OLG Brandenburg 22. April 2004
8 Wx 1/04
KostO §§ 14 Abs. 3, 24 Abs. 1, 22

Geschäftswert einer persönlich beschränkten Dienstbarkeit – Windenergieanlage

(1) Das Antragsverfahren nach der Grundbuchordnung ist
zwar insofern ein einseitiges, als sich das Grundbuchamt
grundsätzlich mit der vom Antragsteller zu beschaffenden Bewilligungserklärung (§ 19 GBO; vgl. ferner § 20 GBO) des
von der Eintragung Betroffenen begnügt, von sich aus aber an
diesen nicht herantritt (statt aller Demharter, GBO, 24. Aufl.,
§ 1 Rdnr. 48 f.). Soll indessen eine Berichtigung nicht auf Bewilligung, sondern, wie hier, durch Nachweis der Unrichtigkeit erfolgen, ist der von der Eintragung (hier: Löschung) Betroffene zu hören (zutr. OLG Zweibrücken, Rpfleger 1999,
532; BayObLG 1994, 177; 1999, 174; OLG Hamm, FGPrax
1995, 15; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9. Aufl., F 73).
Die Nichtbeteiligung der Klägerin lag mithin nicht an dem
von der Beklagten gewählten Rechtspflegeverfahren, sondern
an einem Fehler der das Verfahren leitenden Behörde.
(2) Auch sonst liegt kein Ausnahmefall vor. Zwar hätte der
schadensverursachende Löschungsantrag vermieden werden
können, wenn die Beklagte oder der Streithelfer zuvor Einblick in die Grundakten genommen hätten. Das Unterlassen
rechtfertigt auch, jedenfalls in der Person des Streithelfers,
den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Auch wenn dessen Fahrlässigkeit, was nahe liegt, als grob zu bewerten ist, kann sie doch
nicht mit dem vorsatznahen „Sichverschließen“ gegenüber
der wahren Rechtslage gleichgesetzt werden. Eine andere Beurteilung würde das Haftungsprivileg bei der Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren erschüttern.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt
eine Haftung der Beklagten auch nicht aus einer durch Vertrag
begründeten Sonderbeziehung der Parteien. Auch in diesem
Fall stellt die Inanspruchnahme eines staatlichen Rechtspflegeverfahrens grundsätzlich keine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung dar. Die Rechtsverfolgung aufgrund eines
vertraglichen Anspruchs duldet grundsätzlich keine Einschränkungen, denen nicht auch die Durchsetzung eines deliktsrechtlichen Anspruchs unterliegt. Hiervon ist der Senat
bereits ausgegangen (BGHZ 20, 165, 172; ebenso das Schrifttum, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 280 Rdnr. 27;
Hopt, Schadensersatz aus unberechtigter Verfahrenseinleitung, 1968, S. 265 ff.; Schultz-Süchting, Dogmatische Untersuchungen zur Frage eines Schadensersatzanspruches bei ungerechtfertigter Inanspruchnahme eines gerichtlichen Verfahrens, 1971, S. 21; Zeiss, NJW 1967, 703, 706 f.). Allerdings
kann es unter außergewöhnlichen Verhältnissen nicht ausgeschlossen sein, dass eine Partei, weil die Inanspruchnahme
besonderen Vertrauens oder der Vertragszweck eine einvernehmliche Abwicklung gebieten, die Durchsetzung eigener
Ansprüche im Wege eines staatlichen Verfahrens zurückstellen muss (vgl. Hopt, a. a. O., S. 267 f.). Ob dieser Gedanke
dazu führen kann, dass die Partei, die gleichwohl staatliche
Hilfe in Anspruch nimmt, unter besonderer Berücksichtigung
der Rechte der Gegenseite vorgehen muss, bedarf hier keiner
näheren Erörterung. Eine Vertrauenslage oder eine vertragliche Zwecksetzung dieser Art besteht zwischen den Parteien
nicht. Die die Beklagte als Erbin der ursprünglichen Vertragspartnerin (Großmutter) treffende Pflicht, dem Leistungserfolg, nämlich dem Fortbestehen des Vorkaufsrechts bis zum
vertraglichen Vorkaufsfall, nicht entgegenzuwirken, bietet
