OLG Düsseldorf 12. August 2022
3 Wx 71/22
BGB §§ 2198 Abs. 1, 2199 Abs. 2, 2227; FamFG § 59 Abs. 2

Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers nicht durch Ausübung einer vom Erblasser zugleich erteilten Generalvollmacht ausgeschlossen

letzte Aktualisierung: 16.11.2022
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.8.2022 – 3 Wx 71/22

BGB §§ 2198 Abs. 1, 2199 Abs. 2, 2227; FamFG § 59 Abs. 2
Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers nicht durch Ausübung einer vom Erblasser
zugleich erteilten Generalvollmacht ausgeschlossen

1. Hat der Erblasser seiner Ehefrau das „beim Erbfall bewohnte Wohnhaus“ als Vorausvermächtnis
zugewendet und sind die Eheleute aufgrund der Pflegebedürftigkeit des Erblassers zu ihren
Töchtern gezogen, erfordert die Inanspruchnahme des Vorausvermächtnisses, dass der Umzug aus
dem ehelichen Haus nach dem Willen der Eheleute nur vorübergehend sein sollte und die Ehefrau
noch im Zeitpunkt des Erbfalles die Absicht hat, in ihr früheres Wohnhaus zurückzukehren.
2. Von dem Vermächtniszweck ist es nicht gedeckt, wenn der überlebende Ehegatte im Zeitpunkt
des Erbfalles eine andere Unterkunft gefunden hat und ein Rückgriff auf die ehemals eheliche
Wohnung völlig ungewiss ist.
3. Ein Fehlverhalten des zum Testamentsvollstrecker berufenen Miterben im Sinne von § 2227 BGB
scheidet nicht deshalb aus, weil der Testamentsvollstrecker Handlungen zur Auseinandersetzung des
Nachlasses unter Inanspruchnahme einer ihm vom Erblasser über dessen Tod hinaus erteilten
Generalvollmacht veranlasst.
4. Enthält die Generalvollmacht Vorgaben zur Nachlassverwaltung oder Nachlassauseinandersetzung
und hat sich der Bevollmächtigte im Rahmen dieser Vorgaben gehalten, ist dies bei der
Beurteilung möglicher Entlassungsgründe zu berücksichtigen.
5. Misstrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung als Testamentsvollstrecker kann es begründen,
wenn dieser haltlose Forderungen reklamiert oder seine Testamentsvollstreckerleistungen pauschal
mit einem weit übersetzen Betrag abrechnet.
6. Hat der Erblasser dem Testamentsvollstrecker bei der Verwaltung und Auseinandersetzung des
Nachlasses einen weiten Handlungs- und Entscheidungsspielraum zugebilligt, andererseits aber
durch dezidierte Vorgaben zum Ausdruck gebracht, dass für ihn die wertmäßig exakte Aufteilung
seines Nachlasses unter den Miterben von großer Bedeutung ist, führen Verfehlungen des
Testamentsvollstreckers, die auf eine erhebliche Schädigung der Miterben gerichtet waren, zu seiner
Entlassung.

Gründe

I.
Die Beteiligte zu 1. ist aufgrund gemeinschaftlichen Testaments vom 19. Juli 1991 (GA 12
ff.) zur Testamentsvollstreckerin nach dem Tod ihres vorverstorbenen Ehemannes berufen.
In der letztwilligen Verfügung der Eheleute heißt es dazu:

„5. Abwicklungstestamentsvollstreckung
Der Zuerstversterbende von uns ordnet für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung an
und bestimmt den überlebenden Ehegatten zu seinem Testamentsvollstrecker. Der
Testamentsvollstrecker hat den Nachlass abzuwickeln und die Vermächtnisse zu erfüllen.
Er ist berechtigt, den Nachlass unter den Erben nach seinem billigen Ermessen zu teilen.
Dem Testamentsvollstrecker stehen alle Rechte und Befreiungen zu, die nach dem Gesetz
zulässig sind. Insbesondere ist er in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass
nicht beschränkt und vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit.“
Die Beteiligte zu 1. hat das Amt der Testamentsvollstreckerin mit notarieller Urkunde vom
17. Januar 2019, beim Nachlassgericht eingegangen am 23. Januar 2019, angenommen
(…….); ihr ist am 12. November 2019 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden
(……).
Der Beteiligten zu 1. (und den Beteiligten zu 2. und zu 3.) ist darüber hinaus vom Erblasser
durch notarielle Urkunde vom 16. Februar 2018 (……..) Generalvollmacht in allen
persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten und über den Tod des
Vollmachtgebers hinaus eingeräumt worden. In der Notarurkunde ist klargestellt, dass die
Vollmacht im Innenverhältnis nur verwendet werden soll, wenn der Erblasser aufgrund
einer körperlichen oder psychischen Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage
ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen oder wenn er den Bevollmächtigten
ausdrücklich beauftragt.

Die Beteiligten zu 2. bis zu 5. sind die ehelichen Abkömmlinge der Eheleute. Sie sind
neben der Beteiligten zu 1., auf die eine hälftige Erbquote entfällt, testamentarisch zu
jeweils 1/8 als Erben des Erblassers eingesetzt. Ein gemeinschaftlicher Erbschein mit
diesem Inhalt ist am 12. November 2019 erteilt worden (…….).

Soweit vorliegend von Interesse, enthält das gemeinschaftliche Testament außerdem die
folgenden Bestimmungen:

„2. Vorausvermächtnis zugunsten des überlebenden Ehegatten
Der Zuerstversterbende von uns wendet dem Überlebenden im Wege des
Vorausvermächtnisses zu:

a) das von uns beim Erbfall bewohnte Wohnhaus oder die in diesem Zeitpunkt von uns
bewohnte Eigentumswohnung, soweit diese Immobilie dem Zuerstversterbenden von uns
gehört,
b) …….
……….

4. Übernahmerecht für den überlebenden Ehegatten
Der überlebende Ehegatte ist nach seinem freien Ermessen berechtigt, jederzeit den
Nachlass oder einzelne Nachlassgegenstände in sein Alleineigentum gegen Vergütung
des Verkehrswertes der übernommenen Vermögenswerte zu übernehmen. Kommt eine
Einigung über den Verkehrswert nicht zustande, so wird dieser ermittelt
a) bei Immobilien
von dem örtlich zuständigen Gutachterausschuss nach dem Baugesetzbuch
b) bei anderen Gegenständen
von einem Sachverständigen, der auf Antrag eines Erben von der Industrie- und
Handelskammer Düsseldorf bestimmt wird.

