OLG Düsseldorf 24. Mai 2019
3 Wx 102/19
BGB § 2003

Kein Beschwerderecht des Notars gegen Beauftragung zur Erstellung einer Inventaraufnahme

letzte Aktualisierung: 26.11.2019
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2019 – 3 Wx 102/19

BGB § 2003
Kein Beschwerderecht des Notars gegen Beauftragung zur Erstellung einer
Inventaraufnahme

Dem Notar, der durch das Nachlassgericht zur Erstellung eines Inventars nach § 2303 BGB
beauftragt wird, steht gegen den Beauftragungsbeschluss kein eigenes Beschwerderecht gem.
§§ 58 ff. FamFG zu. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)

G r ü n d e :

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 streiten über die Erbfolge nach dem Erblasser. Auf Antrag der
Beteiligten zu 1 hat das Nachlassgericht zunächst mit Beschluss vom 15. Januar 2019 der
Beteiligten zu 2 eine Frist von einem Monat zur Erstellung eines Inventars über den
Nachlass gemäß § 2003 BGB aufgegeben. Auf Antrag der Beteiligten zu 2 hat das
Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 08. Februar 2019 die Inventarerrichtung dem
Notar A… in B… übertragen. Mit Blick darauf, dass der vom Nachlassgericht bestellte
Notar bereits für die – vom Nachlassgericht im Erbscheinserteilungsverfahren als Zeugen
vernommenen – Eltern der Beteiligten zu 2 tätig gewesen war, bat die Beteiligte zu 1 um
Beauftragung eines anderen Notars. Daraufhin übertrug das Nachlassgericht mit dem
angefochtenen Beschluss vom 11. April 2019 dem Beteiligten zu 3 die Aufnahme des
Inventars.

Gegen seine Beauftragung wendet sich der Beteiligte zu 3 mit seiner Beschwerde vom 15.
April 2019. Zur Begründung stützt er sich darauf, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen,
dass der Notar A… seiner ihm kraft Gesetzes obliegenden Neutralitätspflicht nicht
nachkommen würde. Gerade in kleinen Städten, in denen es häufig nur einen einzigen
Notar gebe, sei es üblich und unvermeidbar, dass der Notar mehrfach von denselben bzw.
miteinander verwandten Personen beauftragt werde. Den hiesigen Beteiligten habe auch
kein Ablehnungsrecht in Bezug auf den zunächst bestellten Notar zugestanden. Vielmehr
liege die Kompetenz zur Auswahl eines nach § 2003 BGB zu bestellenden Notars allein
beim Nachlassgericht. Mit der Vorschrift des § 2003 BGB habe der Gesetzgeber einen
Beitrag zur Bürgernähe schaffen wollen, was konterkariert würde, wenn anstelle des
ortsnahen Notars A… in B… er, der Beteiligte zu 3, mit Sitz in C… beauftragt werde.
Hilfsweise führt der Beteiligte zu 3 zur Begründung seiner Beschwerde aus, seine Auswahl
sei ermessensfehlerhaft, denn es gebe insgesamt vier Notare, deren Amtssitze ortsnäher
am gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten zu 2 und an den Nachlassgegenständen
seien.

Die Beteiligte zu 1 tritt der Beschwerde des Beteiligten zu 3 entgegen. Sie hält den Notar
für nicht beschwerdeberechtigt. Des weiteren verweist sie darauf, dass die D…, die den
wesentlichen Teil des Nachlasses ausmache, ihren Sitz in E… habe. Die Entfernung zum
Amtssitz des zunächst beauftragten Notars A… sei praktisch gleich mit der zum Amtssitz
des Beteiligten zu 3.

Die Beteiligte zu 2 schließt sich der Beschwerdebegründung des Beteiligten zu 3 an.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde des Beteiligten zu 3 nicht abgeholfen und die
Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 16. Mai 2019 zur
Entscheidung vorgelegt. Die Beauftragung des Beteiligten zu 3 sei wirksam, der Beteiligte
zu 3 sei nicht beschwerdeberechtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte verwiesen.

II.

Die vom Beteiligten zu 3 eingelegte Beschwerde ist dem Senat aufgrund der vom
Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 16. Mai 2019 ordnungsgemäß erklärten
Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG.

Sie ist jedoch bereits unzulässig, denn dem Beteiligten zu 3 fehlt die für eine Beschwerde
nach den Vorschriften der §§ 58 ff. FamFG erforderliche Beschwerdeberechtigung.

Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht das Rechtsmittel der Beschwerde demjenigen zu, der
durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist
eine unmittelbare Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in einem ihm zustehenden
subjektiven Recht. Es muss sich um ein durch Gesetz oder durch die Rechtsordnung
anerkanntes dem Beschwerdeführer zustehendes materielles Recht handeln.

