Bestellung eines Notgeschäftsführers wegen fehlender organschaftlicher Vertretung
letzte Aktualisierung: 5.11.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.2.2021 – 3 Wx 5/21
GmbHG §§ 16 Abs. 1, 46 Nr. 5; BGB § 29
Bestellung eines Notgeschäftsführers wegen fehlender organschaftlicher Vertretung
1. Zu den Voraussetzungen für die Bestellung eines einzelvertretungsberechtigten
Notgeschäftsführers für die Komplementär GmbH einer GmbH & Co KG wegen Fehlens der
organschaftlichen Vertretung (hier nach Untersagung der Tätigkeit des einzigen Geschäftsführers
der betroffenen GmbH durch gerichtliche einstweilige Verfügung wegen dessen Gerierens als
Alleininhaber der Gesellschaft unter bewusster Benachteiligung des anderen, an der Gesellschaft
beteiligten „Familienstammes“) – Bestätigung der vom Senat in seinem Beschluss vom 8. Juni 2016
– I-3 Wx 302/15 herausgestellten Grundsätze.
2. Die hilfsweise Einlegung einer Beschwerde ist möglich, wenn sie von einer innerprozessualen
Bedingung abhängig gemacht wird, was der Fall ist, wenn – wie hier – die Beschwerde eines der
Beteiligten erkennbar für den Fall erhoben ist, dass das Rechtsmittel eines anderen Beteiligten vom
Senat für unzulässig oder unbegründet erachtet wird.
Gründe:
I.
An der betroffenen GmbH waren der Beteiligte zu 1.b) und sein im Jahre 2000
verstorbener Bruder, der Vater der Beteiligten zu 2., zu je 50 % beteiligt; die Brüder waren
zugleich die Geschäftsführer der Gesellschaft, einer Komplementär-GmbH einer KG. Die
Beteiligten zu 2. sind ausweislich eines vom Amtsgericht Düsseldorf am 19. Juli 2020
erteilten gemeinschaftlichen Erbscheins – nach Erteilung und Einziehung eines zuvor
aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausgestellten Erbscheins – alleinige Erben nach ihrem
Vater.
Nach dem Tode des Vaters der Beteiligten zu 2. reichte der Beteiligte zu 1.b) eine
Gesellschafterliste vom 15. Mai 2020 beim Registergericht ein, die zum Registerordner
genommen wurde und die Beteiligte zu 1.a) mit zwei Geschäftsanteilen insgesamt zur
einen Hälfte sowie zur anderen Hälfte die „unbekannte(n) Erben nach Joachim Klischan“
ausweist. Ob der Beteiligte zu 1.b) seine Geschäftsanteile wirksam auf die Beteiligte zu
1.a) übertragen hat, ist zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. stark umstritten.
Im April 2020 fand eine Gesellschafterversammlung der betroffenen GmbH im
Umlaufverfahren statt; unter dem 20. April wurde festgestellt, Beschlüsse über die
Abberufung des Beteiligten zu 1.b) als Geschäftsführer und die außerordentliche
Kündigung seines Anstellungsvertrages sowie die Bestellung des Beteiligten zu 3. als
neuen Geschäftsführer seien nicht gefasst worden. Beschlussergebnis und Wirksamkeit
des Beschlusses sind umstritten, die Beteiligten zu 2. haben Anfechtungs- und
Beschlussfeststellungsklage erhoben. Mit einstweiliger Verfügung (Urteil) vom 3. Juli 2020
untersagte das Landgericht Düsseldorf dem Beteiligten zu 1.b), seine Befugnisse als
Geschäftsführer der hier betroffenen Gesellschaft auszuüben.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2. vom 20. Juli 2020 hat das Registergericht durch die
angefochtene Entscheidung den Beteiligten zu 3. zum einzelvertretungsberechtigten
Notgeschäftsführer der betroffenen Gesellschaft bestellt und diese Bestellung am selben
Tage in das Handelsregister eingetragen. Den Beschluss greift die Beteiligte zu 1.a),
hilfsweise der Beteiligte zu 1.b) mit ihrem bzw. seinem Rechtsmittel an. Die Beteiligten zu
2. treten dem entgegen.