hierfür keine Grundlage.
Hinweis der Schriftleitung:
Siehe hierzu den Aufsatz von Reithmann, MittBayNot 2005,
207 (in diesem Heft).
247MittBayNot 3/2005 Kostenrecht
Kostenrecht
14. KostO §§ 14 Abs. 3, 24 Abs. 1, 22 (Geschäftswert einer
persönlich beschränkten Dienstbarkeit – Windenergieanlage)
Die Bestimmung des Geschäftswerts einer beschränkten
persönlichen Dienstbarkeit des Inhalts, auf einem Grundstück für eine bestimmte Zeit eine Windenergieanlage zu
betreiben, richtet sich nach § 24Abs. 1 lit. a) KostO. Grundlage für die Ermittlung des Jahreswertes ist daher nicht
der Einspeiseerlös der Windenergieanlage, sondern das
zwischen dem Betreiber und dem Grundstückseigentümer
vereinbarte Nutzungsentgelt.
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22.4.2004, 8 Wx 1/04
Aus den Gründen:
1. (…) In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen
Erfolg.
2. Die Entscheidung des Landgerichts über die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2. beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO).
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich
die Bestimmung des Geschäftswerts einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit des Inhalts, auf einem Grundstück für
eine bestimmte Zeit eine Windenergieanlage zu betreiben,
nach § 24 Abs. 1 lit. a) KostO richtet und dass Grundlage für
die Ermittlung des Jahreswertes entgegen der Auffassung der
Beteiligten zu 1. nicht der Einspeiseerlös der Windenergieanlage, sondern das zwischen dem Betreiber und dem Grundstückseigentümer vereinbarte Nutzungsentgelt ist.
3. Bei der Einräumung des Rechts, auf einem Grundstück
eine Windenergieanlage zu betreiben, handelt es sich um eine
beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB). Die Ermittlung des Geschäftswerts für die Eintragung einer solchen
Dienstbarkeit richtet sich nicht nach der für Grunddienstbarkeiten maßgeblichen Vorschrift des § 22 KostO, sondern nach
§ 24 KostO. Nach der Bestimmung des § 24 KostO wird der
Geschäftswert unter Zugrundelegung des einjährigen Bezugswerts der Dienstbarkeit ermittelt, wobei – wenn es sich wie im
vorliegenden Fall um eine Dienstbarkeit von bestimmter Zeitdauer handelt – auf die Summe der einzelnen Jahreswerte,
höchstens jedoch das 25fache des Jahreswerts abgestellt wird
(§ 24 Abs. 1 lit. a) KostO). Maßgebend ist hier allein der objektive Wert, den die Dienstbarkeit für den Betreiber der Anlage hat, nicht aber die durch die Dienstbarkeit herbeigeführte
Wertminderung des belasteten Grundstücks (Rohs/Wedewer,
KostO, § 24 Rdnr. 7 a; OLG Oldenburg, NJW-RR 1998, 644;
BayObLG, JurBüro 2000, 94).
Der objektive Wert, den die Dienstbarkeit für den Berechtigten hat, entspricht dem Nutzungsentgelt, das der Betreiber der
Windenergieanlage mit dem Grundstückseigentümer in dem
schuldrechtlichen Vertrag vereinbart (Rohs/Wedewer, a. a. O.;
OLG Oldenburg, a. a. O.). Das vereinbarte Entgelt stellt die
Gegenleistung des Berechtigten für die ihm eingeräumten
Nutzungen dar und gleicht nicht lediglich die durch die
Dienstbarkeit herbeigeführte Wertminderung des Grundstücks aus. Das folgt im hier zu beurteilenden Fall aus der
Wirtschaftsart und Lage der belasteten Grundstücke und dem
vereinbarten Entgelt. Bei den belasteten Grundstücken handelt es sich ausweislich der Grundakten um Ackerland bzw.
um landwirtschaftliche Flächen. Der Grundeigentümer solcher Flächen erhält bei einer bloß landwirtschaftlichen Nutzung ein wesentlich geringeres Entgelt als dies der Fall ist,