Nutzen, Lasten und Gefahren für die übernommenen Gegenstände gehen mit der
Ausübung des Übernahmerechts auf den überlebenden Ehegatten über. Der
Übernahmepreis ist innerhalb von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt in den Nachlass zu
zahlen, und zwar ohne Verzinsung bis dahin, soweit keine Verrechnung im Rahmen einer
ganzen oder teilweisen Erbauseinandersetzung erfolgt.“

Mit Schreiben vom 24. Juni 2020 hat die Beteiligte zu 5. die Entlassung der Beteiligten zu
1. als Testamentsvollstreckerin beantragt. Sie meint, diese sei aus gesundheitlichen
Gründen zur Ausübung des Amtes nicht mehr in der Lage und habe überdies in
mehrfacher Hinsicht ihre Pflichten als Testamentsvollstreckerin verletzt. Zu Unrecht habe
die Beteiligte zu 1. in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin das Hausgrundstück
„K…….. in D…….“ als Vorausvermächtnis in Anspruch genommen und den auf den
Erblasser entfallenden Miteigentumsanteil mit notariellem Vertrag vom 17. Januar 2019
(……) auf sich selbst übertragen. Bei Eintritt des Erbfalles im Dezember 2018 habe es sich
nicht mehr um das vom Erblasser und seiner Ehefrau bewohnte Haus gehandelt, weil
beide bereits viele Monate zuvor im September oder Oktober 2017 aufgrund der
Pflegbedürftigkeit des Erblassers in das Haus der Beteiligten zu 2. und zu 3. in N….,
P………, gezogen seien und die Beteiligte zu 1. dort bis heute lebe. Darüber hinaus habe
die Beteiligte zu 1. die im Alleineigentum des Erblassers stehende Immobilie „B…. in
D……“ durch notariellen Vertrag vom 16. Juli 2019 in Ausübung der Generalvollmacht des
Erblassers unter Wert und ohne die Einholung eines Wertgutachtens zu einem Kaufpreis
von 850.000 Euro auf sich übertragen (…….). Den Kaufpreis habe die Beteiligte zu 1. zwar
auf ein neu errichtetes Konto bei der Commerzbank eingezahlt, den Betrag aber am 16.
Juni 2020 auf ihr eigenes Konto zurücküberwiesen. Die Beteiligte zu 1. beanspruche
vollkommen zu Unrecht ferner einen Zugewinnausgleich in Höhe von rund 500.000 Euro
und habe ihre Testamentsvollstreckerleistungen ohne nähere Aufschlüsselung mit einem
maßlos übersetzten Betrag von 50.000 Euro in Rechnung gestellt. Schließlich sei der
Beteiligten zu 1. vorzuwerfen, weder ein ordnungsgemäßes Nachlassverzeichnis erstellt
noch die Auseinandersetzung des Nachlasses betrieben zu haben.

Der Beteiligte zu 4. hat sich in der Sache dem Standpunkt der Beteiligten zu 5.
angeschlossen, aber keinen eigenen Entlassungsantrag gestellt.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Nachlassgericht den Entlassungsantrag der
Beteiligten zu 5. zurückgewiesen. Zwar hat es angenommen, dass die Beteiligte zu 1. ein
unvollständiges Nachlassverzeichnis vorgelegt und die Erstellung des Verzeichnisses
verzögert habe, zudem willkürlich einen Zugewinnanspruch reklamiere und die
Vergütungsforderung mit 50.000 Euro weit übersetzt sei. Gleichwohl überwiege – so das
Amtsgericht – das Fortführungsinteresse der Beteiligten zu 1. das Entlassungsinteresse
der Beteiligten zu 5., weil das Verhältnis der Beteiligten untereinander noch nicht zerrüttet
sei und trotz der zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten eine Auseinandersetzung
des Nachlasses innerhalb der Familie stattzufinden habe. Dem Interesse der Beteiligten zu
4. und zu 5. an der zeitnahen und vollständigen Errichtung eines Nachlassverzeichnisses
sei dadurch Rechnung getragen, dass sie die Beteiligte zu 1. im Klagewege in Anspruch
nehmen könnten.

Dagegen richten sich die Beteiligten zu 4. und zu 5. mit ihren Beschwerden. Sie wenden
sich vor allem mit Rechtsausführungen gegen die Erwägungen des Amtsgerichts und
wiederholen ihren Standpunkt, dass die Beteiligte zu 1. in mehrfacher Hinsicht Anlass zur
Entlassung aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin gegeben habe.
Die Beteiligten zu 1. bis zu 3. verteidigen demgegenüber die angefochtene Entscheidung
und treten den Ausführungen der Beschwerde im Einzelnen entgegen.
Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sache dem
Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 26. April 2022 zur Entscheidung
vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Nachlassakten 93a VI 52/19 und 93a IV 167/19, beide AG Düsseldorf, sowie die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 4. ist unzulässig, während der Rechtsbehelf der
Beteiligten zu 5. Erfolg hat und zur Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung führt.

A. Die Beschwerde des Beteiligten zu 4. ist zu verwerfen. Es fehlt an der erforderlichen
Beschwerdeberechtigung. Zwar ist der Beteiligte zu 4. als Miterbe nach dem Tod des
Erblassers durch die angefochtene Entscheidung im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG in
eigenen Rechten – und nicht nur in wirtschaftlichen, moralischen, ideellen oder sonstigen
Interessen – verletzt. Das alleine vermittelt ihm indes keine Beschwerdebefugnis. Gemäß
§ 59 Abs. 2 FamFG ist in Fällen, in denen – wie hier – der angefochtene Beschluss nur auf
Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, ausschließlich
der in erster Instanz erfolglos gebliebene Antragsteller zur Beschwerde berechtigt. Das ist
im Streitfall die Beteiligte zu 5. und nicht auch der Beteiligte zu 4.. Er hat sich zwar in der
Sache dem Standpunkt der Beteiligten zu 5. angeschlossen und ihren Sachvortrag
bestätigt, allerdings keinen eigenen Antrag auf Entlassung der Beteiligten zu 1. gestellt.
Das hat das Amtsgericht zutreffend beurteilt und folgerichtig alleine den Entlassungsantrag
der Beteiligten zu 5. zurückgewiesen. Die im Beschwerdeverfahren hinzugezogenen
anwaltlichen Vertreter des Beteiligten zu 5. haben dies auch zu keinem Zeitpunkt in Frage
gestellt oder als fehlerhaft gerügt.

