BGH 15. Juni 2021
II ZB 25/17
HGB § 12 Abs. 2; BeurkG § 39a; BGB § 126a

Anforderungen an das „elektronische Zeugnis“ i. S. d. § 12 Abs. 2 HGB; Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur eines Notars

letzte Aktualisierung: 13.7.2021
BGH, Beschl. v. 15.6.2021 – II ZB 25/17

HGB § 12 Abs. 2; BeurkG § 39a; BGB § 126a
Anforderungen an das „elektronische Zeugnis“ i. S. d. § 12 Abs. 2 HGB; Erfordernis der
qualifizierten elektronischen Signatur eines Notars

Die Anmeldung einer Eintragung in das Handelsregister ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis eines Notars gemäß § 39a BeurkG
elektronisch einzureichen. Die Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des
Ausstellers der Anmeldung gemäß § 126a BGB reicht nicht aus.

Gründe:

A.

Die Beteiligte ist eine am 30. Oktober 2013 in das Handelsregister des
Companies House für England und Wales in Cardiff eingetragene private
company limited by shares (im Folgenden: Limited) mit satzungsmäßigem Sitz
im Vereinigten Königreich. Sie hat im März 2014 beim Amtsgericht
- Registergericht - Frankfurt am Main die Eintragung einer Zweigniederlassung
in das Handelsregister angemeldet. Die Übersendung der Anmeldung erfolgte
auf elektronischem Weg mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des
directors und alleinigen Gesellschafters der Beteiligten.

Das Registergericht hat der Beteiligten mit Zwischenverfügung vom
11. Juni 2014 mitgeteilt, der Anmeldung könne nicht entsprochen werden, weil
sie nicht mit dem nach § 39a BeurkG i.V.m. § 12 Abs. 2 HGB erforderlichen
elektronischen Zeugnis versehen sei, der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten in
öffentlich beglaubigter Form nebst Übersetzung nicht beigefügt sei, die Höhe
des Stammkapitals der Beteiligten nicht angegeben werde und es an der Versicherung
des directors der Beteiligten über seine Belehrung betreffend seine
unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht betreffend etwaige Bestellungshindernisse
gemäß § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3
GmbHG fehle.

Das Beschwerdegericht (OLG Frankfurt/Main, ZIP 2018, 686) hat die Beschwerde
der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung mit Beschluss vom
8. August 2017 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Registergericht
hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages nicht die Vorlage der unverändert von
der Beteiligten als Satzung (constitution) übernommenen model articles nach
den Companies (Model Articles) Regulations 2008 verlangen könne. Dagegen
wendet sich die Beteiligte mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde.

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 14. Mai 2019 ausgesetzt
und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung
über die Vereinbarkeit der Verpflichtungen zur Angabe des Stammkapitals nach
§ 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG und zur Versicherung über die
Belehrung zur Auskunftspflicht über etwaige Bestellungshindernisse nach § 13g
Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 HGB mit Art. 30 der Richtlinie (EU)
2017/1132 (im Folgenden: Gesellschaftsrechtsrichtlinie) und mit Art. 49, 54
AEUV vorgelegt. Nach dem Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der
Europäischen Union und des Ablaufs der im Austrittsabkommen bis zum
31. Dezember 2020 vereinbarten Übergangsfrist hat er die Aussetzung mit Beschluss
vom 16. Februar 2021 (ZIP 2021, 566) wieder aufgehoben.

B.

Die statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen
Erfolg.

I. Die Rechtsbeschwerde ist insgesamt statthaft und zulässig gemäß
§ 70 Abs. 1, § 382 Abs. 4 Satz 2, §§ 71 f. FamFG.

1. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 1
FamFG unbeschränkt zugelassen. Der Tenor des Beschlusses enthält keine
Beschränkung auf eine oder mehrere Beanstandungen des Registergerichts.
Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Begründung des Beschwerdegerichts,
die Rechtsbeschwerde sei "schon deswegen" wegen grundsätzlicher
Bedeutung zuzulassen, weil die Frage, ob das Registergericht die Vorlage des
memorandum of association nebst beglaubigter Übersetzung verlangen könne,
klärungsbedürftig sei. Dem ist jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit zu
entnehmen, dass das Beschwerdegericht damit die Zulassung auf diese Beanstandung
beschränken und nicht nur den nach seiner Auffassung maßgeblichen
Zulassungsgrund angeben wollte (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017
- II ZR 16/16, ZIP 2017, 2379 Rn. 9; Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01,
BGHZ 153, 358, 361).