Nach Rechtsmitteleinlegung hat den Darlegungen der Beteiligten zu 1. zufolge am 2.
Dezember 2020 eine weitere Gesellschafterversammlung stattgefunden, auf der Bernhard
Jorek zum Geschäftsführer bestellt worden sein soll. Von den Beteiligten zu 2. ist im
Januar 2021 die Nichtigkeit des etwaigen Beschlusses gerichtlich klageweise geltend
gemacht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.
II.
Beide Rechtsmittel, die infolge der mit weiterem Beschluss des Registergerichts vom 7.
Januar 2021 erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen sind (§ 68 Abs.
1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG), bleiben ohne Erfolg.
1.Sie sind als (befristete) Beschwerden nach § 402 Abs. 1 FamFG analog, jedenfalls nach
63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs 1 und 2 FamFG sind erfüllt.
Die hilfsweise Einlegung einer Beschwerde ist möglich, wenn sie von einer
innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht wird (dazu allgemein und gerade auch
für den Fall der Hilfseinlegung: Keidel-Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 64 Rdnr. 22 m.
zahlr. Nachw.). So liegt es hier, denn die Beschwerde des Beteiligten zu 1.b) ist erkennbar
für den Fall erhoben, dass das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1.a) vom Senat für
unzulässig oder unbegründet erachtet wird. Damit tritt objektiv ein Schwebezustand der
Unsicherheit nicht ein.
Ebensowenig steht den Rechtsmitteln entgegen, dass die Bestellung des Beteiligten zu 3.
am 28. Dezember 2020 bereits in das Handelsregister eingetragen worden ist. Zwar ist
nach § 383 Abs. 3 FamFG eine vollzogene Eintragung nicht anfechtbar, jedoch kann eine
Beschwerde insoweit, also im Hinblick auf die Eintragung, mit dem Ziel eines
Amtslöschungsverfahrens betrieben werden (Keidel-Heinemann a.a.O., § 382 Rdnr. 15
und § 383 Rdnr. 23, jeweils m.w.Nachw.).
Die Beschwerdeberechtigung, § 59 Abs. 1 FamFG, der Beteiligten zu 1. bedarf
ausnahmsweise keiner abschließenden Beurteilung. Denn die Berechtigung der Beteiligten
zu 1.a) kann sich nur aus ihrer Stellung als Gesellschafterin der betroffenen Gesellschaft
ableiten. Gesellschafterin ist entweder sie selbst oder der Beteiligte zu 1.b). Dann aber
muss das Beschwerdegericht bei Unbegründetheit der Beschwerde der Beteiligten zu 1.a)
in jedem Fall eine Entscheidung zur Sache treffen: Sollte die in erster Linie eingelegte
Beschwerde zulässig sein, bereits auf diese hin; sollte sie unzulässig sein, auf die dann
zur Bescheidung anstehende und notwendigerweise zulässige Beschwerde des Beteiligten
zu 1.b) hin. In der Tat ist, wie im folgenden zu zeigen sein wird, das Rechtsmittel der
Beteiligten zu 1.a) – ebenso wie im übrigen dasjenige des Beteiligten zu 1.b) –
unbegründet.
2.
Beide Beschwerden sind in der Sache nicht begründet. Die Entscheidung des
Registergerichts ist weder materiell, noch im maßgeblichen (vgl.
jetzigen Zeitpunkt verfahrensrechtlich zu beanstanden. In letzterer Hinsicht sind etwaige –
hier zu Argumentationszwecken unterstellte – Mängel in der Gewährung rechtlichen
Gehörs im ersten Rechtszug jedenfalls durch das Beschwerdeverfahren und den in
diesem gehaltenen Vortrag der Beschwerdeführer geheilt, und eventuelle auf das
vorliegende Verfahren bezogene Abreden zwischen den Verfahrensbevollmächtigten sind
zumindest durch den Erlass der registergerichtlichen Entscheidung und deren Verteidigung
durch die Beteiligten zu 2. überholt.
a)
Die Beteiligten zu 2. waren berechtigt, den Bestellungsantrag zu stellen.