B. Der Rechtsbehelf der Beteiligten zu 5. hat Erfolg. Die Beteiligte zu 1. ist aus dem Amt
als Testamentsvollstreckerin zu entlassen, weil sie ihre Amtspflichten in schwerwiegender
Weise und schuldhaft verletzt hat und das Entlassungsinteresse der Beteiligten zu 5. das
Interesse der Beteiligten zu 1. bis zu 3. an der Fortsetzung der Testamentsvollstreckung
durch die Beteiligte zu 1. deutlich überwiegt.

1. Nach § 2227 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag
entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wobei ein solcher Grund insbesondere eine
grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist.

a) Ob ein wichtiger Grund in diesem Sinne vorliegt, beurteilt sich nach den jeweiligen
Umständen des konkreten Einzelfalles. Dabei ist bereits bei der Prüfung eines wichtigen
Grundes zwischen dem Interesse an der Beibehaltung im Amt und dem
entgegengesetzten Interesse an der Entlassung des Testamentsvollstreckers abzuwägen
mit der Folge, dass im Ergebnis nur Gründe eine Entlassung aus dem Amt des
Testamentsvollstreckers rechtfertigen, die ein solches Gewicht besitzen, dass sie sich
gegenüber den für eine Fortführung des Amtes sprechenden Gründen durchsetzen. Bei
der gebotenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem
Testamentsvollstrecker um die nach dem Willen des Erblassers amtierende
Vertrauensperson handelt und deshalb Beachtung verdient, ob die in Rede stehenden
Umstände den Erblasser, wenn er noch lebte, zum Widerruf der Ernennung des von ihm
ausgewählten Testamentsvollstreckers veranlasst hätten. Auf der anderen Seite ist zu
bedenken, dass § 2227 BGB angesichts der beschränkten Funktionen des
Nachlassgerichts bei einer Testamentsvollstreckung die einzige effektive Möglichkeit bietet,
das Testamentsvollstreckerverfahren zu beeinflussen und die Nachlassbeteiligten
nötigenfalls durch staatliche Gerichte zu schützen (Senat, FamRZ 2000, 191 f; BayObLG
FamRZ 2000, 1055 f; KG FamRZ 2011, 1254 ff; SchlHOLG FamRZ 2016, 1705 ff). Durch
diesen Gesichtspunkt ist gewährleistet, dass ein objektiv unvernünftiger mutmaßlicher
Wille des Erblassers im Einzelfall überwunden werden kann.

b) Wird das Entlassungsgesuch – wie vorliegend – mit dem Vorwurf begründet, der
Testamentsvollstrecker habe bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses
seine Pflichten verletzt, setzt ein wichtiger Grund im Sinne von § 2227 BGB nach der
Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 7. 10. 2021, I-3 Wx 59/21 m.w.N.) Dreierlei
voraus:

aa) Die zur Last gelegte Pflichtverletzung muss geeignet sein, die berechtigten Belange
des antragstellenden Miterben, namentlich die mit seiner Miterbenstellung verbundenen
Vermögensinteressen, zu beeinträchtigen.

bb) Die Pflichtverletzung muss zudem schuldhaft begangen worden sein (BGH, NJW
2017, 2112) und überdies ein solches Gewicht besitzen, dass sie nach den konkreten
Umständen des Falles als eine grobe Verfehlung betrachtet und wertungsmäßig mit der
Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers zu einer ordnungsgemäßen Ausübung seines
Amtes auf eine Stufe gestellt werden kann.

cc) Die Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung des
mutmaßlichen Willens des Erblassers muss schließlich nach den jeweiligen Umständen
des Falles zu dem Ergebnis führen, dass der Testamentsvollstrecker aus seinem Amt
entfernt werden muss.

2. Im Streitfall führen die nachfolgend aufgeführten Gründe zu einer Entlassung der
Beteiligten zu 1. aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin.

a) Die Beteiligte zu 1. hat ihre Pflichten als Testamentsvollstreckerin in mehrfacher Hinsicht
schuldhaft und schwerwiegend verletzt.

aa) Eine erhebliche und schuldhafte Pflichtverletzung liegt bereits darin, dass die Beteiligte
zu 1. das Hausgrundstück „K ….. in D…..“ als Vorausvermächtnis in Anspruch genommen
und den auf den Erblasser entfallenden Miteigentumsanteil auf sich selbst übertragen hat.
In Wahrheit stand der Grundbesitz nicht der Beteiligten zu 1. zu, sondern ist in den
Nachlass gefallen.

(1) Nach Ziffer 2. a) des gemeinschaftlichen Testaments hat der Erblasser seiner Ehefrau
als Vorausvermächtnis das von den Eheleuten „beim Erbfall bewohnte Wohnhaus“
zugewendet. Ziel dieses Vorausvermächtnisses war es, dem überlebenden Ehegatten die
beim Tod des Erstversterbenden genutzte Wohnunterkunft zu sichern und sie dem Einfluss
der Miterben zu entziehen. Für die Qualifizierung als von den Eheleuten bewohntes
Wohnhaus kommt es vor diesem Hintergrund nicht – wie die Beteiligte zu 1. meint – darauf
an, in welchem Wohnhaus die Eheleute vor ihrem Einzug in das Haus der Beteiligten zu 2.
und zu 3. gemeinsam gelebt haben. Maßgeblich ist im Entscheidungsfall vielmehr, ob die
Eheleute im September/Oktober 2017 nur vorübergehend zu ihren Töchtern, den
Beteiligten zu 2. und zu 3., gezogen sind und ob die Beteiligte zu 1. noch im Zeitpunkt des
Erbfalles am 27. Dezember 2018 die Absicht hatte, in ihr früheres Wohnhaus
zurückzukehren. Nur in diesem Falle wäre die Immobilie „K…. . in D………“ das „beim
Erbfall bewohnte Wohnhaus“, das dem überlebenden Ehegatten durch Vorausvermächtnis
gesichert werden soll. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts lassen sich diese
Voraussetzungen nicht feststellen.

