Kammergericht 05. Oktober 2022
22 W 54/22
GmbHG § 39; FamFG §§ 26, 382

Anmeldung eines Geschäftsführerwechsels; Prüfung durch das Registergericht

letzte Aktualisierung: 9.2.2023
KG, Beschl. v. 5.10.2022 – 22 W 54/22

GmbHG § 39; FamFG §§ 26, 382
Anmeldung eines Geschäftsführerwechsels; Prüfung durch das Registergericht

1. Im Rahmen der Anmeldung eines Geschäftsführerwechsels nach § 39 Abs. 1 GmbHG prüft das
Registergericht die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung, ob diese also formgerecht erfolgt ist und
die begehrte Eintragung eintragungsfähig ist und ob erforderliche Urkunden beigefügt sind. Dabei
muss sich aus den nach § 39 Abs. 2 GmbHG das Ausscheiden eines Geschäftsführers und die
Neubestellung eines anderen Geschäftsführers schlüssig ergeben.
2. Eine darüber hinausgehende Pflicht zur Amtsermittlung nach §§ 26, 382 FamFG besteht nur
dann, wenn entweder die formalen Mindestanforderungen für eine Eintragung nicht erfüllt sind oder
wenn begründete Zweifel an der Wirksamkeit der zur Eintragung angemeldeten Erklärungen oder
an der Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen bestehen.

Gründe

I.
Die Beteiligte ist seit dem Jahr 2017 im Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg
eingetragen. Als Geschäftsführer mit Einzelvertretungsbefugnis ist Herr D Sch (nachfolgend
auch nur: „G1“) eingetragen. Ausweislich der letzten in den Registerordner aufgenommenen
Liste der Gesellschafter hat die Gesellschaft 21 Gesellschafter. In § 7 des
Gesellschaftsvertrages (nachfolgend auch nur: „GV“) finden sich hinsichtlich der
Gesellschafterversammlungen u. a. folgende Regelungen:
7.1

Die Gesellschafterversammlung wählt einen Vorsitzenden mit der einfachen Mehrheit aller
Stimmen der von allen Gesellschaftern gehaltenen Geschäftsanteile. Der Vorsitzende leitet die
Versammlung und kann eine von der Ankündigung der Tagesordnung abweichende Reihenfolge
der Verhandlungsgegenstände sowie die Art und Form der Abstimmung bestimmen.

7.2 Jede Gesellschafterversammlung ist durch die Geschäftsführung durch eingeschriebenen
Brief (mit Rückschein), Telefax oder per E-Mail an jeden Gesellschafter unter der der
Gesellschaft zuletzt schriftlich bekannt gegebenen Anschrift, Telefaxnummer und/oder E-Mail-
Adresse mit einer Frist von mindestens zwei (2) Wochen für ordentliche
Gesellschafterversammlungen und mit einer Frist von mindestens einer (1) Woche für
außerordentliche
Gesellschafterversammlungen einzuberufen. (…)

7.3
Mit Zustimmung aller Gesellschafter kann die Versammlung rechtswirksame Beschlüsse auch
ohne Einhaltung der vorstehenden Formen und Fristen fassen, wenn sämtliche Gesellschafter
anwesend oder vertreten sind und auf die Einhaltung der gesellschaftsvertraglichen Form- und
Fristbestimmungen verzichten. In gleicher Weise können Beschlüsse auch schriftlich,
telefonisch, per Telefax oder E-Mail gefasst werden, wenn sich alle Gesellschafter an der
Beschlussfassung beteiligen und kein Gesellschafter der Art der Beschlussfassung widerspricht.

7.4
Formlos gefasste Beschlüsse sind den Gesellschaftern von der Geschäftsführung schriftlich zu
bestätigen; Ziffer 7.12 gilt sinngemäß.