2. Die Zwischenverfügung des Registergerichts ist nach § 382 Abs. 4
Satz 2 FamFG mit der Beschwerde und folglich - bei Zulassung durch das Beschwerdegericht
- auch mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar.

Form und Frist der Rechtsbeschwerde (§§ 71 f. FamFG) sind gewahrt.
Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten für die Rechtsbeschwerde folgt aus der
Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts (vgl.
BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 - II ZB 26/19, ZIP 2020, 1658 Rn. 12 mwN).
II. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Zurückweisung
der Beschwerde der Beteiligten durch das Beschwerdegericht ist rechtlich nicht
zu beanstanden.

1. Das Beschwerdegericht ist in formeller Hinsicht zutreffend davon ausgegangen,
dass sämtliche Beanstandungen des Registergerichts Gegenstand
einer Zwischenverfügung im Sinn von § 382 Abs. 4 FamFG sein können. Die
Beanstandungen betreffen keine unbehebbaren Mängel und verlangen keine
inhaltliche Abänderung der eingereichten Anmeldung, sondern nur deren Vervollständigung
durch Ergänzungen in formeller oder inhaltlicher Hinsicht (vgl.
dazu Krafka/Kühn, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 166b; BeckOK FamFG/Otto,
Stand: 1. Januar 2021, § 382 Rn. 71 mwN). Da die Beteiligte jedenfalls damals
als rechtsfähige Gesellschaft britischen Rechts anzuerkennen war, konnte die
von ihr beantragte Eintragung einer Zweigniederlassung bei Behebung der vom
Registergericht beanstandeten Mängel auch vollzogen werden.

2. Die Einwände der Beteiligten gegen die Beanstandungen des Registergerichts
greifen in der Sache nicht durch.

a) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Eintragungsanmeldung
der Beteiligten nach § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gemäß § 39a
BeurkG einzureichen ist und die Übersendung mit der qualifizierten elektronischen
Signatur ihres directors nicht ausreicht.

aa) Für das inländische Registerverfahren und damit auch für die Eintragung
einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in das Handelsregister
gilt deutsches Registerverfahrensrecht (vgl. BGH, Beschluss vom
7. Mai 2007 - II ZB 7/06, BGHZ 172, 200 Rn. 6, 12 mwN). Danach sind Anmeldungen
zur Eintragung in das Handelsregister gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB
elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen.

bb) Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12. März 2014 ist zwar
gemäß § 129 Abs. 1 BGB öffentlich beglaubigt. Sie ist schriftlich abgefasst, von
ihrem director und alleinigen Gesellschafter eigenhändig unterzeichnet und
dessen Unterschrift durch einen Ortsgerichtsvorsteher öffentlich beglaubigt
(§ 63 BeurkG in der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung vom 28. August
1969 [BGBl. I S. 1513] i.V.m. § 13 des hessischen Ortsgerichtsgesetzes,
GVBl I 1980, 114).

Die Anmeldungserklärung wurde aber nicht in der nach § 12 Abs. 1
Satz 1 HGB vorgeschriebenen elektronischen Form beim Registergericht eingereicht,
weil sie nicht gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen
elektronischen Zeugnis gemäß § 39a BeurkG versehen war.

Die Auffassung der Beteiligten, die Übersendung der Anmeldungserklärung
mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors gemäß § 126a
Abs. 1 BGB sei ausreichend, weil § 126a Abs. 1 BGB die nach § 12 Abs. 1
Satz 1 HGB vorgeschriebene elektronische Form abschließend regele und die
Formvorschrift des § 12 Abs. 2 HGB nur für etwaige Anlagen zur Anmeldung
gelte, trifft nicht zu.