(1.1) Dabei kann auf sich beruhen, ob die Eheleute während des Aufenthalts bei den
Beteiligten zu 2. und zu 3. die Absicht hatten, wieder zurück in ihr Wohnhaus „K….. in
D……“ zu ziehen, sobald der Gesundheitszustand des Erblassers dies zulassen würde.
Zwar behauptet die Beteiligte zu 1. Entsprechendes; ihr diesbezüglicher Sachvortrag ist
indes nicht nachvollziehbar. Wie die Beteiligte zu 1. selbst vorträgt, hat man das eigene
Wohnhaus verlassen, weil der Erblasser nach einem Krankenhausaufenthalt
pflegebedürftig war. Unter der neuen Anschrift haben die Eheleute sodann bis zum Tod
des Ehemannes Ende Dezember 2018 mindestens vierzehn Monate gelebt. Dass sich der
Pflegezustand des Erblassers während dieses Zeitraums in einem Maße gebessert hat,
dass ein Rückzug in das eigene Wohnhaus in Betracht kommen konnte, oder dass bis zum
Eintritt des Erbfalles zumindest mit einer solchen Besserung gerechnet werden konnte,
legt die Beteiligte zu 1. nicht ansatzweise dar; dazu ist auch sonst nichts ersichtlich. Aus
diesem Grund ist der reklamierte Rückzugswille der Eheleute nach dem vorgetragenen
Sach- und Streitstand nicht glaubhaft vorgetragen.

(1.2) Letztlich muss dieser Frage allerdings nicht nachgegangen werden. Denn die weitere
notwendige Feststellung für das Vorausvermächtnis, dass nämlich die Beteiligte zu 1. seit
dem Tod ihres Mannes den Wunsch besitzt, in ihr Wohnhaus zurückzukehren, lässt sich
nicht treffen.

Zwar hat die Beteiligte zu 1. das Hausgrundstück „K…… in D……“ bis heute weder
veräußert noch geräumt und ist unter der Anschrift postalisch erreichbar. Das rechtfertigt
allerdings nicht die Annahme, die Beteiligte zu 1. sei nur vorübergehend zu ihren Töchtern
nach N…. gezogen und beabsichtige seit dem Tod ihres Ehemannes, in das frühere
eheliche Wohnhaus zurückzukehren. Die Beteiligte zu 1. lebt seit September/Oktober 2017
– mithin seit nunmehr fast fünf Jahren – im Haushalt der Beteiligten zu 2. und zu 3.. Dass
sie in diesem Zeitraum zu irgendeinem Zeitpunkt irgendwelche Anstrengungen für einen
Rückzug in das eigene Wohnhaus unternommen hat, trägt die Beteiligte zu 1. nicht vor;
dazu ist auch sonst nichts zu erkennen. Ebenso wenig sind Hinderungsgründe für einen
Rückzug ersichtlich. Die Beteiligte zu 1. betont im Gegenteil ihre gute körperliche und
geistige Verfassung und legt Wert auf die Feststellung, dass sie trotz ihres hohen Alters
von mittlerweile fast 92 Jahren uneingeschränkt in der Lage ist, ein selbstbestimmtes
Leben ohne jegliche Einflussnahme oder gar Kontrolle von außen zu führen (…….). Bei
dieser Ausgangslage lässt eine lebensnahe Betrachtung nur eine Schlussfolgerung zu: Die
Beteiligte zu 1. hat ihren Lebensmittelpunkt im September/Oktober 2017 von Düsseldorf
nach Neuss verlegt und spätestens seit dem Tod ihres Ehemannes den Wunsch
aufgegeben, in das Wohnhaus „K…. in D……..“ zurückzukehren.

Das gilt umso mehr, als das Haus der Beteiligten zu 2. und zu 3. für die Beteiligte zu 1.
weder von seinem Zuschnitt noch von seiner Ausstattung her eine bloß vor-übergehende
Bleibe war und ist. Die Beteiligte zu 5. hat nämlich im Beschwerdeverfahren (……………)
unwidersprochen vorgetragen, dass der Erblasser und seine Ehefrau seit langer Zeit mit
den Beteiligten zu 2. und zu 3. in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben, und zwar
mit der gesamten Familie zunächst im Familienhaus „P…. in N…..“ und seit Anfang der
80er Jahre in dem neu errichteten Wohnhaus „“K….. in D…….“. Das Hausgrundstück „P….
in N….“ sei – so die Beteiligte zu 5. unwiderlegt weiter – den Beteiligten zu 2. und zu 3. im
Jahr 2007 im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen worden, ohne dass diese
allerdings ihren Wohnsitz nach dort verlegt haben. Bis in das Jahr 2017 hätten der
Erblasser, die Beteiligte zu 1. sowie die Beteiligten zu 2. und zu 3. vielmehr unverändert im
Haus „K…. in D…..“ gewohnt. Erst im Herbst 2017 sei der Umzug zur Adresse „P…. in
N…..“ erfolgt. Dass die Beteiligte zu 1. seither zusammen mit den Beteiligten zu 2. und zu
3. in N….. wohnt, aber gleichwohl unverändert den Wunsch haben soll, in das Haus „K….
in D…..“ zurückzukehren, ist nicht glaubhaft.

Ob die Beteiligte zu 1. – wie das Amtsgericht erwogen hat – das Hausgrundstück „K…… in
D…..“ ungenutzt vorhält, um bei einem etwaigen Zerwürfnis mit den Beteiligten zu 2. und
zu 3. oder für den Fall, dass sie (die Beteiligte zu 1.) in einem Umfang Pflege benötigt, die
die Beteiligten zu 2. und zu 3. nicht leisten können oder wollen, eine Unterkunft zu
besitzen, kann dahin stehen. Daraus ergäbe sich jedenfalls nicht die Befugnis der
Beteiligten zu 1., sich den Miteigentumsanteil des Erblassers als Vorausvermächtnis zu
übertragen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der letztwilligen Verfügung erstreckt sich das
Vorausvermächtnis auf das von den Eheleuten „beim Erbfall“ bewohnte Wohnhaus und
dient alleine dem Ziel, dem überlebenden Ehepartner dieses als Wohnstätte zu sichern.
Von dem Vermächtniszweck ist es nicht mehr gedeckt, wenn der überlebende Ehegatte im
Zeitpunkt des Erbfalles eine andere Unterkunft gefunden hat und ein Rückgriff auf die
ehemals eheliche Wohnung völlig ungewiss ist.