Wirtschaftliche, rechtliche oder sonst berechtigte Interessen genügen insofern nicht
(Keidel/Meyer-Holz, 19. Aufl. 2017, § 59 Rn. 6 m.w.N.). Der angefochtene Beschluss muss
des weiteren negative Auswirkungen auf die materielle Rechtsstellung des
Beschwerdeführers haben. Das ist nur bei einem unmittelbar nachteiligen Eingriff der Fall.

Der Rechtsfolgenausspruch der angefochtenen Entscheidung muss also ein bestehendes
Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen
oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die
mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine nur
mittelbare Auswirkung der angefochtenen Entscheidung auf die rechtlichen Beziehungen
des Beschwerdeführers reicht nicht; auch die Möglichkeit einer künftigen
Rechtsbeeinträchtigung rechtfertigt die Befugnis zur Beschwerdeeinlegung nicht (vgl.
Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 59 Rn. 9 m.w.N.).

Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze ergibt sich aus keinem der vom Beteiligten
zu 3 zur Begründung seiner Beschwerde angeführten Gründe seine
Beschwerdeberechtigung im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG.

Soweit er sich auf Gründe stützt, die sich auf die seiner Ansicht nach gegebene
Unwirksamkeit der Abberufung des ursprünglich beauftragten Notars A… beziehen,
nämlich dessen Neutralität als Amtsperson, die Üblichkeit und häufig gegebene
Unvermeidbarkeit einer wiederholten Beauftragung eines Notars, das fehlende
Ablehnungsrecht der Verfahrensbeteiligten, das Auswahlermessen des Nachlassgerichts
und die Ortsnähe des Notars A… zur Erbin und zum Nachlass, sind diese Gründe allein in
der Person des Notars A… von Bedeutung. Die vom Beteiligten zu 3 angeführten
Erwägungen könnten ausschließlich ein Beschwerderecht des Notars A… rechtfertigen,
denn nur ihm wird eine schon begründete Rechtsposition durch die vom Nachlassgericht
beschlossene Änderung der Person des mit der Erstellung des Inventars beauftragen
Notars entzogen. In der Person des Beteiligten zu 3 sind diese Erwägungen indes ohne
Belang.

Mit entsprechender Begründung zu verneinen ist die Beschwerdebefugnis des Beteiligten
zu 3 aus der von ihm hilfsweise angeführten Beanstandung, das Nachlassgericht habe
sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt, richtigerweise wäre einer der von ihm
angeführten Notare, deren Amtssitze jeweils ortsnäher an dem Wohnsitz der Erbin und
den Nachlassgegenständen seien, zu beauftragen gewesen. Eine etwaige Missachtung
der vom Gesetzgeber gewollten Beauftragung eines ortsnahen Notars durch das
Nachlassgericht könnte allein einen nachteiligen Eingriff in eine möglicherweise den vier
ortsnäheren Notaren zustehende materielle Rechtsposition darstellen; ein belastender
Eingriff in eine dem Beteiligten zu 3 zustehende Rechtsposition ergibt sich daraus nicht.
Greift aber der angefochtene Beschluss nicht nachteilig in eine materielle Rechtsstellung
des Beteiligten zu 3 ein, sondern begründet der Beschluss überhaupt erst eine
Rechtsstellung des Beteiligten zu 3, indem ihm die Aufgabe der Errichtung eines Inventars
gemäß § 2003 BGB übertragen wird, ist eine Beschwerdebefugnis im Sinne von § 59 Abs.
1 FamFG gegen seine Bestellung nicht gegeben. Der gemäß § 2003 BGB beauftragte
Notar erfüllt eine Aufgabe des Nachlassgerichts und tritt an dessen Stelle (Palandt-
Weidlich, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2003 BGB Rn. 1); einen Anspruch auf „Nicht-
Beauftragung“ gibt es grundsätzlich nicht. Soweit im Einzelfall Sachgründe vorliegen, die
es geboten erscheinen lassen könnten, von einer Übertragung der Aufgabe der
Inventarerrichtung nach § 2003 BGB auf einen in die Auswahl einbezogenen Notar
abzusehen – zu denken ist etwa an die Arbeitsüberlastung des Notars – werden solche
vorliegend vom Beteiligten zu 3 nicht geltend gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG. Danach
soll das Gericht die Kosten eines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels demjenigen
auferlegen, der es eingelegt hat. Für einen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestand nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

24.05.2019

Aktenzeichen:

3 Wx 102/19

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
Pflichtteil
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

ZEV 2019, 610
Zerb 2019, 273-275

Normen in Titel:

BGB § 2003