Antragsberechtigt ist jeder, der an der Notbestellung ein unmittelbares eigenes Interesse
hat. Das können neben Gesellschaftern und Organmitgliedern auch Gläubiger sein, das
heißt alle, denen gegenüber die GmbH Verpflichtungen hat, wobei allerdings nicht
einheitlich beantwortet wird, ob der Antragsteller diese Voraussetzungen glaubhaft oder
lediglich plausibel machen muss (BGH
juris-Version Tz. 22 f und 29 f; Baumbach/Hueck-Beurskens, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 6
Rdnr. 39; Michalski u.a. – Tebben, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 6 Rdnr. 77; Lutter/Hommelhoff-
Kleindiek, GmbHG, 20. Aufl. 2020, vor § 35 Rdnr. 18; Scholz-Schneider/Schneider,
GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 6 Rdnr. 99; alle m.w.Nachw.).
Hier bestanden nach den Gründen der einstweiligen Verfügung vom 3. Juli 2020 von
Anfang an objektiv (d.h. ohne überspitzte Anforderungen an den Nachweis) keine
vernünftigen Gründe, materiell-rechtlich an der Gesellschafterstellung der Beteiligten zu 2.
zu zweifeln. Erst recht gilt nach Erteilung des gemeinschaftlichen Erbscheins vom19. Juli
2020, dass nicht zweifelhaft ist, dass die Beteiligten zu 2. materiell-rechtlich als
Rechtsnachfolger ihres Vaters Gesellschafter der betroffenen GmbH geworden sind und
die Gesellschaft dementsprechend Verpflichtungen ihnen gegenüber hat, unter anderem
im Zusammenhang mit der Ergebnisverwendung. Die fehlende Nennung in der beim
Registergericht aufgenommenen Gesellschafterliste ändert daran nichts, denn die
Legitimationswirkung des
nicht (statt aller: MK-Heidinger, GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 16 Rdnr. 2). Dann kommt es nicht
mehr darauf an, ob die Beteiligten zu 2. im Hinblick auf den Inhalt jener Liste im
vorliegenden Verfahren (auch) als – legitimierte – Gesellschafter antragsberechtigt
gewesen wären.
b)
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers für eine GmbH hat der Senat bereits in der
Vergangenheit anhand der folgenden Grundsätze beurteilt (Beschluss vom 8. Juni 2016 in
Sachen I-3 Wx 302/15 m.w.Nachw.), an denen er festhält.
Sie richtet sich nach § 29 BGB. Eine dem
GmbH-Gesetz nicht. Deshalb ist § 29 BGB als Norm des allgemeinen Korporationsrechts
auch auf die GmbH anzuwenden. Hiernach ist ein Notgeschäftsführer zu bestellen, falls es
an einem erforderlichen Geschäftsführer fehlt und ein dringender Fall vorliegt.
Demzufolge ist Voraussetzung für eine Bestellung, dass ein für die organschaftliche
Vertretung der GmbH unentbehrlicher Geschäftsführer fehlt oder aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen an der Geschäftsführung gehindert ist. Überdies muss der
Gesellschaft oder einem Beteiligten ohne Notgeschäftsführerbestellung ein Schaden
drohen oder darf eine alsbald erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden können.
Diese Erfordernisse sind eng auszulegen, weil die Ernennung eines Notgeschäftsführers
einen wesentlichen Eingriff in das Bestellungsrecht der Gesellschafter, § 46 Nr. 5 GmbHG,
darstellt. Hieraus folgt des weiteren der Grundsatz der Subsidiarität: Die
Gesellschaftsorgane dürfen selbst nicht in der Lage sein, innerhalb einer angemessenen
Frist den Mangel zu beseitigen. Darüber hinaus darf sich das Registergericht regelmäßig
nicht in einen Streit der Gesellschafter einmischen; mit anderen Worten hat die
Notbestellung im Grundsatz nicht die Funktion, in Gesellschaften mit untereinander
zerstrittenen Gesellschaftern an deren Stelle für die Handlungsfähigkeit (und damit letztlich
die Wettbewerbsfähigkeit) der GmbH zu sorgen. Schließlich ist, falls die Voraussetzungen
für die Bestellung vorliegen, das Gericht verpflichtet, die Geschäftsführungsbefugnis des
Notgeschäftsführers – seine organschaftliche Vertretungsmacht ist gerichtlich nicht
beschränkbar – auf das sachlich Notwendige zu beschränken, um den Eingriff in das
Bestellungsrecht der Gesellschafter so gering wie möglich zu halten.