(2) Die Beteiligte zu 1. hat bei der unberechtigten Inanspruchnahme des
Vorausvermächtnisses schuldhaft, d.h. zumindest fahrlässig gehandelt. Wortlaut und
Regelungszweck der letztwilligen Verfügung legen es bei verständiger, ergebnisoffener
Betrachtung nahe, dass das Vorausvermächtnis nach dem Willen des Erblassers alleine
dem Ziel dient, dem überlebenden Ehegatten das beim Tod des Erstversterbenden
bewohnte Haus als Wohnort zu sichern. Ebenso drängt sich auf, dass die Voraussetzungen
des Vorausvermächtnisses dann nicht vorliegen, wenn der letztversterbende
Ehegatte nach dem Tod des Ehepartners seinen Lebensmittelpunkt nicht mehr im
ehelichen Haus halten möchte und der Vermächtniszweck infolge dessen verfehlt würde.
Beides hätte die Beteiligte zu 1. ohne weiteres erkennen können. Ihr hätte deshalb bei der
gebotene Aufmerksamkeit auch bewusst sein können, durch die Inanspruchnahme des
Vermächtnisses rechtswidrig zu handeln. Dass die Beteiligte zu 1. spätestens seit Ende
Dezember 2018 im Haus der Beteiligten zu 2. und zu 3. wohnt und eine Rückkehr in das
frühere eheliche Haus nicht beabsichtigt, steht zur Überzeugung des Senats fest.
bb) Die Beteiligte zu 1. hat ihre Pflichten als Testamentsvollstreckerin außerdem dadurch
in gravierender Weise und schuldhaft verletzt, dass sie sich das im Alleineigentum des
Erblassers stehende Hausgrundstück „B…… in D…….“ zu einem Kaufpreis von 850.000
Euro zu Eigentum übertragen hat.

(1) Ein Fehlverhalten scheidet nicht – wie das Amtsgericht meint – von vornherein deshalb
aus, weil die Beteiligte zu 1. die Eigentumsübertragung im Juli 2019 nicht in ihrer
Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin, sondern unter Inanspruchnahme der ihr vom
Erblasser über dessen Tod hinaus erteilten Generalvollmacht veranlasst hat. Von der
Generalvollmacht des Erblassers hat die Beteiligte zu 1. Gebrauch gemacht, weil
seinerzeit weder die Erbfolge geklärt noch ein Erbschein und das
Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt waren. Die Inanspruchnahme der Generalvollmacht
ändert indes nichts an der Tatsache, dass die Beteiligte zu 1. der Sache nach eine
teilweise Auseinandersetzung des Nachlasses vorgenommen und damit de facto
Aufgaben als Testamentsvollstreckerin des Erblassers erledigt hat. Denn dieser hat nach
Ziffer 5. des gemeinschaftlichen Testaments den Nachlass abzuwickeln und ihn nach
billigem Ermessen unter den Erben aufzuteilen.

Der erbrechtliche Bezug der Eigentumsübertragung wird zusätzlich dadurch deutlich, dass
die Beteiligte zu 1. alleine aus dem Übernahmerecht des überlebenden Ehegatten in Ziffer
4. des gemeinschaftlichen Testaments berechtigt sein konnte, sich das Eigentum an der
Immobilie „B…… in D…….“ zu übertragen. Die Generalvollmacht verschaffte der
Beteiligten zu 1. nur nach außen hin die nachweisbare Rechtsmacht für die
Eigentumsübertragung, ohne auf das Testamentsvollstreckerzeugnis warten zu müssen.
Dessen ungeachtet ist das Verhalten, das die Beteiligte zu 1. vor der Erteilung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses zur Auseinandersetzung des Nachlasses an den Tag
gelegt hat, selbstverständlich bei der Frage zu berücksichtigen, ob Anlass für eine
Entlassung aus dem Amt besteht. Jede andere Betrachtung wäre eine rein formale
Sichtweise, die den Zweck des § 2227 BGB verfehlen würde.

Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass dann, wenn der Testamentsvollstrecker
zugleich Generalbevollmächtigter des Erblassers über dessen Tod hinaus ist, dieser als
Bevollmächtigter nicht den Beschränkungen unterliegt, denen er kraft Gesetzes als
Testamentsvollstrecker unterworfen ist (BGH, NJW 1962, 1718). Mit dieser Erkenntnis ist
lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Handlungs- und Vertretungsmacht aus einer
Generalvollmacht und diejenige aus dem Amt des Testamentsvollstreckers unabhängig
nebeneinander stehen. Folglich unterliegt der Generalbevollmächtigte nicht den
Beschränkungen, die für ihn als Testamentsvollstrecker gelten, und seine Stellung ist auch
durch die Anordnung der Testamentsvollstreckerschaft nicht beeinträchtigt, weshalb er,
solange die Vollmacht nicht widerrufen ist, Verfügungen über Nachlassgegenstände
vornehmen und Verpflichtungen mit Wirkung gegen den Nachlass eingehen kann. Das
bedeutet indes nicht, dass Handlungen, die der Bevollmächtigte unter Ausnutzung der
Generalvollmacht zur Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses vornimmt, im
Rahmen des § 2227 BGB nicht berücksichtigt werden dürfen. Das Gegenteil ist der Fall.
Eine grobe Pflichtverletzung bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses
ist nicht deshalb weniger schwerwiegend, weil der Testamentsvollstrecker zugleich
Generalbevollmächtigter ist. Überdies bliebe der – ohnehin begrenzte – Schutz, den §
2227 BGB den Erben vor einer grob unzureichenden Testamentsvollstreckung bietet,
lückenhaft und unzureichend, wenn man Handlungen im Aufgabenbereich der
Testamentsvollstreckung nur deshalb außer Betracht ließe, weil der Testamentsvollstrecker
zugleich Generalbevollmächtigter des Erblassers über dessen Tod hinaus ist und in
Ausnutzung der Generalvollmacht gehandelt hat. Das schließt es selbstverständlich nicht
aus, bei der Beurteilung möglicher Entlassungsgründe zu berücksichtigen, wenn die
Generalvollmacht vom Erblasser mit Vorgaben zur Nachlassverwaltung oder
Nachlassauseinandersetzung erteilt worden ist. Hält sich der Bevollmächtigte im Rahmen
dieser Vorgaben, kann sein Verhalten im Allgemeinen nicht als pflichtwidrig im Sinne von §
2227 BGB beurteilt werden. Darum geht es vorliegend indes nicht. Denn Anordnungen des
Erblassers zur Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses finden sich nicht in
der Generalvollmacht, sondern ausschließlich in dem gemeinschaftlichen Testament. Die
Generalvollmacht war vielmehr eine Vorsorgevollmacht und im Innenverhältnis
ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, dass der Erblasser aufgrund einer körperlichen oder
psychischen Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine
Angelegenheiten selbst zu besorgen, oder in denen er den Bevollmächtigten ausdrücklich
beauftragt. Schon auf erste Sicht hat die Beteiligte zu 1. die ihr erteilte Generalvollmacht
missbraucht, als sie mit ihrer Hilfe zum Zwecke der Erbauseinandersetzung die Immobilie
„B…… in D…….“ in das eigene Vermögen übernahm.