§ 126a Abs. 1 BGB betrifft nur den Fall, dass eine eigentlich in schriftlicher
Form (§ 126 BGB) abzufassende Erklärung stattdessen in elektronischer
Form abgegeben werden soll. Er regelt mithin die bei der Erstellung der elektronischen
Erklärung einzuhaltende Form, nicht aber die weitere Frage, welche
Form bei der anschließenden elektronischen Übermittlung dieser Erklärung zu
wahren ist. Diese Frage wird für die elektronische Übermittlung von Eintragungsanmeldungen
an das Registergericht von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Satz 2 Halbsatz 2 HGB beantwortet. Danach ist für die elektronische Einreichung
eines notariell beurkundeten Dokuments oder einer öffentlich beglaubigten
Abschrift - mithin auch für die öffentlich beglaubigte Anmeldungserklärung
der Beteiligten - beim Registergericht ein einfaches elektronisches Zeugnis gemäß
§ 39a BeurkG erforderlich (vgl. MünchKommHGB/Krafka, 5. Aufl., § 12
Rn. 19 f.; Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl., § 12 Rn. 60 f., 67, 69; BeckOK
HGB/Müther, Stand: 15. April 2021, § 12 Rn. 9, 33).

Anders als die Beteiligte meint, ist § 12 Abs. 2 HGB nicht nur auf Dokumente
anwendbar, die als Anlagen zur Anmeldung einzureichen sind, sondern
auch auf die Anmeldung selbst. Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 HGB gibt für eine
Unterscheidung zwischen der Anmeldung und deren Anlagen keinen Anhalt.

Vielmehr gilt die Vorschrift generell für "Dokumente", worunter nach allgemeinem
Sprachgebrauch auch die schriftlich verfasste Anmeldungserklärung zu
fassen ist. Dass § 12 Abs. 1 HGB bereits Regelungen zur Anmeldungserklärung
und deren Einreichung enthält, lässt nicht den Schluss zu, dass diese Regelungen
abschließend und die weiteren Formvorschriften des § 12 Abs. 2 HGB
auf die Anmeldungserklärung nicht anwendbar sein sollten. Vielmehr erfordert
die Funktion des Handelsregisters, insbesondere die mit einer dortigen Eintragung
verbundene Publizitätswirkung, eine besondere Richtigkeitsgewähr bei
der elektronischen Übermittlung der Anmeldung, die allein durch § 12 Abs. 1
Satz 1 HGB nicht sichergestellt wäre. Die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene
öffentliche Beglaubigung der Anmeldung dient lediglich dem Nach-
weis, dass diese Erklärung von einer bestimmten Person abgegeben wurde.
Sie besagt aber noch nichts darüber, ob diese (öffentlich beglaubigte) Anmeldungserklärung
in Papierform auch inhaltlich mit dem Dokument übereinstimmt,
das anschließend elektronisch bei Gericht eingereicht wird. Dieser "Medienwechsel"
von der Anmeldung in Papierform zur Anmeldung in elektronischer
Form erfordert eine zusätzliche Bestätigung der inhaltlichen Übereinstimmung
des Papierdokuments mit dem elektronisch übermittelten Dokument. Hierfür
bedarf es in Anbetracht der Publizitäts-, Verkehrsschutz- und Informationsfunktion
des Handelsregisters einer besonderen Richtigkeitsgewähr, für die die Bestätigung
durch einen unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes gemäß
§ 39a BeurkG geboten ist.

b) Ohne Erfolg wendet sich die Beteiligte weiter gegen die Annahme des
Beschwerdegerichts, dass sie nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB zwar nicht
zur Vorlage der von ihr unverändert als Satzung übernommenen model articles,
wohl aber ihres memorandum of association in öffentlich beglaubigter Abschrift
nebst beglaubigter Übersetzung verpflichtet ist.

aa) Das Beschwerdegericht hat hierzu ausgeführt, da die Beteiligte einer
deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbar sei, gelte für sie
auch die Verpflichtung zur Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abschrift ihres
Gesellschaftsvertrags nebst Übersetzung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
HGB. Bei einer englischen Limited bestehe der Gesellschaftsvertrag nach dem
Companies Act 2006 (CA 2006) aus dem memorandum of association (Sec. 8
CA 2006), dem die Funktion einer Gründungsurkunde zukomme, und den nunmehr
als constitution bezeichneten articles of association (Sec. 17 CA 2006),
die den eigentlichen Satzungsinhalt enthielten. Von der Vorlage ihrer articles of
association sei die Beteiligte allerdings befreit, weil sie insoweit die für ihren
Gesellschaftstyp in den Companies (Model Articles) Regulations 2008 normierten
model articles unverändert übernommen habe. Bei diesen model articles
handele es sich um kodifiziertes englisches Recht und damit um ausländische
Rechtsvorschriften, deren Vorlage seitens des Gerichts nicht verlangt werden
könne. Anderes gelte jedoch für das memorandum of association, das trotz seines
in Sec. 8 CA 2006 gesetzlich vorgegebenen Inhalts bereits aufgrund der
darin enthaltenen Angabe der Zeichner und der von ihnen übernommenen Anteile
als individuelle Gründungsurkunde der Gesellschaft anzusehen sei.