Im Einzelnen ist aber der Fall, dass ein neuer Geschäftsführer nur deshalb nicht bestellt
werden kann, weil sich die Gesellschafter nicht auf eine bestimmte Person einigen können,
von der in ihrer Bedeutung wesentlich weitergehenden Sachverhaltsgestaltung
abzugrenzen, dass es sich um einen Streit zwischen Gesellschaftergeschäftsführern in
einer Zweipersonen-GmbH mit wechselseitigen Abberufungs- und
Ausschließungsbeschlüssen geht, sich die Streitigkeit zwischen den Gesellschaftern mithin
nicht auf die Besetzung der Geschäftsführerposition beschränkt. Im letztgenannten Fall ist
das Notbestellungsverfahren, sofern die weiteren Erfordernisse vorliegen, durchaus
eröffnet.
c)
Danach liegen hier die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführerbestellung vor.
aa)
Es fehlt an der erforderlichen organschaftlichen Vertretung der GmbH.
Der Beteiligte zu 1.b) war zuletzt der einzige Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft
und blieb dies nach gegenwärtigem Stand auch noch nach der
Gesellschafterversammlung vom April 2020. Als Geschäftsführer tätig zu werden, ist ihm
jedoch durch einstweilige Verfügung vom Juli 2020, und zwar dem Tenor nach zeitlich
unbefristet untersagt worden. Dies – unter eingehender Erwägung milderer Mittel –
folgerichtig nicht aus einem absehbar vorübergehenden Grunde, sondern deshalb, weil
das Landgericht der Auffassung gewesen ist, er habe bei der Führung der Geschäfte der
GmbH und der KG die hiesigen Beteiligten zu 2., die dortigen Kläger, also den anderen
„Familienstamm“, pflichtwidrig benachteiligt: „Er geriert sich als Alleininhaber der
Gesellschaft ohne die berechtigten Interessen der Kläger zu berücksichtigen.“; „Die
Geschäftsführung des Beklagten [hiesigen Beteiligten zu 1.b)] war jedenfalls seit 2017
darauf ausgerichtet, die Kläger einseitig zu benachteiligen und zum Ausscheiden zu
drängen.“ (Urteils-Umdruck S. 8, 9); die Pflichtwidrigkeiten des Beklagten „wirken,
jedenfalls aus Sicht der Kläger, vielmehr als Strategie, die Kläger durch Verweigerung von
Entnahmen zur Zahlung der Steuern, Streichung aus der Gesellschafterliste der GmbH,
was zumindest zu Rückfragen von Kreditgebern führen kann, in finanzielle Bedrängnis zu
bringen und damit so zu zermürben, dass sie seinen Forderungen nachgeben.“ (a.a.O. S.
12); „Wer seine Interessen mit derart fragwürdigen Methoden durchsetzen will, rechtfertigt
die Befürchtung, auch in weniger offensichtlichen Fällen allein zum Vorteil seines Stammes
und zum Nachteil der Gesellschafter des anderen Stammes zu handeln. Ein solcher
Geschäftsführer ist für die Gesellschaft nicht tragbar und den benachteiligten
Mitgesellschaftern nicht zumutbar.“ (a.a.O., S. 13). Nach Aktenlage hat dieses Verbot bis
heute Bestand; dass die vorgenannte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf
erfolgreich mit einem Rechtsmittel angefochten worden wäre, bringen die Beteiligten zu 1.
selbst nicht vor.