(2) Die Vorgänge um die Übertragung des Hausgrundstücks „B…… in D…….“ im Juli 2019
müssen im Rahmen des § 2227 BGB auch nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil der
Beteiligten zu 1. seinerzeit noch kein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden war.
Gemäß § 2202 Abs. 1 und 2 BGB beginnt das Amt des Testamentsvollstreckers nicht erst
mit der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses, sondern bereits mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das Amt durch Erklärung gegenüber dem
Nachlassgericht annimmt. Das war am 23. Januar 2019 und damit rund fünf Monate vor
Abschluss des in Rede stehenden Grundstücksgeschäfts.

(3) Die Beteiligte zu 1. hat ihre Pflichten als Testamentsvollstreckerin schuldhaft und in
grober Weise missachtet, indem sie das Hausgrundstück „B…… in D…….“ zum Preis von
850.000 Euro auf sich übertragen hat.

(3.1) Zwar war sie nach dem Übernahmerecht in Ziffer 4. des gemeinschaftlichen
Testaments berechtigt, das zum Nachlass gehörende Hausgrundstück ohne Angabe von
Gründen in ihr eigenes Vermögen zu überführen. Denn als überlebendem Ehepartner
stand es in ihrem freien Ermessen, einzelne Nachlassgegenstände zu übernehmen.

(3.2) Die Beteiligte zu 1. hat allerdings die Modalitäten, unter denen ihr die Ausübung des
Übernahmerechts testamentarisch gestattet war, grob missachtet. Nach der letztwilligen
Verfügung des Erblassers war die Übernahme einer Immobilie aus dem Nachlass
ausdrücklich nur gegen Vergütung seines Verkehrswertes erlaubt, wobei entweder eine
Einigung mit den Miterben über den Verkehrswert herbeizuführen oder der Verkehrswert
durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss zu ermitteln war. Die Beteiligte zu 1.
hat diesen Anordnungen bewusst zuwider gehandelt, indem sie ohne Rücksprache mit den
Beteiligten zu 2. bis zu 5. als Miterben und ohne Einholung des für diesen Fall zwingend
vorgeschriebenen Wertgutachtens einen Kaufpreis von 850.000 Euro veranschlagt und die
Immobilie gegen Entrichtung dieses Preises in ihr Vermögen überführt hat.

Ob – wie die Beteiligte zu 1. ohne nähere Darlegungen behauptet – der angesetzte
Kaufpreis dem Verkehrswert des Hausgrundstücks entsprach, spielt in diesem
Zusammenhang keine entscheidende Rolle. Die Pflichtwidrigkeit der Erblasserin liegt
nämlich in der Tatsache begründet, dass sie entgegen den klaren testamentarischen
Vorgaben des Erblassers eigenmächtig einen Verkehrswert angesetzt hat, über den weder
eine Einigung mit den Miterben erzielt noch der gutachtlich ermittelt worden war.

(3.3) Diesen Pflichtverstoß hat die Beteiligte zu 1. vorsätzlich begangen. Angesichts der
eindeutigen Anweisungen des Erblassers in dem gemeinschaftlichen Testament ist
auszuschließen, dass die Beteiligte zu 1. die Notwendigkeit des vorgeschriebenen
Wertermittlungsverfahrens nur versehentlich unterlassen hat.

(3.4) Im Übrigen drängt sich nach Lage der Dinge geradezu der Verdacht auf, dass der
Übernahmepreis von 850.000 Euro signifikant hinter dem Verkehrswert des
Hausgrundstücks zurückbleibt. Es ist bemerkenswert, dass sich die Beteiligte zu 1. bis
heute mit der bloß pauschalen – und infolge dessen nicht ansatzweise nachvollziehbaren
– Behauptung begnügt, der angesetzte Preis sei angemessen. Sie legt dazu weder ein
Wertermittlungsgutachten vor, das sie zwischenzeitlich hätte einholen können, noch trägt
sie die Erwägungen und Vergleichspreise vor, die sie zu ihrer Einschätzung berechtigen
sollen. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass ein derart nichtssagender
Sachvortrag durchgreifende Zweifel an der Redlichkeit der Beteiligten zu 1. in dieser
Angelegenheit weckt.