(…)
7.12 Soweit über Gesellschafterbeschlüsse keine notarielle Niederschrift aufgenommen wird, ist
über jeden gefassten Beschluss (unabhängig davon, ob innerhalb oder außerhalb einer
Gesellschafterversammlung gefasst) unverzüglich eine Niederschrift anzufertigen (zu
Beweiszwecken, nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung), welche den Tag und die Form der
Beschlussfassung, den Inhalt des Beschlusses, die Stimmabgaben, die Tagesordnung und
Anträge zu enthalten hat. Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden der
Gesellschafterversammlung zu unterzeichnen. Jedem Gesellschafter ist unverzüglich nach der
Gesellschafterversammlung eine Abschrift der Niederschrift durch E-Mail oder per Brief
zuzuleiten.

Mit notariell beglaubigter Anmeldung vom 5. Juli 2022 hat Herr Dr. D S (nachfolgend auch nur:
„G2“) die Abberufung von G1 als Geschäftsführer und seine Berufung als
einzelvertretungsbefugter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter
Geschäftsführer zur Eintragung angemeldet. Der Anmeldung beigefügt war ein unter dem 1. Juli
2022 von G1 und G2 unterzeichnetes Dokument, das mit „Niederschrift über einen
Umlaufbeschluss der [Beteiligten] mit dem Sitz in Berlin“ überschrieben war (nachfolgend auch
nur: „Niederschrift“). Darin war vermerkt, dass die Geschäftsführung im Wege des
Umlaufverfahrens nach Nr. 7.3 GV einen Antrag zur Abstimmung gestellt habe, wonach G1 als
Geschäftsführer abberufen und G2 zum Geschäftsführer mit Einzelvertretungsbefugnis unter
Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bestellt werde.

Unter der Überschrift „II Feststellungen“ hieß es weiter:

„Dieser Beschlussantrag wurde an alle Gesellschafter am 17.6.2022 übermittelt.
Der Art der Beschlussfassung hat kein Gesellschafter widersprochen. An der Beschlussfassung
haben sich alle Gesellschafter beteiligt. Die Abstimmung wurde am 30.6.2022 abgeschlossen.
Dem Beschlussvorschlag wurde einstimmig zugestimmt.

Es wird festgestellt, dass der Beschlussvorschlag damit angenommen worden ist.“

Mit Schreiben vom 27. Juli 2022 hat das Amtsgericht der Beteiligten mitgeteilt, dem
Registergericht sei die Mitwirkung aller Gesellschafter und deren Stimmabgabe an dem
Beschluss über die Abberufung des alten und der Bestellung des neuen Geschäftsführers
nachzuweisen. Die Einreichung lediglich der Niederschrift genüge nicht den Anforderungen des
§ 39 Abs. 2 GmbHG.

Nachdem die Beteiligte daraufhin mitgeteilt hatte, sie teile diese Rechtsauffassung nicht und
bitte um Übersendung eines rechtsmittelfähigen Bescheides, hat das Amtsgericht mit Schreiben
vom 12. August 2022 der Beteiligten mitgeteilt, dass dem Registergericht die Beteiligung aller
Gesellschafter an der Beschlussfassung nachzuweisen sei; hierfür werde eine Erledigungsfrist
von sechs Wochen „seit Zugang dieser Verfügung“ gesetzt. Das Schreiben war mit einer
Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach „gegen diese
Zwischenverfügung“ das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft sei. Das Schreiben ist dem
Notar am 17. August 2022 zugestellt worden.

Mit Schreiben vom selben Tage, eingegangen beim Amtsgericht am 29. August 2022, hat die
Beteiligte Beschwerde „gegen die Zwischenverfügung“ eingelegt.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt. Im Nichtabhilfebeschluss hat das Amtsgericht ausgeführt, Nachweise
über die abgegebenen Stimmen der Gesellschafter seien nicht eingereicht worden, weswegen
dem Registergericht die Beteiligung der Gesellschafter an der Beschlussfassung nicht
nachgewiesen sei.