Ob in der Folgezeit in der Gesellschafterversammlung vom 2. Dezember 2020 ein neuer
Geschäftsführer wirksam bestellt wurde, ist derzeit bestenfalls vollkommen unklar, und
dagegen, dass er effektiv tätig geworden ist oder werden kann, spricht alles. Die in der
Beschwerdebegründung in Bezug genommene Versammlungsniederschrift ist auch zur
Gerichtsakte nicht gelangt. Vor allem sind die Beteiligten zu 1. dem von den Beteiligten zu
2. im einzelnen vorgetragenen Inhalt ihrer Nichtigkeitsklage, mithin den vorgebrachten
Nichtigkeitsgründen, nicht erheblich entgegengetreten. Eine auf den angeblich
neubestellten Geschäftsführer bezogene Handelsregisteranmeldung ist nicht ersichtlich.
Schließlich haben die Beteiligten zu 2. in der Rechtsmittelerwiderung unwidersprochen
vorgetragen, die angeblich bestellte Person habe das Amt bislang nicht angetreten.
Darauf, dass die betroffene GmbH durch Vertretung unterhalb der Ebene
organschaftlichen Handelns hinreichend am Rechts- und Geschäftsverkehr teilnehmen
und namentlich rechtsverbindlich Willenserklärungen abgeben könne, berufen sich die
Beteiligten zu 1. nicht; eine „Mitarbeiterin“ und „Dienstleister“ reichen hierfür nicht aus.
Insgesamt fehlt es somit an der notwendigen organschaftlichen Vertretung.
Durch die gerichtliche Entscheidung, einen Notgeschäftsführer zu bestellen, wird auch
nicht etwa lediglich ein Streit zwischen Gesellschaftern über die Person eines
Geschäftsführers geschlichtet. Vielmehr liegt zumindest aufgrund der in allen Teilen
überzeugenden Begründung der – nach mündlicher Verhandlung ergangenen –
einstweiligen Verfügung des Landgerichts Düsseldorf zutage, dass die Streitigkeiten um
die organschaftliche Vertretung lediglich Teil umfassender rechtlicher und wirtschaftlicher
Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familienstämmen unter den Gesellschaftern
sind; wegen dieser Lagerbildung ist die Sachlage im Ergebnis durchaus vergleichbar mit
derjenigen in einer Zweipersonen-GmbH mit untereinander zerstrittenen Beteiligten. Aus
diesem Grunde steht zumindest derzeit auch nicht zu erwarten, dass ein bestimmter
Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss mit der erforderlichen Mehrheit
bestandskräftig bestellt werden könnte. Welches Gewicht die Auseinandersetzungen in
ihrer Gesamtheit haben müssen, erschließt sich nicht zuletzt daraus, dass sich die
Beteiligten zu 1. noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren zur Beschränkung der
Rechtsverfolgung durch die Beteiligten zu 2. auf den Inhalt einer Gesellschafterliste
berufen, deren materielle Unrichtigkeit zumindest hinsichtlich der Beteiligten zu 2.
feststeht.
bb)
Dringlich ist diese Bestellung bereits deshalb, weil, wie zwischen den Beteiligten zu 1. und
2. letztlich auch nicht umstritten, die KG, deren Komplementärin betroffene GmbH ist, in
Dauerschuldverhältnissen – vor allem Mietverhältnissen – steht und ständig, damit auch
aktuell, nicht nur operative Maßnahmen zu treffen sind, sondern auch gegenüber
staatlichen Stellen – insbesondere Bauamt, Bauaufsichtsamt, Finanzamt und Gerichten –
aufzutreten ist und handelsrechtlichen Pflichten genügt werden muss .
d)
Eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Beteiligten zu 3. ist nicht geboten,
um dem Grundsatz der Erforderlichkeit Genüge zu tun. Eine Eingrenzung auf rein
operative Tätigkeiten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Notgeschäftsführer
gegenüber dem Registergericht tätig werden muss, nämlich zumindest im Hinblick auf die
Gesellschafterliste. Im operativen Bereich selbst sind die erforderlich werdenden
Geschäftsführungsmaßnahmen nicht im einzelnen absehbar.
e)
Schließlich ist die Auswahl des Beteiligten zu 3. durch das Registergericht fehlerfrei.