bb) Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

(1) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft
den §§ 13d ff. HGB als lex fori unterliegt und die Beteiligte als private
company limited by shares einer GmbH vergleichbar ist (vgl. BGH, Beschluss
vom 7. Mai 2007 - II ZB 7/06, BGHZ 172, 200 Rn. 6), so dass auf ihre Anmeldung
§ 13d, § 13e und § 13g HGB entsprechend anwendbar sind. Danach sind
der Anmeldung u.a. gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB der Gesellschaftsvertrag
in öffentlich beglaubigter Abschrift und, sofern er nicht in deutscher
Sprache erstellt ist, eine beglaubigte Übersetzung beizufügen.

(2) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts erfüllt das
memorandum of association nach Sec. 8 CA 2006 in erster Linie die Funktion
der Gründungsurkunde der Beteiligten und ist damit Teil ihres Gesellschaftsvertrags.
An diese Feststellungen des Beschwerdegerichts, die das Bestehen und
den Inhalt des englischen materiellen Rechts betreffen, ist das Rechtsbeschwerdegericht
gebunden (§ 72 Abs. 3 FamFG, § 560 ZPO; vgl. BGH,
Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 13 ff.). Eine auf
eine rechtsfehlerhafte Ermittlung des englischen Rechts gestützte Verfahrensrüge
hat die Beteiligte nicht erhoben. Ausgehend davon ist das memorandum of
association der Beteiligten gemäß § 13g Abs. 2 Satz 1 HGB bei der Anmeldung
in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung vorzulegen.
(3) Dagegen macht die Beteiligte ohne Erfolg geltend, auch das
memorandum of association komme einer ausländischen Rechtsvorschrift
gleich, deren Vorlage in beglaubigter Abschrift nebst Übersetzung grundsätzlich
nicht verlangt werden könne.

Die von der Beteiligten insoweit in Bezug genommene obergerichtliche
Rechtsprechung (OLG Zweibrücken, GmbHR 2009, 147, 148; OLG Hamm,
ZIP 2011, 867, 868) betrifft nicht das memorandum of association einer englischen
Limited, sondern deren articles of association. Die dieser Rechtsprechung
zugrundeliegenden Erwägungen sind auf das memorandum of association
auch nicht übertragbar. Danach ist die Vorlage einer beglaubigten Abschrift
der articles of association nebst beglaubigter Übersetzung entbehrlich, wenn
sich die Gesellschaft für die vollständige Geltung der model articles of association
entschieden hat, die in den Companies (Model Articles) Regulations 2008
für jeden Gesellschaftstyp gesetzlich normiert sind und die gemäß Sec. 20 CA
2006 subsidiär zur Anwendung kommen, wenn die Gesellschaft keine articles of
association hat. Begründet wird dies damit, dass es sich bei den model articles
of association um eine Mustersatzung handele, welche gesetzestechnisch dem
englischen Gesellschaftsrecht vergleichbar einer Rechtsverordnung beigegeben
sei und dispositives Recht enthalte, das materiell rechtlich eine den Bestimmungen
im zweiten und dritten Abschnitt des GmbHG vergleichbare Kodifikation
darstelle. Es handele sich somit um ausländische Rechtsvorschriften, die
das Registergericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht selbst festzustel-
len habe (ebenso Krafka/Kühn, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 322b; Bayer in
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. zu § 4a Rn. 32 mwN;
MünchHdbGesR VI/Kienle, 4. Aufl., § 21 Rn. 19; MünchHdbGesR VI/Süß,
4. Aufl., § 47 Rn. 189; Just/Müller, EWiR 2018, 269, 270; aA Mödl, RNotZ 2008,
1, 11 unter Verweis auf Wachter, ZNotP 2005, 122, 129).

