06.01.2020 erlassenen Beschluss hat sich das Nachlassgericht Heinsberg „für
unzuständig erklärt“ und zur Begründung ausgeführt, dass eine Zuständigkeit gem. Art. 10
EuErbVO nicht gegeben sei, weil sich im Amtsgerichtsbezirk Heinsberg kein
Nachlassvermögen befinde (Bl. 50 ff. d.A.).
Gegen diese dem Beteiligten zu 1) am 08.01.2020 zugestellten Beschluss hat dieser mit
am 07.02.2020 beim Amtsgericht Heinsberg eingegangenen Schriftsatz vom 06.02.2020
Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts
Heinsberg aus
Durch am 10.03.2020 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht der Beschwerde
nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt
(Bl. 64 f. d.A.).
II.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu
verwerfen.
Die Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG findet nur statt gegen Endentscheidungen der
Amts- und Landgerichte in Angelegenheiten nach dem FamFG. Eine Endentscheidung in
diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn sie das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren ganz
oder teilweise erledigt. Es muss sich um eine Entscheidung mit Außenwirkung handeln,
die ein auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitetes Verfahren insgesamt erledigt oder
seine Anhängigkeit hinsichtlich eines einer selbständigen Erledigung zugänglichen Teils
des Verfahrensgegenstands beendet (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 58 Rn.
16). Nicht anfechtbar sind dagegen bloße Äußerungen wie etwa die schriftliche
Beantwortung einer Anfrage durch das Gericht ohne Umsetzung der geäußerten Ansicht in
eine Entscheidung in einem anhängigen Verfahren oder die bloße Übermittlung einer
Rechtsauffassung (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 58 Rn. 42 m.w.N.). So
liegt der Fall hier. Das Nachlassgericht hat sich lediglich für unzuständig erklärt. Es hat an
diese Äußerung keine Rechtsfolge geknüpft. Es hat die Sache weder an ein anderes
Gericht verwiesen noch einen Antrag zurückgewiesen noch ein Verfahren in sonstiger
Weise beendet. Vielmehr war das Verfahren bereits durch die Entgegennahme der
Ausschlagungserklärungen, spätestens aber durch die Zurücksendung der Urschriften an
die Erklärenden beendet worden. Die „Unzuständigkeitserklärung“ des Nachlassgerichts
kann daher nur als nachträgliche Rechtfertigung der vorhergehenden Verfahrensweise
verstanden werden und ist als bloße Kundgabe einer Rechtsauffassung nicht anfechtbar.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der angefochtene Beschluss – fehlerhaft - mit einer
Rechtsmittelbelehrung versehen worden ist (vgl. hierzu: Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20.
Aufl. 2020, § 39 Rn. 15 m.w.N.).
Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu
1). Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den
Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine materielle Beschwer in diesem Sinne
liegt nur vor, wenn der angefochtene Beschluss den Beschwerdeführer in einem
subjektiven Recht unmittelbar beeinträchtigt, also negative Auswirkungen auf seine
materielle Rechtsstellung hat (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 59 Rn. 9
m.w.N.). Eine solche unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung hat der angefochtene
Beschluss indes nicht zur Folge. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung des Beteiligten
zu 1) könnte allenfalls dadurch eingetreten sein, dass das Nachlassgericht die Urschrift
der Ausschlagungserklärung am 27.05.2019 mit dem Hinweis, es sei nicht zuständig,
wieder zurückgesandt hat (vgl. hierzu: OLG Hamm
BGB/Leipold, 8. Aufl. 2020, § § 1945 Rn. 44). Dieser Vorgang ist indes nicht angegriffen
worden. Dass sich das Nachlassgericht Monate später in dem angefochtenen Beschluss
vom 06.01.2020 für unzuständig erklärt, beeinträchtigt den Beteiligten zu 1) dagegen nicht
unmittelbar in seinen Rechten. Zudem wird die Frage, ob die Ausschlagung durch
Einreichung der Ausschlagungserklärung beim Amtsgericht Heinsberg wirksam erfolgt ist,
von dem Gericht zu prüfen sein, das letztlich in der Nachlasssache entscheidet.
Auch wenn es nicht darauf ankommt, weist der Senat zur Klarstellung auf Folgendes hin:
Die internationale Zuständigkeit für die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung,
die bei Fällen mit Auslandsberührung – wie hier - von Amts wegen vorweg zu prüfen ist,
kann sich aus Art. 4, 10 oder 13 EuErbVO ergeben. Art. 4 EuErbVO scheidet offenbar aus,
weil die Erblasserin ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der
EuErbVO, sondern im Vereinigten Königreich, Teilrechtsordnung England, hatte. Ob Art.
10 EuErbVO eingreift, hängt davon ab, ob sich Nachlassgegenstände im Inland (nicht im
Amtsgerichtsbezirk!) befinden, was derzeit nicht ersichtlich ist. Also bleibt allein Art. 13
EuErbVO. Insoweit ist indes umstritten und derzeit höchstrichterlich ungeklärt, ob die
Vorschrift auch dann anwendbar ist, wenn eine Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates der
EuErbVO gem. Art. 4 oder Art. 10 EuErbVO – wie hier - nicht ersichtlich ist (einerseits
MüKo-BGB/Dutta, 7. Aufl. 2018,
EuErbVO Rn. 2; andererseits: Eichel in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger,
jurisPK, 9. Aufl. 2020,
Im Übrigen kann sich die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall nur aus § 31
IntErbRVG ergeben (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 344 Rn. 43a). §§
343, 344 Abs. 7 FamFG sind nicht anwendbar.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 70 Abs. 2
FamFG nicht vorliegen.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,00 € (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Köln
Erscheinungsdatum:27.03.2020
Aktenzeichen:2 Wx 73/20
Rechtsgebiete:
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Kostenrecht
Ausländisches Recht (nach Ländern)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BWNotZ 2020, 109-111
FGPrax 2020, 137-138
EuErbVO Artt. 4, 10, 13; BGB § 1945; FamFG § 58