cc) Zu beanstanden ist darüber hinaus die von der Beteiligten zu 1. gewählte Weise der
Kaufpreiszahlung. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat sie den Kaufpreis von
850.000 Euro auf ein Konto des Erblassers bei der Commerzbank eingezahlt (…….).
Schon damit hat die Beteiligte zu 1. den Vorgaben des Erblassers nicht Folge geleistet.
Ziffer 4 des gemeinschaftlichen Testaments schreibt vor, dass der Übernahmepreis
innerhalb von drei Monaten „in den Nachlass“ zu zahlen ist. Die Überweisung auf ein
Konto des Erblassers, auf welches zwar der übernehmende Miterbe, nicht aber die
anderen Miterben Zugriff haben, stellt keine Auskehrung des Übernahmepreises in den
Nachlass, d.h. an die Miterbengemeinschaft, dar. Erst recht pflichtwidrig war es, dass die
Beteiligte zu 1. – wie die Beschwerde unwidersprochen vorträgt – im Juni 2020 den Betrag
von 850.000 Euro auf ein eigenes Konto weiterüberwiesen und dadurch vollends dem
Zugriff der Miterben entzogen hat.

dd) Misstrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung als Testamentsvollstreckerin
begründet ebenso, dass die Beteiligte zu 1. haltlos einen Zugewinnausgleich in Höhe von
knapp 500.000 Euro reklamiert sowie ihre erbrachten Testamentsvollstreckerleistungen
ohne nähere Erläuterung mit pauschal 50.000 Euro veranschlagt. Zu Recht hat bereits das
Amtsgericht die Vergütungsforderung als befremdlich und der Höhe nach nicht
nachvollziehbar zurückgewiesen. Beide Gesichtspunkte verstärken den sich aus den
Vorgängen um die Immobilien „K….. in D….“ und „B…… in D…….“ aufdrängenden
Eindruck, dass die Beteiligte zu 1. den Nachlass nicht unvoreingenommen und redlich
auseinandersetzt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Tatsache, dass die Beteiligte zu
1. – wie ausgeführt – im Juli 2019 das Hausgrundstück „B…… in D…….“ dadurch in das
eigene Vermögen überführt hat, dass sie die ihr vom Erblasser erteilte Vorsorgevollmacht
zweckwidrig verwendet hat.

b) Ohne dass es noch auf die weiteren von der Beschwerde reklamierten Pflichtverstöße
ankommt, führen bereits die vorstehend erörterten Gründe zu der Feststellung, dass die
Beteiligte zu 1. ihre Pflichten als Testamentsvollstreckerin in einem solchen Maße verletzt
hat, dass sie bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung des
Wunsches des Erblassers, dass seine Ehefrau als die von ihm ausgewählte
Vertrauensperson seine letztwilligen Verfügungen umsetzen soll, aus dem Amt entlassen
werden muss.

aa) Der Erblasser hat der Beteiligten zu 1. bei der Verwaltung und Auseinandersetzung
einerseits einen weiten Handlungs- und Entscheidungsspielrum zugebilligt.

Die Beteiligte zu 1. ist im Rahmen der angeordneten Abwicklungstestamentsvollstreckung
nach Ziffer 5 des gemeinschaftlichen Testaments berechtigt, den Nachlass unter den
Erben nach ihrem billigen Ermessen zu teilen. Ihr sind zudem alle gesetzlich zulässigen
Rechte und Befreiungen, insbesondere auch von dem Verbot des Selbstkontrahierens
nach § 181 BGB, eingeräumt sowie die Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass
unbeschränkt gestattet worden. Die Beteiligte zu 1. ist aus dem Übernahmerecht nach
Ziffer 4. des gemeinschaftlichen Testaments darüber hinaus nach ihrem freien Ermessen
befugt, jederzeit den Nachlass oder einzelne Nachlassgegenstände in ihr Alleineigentum
zu übernehmen.

In der Gesamtschau hat der Erblasser der Beteiligten zu 1. damit seinen Nachlass zu einer
nahezu freien Verfügung überlassen, weshalb nur schwerwiegende Verfehlungen der
Beteiligten zu 1., die das in sie gesetzte Vertrauen des Erblassers erschüttern, zu einer
Entlassung aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin führen können.

bb) Andererseits hat der Erblasser durch dezidierte Vorgaben zum Ausdruck gebracht,
dass für ihn die wertmäßig exakte Aufteilung seines Nachlasses unter den Miterben von
großer Bedeutung ist.

Das testamentarisch eingeräumte Übernahmerecht hat der Erblasser unter den
ausdrücklichen Vorbehalt gestellt, dass eine Vergütung in Höhe des Verkehrswertes der
übernommenen Vermögenswerte in den Nachlass gezahlt wird. Geregelt ist zudem die
Ermittlung dieses Verkehrswertes. Das gemeinschaftliche Testament fordert dazu in Ziffer
4. in erster Linie die einvernehmliche Festlegung des Wertes durch die Miterben. Kommt
eine solche Einigung nicht zustande, muss der Wert des übernommenen
Nachlassgegenstandes durch Sachverständigengutachten ermittelt werden, und zwar bei
Immobilien durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses und bei
allen anderen Vermögensgegenständen durch einen Gutachter, der von der Industrie- und
Handelskammer Düsseldorf zu bestimmen ist. Das gemeinschaftliche Testament trifft
überdies Regelungen zu den Nutzen, Lasten und Gefahren für die übernommenen
Gegenstände. Sie gehen mit der Ausübung des Übernahmerechts auf den überlebenden
Ehegatten über. Das Testament bestimmt schließlich, dass der Übernahmepreis innerhalb
von drei Monaten nach Ausübung des Übernahmerechts in den Nachlass zu zahlen ist,
und zwar grundsätzlich ohne Verzinsung bis dahin.

Die genannten Bestimmungen sollen sicherstellen, dass die Beteiligte zu 1. über die ihr
eingeräumten Freiheiten bei der Auseinandersetzung des Nachlasses wertmäßig keinen
Einfluss auf die angeordnete Erbfolge nehmen kann, sie insbesondere ihr Übernahmerecht
nicht zum Nachteil der Miterben ausüben kann.

cc) Die von der Beteiligten zu 1. begangenen Pflichtverletzungen missachten diesen
Wunsch des Erblassers. Sie wiegen schwer und erschüttern auch aus verständiger Sicht
des Erblassers das in die Beteiligte zu 1. gesetzte Vertrauen für eine ordnungsgemäße
Erbauseinandersetzung. Denn die Verfehlungen der Beteiligten zu 1. waren auf eine
erhebliche Schädigung der Miterben gerichtet.