Konkrete Umstände, die gegen die fachliche Eignung des Beteiligten zu 3. – nicht nur für
das Fehlen einer besonderen Qualifizierung – sprächen, bringen die Beteiligten zu 1. nicht
vor, und die (für sich genommen unwidersprochenen) Ausführungen in der
Beschwerdeerwiderung (zu Ziffer III.) sprechen für das Gegenteil. Ebenso wenig zeigen
die Beteiligten zu 1. konkret nachvollziehbare und prüffähige Umstände auf, die objektiv
auch nur den Verdacht einer Geschäftsführung und Vertretung aus sachfremden Motiven
begründen könnten. Eine persönliche Nähe zu den Beteiligten zu 2. wird von den
Beteiligten zu 1. letztlich lediglich vermutet, dies einzig gestützt auf den Inhalt bereits der
Beschlussvorlage zur Gesellschafterversammlung vom April 2020. Zudem wäre eine
etwaige Nähe allenfalls dann zu beanstanden, wenn sie über gesellschaftliche Kontakte
deutlich hinausginge, wofür erst recht nichts vorliegt. Dies alles gilt umso mehr, als sich die
Beteiligten zu 2. im Verfahrensverlauf zum Zwecke einvernehmlicher Regelung auch zur
Bestellung konkreter anderer Personen bereit erklärt hatten.
Darüber hinaus rechtfertigt sich die Auswahl gerade auch deshalb, weil die
Notgeschäftsführerbestellung auf diese Weise im Ergebnis mit der intendierten
Beschlussfassung für die Gesellschafterversammlung vom April 2020 übereinstimmt, zu
der das Landgericht Düsseldorf in einer einstweiligen Verfügung ausgeführt hat, jene
Beschlüsse wären „bei richtiger Stimmzählung“ zustande gekommen, weil die Stimmen
des Familienstammes des (hiesigen) Beteiligten zu 1.b) nicht hätten mitgezählt werden
dürfen, wobei dahingestellt bleiben könne, ob die Beteiligte zu 1.a) oder der Beteiligte zu
1.b) Gesellschafter seien.
Nichts anderes ergibt sich schon nach dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 1. im
Schriftsatz vom 19. Januar 2021 (mithin ohne Berücksichtigung der Erwiderung im
Schriftsatz vom 25.Januar 2021) aus den bisher vom Beteiligten zu 3. entfalteten
Tätigkeiten. Die von den Beschwerdeführern geschilderten Vorkommnisse lassen
überwiegend bei objektiver Betrachtung bereits kein Handeln zum möglichen Nachteil der
betroffenen Gesellschaft und deren Gesellschafter erkennen, sondern erschöpfen sich in
Reibungen mit dem bisherigen Geschäftsführer. Soweit dem Beteiligten zu 3. in rechtlicher
(Kündigung des Anstellungsvertrages) oder tatsächlicher (Verschluss eines Büroraumes)
Hinsicht vereinzelt Irrtümer unterlaufen sein sollten, lassen sich diese unschwer und
folgenlos ausgleichen und dürften sich aller Wahrscheinlichkeit nach künftig nicht
wiederholen.
Der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. vom 8. Februar 2021
ist in dieser Entscheidung nicht berücksichtigt worden.
III.
Mit der vorliegenden – nach Ablauf der Beschwerdeerwiderungsfrist ergehenden und
daher von allen Beteiligten als möglich in Rechnung zu stellenden – Entscheidung hat sich
der Antrag der Beteiligten zu 1. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 64 Abs. 3
FamFG überholt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken
des § 100 Abs. 1 ZPO. Nach der erstgenannten Vorschrift soll das Gericht die Kosten
eines ohne Erfolg gebliebenen Rechtsmittels demjenigen Beteiligten auferlegen, der es
eingelegt hat. Besonderheiten sind im gegebenen Fall nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz
1 FamFG liegen nicht vor. Die entscheidungstragenden Erwägungen des Senats sind,
ausgehend von anerkannten Grundsätzen, rein auf den vorliegenden Einzelfall bezogen.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1, 67 Abs. 1 Nr.
1 GNotKG; Anlass für eine anderweitige Festsetzung wegen besonderer Umstände des
Einzelfalles nach
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:10.02.2021
Aktenzeichen:3 Wx 5/21
Rechtsgebiete:
Verein
Kostenrecht
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG §§ 16 Abs. 1, 46 Nr. 5; BGB § 29