II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1.
Die Beschwerde ist zulässig.

a) Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG
der statthafte Rechtsbehelf gegen die Zwischenverfügung vom 12. August 2022.

b) Die Beschwerde der Beteiligten ist form- (vgl. § 64 Abs. 2 FamFG) und fristgerecht (vgl. § 63
Abs. 1 FamFG) eingelegt. Die Beteiligte ist auch beschwerdebefugt, da die Anmeldung, die
Gegenstand der angefochtenen Zwischenverfügung ist, auf eine Eintragung gerichtet ist, die die
Beteiligte betrifft. Die Anmeldung bezieht sich zudem auf die organschaftliche Vertretung der
Gesellschaft, so dass angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Eintragungen auch der
notwendige Beschwerwert nach § 61 Abs. 1 FamFG erreicht wird (vgl. zu dieser Frage etwa
Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – 22 W 52/19 –, Rn. 8, juris).

2.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, denn das vom Amtsgericht angenommene und
zum Gegenstand der Zwischenverfügung gemachte Eintragungshindernis besteht nicht. Durch
die Vorlage der Niederschrift ist - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - den Anforderungen
des § 39 Abs. 2 GmbHG genügt.

a) Gem. § 39 Abs. 2 GmbHG sind der Anmeldung über die Änderung in der Person des
Geschäftsführers die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die
Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift
beizufügen.

b) Das Registergericht prüft vor der Eintragung die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung, ob
diese also formgerecht erfolgt ist und die begehrte Eintragung eintragungsfähig ist und ob
erforderliche Urkunden beigefügt sind (vgl. etwa Kammergericht, Beschluss vom 16. April 2012
– 25 W 23/12 –, Rn. 23, juris; Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 39
Rn. 16; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1097). In materieller Hinsicht hat das
Registergericht bei einem Geschäftsführerwechsel jedenfalls zu prüfen, ob die angemeldete
Änderung in der Person des Geschäftsführers durch die gem. § 39 Abs. 2 GmbHG
einzureichende Urkunde nachgewiesen ist (vgl. etwa Kammergericht, aaO.; OLG Hamm,
Beschluss vom 7. September 2010 – I-15 W 253/10 –, Rn. 7, juris ; Heilmeier in: BeckOK
GmbHG, Bearbeitungsstand 1.8.2022, § 39 Rn. 55). Da Änderungen bei den Geschäftsführern
in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafterversammlung fallen (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG),
wird dieser Nachweis mittels einer Dokumentation des Gesellschafterbeschlusses geführt (vgl.
Thüringer Oberlandesgericht, RNotZ 2003, 138, 139; Oetker in: Henssler/Strohn,
Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 39 GmbHG Rn. 15).

c) Unter Anlegung dieser Maßstäbe stehen der Eintragung des Geschäftsführerwechsels weder
in formeller noch in materieller Hinsicht Eintragungshindernisse entgegen.
Insbesondere dokumentiert die eingereichte Niederschrift den angemeldeten
Geschäftsführerwechsel hinreichend.

aa) Die Gesellschafterversammlung der Beteiligten hat vorliegend das Verfahren gem. § 7.3 Satz
2 GV (Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren) gewählt. Solche Beschlüsse sind gem. § 7.4
GV schriftlich zu bestätigen, wobei die Regelung in § 7.12 GV „sinngemäß“ gelten soll. In
Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen wird ein im schriftlichen Verfahren gefasster
Beschluss der Gesellschafterversammlung dokumentiert, indem unverzüglich nach der
Beschlussfassung von der „Geschäftsführung“ eine Niederschrift anzufertigen ist, aus der sich
Tag und Form der Beschlussfassung, die Stimmabgaben, die Tagesordnung und die
Anträge ergeben. Diese Niederschrift ist durch „die Geschäftsführung“ zu unterzeichnen.