(1) Das zu Unrecht in Anspruch genommene Vorausvermächtnis hat zur Folge, dass das
Hausgrundstück „K…… in D……“ nicht, wie es rechtlich geboten ist, in den Nachlass fällt
und der Wert der Immobilie infolge dessen den Beteiligten zu 2. bis zu 5. vorenthalten wird.

(2) Die Immobilie „B…… in D…….“ hat die Beteiligte zu 1. nicht nur unter Missbrauch ihrer
Vorsorgevollmacht in das eigene Vermögen überführt, sondern auch zu einem weder
einvernehmlich festgelegten noch sachverständig ermittelten Kaufpreis – und damit
regelwidrig – aus dem Nachlass entnommen. Durch ihr Verhalten hat die Beteiligte zu 1.
zudem den dringenden Verdacht begründet, dass der Nachlass zum finanziellen Schaden
der Miterben geschmälert wird. Der eigenmächtig auf 850.000 Euro veranschlagte
Kaufpreis ist bis heute weder als ein angemessener Verkehrswert belegt noch trägt die
Beteiligte zu 1. auch nur ansatzweise plausibel vor, dass die Kaufsumme dem
Immobilienwert entspricht. Ihre pauschale Behauptung, der genannte Preis sei
angemessen, ist nichtssagend und offensichtlich unzureichend und legt es nahe, dass der
Kaufpreis in Wahrheit signifikant hinter dem Verkehrswert zurückbleibt. Hinzu kommt, dass
die Beteiligte zu 1. den Kaufpreis entgegen der testamentarischen Vorgabe auch nicht
innerhalb von drei Monaten in den Nachlass gezahlt hat, sondern den Miterben bis heute
vorenthält.

(3) Gegen die finanziellen Interessen der Beteiligten zu 2. bis zu 5. als Miterben des
Erblassers richtet sich gleichermaßen die haltlose Forderung der Beteiligten zu 1. auf
Zahlung eines Zugewinnausgleichs von knapp 500.000 Euro und einer
Testamentsvollstreckervergütung von pauschal 50.000 Euro. Beide Ansprüche zielen
darauf ab, den unter den Miterben zur Verteilung stehenden Nachlass erheblich zu
schmälern.

dd) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen entspricht es auch dem mutmaßlichen
Willen des Erblassers, dass die Beteiligte zu 1. aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin
ausscheidet. Denn sie hat durch ihre zahlreichen Pflichtverletzungen gezeigt, dass sie
nicht gewillt ist, den Nachlass nach den Regeln des gemeinschaftlichen Testaments und
der vom Erblasser verfügten Erbfolge auseinander zu setzen.
Die Beteiligte zu 1. ist deshalb gemäß § 2227 BGB aus dem Amt der
Testamentsvollstreckerin zu entlassen.

3. Ihr ist nicht zuvor Gelegenheit zu geben, einen Ersatz-Testamentsvollstrecker zu
bestimmen.

a) Der Erblasser hat in dem Nachtrag zum gemeinschaftlichen Testament vom 26. Juni
2002 für den in Rede stehenden Fall, dass das Testamentsvollstreckeramt der Beteiligten
zu 1. endet, bevor der Nachlass endgültig verteilt ist, als Ersatz-Testa-mentsvollstrecker
…….. und hilfsweise …….. benannt, die jeweils befugt sein sollten, ihrerseits einen Ersatz-
Testamentsvollstrecker zu benennen. Nachdem beide Herren zwischenzeitlich verstorben
sind, sind diese Anordnungen des Erblassers zur Bestimmung eines Ersatz-
Testamentsvollstreckers nach § 2198 Abs. 1 BGB und § 2199 Abs. 2 BGB hinfällig.

b) Der Erblasser hat die Beteiligte zu 1. nicht dazu ermächtigt, einen Nachfolger zu
ernennen. Eine dahingehende ausdrückliche testamentarische Anordnung liegt nicht vor.
Ob den letztwilligen Verfügungen durch Auslegung zu entnehmen ist, dass die Beteiligte
zu 1. bei einer vorzeitigen Aufgabe ihres Amtes (etwa durch Niederlegung oder aus
gesundheitlichen Gründen) befugt sein soll, einen Ersatz-Testamentsvoll-strecker zu
benennen, kann dahinstehen. Keinesfalls entspricht es dem (wirklichen oder
mutmaßlichen) Willen des Erblassers, dass die Beteiligte zu 1. einen Nachfolger im Amt
soll bestimmen können, obschon sie selbst aufgrund schwerwiegender Verfehlungen als
Testamentsvollstreckerin entlassen werden muss.

III.
A. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG, § 81 Abs. 1 Satz
1 und 2 FamFG.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligte zu 1. als unterlegene
Verfahrensbeteiligte die gerichtlichen Kosten erster Instanz zu tragen sowie der
siegreichen Beteiligten zu 5. die ihr in beiden Instanzen angefallenen notwendigen
außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
Im Beschwerdeverfahren sind alleine durch die unzulässige Beschwerde des Beteiligten
zu 4. und nicht auch durch den erfolgreichen Rechtsbehelf der Beteiligten zu 5.
Gerichtskosten angefallen (§ 25 Abs. 1 GNotKG). Sie sind dem in dieser Instanz
unterlegenen Beteiligten zu 4. aufzuerlegen (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Dieser hat
überdies seine in der Beschwerdeinstanz angefallenen außergerichtlichen Kosten selbst
zu tragen.

Anlass, zugunsten der Beteiligten zu 1. bis zu 3. eine Kostenerstattung anzuordnen,
besteht nicht, weil sie mit ihrem Standpunkt unterlegen sind (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG).

B. Bezüglich der entscheidungstragenden Erwägungen des Senats liegen die
Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1
FamFG nicht vor.

C. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 61 Abs. 1 und 2, 36 Abs. 1
GNotKG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Beschwerde des Beteiligten zu 4.
schon auf erste Sicht unzulässig war.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

12.08.2022

Aktenzeichen:

3 Wx 71/22

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
In-sich-Geschäft
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

Rpfleger 2023, 233

Normen in Titel:

BGB §§ 2198 Abs. 1, 2199 Abs. 2, 2227; FamFG § 59 Abs. 2