Dem memorandum of association kommt indes kein vergleichbarer
Rechtsnormcharakter zu. Die Beteiligte weist zwar zutreffend darauf hin, dass
Inhalt und Form des memorandum of association durch Sec. 8 CA 2006 gesetzlich
vorgeschrieben sind. Zutreffend ist auch, dass das vom Companies House
gemäß den Companies (Registration) Regulations 2008 Nr. 3014 vorgegebene
Muster der model articles als einzig individualisierende Angabe die Eintragung
der Namen der Zeichner und ihre Unterschrift vorsieht. Das ändert aber nichts
daran, dass es sich - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat -
immer noch um eine individuelle Erklärung der jeweiligen Zeichner über ihren
Willen zur Gründung einer Gesellschaft handelt. Auch wenn der Inhalt dieser
Erklärung standardisiert und formularmäßig vorgegeben ist, ist sie gleichwohl
ohne die individuelle Ergänzung der Zeichner unvollständig und kann ihr kein
abstrakt genereller Regelungsgehalt entnommen werden, der möglicherweise
eine Gleichstellung mit einer ausländischen Rechtsvorschrift rechtfertigen könnte.

(4) Entgegen der Ansicht der Beteiligten ist die Vorlage einer beglaubigten
Übersetzung des memorandum of association auch nicht deshalb entbehrlich,
weil sie - die Beteiligte - und die Mitglieder des zuständigen Gerichts der
englischen Sprache hinreichend mächtig sind. Die persönlichen Sprachkenntnisse
der am Eintragungsverfahren unmittelbar Beteiligten sind im Hinblick auf
die Publizitätsfunktion des Handelsregisters für die Übersetzungsverpflichtung
nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB nicht ausschlaggebend. Die Registerpublizität
bezweckt den Schutz von Gläubigern und Rechtsverkehr u.a.
dadurch, dass der inländische Geschäftsverkehr sich ein Bild von den wesentlichen
Verhältnissen der Gesellschaft machen kann. Dafür ist die Übersetzung
öffentlich einsehbarer Dokumente, die in ausländischer Sprache abgefasst sind,
mithin auch des im öffentlich einsehbaren Registerordner aufgenommenen Gesellschaftsvertrags
erforderlich.

(5) Die Verpflichtung zur Vorlage des memorandum of association in öffentlich
beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung verstößt entgegen
der Ansicht der Beteiligten schließlich nicht gegen die Vorgaben der Richtlinie
(EU) 2017/1132 des Europäischen Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte
Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30. Juni 2017, S. 46; im
Folgenden: Gesellschaftsrechtsrichtlinie) betreffend die Offenlegung von Angaben
und Urkunden von Zweigniederlassungen, die am 20. Juli 2017 in Kraft und
an die Stelle der bisherigen Regelungen der Elften Richtlinie 89/666/EWG des
Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen
(ABl. L 395 vom 30. Dezember 1989, S. 36; im Folgenden: Zweigniederlassungsrichtlinie)
getreten ist.

(a) Wie im Beschluss des Senats vom 16. Februar 2021 (ZIP 2021, 566
Rn. 8) bereits ausgeführt, gehört die Beteiligte nach dem Austritt des Vereinigten
Königreichs aus der Europäischen Union und dem Ablauf des im Austrittsabkommen
vereinbarten Übergangszeitraums nicht mehr zu den Gesellschaften
aus anderen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 29, sondern zu den Gesellschaften
aus einem Drittstaat im Sinne von Art. 36 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie,
deren Offenlegungspflichten in Art. 37 ff. der Richtlinie geregelt sind. Nach
Art. 37 Buchstabe e) der Gesellschaftsrechtsrichtlinie erstreckt sich diese Offen-
legungspflicht u.a. mindestens auf den Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand
eines gesonderten Aktes ist, die Satzung sowie jede Änderung dieser Unterlagen.
Nach Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Buchstabe a) der Richtlinie sind der offenzulegende
Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten
Aktes ist, die Satzung in einer der Sprachen zu erstellen und zu hinterlegen, die
nach der Sprachregelung des Mitgliedstaates, in dem die Akte angelegt wird,
zulässig sind; zudem können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Übersetzung
dieser Urkunden und Angaben zu beglaubigen ist.