bb) Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt: Die Niederschrift ist vom alten wie vom neuen
Geschäftsführer unterzeichnet, sodass kein Zweifel besteht, dass eine Fertigung und
Unterzeichnung durch „die Geschäftsführung“ vorliegt. In der Niederschrift ist vermerkt, dass
sich alle Gesellschafter an der Beschlussfassung beteiligt haben und kein Gesellschafter der Art
der Beschlussfassung widersprochen hat. Aus der Niederschrift ist ersichtlich, wann der
Beschlussantrag den Gesellschaftern übermittelt worden, wann die Abstimmung beendet
worden ist und dass alle Gesellschafter dem ebenfalls aus der Niederschrift ersichtlichen
Beschlussantrag zugestimmt haben. Damit sind die Erfordernisse, die die Gesellschafter im
Gesellschaftsvertrag der Beteiligten vereinbart haben, erfüllt.

cc) Anhand der in der Niederschrift mitgeteilten Tatsachen ist eine Prüfung möglich, ob der
Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. zu dieser Frage Senat, Beschluss vom 3.
Juni 2016 – 22 W 20/16 –, Rn. 8, juris; Kammergericht, Beschluss vom 16. April 2012 – 25 W
23/12 –, Rn. 23, juris). Aus der Niederschrift ergibt sich, dass über den Geschäftsführerwechsel
mit der Gesellschafterversammlung das zuständige Gremium entschieden hat. Der Beschluss ist
mit den Stimmen aller Gesellschafter und damit mit der notwendigen Mehrheit gefasst worden.
Wie oben bereits ausgeführt, ist auch das nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehene
Abstimmungsverfahren eingehalten worden.

d) Ob allein ausreichend ist, dass die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen über die
Dokumentation von Gesellschafterbeschlüssen eingehalten sind (in diese Richtung wohl
Stephan/Tieves in: MüKoGmbHG, 3. Aufl., § 39 Rn. 34 sowie Krafka, aaO., Rn. 1030), muss
vorliegend nicht entschieden werden, da an der Richtigkeit der in der Niederschrift mitgeteilten
Tatsachen kein Zweifel besteht.

Ohne besondere Veranlassung hat das Registergericht grundsätzlich von der Wahrheit der
angemeldeten Tatsachen auszugehen (Krafka, aaO., Rn. 1025). Eine Pflicht zur Amtsermittlung
nach §§ 26, 382 FamFG besteht vielmehr nur dann, wenn entweder die formalen
Mindestanforderungen für eine Eintragung nicht erfüllt sind oder wenn begründete Zweifel an
der Wirksamkeit der zur Eintragung angemeldeten Erklärungen oder an der Richtigkeit der
mitgeteilten Tatsachen bestehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, Rn.
10, juris; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19. September 1991 – BReg 3 Z
97/91 –, Rn. 34, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2000 – 3 Wx 432/00 –,
Rn. 14, juris). Beides ist hier nicht der Fall. Sowohl Anmeldung als auch Niederschrift sind
formgerecht erstellt und eingereicht. Es sind keine Anhaltspunkte aufgezeigt oder ersichtlich,
dass die Angaben in der im Einklang mit den gesellschaftsvertraglichen Vorschriften erstellten
Niederschrift unrichtig wären.

3.
Die Zwischenverfügung ist aufzuheben. Eine Anweisung zur Eintragung kommt nicht in
Betracht, weil die Sache nur hinsichtlich des mit der Zwischenverfügung aufgezeigten
Eintragungshindernisses beim Senat angefallen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17. März 2022 –
22 W 10/22 –, Rn. 19, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 12. April 2018 – 12 W 669/18 –,
Rn. 31, juris; Beschluss vom 24. Mai 2017 – 12 W 643/17 –, Rn. 18, juris; Müther in:
Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 69 FamFG, Rn. 11).

III.
1.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an, eine
Kostenerstattung kommt nicht in Betracht.
2.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil es an der erforderlichen Beschwer fehlt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

05.10.2022

Aktenzeichen:

22 W 54/22

Rechtsgebiete:

In-sich-Geschäft
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG § 39; FamFG §§ 26, 382