wenn er das Grundstück – außerdem – dem Betreiber einer
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Kostenrecht
Windenergieanlage zur entgeltlichen Nutzung überlässt. Folglich ist das in den Nutzungsverträgen für den Betrieb einer
Windenergieanlage vereinbarte Entgelt die Gegenleistung für
die Einräumung des Rechts des Betreibers. Die Beteiligte zu
1. hat nichts dafür vorgetragen und es ist auch sonst nichts aus
den Akten ersichtlich, dass das hier ausgehandelte Nutzungsentgelt nicht dem Wert der Gegenleistung entspricht.
4. Demgegenüber kann der Jahreswert im Sinne des § 24
Abs. 1 lit. a) KostO weder auf der Grundlage des von der Beteiligen zu 2. angegebenen Jahreseinspeiseerlöses noch nach
Maßgabe eines noch zu ermittelnden Reingewinns bestimmt
werden. Beide Werte stellen für die Ermittlung des objektiven
Werts der Dienstbarkeit für den Berechtigten geeignete
Bezugsgrößen nicht dar. Es handelt sich hierbei vielmehr um
betriebswirtschaftliche Werte, die nicht zur Bestimmung
eines Nutzungsentgelts herangezogen werden können. Auf
der Grundlage des Nutzungsentgelts – allein – lassen sich
weder der Jahreserlös noch der Reingewinn bestimmen. Maßgeblich sind hierfür zahlreiche Einzelumstände, die nicht nur
mit der Benutzung des Grundstücks zusammenhängen, sondern die Unternehmensführung als solche betreffen.
Schließlich lässt sich bei einer Nutzungsdauer von 25 Jahren,
wie sie hier vereinbart ist, auch gar nicht zuverlässig vorausbestimmen, wie hoch die Einnahmen für den Betreiber einer
Windenergieanlage ausfallen werden, um einen objektiven
Durchschnittswert zu ermitteln. Dem steht nicht die Abnahmeverpflichtung der Stromversorgungsunternehmen nach § 3
des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG)
entgegen. Hierdurch ist zwar die Vergütung für den eingespeisten Strom gesichert. Es handelt sich jedoch nur um einen
einzelnen Faktor – und zwar auch nur auf den Absatzsektor –,
der für die Ermittlung der Gewinnmöglichkeiten einer Windenergieanlage von Bedeutung ist. Die über das die Dienstbarkeit betreffende Nutzungsentgelt hinausgehenden Aufwendungen, die zudem weitaus höhere Betriebskosten verursachen, unterliegen Marktbedingungen, die bei einer so langen
Laufzeit nicht ohne weiteres zu kalkulieren sind, ganz abgesehen davon, dass auf dem Gebiet der Energieversorgung
zuverlässige Angaben über künftige Gewinnmöglichkeiten
nicht gemacht werden können.
15. GVG § 17 a Abs. 5; KostO § 156; ZPO § 767 (Rechtsweg
gegen vollstreckbare Ausfertigung einer Kostenrechnung)
Gegen vollstreckbare Ausfertigungen, die sich ein Notar
für Kostenrechnungen erteilt hat, ist nur der Rechtsbehelf
nach der Kostenordnung gegeben. Der ordentliche Rechtsweg ist für alle Ansprüche nach der Kostenordnung ausgeschlossen.
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 2.6.2004, 4 U 139/00
16. KostO §§ 154, 156 (Anforderungen an Kostenrechnung)
Entspricht eine Berechnung nicht den Vorschriften des
§ 154 KostO, fehlt insbesondere die eigenhändige Unterschrift, dann bildet sie keine geeignete Grundlage für das
gerichtliche Nachprüfungsverfahren des § 156 KostO. Dies
gilt auch für eine bloße Übersendung der Kostenrechnung
per Telefax. (Leitsatz der Schriftleitung)
KG, Beschluss vom 29.9.2004, 1 W 254/02
MittBayNot 3/2005
Aus den Gründen:
Die weitere Beschwerde ist zulässig (…). Sie ist auch begründet. Die nur per Fax mitgeteilte Kostenberechnung des Notars
war nicht formgerecht mit der Folge, dass sie aufzuheben ist.
I. Nach § 154 Abs. 1 KostO dürfen die Kosten nur auf
Grund einer dem Zahlungspflichtigen mitgeteilten, von dem