(b) Danach kann hier auch die Offenlegung des memorandum of
association der Beteiligten nebst beglaubigter Übersetzung in die deutsche
Sprache verlangt werden, da es sich hierbei nach den oben genannten bindenden
Feststellungen des Beschwerdegerichts um die Gründungsurkunde der
Beteiligten, d.h. einen Teil ihres Gesellschaftsvertrags und damit auch einen
Teil ihres Errichtungsakts im Sinn der Richtlinie handelt.
(c) Der weitere Einwand der Beteiligten, das Verlangen nach einer beglaubigten
Übersetzung des memorandum of association verstoße als nicht
mehr gerechtfertigte Behinderung der Niederlassungsfreiheit gegen die Gesellschaftsrechtsrichtlinie
bzw. gegen Art. 49, 54 AEUV, weil der Inhalt des
memorandum of association als behördlich vorgegebene Mustererklärung mit
gesetzlich festgeschriebenem Inhalt, deren einzig individuelle Angabe im
Namen der/s Zeichner/s bestehe, auch ohne Übersetzung unschwer zu verstehen
sei, greift bereits deshalb nicht, weil die Beteiligte sich nicht mehr auf die
Niederlassungsfreiheit berufen kann (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2021
- II ZB 25/17, ZIP 2021, 566 Rn. 7 ff.).

c) Keinen Erfolg hat die Beschwerde der Beteiligten auch, soweit sie sich
gegen Beanstandung der fehlenden Angabe des Stammkapitals gemäß § 13g
Abs. 1, Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG in Form des issued share
capital wendet.

Anders als die Beteiligte meint, hat das Beschwerdegericht nach § 13g
Abs. 1, Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG nicht die Angabe des Nennwerts
eines Gesellschaftsanteils bei der Anmeldung ihrer Zweigniederlassung
verlangt, sondern die Angabe des sogenannten issued share capital, d.h. des
von den Gesellschaftern gezeichneten Kapitals für erforderlich gehalten. Dagegen
ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts zu erinnern.

aa) Gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG ist bei
der Eintragung der Errichtung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft
mit beschränkter Haftung u.a. die Höhe des Stammkapitals der Gesellschaft
anzugeben. Für die Beteiligte folgt daraus die Verpflichtung zur Angabe
eines Kapitalbetrages, dessen Funktion nach englischem Recht derjenigen
des Stammkapitals einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung
vergleichbar ist.

bb) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts kommt nach englischem
Recht bei einer englischen Limited dem von den Gesellschaftern gezeichneten
Kapital, d.h. dem issued share capital, eine dem Stammkapital einer
deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprechende Funktion zu,
weil dieses Kapital für die Haftung der Gesellschaft und die englischen Kapitalerhaltungsvorschriften
allein maßgeblich sei. Diese Feststellung zum ausländischen
Recht ist für das Rechtsbeschwerdegericht bindend (vgl. BGH,
Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 13 ff.). Eine auf
eine rechtsfehlerhafte Ermittlung des englischen Rechts gestützte Verfahrensrüge
hat die Beteiligte insoweit nicht erhoben.

cc) Die Anforderung der Angabe des issued share capital ist mit den Offenlegungsvorschriften
der Gesellschaftsrechtsrichtlinie für Zweigniederlassungen
von Gesellschaften aus Drittstaaten vereinbar, da diese nach Art. 37 f) der
Richtlinie bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung u.a. "mindestens jährlich
den Betrag des gezeichneten Kapitals" anzugeben haben.

d) Ohne Erfolg wendet sich die Beteiligte schließlich dagegen, dass das
Registergericht die fehlende Versicherung ihres directors über seine Belehrung
gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG beanstandet
hat.

aa) Nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG
haben die Geschäftsführer der Gesellschaft bei der Anmeldung nicht nur zu
versichern, dass keines der in § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG genannten Bestellungshindernisse
in ihrer Person besteht, sondern auch, dass sie über ihre unbeschränkte
Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die
Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12. März 2014 enthielt nur die Versicherung
ihres directors über das Nichtbestehen von Bestellungshindernissen,
nicht aber über seine Belehrung gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG.

bb) Diese fehlende eigene Versicherung ihres directors ist entgegen der
Ansicht der Beteiligten auch nicht dadurch entbehrlich geworden, dass ihre verfahrensbevollmächtigte
Rechtsanwältin im Beschwerdeverfahren bestätigt hat,
den director der Beteiligten entsprechend § 8 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 53 BZRG
belehrt zu haben.

Auch wenn die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten als Rechtsanwältin
als Vertreterin eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs im Sinn von
§ 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG anzusehen sein sollte, reicht ihre Versicherung, die
Belehrung vorgenommen zu haben, nicht aus. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG
bedarf es der persönlichen Erklärung des belehrten Geschäftsführers; die Versicherung
der ihn belehrenden Person genügt danach nicht (vgl. Servatius in
Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 8 Rn. 11; Bayer in Lutter/Hommelhoff,
GmbHG, 20. Aufl., § 8 Rn. 16 mwN). Das ist auch im Hinblick auf die Strafbewehrung
einer falschen Versicherung nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG folgerichtig.

Außerdem hat die Versicherung, belehrt worden zu sein, "in der Anmeldung"
zu erfolgen und unterliegt damit ebenfalls der Form des § 12 Abs. 1
Satz 1 HGB (vgl. OLG München, ZIP 2010, 1494 Rn. 8; Krafka/Kühn,
Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 963). Danach ist die Eintragungsanmeldung in öffentlich
beglaubigter Form einzureichen. Auch diese Voraussetzung ist bei der
Erklärung der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten im Beschwerdeverfahren
nicht erfüllt.

cc) Schließlich verstößt die Verpflichtung des directors der Beteiligten zur
Versicherung einer Belehrung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m.
§ 8 Abs. 3 GmbHG nicht gegen Europarecht.

Hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Gesellschaftsrechtsrichtlinie
kann offenbleiben, ob diese Verpflichtung zur Abgabe einer persönlichen
Erklärung überhaupt vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst
wird. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat dies in seinen
Schlussanträgen vom 14. Oktober 2020 zu der diesbezüglichen Vorlagefrage
des Senats - betreffend die Offenlegungspflichten von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten
der Europäischen Union - verneint (Rechtssache C-469/19, ABl. C,
S. 328 = BeckRS 2020, 37167 Rn. 48 ff., 99 Nr. 1 - All in One Star Limited); der
Europäische Gerichtshof hat darüber aufgrund der Aufhebung des Vorlage- und
Aussetzungsbeschlusses durch den Senat nicht mehr entschieden.

Auch wenn man von der Anwendbarkeit der Gesellschaftsrechtsrichtlinie
ausgeht, ist die Beanstandung des Registergerichts nicht richtlinienwidrig. Zwar
enthält Art. 37 der Richtlinie keine ausdrückliche Regelung zur Abgabe einer
Versicherung entsprechend § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG
bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung von Gesellschaften aus Drittstaaten.

Anders als Art. 30 der Richtlinie in Bezug auf die Vorgaben für Anmeldungen
von Gesellschaften aus einem Mitgliedstaat ("Die Pflicht zur Offenlegung …
erstreckt sich lediglich auf …") ist Art. 37 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie jedoch
nicht abschließend, sondern beschränkt sich bereits seinem Wortlaut nach
ausdrücklich auf Mindestangaben ("Die Pflicht zur Offenlegung … erstreckt sich
mindestens auf …"; vgl. Otte-Gräbener, NZG 2019, 934, 936). Danach steht es
den Mitgliedstaaten nach der Richtlinie grundsätzlich frei, bei Gesellschaften
aus Drittstaaten über die in Art. 37 genannten Mindestangaben hinaus weitere
Offenlegungsmaßnahmen vorzusehen.

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung
nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, da diese Auslegung von Art. 37
der Gesellschaftsrechtsrichtlinie in Anbetracht des Wortlauts der Regelung derart
offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel daran
besteht (acte clair; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81,
Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257, 1258, Rn. 13 f. - C.I.L.F.I.T.).

III. Da die Rechtsbeschwerde gegen die allein verfahrensgegenständliche
Zwischenverfügung zurückzuweisen ist, hatte der Senat keine Veranlassung,
darüber zu befinden, ob die übrigen Voraussetzungen für die begehrte
Eintragung einer Zweigniederlassung einer britischen Limited nach dem Austritt
des Vereinigten Königsreichs aus der Europäischen Union und dem Ablauf der
im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist noch vorliegen, und dazu
die weder festgestellten noch den Akten zu entnehmenden tatsächlichen Verhältnisse
der Beteiligten zu ermitteln.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

15.06.2021

Aktenzeichen:

II ZB 25/17

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Beurkundungsverfahren
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

HGB § 12 Abs. 2; BeurkG § 39a; BGB § 126a