Notar unterschriebenen Berechnung der Gebühren und Auslagen eingefordert werden. Entspricht eine Berechnung nicht
den Vorschriften des § 154 KostO, fehlt insbesondere die
eigenhändige Unterschrift, dann bildet sie keine geeignete
Grundlage für das gerichtliche Nachprüfungsverfahren des
§ 156 KostO. Das Gericht hat sie ohne sachliche Befassung
aufzuheben (vgl. Rohs/Wedewer, Kostenordnung, § 156 KostO,
Rdnr. 3 m. w. N. [Stand April 2004]).
II. Ein solcher Fall liegt hier vor.
1) § 154 Abs. 1 KostO erfordert nach seinem klaren Wortlaut die Mitteilung einer Urkunde mit Unterschrift des Notars,
also Aushändigung des Originals. Dem entspricht die Regelung des § 154 Abs. 3 Satz 1 KostO, nach der (nur) eine Abschrift der Berechnung zu den Akten des Notars zu nehmen ist
(vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, Kostenordnung, 15. Aufl.
2002, § 154 KostO, Rdnr. 11).
Diesen Anforderungen wird die nur als Faxkopie übersandte
Kostenberechnung vom 17.9.1998/29.12.2000 nicht gerecht
mit der Folge, dass sie aufzuheben ist.
2) Den Erwägungen des Landgerichts auf Seite 8 f. des Urteils, mit denen es die Wahrung der Formvorschriften auch
durch Übersendung eines Telefaxes gerechtfertigt hat, vermag
sich der Senat nicht anzuschließen.
Die Übermittlung einer notariellen Kostenberechnung nach
§ 154 KostO hat sowohl materiell-rechtliche als auch prozessrechtliche Wirkungen. Einerseits wirkt sie verzugsbegründend (§ 284 Abs. 3 BGB a. F., § 286 Abs. 3 BGB; vgl. zur
Rechtslage ab dem 15.12.2001 Korintenberg/Bengel/Tiedtke,
a. a. O, Rdnr. 4a) und unterbricht den Lauf der Verjährungsfrist (vgl. § 17 Abs. 3 KostO), andererseits bildet sie die
Grundlage für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel des
Notars an sich selbst (§ 155 KostO). Schon dieser Doppelcharakter verbietet, weniger einschneidende Formanforderungen
des Prozessrechts hier genügen zu lassen. Denn die Regelung
des § 130 Nr. 6 ZPO, nach der die Übermittlung bestimmender Schriftsätze im Zivilprozess durch Telefax hinreichend ist,
hebt die Formvorschriften für materiell-rechtliche Erklärungen, die in solchen Schriftsätzen enthalten sind, nicht auf.
Das Landgericht selbst weist darauf hin, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen, die dem Schriftformerfordernis
des § 126 BGB unterliegen, nicht wirksam durch Telefax
übermittelt werden können (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB,
63. Aufl. 2004, § 126 BGB, Rdnr. 11). Dies ist im Fall des
§ 154 Abs. 1 KostO nicht anders zu bewerten. Die vom Landgericht hervorgehobene Schutzfunktion vor Übereilung des
Erklärenden steht zwar hier nicht im Vordergrund. Das Schriftformerfordernis dient jedoch darüber hinaus auch der Klarstellungs- und Beweisfunktion: Die eigenhändige Unterschrift
soll die unzweideutige Identifikation des Ausstellers ermöglichen (Identitätsfunktion), die Echtheit der Urkunde gewährleisten (Echtheitsfunktion) und die Möglichkeit eröffnen,
beides zu überprüfen (Verifikationsfunktion; zu allem vgl.
Palandt/Heinrichs, § 125 BGB, Rdnr. 2 a). Diese Funktionen
hat das gesetzliche Formerfordernis auch bei der Notarkostenberechnung zu erfüllen. Dafür spricht gerade auch die
prozessuale Bedeutung der Kostenberechnung als Titel, aus

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Brandenburg

Erscheinungsdatum:

22.04.2004

Aktenzeichen:

8 Wx 1/04

Rechtsgebiete:

Kostenrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2005, 247-248

Normen in Titel:

KostO §§ 14 Abs. 3, 24 Abs. 1, 22